Interkommunale Zusammenarbeit – Möglichkeiten, Grenzen und aktueller Entwicklungsbedarf

Interkommunale Zusammenarbeit – Möglichkeiten, Grenzen und aktueller Entwicklungsbedarf

Interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) wird seit einiger Zeit wieder sehr intensiv diskutiert und von den Gemeinden meist positiv beurteilt.1 Dies hat unter anderem auch dazu geführt, dass eine wachsende Zahl praktischer Beispiele von gemeindeübergreifenden Kooperationen entstanden sind und entstehen.2 Wie auch schon früher, dominieren vor allem die erwarteten ökonomischen Potenziale einer Zusammenarbeit die Diskussion und bilden einen wesentlichen Argumentationsrahmen für die Gemeinden.

 

So konnte eine vom KDZ zu Beginn des Jahres durchgeführte Befragung einmal mehr zeigen, dass die IKZ von Seiten der Verwaltungschefs der größeren Städte in Österreich vor allem unter dem Blickwinkel der Kostenreduktion (oder genereller der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung) und mit deutlichem Abstand der Verbesserung der Qualität/Professionalisierung der Leistungen gesehen wird:

- Die Nutzung von Effizienzgewinnen aus Kooperationen eröffnet Spielräume, die in der eigenen Gemeinde genutzt werden können (z. B. die Einsparungen aus der Verwaltung/ Bewirtschaftung von Personal, Gebäuden durch eigenes Personal könnten in die Ausstattung des Kindergartens fließen).

- Kooperationen können – speziell in kleineren Gemeinden – die Professionalität der Leistungen verbessern und damit zu einer höheren Kundenzufriedenheit führen (z. B. durch die gemeinsame Neueinstellung von Experten).

- Verzicht auf operative Leistungen und Delegation auf einen Partner schaffen neue Freiräume für die Führungskräfte (z. B. kann der Verzicht auf die Bearbeitung von Bauanträgen durch Bürgermeister in kleinen Gemeinden Raum schaffen für die strategische Arbeit oder den Aufbau/Pflege von Netzwerken),

- Gemeindezusammenlegungen bringen möglicherweise handfeste Vorteile im Finanzausgleich (abgestufter Bevölkerungsschlüssel).

Gleichzeitig ist innerhalb dieser breit geführten Diskussion erkennbar, dass IKZ jeweils in Abhängigkeit von der Größe der Gemeinden sehr unterschiedlich wahrgenommen und bewertet wird:

- Ist das Interesse der größeren/großen Städte und Gemeinden am Thema IKZ nach unserer Einschätzung an sich schon generell eher etwas begrenzter, so sind gleichwohl die erwarteten ökonomischen Chancen, etwa eigene Kapazitäten besser auszulasten und dazu die (sowieso schon als sehr professionell angesehenen) Leistungen vor allem kleineren Gemeinden (meist im Umland) anzubieten (z. B. Mitbetreuung von Kindergärten), ein wichtiges Thema.

- Bei den kleinen Gemeinden nehmen wir dagegen eine insgesamt deutlich ambivalentere Haltung zum Thema IKZ wahr: Den zugestandenen wirtschaftlichen Potenzialen, aber auch Möglichkeiten zur Verbesserung der Qualität der Leistungen durch arbeitsteilige Aufgabenerledigung, eine gemeinsame Nutzung von Ressourcen/Kapazitäten oder auch die Übertragung/Verlagerung von Aufgaben auf andere Gemeinden oder gemeinsame Organisationen stehen weit reichende Befürchtungen und Ängste bezüglich der politischen Kosten der IKZ gegenüber. Gemeindeübergreifende Kooperation wird nämlich nachgerade auch als Bedrohung der eigenen Existenz wahrgenommen: Aufgabenzusammenlegungen, -bündelungen und -verlagerungen fördern die Angst vor eigenen Bedeutungs- und Autonomieverlusten.

