Die unendliche Geschichte der Getränkesteuer geht weiter

Die unendliche Geschichte der Getränkesteuer geht weiter

Mit ihrer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof betreffend das EuGH-Erkenntnis zum Fall „Ottmar Hermann gegen Stadt Frankfurt“ hat die WKÖ die unendliche Geschichte der Getränkesteuerdebatte in Österreich um eine Facette reicher gemacht.

 

Rückblende: Im März 2005 hat der EuGH entschieden, dass eine Getränkesteuer auf Dienstleistungen nicht der EU-Verbrauchsteuerrichtlinie widerspricht und damit rechtskonform sei. Werden alkoholische Getränke in einer Gastwirtschaft serviert, liegt nach Auffassung des EuGH nämlich nicht eine Lieferung, sondern eindeutig eine Dienstleistung vor. Das bedeutet, dass die Getränkesteuer in der Gastronomie im Jahr 2000 zu Unrecht abgeschafft wurde und dass auch den Rückforderungen für die Jahre 1995–2000 der Boden entzogen wurde.
Die Dinge liegen also relativ klar. Nach menschlichem Ermessen sollte der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis nicht anders interpretieren. Die unendliche Geschichte geht also jedenfalls weiter. Österreichs Städte und Gemeinden werden ihre Argumentation auch nochmals gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof eingehend darstellen. Denn klare Entscheidungen des EuGH sollten auf nationaler Ebene nach Gutdünken nicht uminterpretiert werden.

Postgesetz: Mehr Rechte für Gemeinden notwendig
Am 22. August um 24 Uhr endete die Begutachtungsfrist für das Postgesetz NEU, das am 1. Jänner 2006 in Kraft treten soll. 20 Stellungnahmen von Interessenvertretern sind im zuständigen Bundesministerium für Verkehr, Infrastruktur und Technologie eingegangen. In der Verlautbarung vom 25. Juli wurde vom Ministerium rein auf den Börsegang der Post AG 2006 Bezug genommen. So kann es wohl nicht sein, denn in erster Linie geht es um eine flächendeckende Versorgung aller Österreicherinnen und Österreicher mit postalischen Universaldiensten und dann erst um spezifische Unternehmensinteressen.
Der Städtebund hat in seiner Stellungnahme deutlich gemacht, dass es bei Postämterschließungen bei Nicht-Einigung zwischen Gemeinde und Postamtsbetreiber zu einer Untersagung einer Postamtsschließung durch den Minister kommen muss, wenn es keine stationäre Ersatzlösung gibt bzw. wenn die flächendeckende Versorgung mit Universaldiensten zur Disposition steht.
Weiters soll nach Vorstellungen des Städtebundes künftig eine Universaldienstkommission ein Monitoring beim Universaldienst vornehmen, damit es eine Plattform gibt, wo Probleme in der postalischen Versorgung diskutiert werden können. Der Städtebund hat sich auch für strenge Sanktionsmechanismen bei Verstößen bei der Erbringung von Universaldiensten ausgesprochen.
Am 6. September wird der Ministerrat das neue Gesetz beschließen, spätestens im November wird dann das Parlament zu entscheiden haben.

Sprachliche Frühförderung mit Fragezeichen
In diesen Tagen kehren zehntausende Kinder in Österreichs Schulen und Kindergärten zurück. Ein Problem, das sich über den Sommer leider nicht in Luft aufgelöst hat, ist der Bereich sprachliche Frühförderung im Kindergarten. Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass in vielen Städten und Gemeinden diesbezüglich Ratlosigkeit herrscht. Vor allem aber in den betroffenen Kindergärten. Denn einem Großteil der Betreuerinnen fehlt schlicht die notwendige Ausbildung, die Grundvoraussetzung für die sprachliche Frühförderung ist, und die dafür nötigen Mittel. Aber nicht nur hier wird das Bildungsministerium nachbessern müssen.
Auch bei der Nachmittagsbetreuung wurde – trotz eindeutiger Stellungnahmen des Städtebundes – in finanzieller Hinsicht sehr kurzsichtig agiert. Viele Städte werden spätestens ab dem Schuljahr 2006/07 neue Lasten zu tragen haben. Der Steirische Städtetag, der am 15. September in Bruck an der Mur abgehalten wird, widmet sich diesem zentralen Thema. Übrigens: Mit großformatigen Zeitungsanzeigen des Bildungsministeriums lässt sich das Problem nicht lösen.

