Internet und E-Government Aktuelle rechtliche Aspekte für die öffentliche Verwaltung

Internet und E-Government Aktuelle rechtliche Aspekte für die öffentliche Verwaltung

Am 25. Oktober 2005 fand im Wiener Rathaus auf Einladung des Österreichischen Städtebundes im Rahmen einer fachspezifischer Veranstaltungsreihe eine Fachtagung unter dem Titel „Internet, E-Government und Recht“ statt. In einem dichten Tagesprogramm wurde versucht, den Teilnehmern einen Überblick über aktuelle rechtliche Entwicklungen in den beiden eng verwandten Bereichen zu geben, wobei ein Halbtag E-Government gewidmet war und der zweite Halbtag hauptsächlich auf die Präsenz von Kommunen im Internet und damit verbundenen rechtlichen Problemstellungen fokussierte.

Mehr als ein Überblick über die jüngsten Änderungen der Rechtsmaterie (insbesondere bei E-Government, wo in den letzten Monaten laufend neue Durchführungsverordnungen insbesondere zum E-Government-Gesetz erlassen wurden) bzw. über die aktuelle Rechtsprechung bei Internet-Fragen, die auch – oder speziell – für die Städte und Gemeinden von Interesse sind, wäre im Rahmen einer eintägigen Veranstaltung auch nicht möglich gewesen. Schließlich hat sich die Rechtsmaterie im Umfeld des IKT-Einsatzes in den letzten Jahren zu einem hochkomplexen und ziemlich umfangreichen Spezialgebiet entwickelt.
Dass aufgrund dieser Tatsache auch in den Städten und Gemeinden rechtliche Unsicherheiten bei der Nutzung von E-Government bzw. dem Internet bestehen, zeigt eine Umfrage, die von PuMa – Public Management Consulting im Auftrag des Österreichischen Städtebundes für den Städtetag 2005 durchgeführt worden war: Zwar waren nur 30 Prozent der Befragten der Meinung, dass der rechtliche Rahmen für E-Government unzureichend sei und damit ein Problem darstelle (bei einer ähnlichen Befragung 2001 vertraten noch doppelt so viele diese Meinung), Fragen zum Informationsstand über aktuelle Gesetze bzw. Verordnungen aus dem Bereich E-Government kamen kaum auf Bekanntheitswerte über 35 Prozent. Daraus erklärt sich auch der Bedarf an einschlägiger Information, da die Frage nach dem Interesse an einer Fachtagung entsprechend der in diesem Beitrag vorgestellten von 80 Prozent zustimmend beantwortet wurde und 77 Prozent der Befragten auch eine einschlägige Publikation befürworten würden. Die hohe Zustimmung zu dem Thema zeigte sich auch in der hohen Teilnehmerzahl von mehr als 100 Personen.

Neue gesetzliche Regelungen
Der erste Teil der Fachtagung war den aktuellen rechtlichen Entwicklungen im Bereich E-Government gewidmet. Mit Dr. Wilfried Connert vom Amt der Tiroler Landesregierung konnte ein Leitreferent gewonnen werden, der seit langem dem „innersten Kreis“ der E-Government-Experten angehört und die seltene Eigenschaft eines Rechtsgelehrten mit exzellenten technischen Kenntnissen in sich vereint.
Die Anforderung an seinen Beitrag war eine überblicksartige Darstellung der neuen gesetzlichen Regelungen vor allem im Bereich der „Kernfunktionen“ von E-Government wie Identifikation/Authentifizierung, der elektronischen Zustellung, dem Portalverbund sowie den zentralen Registern und Datensammlungen.