Möglichkeiten und Grenzen der interkommunalen Zusammenarbeit
Die interkommunale Zusammenarbeit ist in der Rechtsordnung nicht abschließend geregelt. Die Gestaltungsfreiheit der Gemeinden über Inhalt und Form der Zusammenarbeit ist insgesamt sehr weit reichend, was nicht zuletzt auch die sehr unterschiedlichen Beispiele praktizierter interkommunaler Zusammenarbeit belegen. Unter formalen Gesichtspunkten liegt die Bandbreite der Kooperationen zwischen wenig bzw. nicht institutionalisierten und meist informellen Kooperationen auf der einen Seite (z. B. Bürgermeisterstammtische, informelle Auskünfte) bis hin zu stark institutionalisierten formellen Kooperationen, die üblicherweise dann als öffentlich-rechtliche (z. B. Gemeindeverbände oder Verwaltungsgemeinschaften) beziehungsweise auch privatrechtliche Organisationsformen (Kooperation auf der Grundlage von Verträgen, der Bildung von Vereinen oder auch handelsrechtlichen Organisationen) realisiert werden.3
Letztlich determiniert aber vor allem der Gegenstand oder Zweck der Zusammenarbeit die Entscheidung, ob eher eine öffentlich-rechtliche oder eine privatrechtliche Kooperationsform gewählt wird, ob eventuell auch institutionell einfache Formen, wie z. B. ein Vertragsverhältnis oder eine Verwaltungsgemeinschaft, ausreichen, oder ob eigene Institutionen, wie eine Kapitalgesellschaft, ein Verein, eine Personengesellschaft, ein Wasserverband, eine Verwaltungsgemeinschaft, eine Genossenschaft oder eine Stiftung zur Erfüllung der Aufgaben geschaffen werden müssen. Ein Blick in die aktuelle Praxis4 der IKZ lässt vermuten, dass mit zunehmender Komplexität der Kooperation und einem damit verbundenen hohen finanziellen Aufwand, tendenziell jedoch eher formale Kooperationsformen gewählt werden (z. B. Infrastrukturkooperationen).
Der eben optimistisch beschriebene prinzipielle Möglichkeitenraum der IKZ findet seine Grenzen teilweise in rechtlichen Aspekten (siehe folgenden Abschnitt), vor allem aber auch im politischen Kosten-Nutzen-Kalkül der Akteure der Gemeinden. So stehen den ökonomischen Vorteilen einer Zusammenarbeit von Gemeinden eben auch handfeste politische Nachteile gegenüber, die in jedem Fall in den Gemeinden bilanziert werden.
IKZ aus der Sicht der kleinen Gemeinden konsequent zu Ende gedacht, könnte nämlich den schleichenden Bedeutungsverlust der Gemeindeinstitutionen bedeuten: Bürgermeister und Gemeinderat ohne eigene Verwaltung, Gemeinden ohne eigene Gestaltungsmöglichkeiten. Insofern darf kaum verwundern, dass zwar Bereitschaft bei vielen Gemeinden erkennbar ist, im Rahmen von Kooperationen etwa zusätzliche Leistungen zu übernehmen (Wachstum). Leistungen abzugeben (sei es an andere Gemeinden oder gar an die Bezirkshauptmannschaften) wird demgegenüber weitgehend abgelehnt, was dann wiederum in praktischen Kooperationsprojekten in der Form von Zurückhaltung bis Gleichgültigkeit der teilnehmenden Gemeinden erlebbar wird oder aber auch darin besteht, dass Aushandlungsprozesse von Kooperationen oftmals nur sehr schleppend verlaufen und am Ende zu eher bescheidenen Kooperationsergebnissen führen (gemeinsame Nutzung von Geräten des Bauhofs, aber keine organisatorische und räumliche Zusammenlegung). Win-Win-Situationen, die u. a. als grundlegend für den Erfolg von Kooperationen angesehen werden, sind dann nur auf einem sehr niedrigen Niveau möglich. Folglich findet IKZ dort eine kritische Grenze, wo die gemeindeübergreifende Zusammenarbeit die Selbstbestimmung der Gemeinden, ihr eigenständiges Profil und damit ihre Existenz an sich in Frage gestellt wird.

