Das Bundesvergabegesetz 2006 aus kommunaler Perspektive

Das Bundesvergabegesetz 2006 aus kommunaler Perspektive

Das österreichische Vergaberecht mutiert zu einer diffizilen, unübersichtlichen Rechtsmaterie, die den Vergabepraktikern in den Kommunen vor allem durch massiven Formalismus bzw. ständigen Anpassungsbedarf wegen Novellierung der Rechtsvorschriften das wirtschaftliche Handeln erschwert. Bemerkenswert ist nicht nur die Häufigkeit und der stets zunehmende Umfang von Totalrevisionen der Vergabevorschriften, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der das BVergG 2006 durch die Schwellenwerte-Verordnung (EG) Nr. 2083/2005 schon vor dem In-Kraft-Treten mit 1. Februar 2006 wieder überholt ist.

1. Ausgangssituation
1.1 Das neue Bundesvergabegesetz 2006

Der Nationalrat hat am 6. Dezember 2005 und der Bundesrat am 21. Dezember 2005 das BVergG 2006 beschlossen, das am 1. Februar 2006 – mit bedeutsamen Ausnahmen in § 345 Abs. 3 leg. cit. für öffentliche Auftraggeber im Vollziehungsbereich der Länder – in Kraft tritt.

1.2 Neue Schwellenwerte bereits seit 1. Jänner 2006
Am 20. Dezember 2005 wurde die Schwellenwerte-Verordnung (EG) Nr. 2083/2005 der Kommission vom 19. Dezember 2005 im Amtsblatt kundgemacht. Die Schwellenwerte-Verordnung ist seit 1. Jänner 2006 in Kraft und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt eingeleiteten Vergabeverfahren nach dem BVergG 2002 bzw. ab 1. Februar 2006 dem BVergG 2006 verbindlich anzuwenden.
Die Neufestsetzung der Schwellenwerte erfolgte durch die Kommission im Wege einer Verordnung, die in allen ihren Teilen verbindlich ist und in jedem EU-Mitgliedstaat unmittelbar gilt. Daher traten die neuen Schwellenwerte – auch im innerstaatlichen Bereich – ab dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens, somit ab dem 1. Jänner 2006, an die Stelle der bisher geltenden Schwellenwerte. Die Verordnung der Bundesregierung BGBl. II Nr. 56/2005 ist daher seit dem 1. Jänner 2006 nicht mehr anzuwenden. Die durch die EG-Verordnung festgesetzten Schwellenwerte werden auch durch das In-Kraft-Treten des BVergG 2006 nicht berührt. Das Verfahren zur Erlassung einer Verordnung nach den §§ 18 und 186 BVergG 2006, mit der die geänderten Schwellenwerte auch innerstaatlich kundgemacht werden, wird nach der Kundmachung des BVergG 2006 eingeleitet werden.
Ab 1. Jänner 2006 gelten für die Unterscheidung, ob es sich um eine Vergabe im Ober- oder Unterschwellenbereich handelt, folgende Schwellenwerte für den klassischen Bereich:

- Bauaufträge und Baukonzessionsverträge: € 5.278.000 (anstelle bisher € 5.923.000)

- Liefer- und Dienstleistungsaufträge und Wettbewerbe: € 211.000 (anstelle bisher € 236.000)

Bei einem geschätzten Auftragswert ohne Umsatzsteuer, der höher als die neuen Schwellenwerte ist, gelten die Vorschriften für den Oberschwellenbereich. Bei Aufträgen, die unterhalb dieser Schwellenwerte gelegen sind, handelt es sich um eine Vergabe im Unterschwellenbereich. Da der Auftragswert vor Beginn des Vergabeverfahrens zu schätzen ist, sind die neuen Schwellenwerte auf alle Vergabeverfahren anzuwenden, die nach dem In-Kraft-Treten am 1. Jänner 2006 durch eine plausible und fachkundige Auftragswertschätzung „eingeleitet“ worden sind.