E-Government-Gesetz sichert elektronische Verfahren ab
E-Government steht im Gegensatz zu E-Business bzw. E-Commerce sehr stark unter dem Einfluss der wechselseitigen Bedingtheit von Technik und Recht. Auf der einen Seite schaffen technische Entwicklungen faktische Tatsachen, welche bei der rechtlichen Gestaltung berücksichtigt werden müssen. Hinzu kommt, dass der rechtliche Gestaltungsprozess häufig der technischen Entwicklung hinterherläuft, da in Gesetzen nicht von vornherein alle zukünftigen, technisch möglichen Optionen vorhergesehen und abgedeckt werden können. Auf der anderen Seite schaffen Gesetze wiederum die Rahmenbedingungen für einen rechtlich abgesicherten Einsatz neuer Technologien, was insbesondere für die öffentliche Verwaltung und deren staatliche Vollzugstätigkeit auf Grundlage des verfassungsrechtlichen Legalitätsgebots von Bedeutung ist.
In den letzten Jahren wurden auf Bundesebene bereits einige wichtige gesetzliche Anpassungen, zuletzt im Rahmen des Verwaltungsreformgesetzes 2001, vorgenommen. Es hat sich aber herausgestellt, dass für den Echtbetrieb mancher technischer Verfahren im E-Government-Bereich noch zusätzlicher gesetzlicher Regelungsbedarf besteht.
Mit dem „E-Government-Gesetz“ BGBl I Nr. 10/2004 (enthält das E-Government-Gesetz im engeren Sinne sowie Änderungen in AVG 1991, Zustellgesetz, Meldegesetz 1991, Vereinsgesetz 2002 und Gebührengesetz 1957) verfolgt der Gesetzgeber aus Gründen der Übersichtlichkeit einen ganzheitlichen Ansatz, indem alle zusätzlich notwendigen Regelungen in einem eigenen Gesetz zusammengefasst wurden, anstelle viele kurze Regelungen ins Verwaltungsrecht einzustreuen.
Das E-Government Gesetz schafft vor allem in folgenden Bereichen den notwendigen rechtlichen Rahmen für einen abgesicherten Einsatz elektronischer Medien in der Verwaltungspraxis:

- Eindeutige elektronische Identifikation
- Elektronische Standarddokumente
- Datenschutz im E-Government
- Bürgerkarten und Verwaltungssignatur
- Portalverbundsysteme
- Verzeichnisse und Register
- Elektronische Zustellung
- E-Governance und Bürgerbeteiligung

Nachdem mit August 2005 die letzten notwendigen Durchführungsverordnungen zum E-Government-Gesetz in Kraft getreten sind und auch das Stammzahlen- und die Ergänzungsregister bereits 2006 zur Verfügung stehen sollen, ist im Zuge der Nutzung dieser Infrastruktur eine umfassende Kenntnis des rechtlichen Hintergrundes notwendig.
Gerade der Bereich der Authentifizierung mittels Bürgerkarte, dem auch das Stammzahlen- und die bereits erwähnten Ergänzungsregister (ein Ergänzungsregister für natürliche Personen und eines für „sonstige Betroffene“) zuzuordnen sind, zählt zu den komplexesten und kompliziertesten E-Government-Themen. Dr. Waltraut Kotschy, Leiterin der Stammzahlenregisterbehörde, erklärte sich bereit, bei der Fachtagung persönlich die schwierige Materie zu erläutern.

Datenschutz wird groß geschrieben
Faktum ist, dass Städte und Gemeinden bei ihren Datenanwendungen, die mit personenbezogenen Daten von Bürgern operieren, zukünftig nicht um den Einsatz von bereichsspezifischen Personenkennzeichen herumkommen werden. Damit soll im Zuge elektronischer Verfahren eine eindeutige Kennzeichnung von Bürgern nur innerhalb eines Verwaltungsbereichs möglich sein, um datenschutzrechtliche Nachteile für den Bürger auszuschließen.
Die bereichsspezifischen Personenkennzeichen werden aus der Stammzahl gebildet, welche wiederum eine Ableitung der ZMR-Zahl darstellt und auf der Bürgerkarte (bei deren Aktivierung) abgelegt wird. Bei der Meldung einer Datenanwendung beim Datenverarbeitungsregister (DVR) ist daher in Zukunft auch das bPK mitzumelden. Da eine flächendeckende Verbreitung der Bürgerkarte in absehbarer Zeit voraussichtlich nicht erreicht wird, besteht auch die Möglichkeit, die Datensätze einer Datenanwendung mit einer „Erstausstattung“ an bPKs versehen zu lassen. Dieser Vorgang erfordert allerdings ein gesondertes Verfahren. Ein maßgebliches Kriterium für die erfolgreiche Ausstattung mit bPKs wird auch die Qualität der auszustattenden Daten sein.
Eine für Städte und Gemeinden interessante Neuerung stellt auch das „Ergänzungsregister für sonstige Betroffene“ dar, das u. a. auch Organen von Gebietskörperschaften die Möglichkeit bietet, eine elektronische Identität für die privatwirtschaftlichen Aufgaben zu erlangen.