Erfolgsfaktoren
Bislang gibt es nach unserem Wissensstand noch keine Untersuchungen, die verlässliche Hinweise darauf geben oder Aussagen dergestalt treffen, welche Faktoren/Bedingungen (allein oder in Kombination) gegeben sein müssen, damit der Erfolg einer gemeindeübergreifenden Kooperation sehr wahrscheinlich wird. Gleichzeitig mangelt es aber keinesfalls an vorläufigem – wissenschaftlich noch abzusicherndem5 – Erfahrungswissen darüber, welche Bedingungen zumindest hilfreich für eine Kooperation sein könnten. Einige ausgewählte Bedingungen möchten wir hier zur Diskussion stellen6:

- Ein grundsätzliches Commitment der Partner über die Zusammenarbeit ist grundlegend!
Beinahe eine Binsenweisheit ist es, dass als erste Voraussetzung für spätere Kooperationen alle beteiligten Partner diese Zusammenarbeit als grundsätzlich nützlicher als einen Alleingang bewerten müssen (positive Bilanz zwischen Aufwendungen für die Begründung der Kooperation im Verhältnis zu deren Nutzen). Je größer jedenfalls die Aufgabenkomplexität ist bzw. auch die Aufgabe die qualitativen und quantitativen Ressourcenkapazitäten einer Gemeinde überfordern, um so eher werden gemeinschaftliche Lösungen (interkommunale Zusammenarbeit) in Betracht gezogen.

- „Mehrere Kranke machen noch keinen Gesunden!“
Zu fragen wäre jedenfalls, ob allein aus der Not geborene Kooperationen letztlich Erfolg versprechend sind. Erfahrungen aus der Privatwirtschaft zeigen jedenfalls, dass die Qualität der Partner wichtig ist, dass sich eben gerade erfolgreiche Unternehmen zu Kooperationen entschließen7 und nicht diejenigen, die mit gravierenden Problemen zu kämpfen haben.
Dann wird immer wieder darauf hingewiesen (vgl. Maimer in dieser ÖGZ), dass Freiwilligkeit der Kooperation ein wichtiger Punkt zu sein scheint. Gleichfalls wird in der Praxis aber auch deutlich, dass erst ungünstige externe Entwicklungen (finanzieller Druck) die Bereitschaft zur Kooperation fördern und eine Überwindung von Egoismen überhaupt denkbar werden lassen.

- Kooperationspartner müssen zueinander passen!
Immer wieder zeigt sich ferner, dass die Kooperationspartner zueinander passen müssen und ein etwa gleichartiger Kooperationsbedarf bei den Partnern bestehen sollte. Als Aspekte des „Zusammenpassens“ wären etwa zu nennen8:
– „Struktureller Fit“: Der „strukturelle Fit“ bezieht sich auf das Zusammenpassen der Partner vor dem Hintergrund der strukturellen Eigenschaften wie Gemeindegröße, finanzielles Potenzial und Kooperationsfeld. Je ungleichgewichtiger die Größenverteilung in der Kooperation ist, desto eher ist mit Dominanzstreben einzelner Partner zu rechnen, was dann Machtstreben an die Stelle von gegenseitigem Vertrauen und Rücksichtnahme treten lässt und Kooperation unmöglich macht.

– „Strategischer Fit“: Der „strategische Fit“ gibt darüber Aufschluss, ob die Strategien der Kooperationspartner kompatibel und sich ergänzend sind, ob die Entwicklungsplanungen und -vorstellungen der Partner sich ergänzen oder behindern.