1.3 Begutachtungsentwurf über BBG-Gesetz
Zur Klärung der Aufgaben als zentrale Beschaffungsstelle und zur Umsetzung der politischen Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden über die Verwaltungsreform II vom 15. November 2005 liegt bereits auch ein Begutachtungsentwurf über die Änderung des Bundesgesetzes über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor. Wesentlicher Punkt dabei ist u. a., die Leistungen der Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht wie bisher nur Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden, sondern auch ihren ausgegliederten Einrichtungen zugänglich zu machen, soweit es sich dabei um öffentliche Auftraggeber handelt.

2. Übergangsbestimmungen für Gemeinden
Besonders wichtig für die Vergabepraxis sind die in § 345 BVergG 2006 enthaltenen In-Kraft-Tretens- und Übergangsbestimmungen für öffentliche Auftraggeber im Vollziehungsbereich der Länder.
Für den Abschluss von Rahmenvereinbarungen im Oberschwellenbereich und die Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen gelten bis 31. Dezember 2006 die Bestimmungen des BVergG 2002. Andere Bestimmungen über die Einrichtung eines dynamischen Beschaffungssystems und die Vergabe von Aufträgen im Wege eines Wettbewerblichen Dialogs treten erst mit 1. Jänner 2007 in Kraft. Gleiches gilt für die Bestimmungen des § 2 Z. 16 BVergG 2006 mit Ausnahme der Festlegung der Widerrufsentscheidung als gesondert anfechtbare Entscheidung und die Bestimmung in § 129 Abs. 3 BVergG 2006 über die Verpflichtung zur Verständigung über das Ausscheiden eines Bieters.

2.1 Auswirkungen auf die Vergabepraxis
Neue Vergabeverfahren
Die neuen Vergabeverfahren (Rahmenvereinbarung für den Oberschwellenbereich, Wettbewerblicher Dialog und Dynamisches Beschaffungssystem) können von Kommunen erst ab 1. Jänner 2007 bei Vergabe von Aufträgen angewandt werden.
Einerseits findet durch diese „Schonfrist“ eine Beschneidung der Kommunen von flexibleren Vergabeverfahren statt. Andererseits darf der Verwaltungsmehraufwand und die Rechtsunsicherheit für die Vergabepraxis durch die parallele Geltung zweier Vergabevorschriften nicht außer Acht gelassen werden. Handelt es sich um die Auftragsart „prioritäre Dienstleistung“, gilt ab 1. Februar 2006 das BVergG 2006; soll hingegen eine „nicht prioritäre Dienstleistung“ vergeben werden, findet noch bis 31. Dezember 2006 das BVergG 2002 Anwendung. Gleiches gilt, wenn die Vergabeverfahrensart „Rahmenvereinbarung“ gewählt wird.

Verständigung von der Ausscheidung
Problematisch erscheint im Zusammenhalt mit den Bestimmungen in §§ 131 f. BVergG 2006 auch die Geltung der Verpflichtung zur Verständigung von der Ausscheidung erst ab 1. Jänner 2007.
Da nach der neuen Rechtslage nur mehr den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern (alle, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben) die Zuschlagsentscheidung bekannt zu geben ist, besteht insofern eine Rechtsschutzlücke, die somit gemeinschaftsrechtskonform auszulegen ist. Ein ausgeschiedener Bieter kann wie bisher das Ausscheiden seines Angebotes erst mit der Zuschlagsentscheidung anfechten und benötigt dafür die erforderlichen Informationen.

Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungsaufträge
Als nicht prioritäre Dienstleistungen gelten unter anderem das Gesundheits- und Sozialwesen, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Rechtsberatung, Arbeits- und Arbeitskräftevermittlung, Unterrichtswesen und Berufsausbildung sowie Kultur und Sport. Gegenüber der bisherigen Regelung des BVergG 2002 soll – in Entsprechung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben – den Auftraggebern durch das BVergG 2006 bei der Beschaffung von nicht prioritären Dienstleistungen im Ober- und im Unterschwellenbereich ein größerer Freiraum zukommen. Da dieses vereinfachte Regime für die Kommunen erst ab 1. Jänner 2007 in Kraft tritt, sind sie gegenüber den anderen öffentlichen Auftraggebern schlechter gestellt und müssen weiterhin bis 31. Dezember 2006 die „strengeren“ Bestimmungen des BVergG 2002 anwenden. Unklar ist, welche Subschwellenwerte bei der Wahl des nach § 23 BVergG 2002 zulässigen Vergabeverfahrens anzuwenden sind (jene des BVergG 2002 oder zweckmäßigerweise jene des BVergG 2006).
Diese Übergangsbestimmung wurde auf Wunsch der Länder im BVergG 2006 normiert. Intendiert wurde, dass die Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen bis 31. Dezember 2006 nach den bisherigen Bestimmungen des BVergG 2002 für diese Auftragsart durchgeführt wird. Das bedeutet für die Gemeinden, dass für die Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen die alten Subschwellenwerte für die Wahl des jeweils zulässigen Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich Anwendung finden.
Die Gemeinden müssen daher strikt zwischen prioritären und nicht prioritären Dienstleistungen unterscheiden, weil während der Dauer dieser Übergangsfrist jeweils unterschiedliche Verfahrensvorschriften und Subschwellenwerte gelten.

Verwaltungsmehraufwand für Gemeinden
Konkret ist eine Direktvergabe nicht prioritärer Dienstleistungen durch die Gemeinden bis 31. Dezember 2006 grundsätzlich nur bis zu einem geschätzten Auftragswert ohne USt. von E 20.000 möglich. Eine Ausnahme stellen die nicht prioritären Dienstleistungen nach § 27 abs. 1 Z. 3 BVergG 2002 dar, wo ein wirtschaftlicher Wettbewerb im Hinblick auf die Eigenart der Leistung oder des in Frage kommenden Bieterkreises nicht zweckmäßig ist. In diesen Fällen kann die Direktvergabe bis zu einem geschätzten Auftragswert ohne USt. von E 211.000 gewählt werden.
Die Geltung des BVergG 2002 für die Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen bis 31. Dezember 2006 und die Geltung des BVergG 2006 für die Vergabe prioritärer Dienstleistungen ab 1. Februar 2006 bedeutet Rechtsunsicherheit und Verwaltungsmehraufwand für die Gemeinden.

Vergabeverfahren nach eigenem Ermessen
Maßgeblich sind für die künftige Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen – neben den Bestimmungen über öffentliche Auftraggeber, der Definition der Dienstleistungsaufträge, den Abgrenzungsregelungen und Ausnahmebestimmungen, den Regelungen über die Schwellenwerte sowie den Grundsatzbestimmungen – allein die Bestimmungen über die statistischen Verpflichtungen bzw. über die technischen Spezifikationen.
Für nicht prioritäre Dienstleistungen können die Kommunen ab 1. Jänner 2007 grundsätzlich ein Vergabeverfahren nach eigenem Ermessen festlegen. Es besteht zwar entgegen den bisherigen Vorschriften im BVergG 2002 keine Bindung an die im BVergG 2006 normierten Verfahrensarten, aber die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze und ein angemessener Grad an Transparenz sind zu beachten.
Die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungsaufträgen ist nach dem BVergG 2006 in einem formlosen und nicht bekannt gemachten Verfahren unmittelbar an einen Unternehmer ausschließlich bis zum Schwellenwert für Direktvergaben (€ 40.000) zulässig. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Privilegierung nicht prioritärer Dienstleistungen durch die Möglichkeit einer Direktvergabe nach § 27 Abs. 1 Z. 3 BVergG 2002 ersatzlos entfallen ist. Für die Kommunen bedeutet dies für die Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen ohne wirtschaftlichen Wettbewerb eine weitere Einschränkung, weil der Anwendungsbereich der Direktvergabe herabgesetzt wird.