Kluft zwischen technisch Machbarem und tatsächlicher Anwendung
Gerade im Bereich der Authentifizierung kommt der hohe Komplexitätsgrad zum Vorschein, der entsteht, wenn versucht wird, die gesetzlichen Anforderungen bestmöglich abzubilden. Unter diesem Licht stand auch der Beitrag von Erhard Vallant, Magistrat Klagenfurt, der als Vertreter des Österreichischen Städtebundes Mitglied im Datenschutzrat ist. Sein Beitrag war gedacht als kritische Reflexion der bereits erreichten E-Government-Entwicklungsstandes aus der Sicht der täglichen Verwaltungspraxis. Hier zeigt sich auch, dass offensichtlich eine Kluft zwischen technisch und rechtlich bereits Möglichem und der tatsächlichen Anwendung bzw. Anwendbarkeit in der Praxis besteht. Einerseits wird die mangelhafte Abstimmung zwischen den bereits vorhandenen Registern kritisiert, andererseits die unzureichende Nutzung derselben. So werden von Behörden offensichtlich nach wie vor häufig Meldebestätigungen von Bürgern als Nachweis verlangt, obwohl diese durch eine einfache ZMR-Abfrage behördenseitig festgestellt werden können.
Weitere kritische Punkte betreffen die bisher mangelhafte Auseinandersetzung mit bzw. elektronische Umsetzungsbereitschaft von Registern im Personenstands- und Staatsbürgerschaftsbereich sowie im Wahlwesen, wo besonders aufkommensstarke Verfahren angesiedelt sind. In einem abschließendem Resümee gab der Autor weiters Empfehlungen an die gesetzgebenden Gebietskörperschaften, bei welchen Aktivitäten aus seiner Sicht dringender Umsetzungs- oder Abstimmungsbedarf besteht.

Konflikte um Internet-Domänen
Der zweite Teil der Veranstaltung fokussierte auf die Präsenz der Städte und Gemeinden im Internet. Da diese als Anbieter von Informationen und teilweise auch Dienstleistungen auftreten, sind einige rechtliche Grundlagen – z. B. im Bereich des Urheberrechts, des E-Commerce-Gesetzes oder des Medienrechts – zu beachten, die für Gebietskörperschaften ebenso gelten wie für jedes andere Unternehmen im Internet. Darüber hinaus gibt es Rechtsbereiche, die insbesondere für Städte und Gemeinden von vorrangiger Bedeutung sind, wie beispielsweise das Namensrecht. Rechtsstreitigkeiten um Internet-Domänen beschäftigen mittlerweile seit einem Jahrzehnt die Gerichte, sodass hier bereits höchstgerichtliche Entscheidungen vorliegen. Dr. Clemens Thiele, Experte für Rechtsfragen rund um Internet-Domänen, erläuterte die rechtlichen Rahmenbedingungen eines „virtuellen Ortsschutzes“ anhand von Fallbeispielen aus aktueller Praxis. Grundsätzlich ist unbestritten, dass Städte und Gemeinden an der aus ihrer Bezeichnung und der Landeskennung (.at) gebildeten Internet-Adresse namensrechtliche Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche geltend machen können. Der Erfolg hängt jedoch in hohem Maß von weiteren Faktoren ab, insbesondere der inhaltlichen Gestaltung der unter einem strittigen Domänennamen geführten Website oder einer nachweisbaren „Behinderungsabsicht“ durch die Reservierung eines Domänennamens.

