Verwaltungsreform II – ein aktueller Bericht

Verwaltungsreform II – ein aktueller Bericht

Seit Jahresbeginn wird über eine umfassende Verwaltungsreform beraten. Schwerpunkte sind die Bereiche Aktivitätsaufwand, Schul- und Gesundheitsverwaltung und Personalstandsdaten. Die Beratungen sollen bis zum Jahresende abgeschlossen werden. Bisher konnten noch keine konkreten Ergebnisse erzielt werden. Einziges positives Signal ist die Verhandlungsbereitschaft des Bundes im Zusammenhang mit dem Passwesen.

 

I. Allgemeines
Im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen für die Jahre 2005 bis 2008 wurde die Einrichtung einer Arbeitsgruppe auf höchster politischer Ebene zur Erarbeitung von Maßnahmen für eine weiterführende Verwaltungsreform aufbauend auf den Arbeiten des Österreich-Konvents paktiert (Verwaltungsreform II). Der politischen Verhandlungsrunde gehören der Finanzminister, Vertreter der Länder und Vertreter des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes an. Ferner werden je nach Themenbereich die zuständigen FachministerInnen (Justiz, Umwelt, Gesundheit, Bildung) beigezogen. Für den Österreichischen Städtebund führen Bürgermeister Dr. Heinz Schaden (Salzburg), Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl (Graz) und Stadtrat Mag. Dr. Johann Mayr (Linz) die Verhandlungen. In der ersten politischen Runde wurden folgende Verhandlungspunkte vereinbart:

- Aktivitätsaufwand
- Vereinheitlichung der Pensionsrechte
- Standardisierung von Personaldaten
- Gerichtsorganisation
- Schulverwaltung
- Gesundheitswesen
- Leistungsstandards
- Abbau von Parallelorganisationen
- Wasserrechtsnovelle
- Verwaltungskooperationen
- E-Government

Für die Städte und Gemeinden sind vor allem die Punkte Aktivitätsaufwand, Standardisierung von Personaldaten, Gesundheitswesen, Leistungsstandards, Verwaltungskooperationen und E-Government von Interesse.
Im Rahmen des vorliegenden Artikels soll auf den aktuellen Verhandlungsstand in den einzelnen Bereichen eingegangen werden.

II. Aktueller Verhandlungsstand
1. Aktivitätsaufwand

Zentrales Anliegen des Bundes sind die Daten der einzelnen Gebietskörperschaften über die Entwicklung des Personalaufwandes für das aktive Personal (Aktivitätsaufwandes) von 2005 bis 2010. Länder und Gemeinden übermittelten dem Bund diesbezügliche Datenblätter, gegliedert in die Bereiche Hoheits- und sonstige Verwaltung, Sozialbereich, Kinderbetreuung, Spitals- und Gesundheitsbereich sowie Landeslehrer. Darüber hinaus erfolgte die Darstellung bis 2010 ohne bzw. mit Gegensteuerungsmaßnahmen. Ohne Gegensteuerungsmaßnahmen muss davon ausgegangen werden, dass beispielsweise im Sozialbereich in den Städten und Gemeinden mit einer Zunahme des Aktivitätsaufwandes von bis zu 8% p. a., im Spitalsbereich von bis zu 7% p. a. gerechnet werden muss. Von Seiten des Österreichischen Städtebundes wurden zur Senkung des Aktivitätsaufwandes folgende Gegenmaßnahmen angeführt:

- Aufgabenkritik zwischen Bund, Ländern und Gemeinden;

- Nichtnachbesetzungen bzw. niedrige Gehaltserhöhungen;

- Förderung der Bildung von Gemeindekooperationen;

- strenge Ausgestaltung des Konnexitätsgrundsatzes;

- Aufgabenübertragungen nur bei Geldmitteltransfers;

- Benchmarking;

- Geschäftsprozessoptimierung;

- Senkung der Umlagenbelastung durch den Bund und die Länder durch Novellierung der Bestimmungen über die Landesumlagen bzw. Beseitigung der Ausnahmen vom Konnexitätsgrundsatz.