– „Kultureller Fit“: Der „kulturelle Fit“ setzt an den Unternehmenskulturen der Partner an und fragt, inwieweit die Gesamtheit der in den kooperierenden Unternehmen gelebten Wertvorstellungen, grundlegenden Denk- und Verhaltensmuster zueinander passen und in Hinblick auf die Vermeidung von späteren Konflikten möglichst ähnlich sind.

- Auf Vertrauen und Loyalität basierende Partnerschaft leben!
Gleichberechtigung und gegenseitiges Vertrauen wird als eine weitere wichtige Rahmenbedingung eines späteren Kooperationserfolgs betrachtet. Vertrauen erleichtert das Handeln und die soziale Interaktion unter Unsicherheit und führt somit zu einer erheblichen Komplexitätsreduktion. Dabei führt Vertrauen nicht an sich zu einer Reduktion der Unsicherheit oder gar zur Herstellung von Sicherheit. Vertrauen vermittelt aber Zuversicht, dass die eigenen Erwartungen an den Partner nicht – oder nur mäßig – enttäuscht werden. Eine große wechselseitige Verbundenheit der Partner (siehe oben) trägt auch dazu bei, dass Konflikte oder schwerwiegende Probleme der Kooperation (besser) überbrückt und Partner nicht absichtlich (Moral Hazard) benachteiligt werden. Letztlich behindert vor allem lokaler Egoismus an sich sinnvolle Kooperationsmöglichkeiten.

- Kooperationen leben von der Initiative und dem Engagement ihrer Partner!
Menschen, die sich gut verstehen oder durch positive gemeinsame Erfahrungen verbunden sind, tun sich leichter, individuelle Interessen zugunsten gemeinsamer Interessen zurückzustellen. Insofern scheint auch die zwischenmenschliche „Chemie“, das persönliche Verhältnis der eine Kooperation fördernden Führungspersönlichkeiten (Bürgermeister, Amtsleiter) ein wichtiger Punkt für die Startphase und für Krisensituationen zu sein. Damit Kooperationen auch langfristig Bestand haben, braucht es das fortwährende Engagement der Partner, gemeinsame Ziele zu verfolgen.

- Miteinander reden – Konflikte konstruktiv lösen!
Um Missverständnisse zu vermeiden und Konflikten vorzubeugen, ist eine offene und häufige Kommunikation förderlich. Dies gilt zwar in besonderem Maße für die Hauptakteure der Kooperation, sollte jedoch auch weitere Akteursgruppen der Gemeinden (z. B. Mitglieder des Gemeinderates, die Mitarbeiter und Bürger) betreffen.
Kooperationen befinden sich stets in einem Spannungsfeld organisationsimmanter Widersprüche. Anzuführen sind die Koexistenz von Kooperation und Konkurrenz (um z. B. Ansiedlung von Betrieben), der Ausgleich zwischen Interdependenz und Unabhängigkeit der Partner sowie das Wechselspiel zwischen Autonomie und Kontrolle. Zur Lösung dieser „Dauerirritationen“ bedarf es der Kompetenz des Konfliktmanagements.

- Das Projekt muss professionell angegangen werden!
Ebenfalls beinahe eine Selbstverständlichkeit ist es, dass derartige Projekte mit der entsprechenden Professionalität bezüglich des Projektmanagements angegangen werden: Ziele und Inhalte der Kooperation müssen zu Beginn vereinbart und dann auch laufend im Hinblick auf die Zielerreichung überprüft/gemessen werden, ein realistischer Zeitplan muss fixiert werden, externe Begleitung ist bei größeren Projekten förderlich, schnelle Umsetzungserfolge müssen geplant werden. Kooperationen sind Entwicklungsprojekte, d. h. kleine Erfolge können die Grundlage für eine spätere Verbreiterung und Vertiefung der Kooperation sein.