E-Commerce-Gesetz berücksichtigen
Auch beim Betrieb einer gemeindeeigenen Internet-Site sind einige rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten. Zwar richten sich beispielsweise die Bestimmungen des E-Commerce-Gesetzes nicht primär an öffentlich-rechtliche Körperschaften, jedoch ist zu bedenken, dass Städte und Gemeinden auch im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig und somit im Internet präsent sind. Diese rechtlichen Aspekte kommunaler Internet-Auftritte wurden von Univ.-Prof. Dr. Andreas Wiebe näher erläutert. So sind von den Kommunen unter bestimmten Umständen ebenso die Informationspflichten nach dem E-Commerce-Gesetz einzuhalten. Auch das Mediengesetz sieht Informationspflichten vor. Bei der Haftung betreffend Inhalte kommunaler Websites ist das anwendbare Recht wiederum abhängig davon, ob es sich um hoheitliches Handeln (Amtshaftungsgesetz – AHG) oder Aktivitäten im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (Zivilrecht) handelt. Darüber hinaus haben öffentliche Rechtsträger gegenüber privaten Webseitenbetreibern zusätzliche besondere Obliegenheiten zu erfüllen wie beispielsweise die Einhaltung von Grundrechten (Diskriminierungsverbot).

Regeln für den korrekten Einsatz von E-Mail
Auf einen speziellen Internet-Dienst, nämlich den Einsatz von E-Mail durch die öffentliche Verwaltung, ging Ass.-Prof. DDr. Walter Blocher näher ein. Das Thema E-Mail ist aus rechtlicher Sicht vor allem vor dem Hintergrund der ausufernden Zunahme unerwünschter Werbemails und SPAM-Mails interessant. Zwar gibt es eine rechtliche Handhabe gegen SPAM, diese greift jedoch kurz, da die Herkunft solcher E-Mail oftmals nicht klar nachvollziehbar ist oder seinen Ursprung in einem exotischen Land nimmt. Aber auch als Absender von Massenmails sind einige Grundregeln zu beachten. Diese finden sich vor allem im E-Commerce-Gesetz und im Telekommunikationsgesetz. So gibt es beispielsweise die Regelung, dass E-Mails und SMS, welche die Verbrauchersphäre eines Empfängers betreffen, ohne dessen vorherige Einwilligung unzulässig sind, wenn die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder sich an mehr als 50 Empfänger richtet.
Auf die inhaltliche Gestaltung kommunaler Websites kam schließlich Dr. Haller zu sprechen. Auch in diesem Bereich gibt es einige rechtliche Fallstricke, die es zu beachten gilt. Gerade im Bereich der künstlerischen (grafischen) Gestaltung (z. B. Logos) kommt es immer wieder zu Unklarheiten und gerichtlichen Auseinandersetzungen. Das Urheberrecht sieht hier klare Regelungen vor in Bezug auf den Urheberrechtsschutz, die Inhaberschaft und Schutzinhalte. In diesem Zusammenhang erläuterte Dr. Haller die Unterschiede zwischen gesetzlichen Lizenzen, freien Werknutzungsverträgen, vertraglichen Lizenzen und Urheberrechtsverträgen. Als kritisch und daher überprüfenswert sind auch Bilder, Grafiken/Illustrationen und auch Links auf andere Seiten zu betrachten.

Hoher Informationsbedarf in den Gemeinden
Die Fachtagung zum Thema „Internet, E-Government und Recht“ zeigte sehr deutlich, dass noch lange nicht alle rechtlichen Fragen, aber auch Hürden in Zusammenhang mit einer Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien durch die öffentliche Hand geklärt respektive den Betroffenen vollinhaltlich bekannt sind. Daraus resultiert auch das hohe Interesse an der Thematik und der Bedarf an detaillierter Information. Schließlich legitimiert sich die Tätigkeit öffentlich-rechtlicher Körperschaften auf der Grundlage von Gesetzen, woraus sich auch die Verpflichtung zu einer besonderen Vorbildwirkung ergibt.
Aufgrund des großen Interesses werden daher auch die Referate der Fachtagung in einem Sammelband zusammengefasst und im Rahmen der Städtebund-Schriftenreihe im ersten Quartal 2006 veröffentlicht.

Städtebund-Linktipp:
www.public-management.at

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