Bei Berücksichtigung der vorgeschlagenen Maßnahmen wäre eine Reduzierung der jährlichen Steigerungsrate im Sozial- bzw. Spitalsbereich um etwa 2% p. a. denkbar.
Da der Bund in den Beratungen zur Verwaltungsreform II sein Hauptaugenmerk primär auf die Senkung des Aktivitätsaufwandes legt, wurde von Seiten des Österreichischen Städtebundes wiederholt deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die zahlenmäßige Erfassung des Aktivitätsaufwandes durchwegs als unterstützenswert erachtet wird, jedoch die Bundesebene nicht dem Trugschluss unterliegen darf, dass primär die Senkung des Aktivitätsaufwandes bzw. der Beschäftigungsquote entscheidend für eine erfolgreiche Verwaltungsmodernisierung sind.
Städte und Gemeinden erfüllen im Unterschied zum Bund zahlreiche Aufgaben der Leistungsverwaltung. Darunter fallen Kinderbetreuung, soziale Wohlfahrt, Krankenhäuser, Dienstleistungen für ältere Menschen (Pflegedienste) und sonstige Leistungen der Daseinsvorsorge. Diese Leistungen werden teilweise auch durch Private erbracht oder ausgegliedert. Ein gänzlicher Rückzug aus der Erfüllung dieser Aufgaben kann aber im Sinne der Versorgungssicherheit aus Sicht der Kommunen kein Ziel sein.
Daher darf im Rahmen der angestrebten Verwaltungsreform nicht ausschließlich die Senkung der Beschäftigung im Vordergrund stehen, sondern insbesondere die Durchführung einer umfassenden Aufgabenkritik zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Nur nach einer klaren Aufgabenverteilung und der Festlegung der damit verbundenen Finanzmittelausstattung kann langfristig eine tiefgreifende Verwaltungsreform gelingen.
Aufgrund fehlender Daten ist jedoch bisher eine umfassende Diskussion über dieses Thema unterblieben.
In der letzten politischen Runde wurde eine diesbezügliche Studie des Staatsschuldenausschusses präsentiert.

2. Vereinheitlichung der Pensionsrechte
Bisher wurden eine Studie der Statistik Austria und Berechnungen des Bundes über zu erwartende Einsparungen durch eine Harmonisierung präsentiert. Es wurde vereinbart, dass über die weitere Vorgehensweise vorab in der nächsten Landeshauptleutekonferenz (derzeit Vorsitz Kärnten) beraten werden wird.

3. Standardisierung von Personaldaten
Ziel des Bundes ist eine jährliche Erfassung und Darstellung der Personalstände und der Aktivitätsausgaben für die Bereiche Hoheitsverwaltung, Landeslehrer und ausgegliederte Einrichtungen, um die Vergleichbarkeit mit den einzelnen Gebietskörperschaften herzustellen. Hintergrund dafür ist aus Sicht des Bundes, dass die Darstellung des Personalstandes des öffentlichen Sektors international verlangt wird und damit auch die Transparenz der Aufgaben und Ausgaben des öffentlichen Sektors sichergestellt werden kann. Zur Vorbereitung dieses Themenbereiches wurde eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet, die über den Sommer einen Bericht erstellte. Es wurde Übereinstimmung darüber erzielt, dass die bereits weit gediehene Abstimmung der Personaldaten der Länder berücksichtigt wird und keine davon im Widerspruch stehenden Standards festgelegt werden sollten. Die Städte und Gemeinden liefern bereits derzeit aufgrund der Gebarungsstatistikverordnung Personalstandsdaten an die Statistik Austria. Es sollen an der vereinbarten Satzart keine weitergehenden Änderungen vorgenommen werden. Besonders kritisch in diesem Zusammenhang ist die Forderung des Bundes zu sehen, wonach für den Bereich der Rechtsträger außerhalb der Gebietskörperschaften nicht nur Personaldaten über „zugewiesenes Personal“, sondern auch über das von den einzelnen Unternehmen privatrechtlich eingestellte Personal geliefert werden sollten. Die Personalbewirtschaftung hinsichtlich der in einem direkten Vertragsverhältnis zu einer ausgegliederten Einheit stehenden ArbeitnehmerInnen fällt aber in die Kompetenz der ausgegliederten Einheit. Diesbezügliche Daten können ausschließlich den veröffentlichten Geschäftsberichten entnommen werden. Gerade für Einrichtungen, die im allgemeinen (Markt-)Wettbewerb stehen, stellen Personaldaten einen sensiblen Bereich dar. Ein Bekanntwerden derartiger Daten kann zu Wettbewerbsnachteilen führen. Eine Einigung mit dem Bund in dieser Frage konnte bisher noch nicht erzielt werden.