Entwicklungsbedarf
Interkommunale Zusammenarbeit ist alles andere als ein neues Thema9, das erst noch konzeptionell konkretisiert werden muss. Außer einigen speziellen Rechtsfragen (siehe folgenden Abschnitt) ist IKZ jedenfalls kein wirklich organisatorisches, eher schon ein motivatorisches Problem („Wollen“, nicht „Können“ oder „Dürfen“).
Gleichwohl sollten im Zuge der weiteren Fachdiskussion zur IKZ in Österreich folgende – unseres Erachtens offenen – Fragen und Themenstellungen vertieft erörtert werden:

Offene Rechtsfragen überwinden
Bei der kooperativen Leistungserstellung müssen von den Gemeinden – schon auf Grund der Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts – auch die Normen des Wettbewerbsrechts beachtet werden. Das EG-Wettbewerbsrecht folgt einem Prinzip, „das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen schützt“ (Artikel 3 Abs. 1 EG-Vertrag). Ein großes Konfliktfeld stellt die Vergabe öffentlicher Aufträge dar. Die Gemeinden sind zwar in der Gründung gemeinsamer juristischer Personen frei, indes ist fraglich, inwieweit sie sich zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben dieser gemeinsamen juristischen Personen ohne weiteres Ausschreibungsverfahren auch bedienen dürfen. Das Gemeinschaftsrecht schreibt vor, dass öffentliche Aufträge oberhalb bestimmter Schwellenwerte grundsätzlich offen auszuschreiben sind. Für sogenannte In-house-Geschäfte besteht jedoch eine Besonderheit. Man versteht darunter die Auftragsvergabe an Unternehmen, die von der öffentlichen Hand selbst beherrscht werden. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge fallen diese Inhouse-Geschäfte nicht unter das Vergaberecht. Gemischtwirtschaftliche Unternehmen unterliegen demgegenüber nach dem Urteil „Stadt Halle“ des EuGH vom 11. 1. 200510 auch bei Anteilsmehrheit der Gemeinde voll dem Vergaberecht. Das Urteil „Stadt Halle“ hat den Spielraum für eine vergabefreie Auslagerung von Aufgaben der Daseinsvorsorge an gemischt-öffentliche Unternehmen (Verbandsmodell)11 erheblich eingeschränkt und lässt gleichermaßen viele Fragen offen.
Weitgehend offen ist, inwieweit gemeinsame juristische Personen von Gemeinden den Regeln des Vergaberechts unterworfen sind.
Konfliktpotenzial gemeinschaftsrechtlicher Art besteht weiters in der Gewährung nationaler Beihilfen. Staatliche Beihilfen sind in Form eines Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt gemäß Artikel 87 Abs. 1 EG-Vertrag zur Sicherung der Chancengleichheit am Markt grundsätzlich verboten. Die Zuwendung von Finanzmitteln der Gemeinden an ihre Unternehmen ist nur dann als Beihilfe zu qualifizieren, wenn nach dem sogenannten „Private Investor-Test“12 ein marktwirtschaftlich orientierter Kapitalgeber in einer vergleichbaren Situation die Hilfe nicht gewährt hätte. Auch wenn der Wortlaut des Artikels 87 EG-Vertrag es nahe legt, so ist nicht jede Kapitalzufuhr – wie im „Altmark Trans“-Urteil13 festgestellt – an das kommunale Unternehmen als Beihilfe zu qualifizieren.

Unklarheit bezüglich der Strategien der Länder beheben
Gemeindekooperationen entstehen österreichweit derzeit eher zufällig bei einer – wie oben angedeutet – großen Vielfalt an Formen und Kooperationsgegenständen. Zu fragen ist nun aber, ob man mit dem bisher Begonnenen und auch Erreichten zufrieden sein soll, oder ob nicht durch gezielte strategische Entscheidungen und daraus abgeleiteten Steuerungseingriffen der Bundesländer weiter reichende gemeindeübergreifende Kooperationen und letztlich Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsgewinne für alle möglich würden? Zu fragen ist daher, ob nicht die aktuelle Diskussion über IKZ bewusst genutzt werden könnte, grundsätzlichere Fragen zum föderalen Staatsaufbau in Österreich – was im Rahmen des Österreich-Konvents ja bekanntermaßen nicht gelungen ist – nochmals anzugehen und zukunftsorientierte Veränderungen anzudenken.
Bei den Bundesländern gibt es nach unserem Dafürhalten ein grundsätzliches Interesse an der IKZ (in Kärnten ist die IKZ beispielsweise im Regierungsprogramm verankert), was sich auch an den konkreten Maßnahmen zur Förderung und Unterstützung von Gemeindekooperationen ablesen lässt. Praktisch überwiegen bislang Maßnahmen, die auf ein freiwilliges Zustandekommen von Kooperationen hinwirken und dafür insbesondere auf unterschiedliche Formen einer Förderung von gemeindeübergreifenden Kooperationen setzen:

- Information und Erfahrungsaustausch: Durch das Aufzeigen und Kommunizieren von erfolgreichen Beispielen (Studien Kärnten, Steiermark) soll die Machbarkeit von Kooperationen deutlich gemacht und Anregungen/Impulse gesetzt werden. Erfolgreiche Kooperationen können dann eventuell auch Ängste – wie sie oben beschrieben wurden – abbauen helfen.

- Finanzielle Förderung von Projekten („Zuckerl“): Kostenübernahme durch das Land für Beratungsleistungen in der Entstehungsphase (Oberösterreich, Vorarlberg) oder auch die Förderung von Projekten/Investitionen von Gemeinden mittels Bedarfszuweisungen, die an die Bedingung geknüpft sind, Projekte als IKZ zu verwirklichen (z. B. Kärnten).
Weitergehende direkte oder auch indirekte (Zwangs-)Maßnahmen der Länder wie etwa eine Ausweitung von gesetzlichen Verpflichtungen zur Bildung von Verbänden, das Aussprechen von kooperationsbezogenen Genehmigungsvorbehalten (z. B. bei der Flächenwidmung oder bei der Entwicklung von interkommunalen Industrie- und Gewerbeparks) oder gar Maßnahmen zu Gemeindezusammenlegungen (Gebietsreform/Fusionen), wie sie gegenwärtig in der Schweiz sehr intensiv verfolgt und (dort freiwillig!) realisiert werden, sind uns nicht bekannt.
Allein jedoch zu hoffen, dass das Kommunizieren der Machbarkeit (erfolgreiche Beispiele) und der wirtschaftlichen Vorteile (Zeigen der Einsparungen) von IKZ zu vielen neuen und umfangreichen Kooperationen führt, erscheint uns vor dem Hintergrund der oben dargestellten prinzipiellen Interessenlage doch sehr fraglich. Auch punktuelle Fördermaßnahmen helfen hier nur bedingt weiter (Mitnahmeeffekte), weil durch die Fördermaßnahmen die politische Kosten-Nutzen-Bilanz der handelnden Akteure in den Gemeinden nicht grundsätzlich verändert wird. Daher stellt sich die grundsätzliche Frage, ob man sich – wie bisher – mit einer einfachen Förderstrategie, die Kooperationen fördert, wo immer diese zufällig entstehen, zufrieden gibt, oder man „traut“ sich, auch weiter reichende strukturelle Veränderungen anzugehen, um die Nachteile der gegenwärtigen kleinstrukturierten Gemeindelandschaft zu überwinden. Trifft Letzteres zu, dann sollten aber auch bislang stark tabuisierte Themen – wie etwa Gemeindefusionen oder die Parallelität der Aufgabenwahrnehmung, Zuständigkeitsaufteilung zwischen Gemeinden einerseits und Bezirksverwaltungsbehörden andererseits offen diskutiert werden.14