Transparenz = öffentliche Bekanntmachung
Auch sind an den Verfahren zur Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungsaufträge „grundsätzlich mehrere Unternehmer“ (d. h. mehr als ein Unternehmer) zu beteiligen. In Ausnahmesituationen (vgl. dazu etwa den Katalog der Tatbestände für Vergabeverfahren ohne Bekanntmachungen mit nur einem Unternehmer im Oberschwellenbereich bzw. den Ausnahmetatbestand für geistige Dienstleistungen in § 38 Abs. 3 BVergG 2006) ist die Vergabe derartiger Dienstleistungen daher auch in einem nicht transparenten Verfahren mit nur einem Unternehmer zulässig. Als Ausnahme vom Grundsatz sind die Voraussetzungen eng auszulegen. Transparent ist ein Verfahren nach den Erläuternden Bemerkungen zum BVergG 2006 ausschließlich dann, wenn eine Bekanntmachung (im Internet, in lokalen, regionalen, nationalen, internationalen Medien) erfolgte und diese Bekanntmachung jene grundsätzlichen Informationen enthielt, die interessierten Unternehmen die Beurteilung ermöglichte, ob ein bestimmter Auftrag für sie von Interesse sein könnte. Bei der Beurteilung der „Angemessenheit“ der Transparenz (Veröffentlichung) ist auf den Einzelfall abzustellen: je höher der Auftragswert und je bedeutender der Auftragsgegenstand, desto höher die Anforderungen an die Transparenz.

3. Neue Regelungen für Gemeinden
Das neue BVergG 2006 viele inhaltliche Änderungen. Für die Kommunen als „klassische“ öffentliche Auftraggeber sind folgende Änderungen besonders wesentlich:

3.1 Auftragswertberechnung
Neue Losregeln für Liefer- und Dienstleistungen
Die Möglichkeit zur Herauslösung von Kleinlosen (maximal 20% des Gesamtauftragswertes, geschätzter Auftragswert ohne USt. weniger als € 80.000) bei Auftragsvergaben im Oberschwellenbereich ist im BVergG 2006 auch für Liefer- und Dienstleistungsaufträge vorgesehen. Im Unterschwellenbereich können darüber hinaus auch Lose von Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen direkt vergeben werden, wenn ihr Wert jeweils unter € 40.000 liegt und insgesamt maximal 40% des Wertes aller Lose beträgt.
Beispiel: Eine Gemeinde benötigt eine Lieferung von Fleisch- und Wurstwaren mit einem geschätzten Auftragswert von € 160.000 für die gemeindeeigenen Kindergärten. 40% davon betragen € 64.000. Die Gemeinde könnte beispielsweise 2 Auftragnehmer mit einem Auftrag in Höhe von je € 32.000 direkt mit der Lieferung von Fleisch- und Wurstwaren biologischer Herkunft beauftragen und die restliche Lieferung von Fleisch- und Wurstwaren konventioneller Herkunft in Höhe von € 96.000 in einem offenen Verfahren im Unterschwellenbereich ausschreiben.

Gewerksweise Vergabe von Bauaufträgen im Unterschwellenbereich möglich
Im Unterschwellenbereich gilt nach § 14 Abs. 4 BVergG 2006 für die Wahl des Vergabeverfahrens von Gewerken als geschätzter Auftragswert der Wert des einzelnen Gewerkes. Einzelne Gewerke sind für die Wahl des richtigen Vergabeverfahrens nicht zusammenzurechnen. Im Oberschwellenbereich wurde die bisherige Regelung beibehalten.

3.2 Geltungsbereich und Ausnahmebestimmungen
Zentrale Beschaffungsstellen
Das BVergG 2006 enthält eine Regelung von zentralen Beschaffungsstellen und eine Ausnahme der Beauftragung einer zentralen Beschaffungsstelle vom Geltungsbereich. Bemerkenswert ist für die Vergabepraxis, dass damit die Beschaffung über zentrale Beschaffungsstellen, die nicht gleichzeitig die In-house-Vergabekriterien erfüllen, legalisiert wird.