4. Gerichtsorganisation
Zum Bereich der Reform der Gerichtsorganisation gelangte bisher vom Bundesministerium für Justiz (BMJ) eine umfangreiche Diskussionsunterlage zur Verteilung. Wesentlicher Inhalt ist die Reduzierung der Anzahl der Gerichte (Bezirks- und Landesgerichte) auf österreichweit 96. Zentraler Punkt der Auseinandersetzung zwischen den Ländern (ohne Wien) und dem BMJ ist der Standpunkt der Länder, dass in jedem Land zumindest ein Rechtsmittelgericht eingerichtet sein muss. Die diesbezüglichen Beratungen wurden auf den Spätherbst verschoben.

5. Schulverwaltung
In diesem Zusammenhang werden folgende zwei Bereiche beraten:

- Organisatorische Maßnahmen:
Auflassung der Bezirksschulräte, Bildung von Landesbildungsdirektionen, Zusammenführung der Leitung von Kleinschulen bzw. Schaffung von Bildungsregionen. Es bestand in der politischen Runde breiter Konsens zur grundsätzlichen Umsetzung dieser Vorschläge. Zur Ausarbeitung von Detailvorschlägen wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die unter Einbindung des Österreichischen Städtebundes Vorschläge ausgearbeitet hat. Ziel des Bundes ist die Zusammenführung der Schulverwaltung durch den Bund und die Länder bei einer Behörde. Es wurden zwei Vorschläge erarbeitet:
– Bildungsdirektionen und somit eine Bundesbehörde, die auch die Landesvollziehung wahrnimmt;

– Vollziehung in mittelbarer Bundesverwaltung (Vorschlag Vorarlberg).

Sowohl über die Schaffung von Bildungsregionen als auch über die Zusammenführung der Leitung von Kleinschulen bestand Konsens. Über das zukünftige Schulorganisationsmodell konnte bisher noch keine Einigung erzielt werden.

- Verländerung der Landeslehrer/Globalbudget: Einerseits wurde auf Länderebene eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die die Voraussetzungen für die Einführung eines Globalbudgets ausarbeiten sollte, andererseits wollte der Bund eine detaillierte Berechnung des Globalbudgets auf Basis 2004 vorlegen. In der Arbeitsgruppe auf Länderebene wurde festgehalten, dass einem Globalbudget nur dann zugestimmt werden kann, wenn weitgehende (kostentreibende) Gesetzgebungskompetenzen vom Bund auf die Länder übertragen werden würden. Dies würde jedoch die Einheitlichkeit des Bildungssystems gefährden, sodass von einem Globalbudget Abstand genommen werden sollte. Der Bund teilte den Ländern mit, dass eine detaillierte Berechnung aufgrund der bestehenden Datenlage nicht möglich ist.

In der Folge nahm der Bund nach dem Sommer vorläufig die ablehnende Haltung der Länder zur Kenntnis, erklärte aber weiterhin seine grundsätzliche Bereitschaft zu Verhandlungen.

6. Gesundheitsverwaltung
Es wurde seitens des Gesundheitsministeriums (BMGF) eine Unterlage über Sparpotentiale im Spitalsbereich der Länder verteilt. Basis dafür ist eine Empfehlung des Rechnungshofes mit u. a. folgendem wesentlichen Inhalt:

- Zentraler Einkauf und EDV-Systeme;
- Nebenbeschäftigung von Ärzten;
- Benchmarking der Kosten der Krankenanstaltenverwaltung;
- Umsetzung von Betreibermodellen.

Es wurde vereinbart, dass eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des BMGF gebildet wird. Diese Arbeitsgruppe soll einen Bericht und Umsetzungsvorschläge bis November erstellen. Der Städtebund hat zwei VertreterInnen nominiert. Bisher hat noch keine Sitzung der Arbeitsgruppe stattgefunden.