Demokratiedefizite der IKZ als Thema anerkennen
IKZ verändert auch die politische Landschaft in einer Gemeinde, weshalb es wichtig ist, IKZ sowohl aus der Perspektive der Bürger als auch der politisch Verantwortlichen zu betrachten: IKZ fördert die Bildung zusätzlicher und neuer hybrider Organisationsstrukturen, im Sinne eines Nebeneinander von immer weniger lokalen und immer mehr überörtlichen Organisationen (Verbänden, Gesellschaften etc.). Unter Demokratiegesichtspunkten ist aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger diese Entwicklung kritisch zu werten, weil damit negative Folgen für die Transparenz von Entscheidungen, sowie die unmittelbare Mitwirkungsmöglichkeit von Bürgern verbunden sind. Entscheidungs- und Verantwortungsstrukturen werden nicht nur komplexer und undurchschaubarer, auch die unmittelbare Legitimation der Entscheider ist zu hinterfragen.15 Aber auch aus der Perspektive der politisch Verantwortlichen ist IKZ sehr ambivalent zu werten: den möglichen Wirtschaftlichkeitsgewinnen steht ein Verlust von direkten Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeiten gegenüber, weil viele Entscheidungen eben in den dafür vorgesehenen Gremien der ausgelagerten Organisationen gefällt werden und sich einer direkten Kontrolle/Einflussnahme der lokalen Politik entziehen.
Vor diesem Hintergrund ist einmal mehr zu fragen, ob Gemeindefusionen – wie dies in der Schweiz derzeit tabulos thematisiert wird – letztlich nicht vielleicht sogar die „ehrlichere“ Form der IKZ ist. Fest steht nach unserer Einschätzung aber jedenfalls, dass allein technokratische Reformen, die die berechtigten Interessenstrukturen in den Gemeinden außer Acht lassen, letztlich scheitern werden.

Erweiterung der Diskussion auf eine Integration der vertikalen Kooperation
Bislang beschränkt sich die Diskussion über interkommunale Kooperation ausschließlich auf die horizontale Ebene zwischen den Gemeinden. Gemeindliches Handeln wird aber ganz wesentlich durch Bundes-/Landesnormen – insbesondere aber auch durch die Regelungen über die Finanzmittelzuweisungen bzw. die Mitfinanzierung von überörtlichen Aufgaben (Umlagen/ Beiträge) – determiniert. Daraus wird deutlich, dass diese vertikale Komponente eine wichtige Rahmenbedingung für IKZ darstellt. Hinzu kommen teilweise komplexe und intransparente Systeme der vertikalen Aufgabenwahrnehmung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, die Zuständigkeiten/Kompetenzen und Verantwortung eher verschleiern als eindeutig zuzuordnen (Mehrfachzuständigkeiten, Parallelstrukturen, Auseinanderfallen von Fach- und Finanzierungsverantwortung) und wo die Vermutung nahe liegt, dass dies jedenfalls zu Lasten der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung geht.
Diese Verbundzuständigkeiten Bund-Länder-Gemeinden (Politikverflechtung) sind nach unserer Einschätzung ebenfalls eine ungünstige Rahmenbedingung der horizontalen Kooperation von Gemeinden. Hier bedarf es einer offenen Diskussion und Veränderungsbereitschaft aller Ebenen, die für eine Kooperation der Gemeinden notwendigen Maßnahmen der vertikalen Entflechtung zu treffen. Hierzu wurden im Rahmen des Österreich-Konvents zwar erste Vorschläge entwickelt, deren Konkretisierung und Umsetzung steht derzeit noch aus. Auch die sogenannte „Verwaltungsreform II“ spricht Verwaltungskooperationen an sich an, konkrete Ergebnisse oder eine konsequente Bearbeitung dieses Problembereichs sind jedoch bislang nicht erkennbar.16 Das derzeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden intensiv diskutierte Reformfeld der Nachmittagsbetreuung böte hier z. B. einen spannenden Anknüpfungspunkt, sichtbare Maßnahmen einer systematischen Entflechtung zu erproben!

Ausblick
Im Wettbewerb der Gemeinden werden zukünftig jedenfalls die Gemeinden erfolgreich sein, die auch die Potenziale der Zusammenarbeit in der Region für sich nutzen können.

OEGZ

ÖGZ Download