Kredit- oder Darlehensaufnahmen
In den Erläuternden Bemerkungen zu § 10 Z. 11 BVergG 2006 wird einerseits klargestellt, dass alle mit Finanzinstrumenten (z. B. Schuldscheinen, Kreditverträgen etc.) hinterlegten Kredit- oder Darlehensaufnahmen nicht mehr dem Vergaberegime unterliegen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um öffentliches Schuldenmanagement handelt oder nicht. Andererseits wird zum Ausdruck gebracht, dass auch nicht mit Finanzinstrumenten hinterlegte Kredit- oder Darlehensaufnahmen, sofern sie Teil der öffentlichen Kreditpolitik (beispielsweise von Gebietskörperschaften) sind, vom Anwendungsbereich ausgenommen sind.
Aus der Formulierung in § 10 Z. 11 leg. cit. geht aber nicht eindeutig hervor, ob die Ausnahmebestimmung auch für Kreditaufnahmen der sogenannten Gebührenhaushalte (z. B. Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit), die nicht dem Schuldenstand nach den Maastricht-Kriterien zuzurechnen sind, gilt.

3.3 Möglichkeit der Wahl einfacherer Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich
Erhöhung der Subschwellenwerte
Für die Vergabepraxis ist die Erhöhung der Subschwellenwerte für die Wahl des Nicht Offenen Verfahrens ohne Bekanntmachung für Liefer- und Dienstleistungsaufträge (auf € 80.000 statt bisher € 60.000), des Verhandlungsverfahrens ohne Bekanntmachung bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen (auf € 60.000 statt bisher € 40.000) und für die Direktvergabe aller Leistungen (auf € 40.000 statt bisher € 20.000 bzw. € 30.000 bei geistigen Dienstleistungen) als ein positiver Aspekt der Gesetzesnovelle zu verzeichnen.

Schematische Darstellung der Subschwellenwerte nach Bundesvergabegesetz 2006
Siehe ÖGZ 2/06!

Verhandlungsverfahren
Das Verhandlungsverfahren mit Bekanntmachung kann bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im gesamten Unterschwellenbereich (bis € 211.000) und bei Bauaufträgen bis € 350.000 gewählt werden.
Das bisher in § 26 Abs. 4 BVergG 2002 vorgesehene Verhandlungsverfahren mit einem Unternehmen bei geistigen Dienstleistungen, sofern im Hinblick auf die Eigenart der Leistung die Durchführung eines wirtschaftlichen Wettbewerbes aufgrund der Kosten des Beschaffungsvorganges wirtschaftlich nicht vertretbar ist, bleibt bis zu einem Schwellenwert von € 105.500 erhalten.

Direktvergabe
Die Direktvergabe ist bei allen Leistungen bis zu einem Subschwellenwert von € 40.000 zulässig, wobei künftig nur mehr unverbindliche Preisauskünfte im Rahmen der Direktvergabe eingeholt werden können. Für eine nach den Bestimmungen des BVergG 2006 offensichtlich unzulässige Direktvergabe sieht das Gesetz als Konsequenz die Nichtigkeit aufgrund einer Feststellung der Nachprüfungsbehörde vor.

3.4 Sonstige Verfahrensbestimmungen
Erleichterungen bei der Eignungsprüfung
Wenn der Auftraggeber keine Zweifel an der Eignung hat, kann bei Bauaufträgen bis € 120.000 und bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis € 80.000 von der Eignungsprüfung abgesehen werden. Freies Ermessen besteht für den Auftraggeber bei geringfügigen Abgabenrückständen und/oder Sozialversicherungsrückständen. Eine Direktvergabe ist auch an insolvente Unternehmen möglich, soweit die Leistungsfähigkeit noch ausreichend ist.

Alternativangebote
Künftig ist der Ausschluss von technischen Alternativangeboten ohne Begründung möglich. Sofern der Auftraggeber keine Angabe über die Zulässigkeit in der Ausschreibung macht, sind sie unzulässig.

Abänderungsangebote
Beim Billigstbieterprinzip sind Abänderungsangebote zulässig, sofern in der Ausschreibung nichts anderes festgelegt ist.

Subvergabe
Künftig entfällt die Beschränkung, dass der Bieter wesentliche Teile jener Arbeiten, die in seine Befugnis fallen, selbst ausführen muss. Es ist nur die Weitergabe des Gesamtauftrages untersagt.