Begehrlichkeiten des Rechnungshofes
Der Rechnungshof hat die Sommerpause wieder einmal für einen Vorstoß für mehr Prüfkompetenzen genützt. Allein: Fehlende Kontrolle kann man Österreichs Gemeinden wohl nicht vorwerfen. Alle Städte über 20.000 Einwohner unterliegen der Prüfkompetenz des Rechnungshofes und haben ein eigenes Kontrollamt. Die Prüfungen durch die Länder erfolgen laufend und sind absolut effektiv. Und auch die internen Kontrollmechanismen in den Städten und Gemeinden arbeiten absolut tadellos.
Da noch eine weitere Prüfebene draufsatteln zu wollen, erscheint wirklich eigenartig, wenn man an die vom Bund im Rahmen der Verwaltungsreform gebetsmühlenhaft vorgetragene Forderung nach weiteren Personaleinsparungen denkt. Der Städtebund hat die Begehrlichkeiten des Rechnungshofes klar zurückgewiesen.

Lehrlingsoffensive der Bundesregierung
Last but not least noch ein Wort zur Lehrlingsoffensive der Regierung, die am 8. August vorgestellt wurde. 500 zusätzliche Lehrplätze sollen von Städten und Gemeinden geschaffen werden. Der Bund ist bereit, diese neuen Plätze entsprechend zu fördern. Der Städtebund hat seine Mitgliedsgemeinden bereits umgehend über die genauen Modalitäten informiert.

Vergaberecht und PPPs
Welche Vorgangsweisen sind zu wählen, wenn eine Gemeinde Aufgaben – seien dies Bauvorhaben oder Dienstleistungen – zur Gänze durch Dritte oder gemeinsam mit Privaten durch Public-Private-Partnerships (PPPs) erbringen will?
Dabei ist das äußerst unübersichtliche Vergaberecht der EU zu berücksichtigen. In dieser ÖGZ-Nummer gibt o. Univ.-Prof. Dr. Josef Aicher einen Überblick über die den Gemeinden zur Verfügung stehenden Möglichkeiten im Rahmen von PPPs. Aicher geht dabei auch auf die Abgrenzung zu Auftragsvergaben ein.
PPPs wurden bisher als Möglichkeit gesehen, den komplizierten Vergabevorschriften durch die Anwendung des „In-house-Prinzips“ (Beherrschung einer ausgegliederten Einheit wie eine eigene Dienststelle) zu entkommen. Das Halle-Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Jänner 2005 beendete die vergaberechtsfreie In-house-Vergabe an gemischtwirtschaftliche Gesellschaften. Das heißt, eine PPP muss sich ebenfalls im Wettbewerb um den Auftrag der öffentlichen Hand bemühen, selbst wenn die öffentliche Hand die weitaus überwiegende Mehrheit an der Gesellschaft besitzt.
Um ein zweistufiges Verfahren (zunächst Suche eines geeigneten Partners, dann Ausschreibung) zu vermeiden, kann allenfalls die Ausschreibung eines Auftrags mit der gleichzeitigen Bildung einer PPP verbunden werden. PPPs haben mit diesem EuGH-Erkenntnis wesentlich an Attraktivität für einfache Vorgangsweisen verloren. Der Artikel von Dr. Josef Aicher basiert auf einer Tagung des Österreichischen Städtebundes vom 20. Juni 2005, die gemeinsam mit der Kanzlei Haslinger/Nagele & Partner durchgeführt wurde und bei der Fragen der In-house-Vergabe im Mittelpunkt standen.
In allen Vergaberechtsfragen kann auch die von Rechtsanwalt MMag. Dr. Claus Casati erstellte Website www.vergabecoach.at kontaktiert werden, auf der auf die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vergabewesen eingegangen wird. Aufgrund eines Übereinkommens mit dem Städtebund gibt Dr. Casati auch kostenlos Auskünfte in Grundsatzfragen.
Addendum: Bitte beachten Sie auch die unter der Rubrik „Termine“ auf S. 47 bis 49 angekündigten Veranstaltungen des Städtebundes zu aktuellen Fragestellungen.

OEGZ

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