7. Leistungsstandards
Wie im Zusammenhang mit dem Aktivitätsaufwand ausgeführt, ist die finanzielle Situation der Städte, Gemeinden und auch Länder davon geprägt, dass durch Maßnahmen auf Ebene der Europäischen Union bzw. durch die nationale Gesetzgebung Aufgaben übertragen werden, die zusätzlichen Personal- oder Sachaufwand nach sich ziehen. Im Rahmen der Verwaltungsreform II wurde eine Liste der „kostentreibenden“ Gesetzgebungsmaßnahmen der letzten Jahre erstellt. In einer weiteren Diskussion sollen Vorschläge erarbeitet werden, wie zukünftig Länder und Gemeinden frühzeitig in die Gesetzwerdung eingebunden werden könnten, um bereits im Vorfeld „kostentreibende“ Maßnahmen zu verhindern oder zu entschärfen. Von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen wurde den Kommunen und Ländern die Möglichkeit eingeräumt, dass, wenn im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens, das von einem anderen Bundesministerium durchgeführt wird, eine wesentliche Kostenbelastung festgestellt wird, das Finanzministerium darüber informiert werden sollte. Dieses wird in der Folge das zuständige Ministerium dazu anhalten, die legistische Maßnahme nochmals im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen zu überarbeiten.

8. Abbau von Parallelorganisationen
Zwischen dem Bund und den Ländern, teilweise auch mit den Gemeinden gibt es insbesondere in den übertragenen Wirkungsbereichen Parallelorganisationen bzw. Aufsichtsstrukturen, die im Rahmen der Verwaltungsreform II überprüft werden sollten. Ziel ist es, Sonderbehörden des Bundes in den Ländern auf ihre Notwendigkeit zu prüfen und bei Bedarf, nach Maßgabe sachlicher Zusammenhänge, eventuell in die Landesverwaltung zu integrieren. Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung von Bund, Ländern und Gemeinden sind zu vermeiden. Zu diesem Themenbereich wurde ebenfalls eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich anfangs insbesondere mit den Bereichen landwirtschaftliche Förderkontrolle, Veterinär-, Lebensmittel- und Naturschutzkontrolle befasst und in der Folge die Gespräche auf weitere Bereiche der öffentlichen Verwaltung erweitern wird. Bisher fand eine Sitzung statt, in der noch keine konkreten Ergebnisse erzielt werden konnten.

9. Wasserrechtsnovelle
Aufgrund der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sind die Länder mit erheblichen Kostenbelastungen konfrontiert. Die Landeshauptleute setzten diesen Bereich nachträglich auf die Verhandlungsagenda der Verwaltungsreform II und „drohten“ mit einem Abbruch der Verhandlungen.
Es wurde eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Umweltministeriums eingerichtet, die über den Sommer einige Sitzungen durchgeführt hat und Einsparungspotentiale insbesondere im Zusammenhang mit Bewilligungsfreistellungen identifizieren konnte.

10. Verwaltungskooperationen
Dieser Bereich ist für die Städte und Gemeinden von entscheidender Bedeutung. Bisher wurde inhaltlich darüber aber noch nicht beraten. Ziel des Österreichischen Städtebundes ist es aber, die konsensualen Ergebnisse des Österreich-Konvents über die verwaltungsrechtlichen Verträge bzw. die Flexibilisierung der interkommunalen Zusammenarbeit im Rahmen der Verwaltungsreform weiter zu beraten und umzusetzen.

11. E-Government
In der letzten politischen Runde wurde eine Präsentation des Bundes über laufende E-Government-Projekte und deren Synergieeffekte gemacht.
Derzeit bestehen insbesondere Problemfelder im Zusammenhang mit der Einführung unterschiedlichster Register bzw. Datenbanken (z. B. Geodatenbank). Von Seiten Vorarlbergs wurde eine Punktation der kritischen Bereiche in Aussicht gestellt.

III. Zusammenfassung
Zusammenfassend kann über die Verwaltungsreform II zum derzeitigen Stand festgehalten werden, dass viele Themenbereiche andiskutiert wurden, aber noch keine Ergebnisse vorliegen. In der letzten politischen Runde vom 6. September 2006 wurde vereinbart, dass die Beratungen bis zum Jahresende abgeschlossen werden. Als erstes positives Signal des Bundes kann seine Bereitschaft gewertet werden, dass dieser Verhandlungen über einen Kostenersatz im Bereich des Passwesens zugestimmt hat. Für die Städte und Gemeinden wird es von entscheidender Bedeutung sein, dem Bund zu vermitteln, dass es nicht angehen kann, dass in der Verwaltungsreform II Forderungen nach einem Personalabbau bzw. Senkung des Aktivitätsaufwandes erhoben werden, im politischen Alltag aber Reformen durchgeführt werden, die zusätzlichen Personal- bzw. auch Sachaufwand (Kindertagesbetreuung, Lehrlingsoffensive) begründen.

OEGZ

ÖGZ Download