Fristen
Die vorgesehenen Mindestangebots- oder Mindestteilnahmeantragsfristen können bei elektronischer Auftragsbekanntmachung im Oberschwellenbereich und/oder elektronischer Bereitstellung der Ausschreibungsunterlagen im Ober- und Unterschwellenbereich um bis zu maximal 12 Tage verkürzt werden.

Leistungsbeschreibung
Die Regelungen in §§ 97 Abs. 2 und 99 Abs. 2 BVergG 2006 sehen einen Mehraufwand für Auftraggeber vor, die in einzelnen Punkten von den für die Beschreibung oder Aufgliederung bestimmter Leistungen oder Vertragsbestimmungen bestehenden geeigneten Leitlinien wie ÖNORMEN oder standardisierten Leistungsbeschreibungen abweichende Festlegungen treffen: sie müssen die Gründe für die abweichenden Festlegungen festhalten und den Unternehmen auf Anfrage unverzüglich bekannt geben. Solche abweichende Festlegungen bei der Leistungsbeschreibung und den Vertragsbestimmungen sind nunmehr ausdrücklich zulässig, müssen aber den Grundsätzen des Vergabeverfahrens, vor allem dem Gleichbehandlungs- und Wettbewerbsgrundsatz sowie dem Sachlichkeitsgebot, entsprechen. Die inhaltliche Grenze hinsichtlich der Möglichkeit, von diesen Leitlinien abzuweichen, bildet das Missbrauchverbot. Insbesondere dürfen die Vertragsbestimmungen keine gesetzes- oder sittenwidrigen Regelungen im Sinne des § 879 ABGB beinhalten.

Präzisierungen für das Verhandlungsverfahren
In § 105 BVergG wird der Ablauf des Verhandlungsverfahrens normiert.

Stillhaltefrist
Die Stillhaltefristen werden im Unterschwellenbereich auf generell 7 Tage verkürzt.

Widerruf
Dem Widerruf muss in Entsprechung der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes eine Widerrufsentscheidung unter Einhaltung einer Stillhaltefrist vorausgehen. Wie auch die Zuschlagsentscheidung ist diese Widerrufsentscheidung den Bietern mitzuteilen und gesondert anfechtbar.

4. Auswirkungen auf Städte und Gemeinden
Zur Sicherstellung der Abwicklung rechtmäßiger Vergabeverfahren ist die Durchführung von Informationsveranstaltungen und Schulungen für die betroffenen MitarbeiterInnen besonders wichtig.

Großer Schulungsbedarf
Am Beispiel des Magistrates der Landeshauptstadt Linz kann dieser Schulungs- und Anpassungsbedarf näher skizziert werden:

- Im Jänner 2006 wurden Schulungen für insgesamt 150 MitarbeiterInnen in zwei aufeinander aufbauenden Modulen abgehalten, wo schwerpunktmäßig wesentliche Neuerungen des BVergG 2006, die aktuelle Judikatur zum Vergaberecht und die praktische Durchführung eines Vergabeverfahrens nach der neuen Rechtslage behandelt wurden.

- Die Schulungen richteten sich an alle MitarbeiterInnen der Linzer Stadtverwaltung und ihrer Tochtergesellschaften, die Vergabeverfahren durchführen bzw. in der Software Vergabe-Optimierung arbeiten und sich über die neuesten Entwicklungen informieren müssen. Die Teilnahme an beiden Modulen war Voraussetzung für die reibungslose Abwicklung der Einkäufe/Vergabeverfahren nach dem BVergG 2006.

- Daneben waren Allgemeine Geschäftsbedingungen neu zu erlassen, alle vorhandenen Formulare, Mustervorlagen von Ausschreibungsunterlagen, bestehende Checklisten, FAQ-Merkblätter und Rundschreiben zu adaptieren.

- Eine Informationsveranstaltung der Landesgruppe Oberösterreich des Österreichischen Städtebundes zum Thema „Vergaberecht“, die auch eine fundierte Aufbereitung der praxisrelevanten Neuerungen des BVergG 2006 beinhaltet, befindet sich in Vorbereitung.

Städtebund-Linktipps:
www.linz.at
www.vergabecoach.at

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