Kampf dem Feinstaub!

Kampf dem Feinstaub!

Kaum ein Umweltthema erregte die Gemüter in der letzten Zeit so wie das Thema Feinstaub. Die Stadt Wien stellt sich dieser seit langem und hat bereits unzählige Maßnahmen ergriffen, um die Luftqualität weiter zu verbessern. Im Frühjahr 2005 wurde ein 45 Punkte umfassendes Maßnahmenpaket präsentiert, im Herbst ein zweites mit weiteren 18 Maßnahmen. Tatsache ist aber auch, dass ein bedeutender Teil des Feinstaubs in Wien nicht hausgemacht ist und durch Ferntransport verursacht wird.

In der medialen Debatte ist Feinstaub ein relativ „neuer“ Schadstoff. Die Grenzwerte von Seiten der EU werden stets strenger, der Tagesmittelwert darf nicht höher als 50 µg/m3 sein, seit 2005 darf er an höchstens 30 Tagen überschritten werden. Um die Grenzwerte einzuhalten, sind in Österreich die Bundesländer laut Immissionsschutzgesetz-Luft verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu setzen. Das Problem daran ist, dass dieses Gesetz kürzlich von Bundesseite novelliert wurde und in der jetzigen Form den Ländern die vielzitierte „Quadratur des Kreises“ abverlangt, denn das Gesetz macht zahlreiche Möglichkeiten im Kampf gegen den Feinstaub nahezu unmöglich. Als Beispiel sei an dieser Stelle an die von Wien verhängte Partikelfilterpflicht für Baumaschinen und Bagger verwiesen, das nach der Novellierung des IG-L nicht mehr möglich sein wird. Sämtliche Bundesländer stehen der Novellierung ablehnend gegenüber – über alle Parteigrenzen hinweg ist der Tenor einhellig: Der Bund behindert die Länder, anstatt sie zu unterstützen – eine inakzeptable Vorgangsweise.

Wien hat Weichen gestellt
Während der Bund sich also „nobel“ zurückhält, bei der Sonderkonferenz der Landesumweltreferenten dem Umweltminister im November nur abzuringen war, bis Juni einen Zeitplan für gemeinsame Maßnahmen von Bund und Ländern vorzulegen, mühen sich die Bundesländer ab, die Feinstaubgrenzwerte einzuhalten. Wien hat schon vor Jahren die Weichen in die richtige Richtung gestellt. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die Forcierung der Fernwärme und die Umstellung des Winterdienstes sind nur einige Beispiele davon. In das mittlerweile 2. Anti-Feinstaubpaket fließen in den kommenden 5 Jahren weitere 4 Millionen Euro. Rund 113 Tonnen Feinstaub werden damit eingespart, darüber hinaus auch 805 Tonnen Stickoxide – eine Vorläufersubstanz von Feinstaub.

7,5 Millionen Euro für Umrüstung des Winterdiensts
Jede Verursachergruppe muss einen Beitrag leisten, um die Luftqualität zu verbessern. So gilt etwa Partikelfilterpflicht für die sogenannten Offroad-Dieselmotoren, wie Bagger, Baumaschinen und Hubstapler. Weiters gilt ein Verbot von Heizöl leicht in Betriebsanlagen und ein Fahrverbot für Lkw, die vor 1992 zugelassen wurden. Es sind dies die besonderen „Stinker“, die achtmal so viel Schadstoffe emittieren als moderne. Auch im eigenen Bereich setzt die Stadt Wien zahlreiche Maßnahmen. Als Beispiel sei die weitere Modernisierung im Winterdienst genannt, in den insgesamt 7,5 Millionen Euro investiert werden. Spezielle Salzsolekehrmaschinen ermöglichen ein Einkehren des Splitts auch bei Minustemperaturen. Die MA 48 hat diese Maschinen selbst entwickelt, um den Splitt möglichst rasch von den Straßen zu bekommen – mit Erfolg, wie sich im letzten Winter zeigte: In Rekordzeit von 3,5 Wochen wurde das gesamte Straßennetz, das immerhin 2.800
km lang ist und damit der Distanz Wien–Lissabon entspricht, vom Splitt befreit. Auch die Splittmenge wird konsequent reduziert, von 33.000 Tonnen auf 17.000 Tonnen. Darüber hinaus wird der Fuhrpark der Stadt erneuert, es werden nur noch Fahrzeuge mit Partikelfilter angeschafft. Auch im Umfeld von Wien ist die Stadt aktiv: Die Stadt Wien hat im Sommer mit der OMV (Standort Schwechat) eine Vereinbarung zur Reduktion
der Feinstaub-Vorläufersubstanzen Stickoxide und Schwefeldioxid über gesetzliche Grenzwerte hinaus vereinbart. Durch den Einbau einer zusätzlichen Filteranlage wird ab 2008 der Ausstoß an Stickoxiden um 1.600 Tonnen reduziert und damit halbiert. Bei Schwefeldioxid reduziert die OMV ihren Ausstoß um knapp 1.500 Tonnen – die Maßnahmen in der Höhe von 27 Millionen Euro werden die Luftqualität in Wien nachhaltig verbessern.

Tempo 50 für unsere Gesundheit!
Eine der vielen Maßnahmen des Pakets ist das Tempo-50-Limit – ein Tempolimit gegen Feinstaub und Lärm und für mehr Lebensqualität gilt überall in Wien, ausgenommen sind Autobahnen und Autostraßen sowie einige wenige hochrangige Ausfallstraßen mit Anschluss an Autobahnen und Schnellstraßen, die sich nicht im verbauten Gebiet befinden.
Es geht ganz klar um die Gesundheit der Menschen in dieser Stadt und im Sinne dieser muss jede Verursachergruppe einen Beitrag leisten, um die Luftqualität zu verbessern. Laut WHO sterben in Österreich jährlich 2400 Menschen an verkehrsbedingtem Feinstaub, es gibt 20.000 Bronchitis- und 15.000 Asthmaanfälle bei Kindern jährlich. Zahlreiche Wissenschafter wie TU-Professor Hans Puxbaum oder Hermann Knoflacher vom Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik an der TU Wien sowie das Umweltbundesamt bestätigen die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme. Tempo 50 bringt geringeren Reifenabrieb und geringere Aufwirbelung, trägt daher zur Feinstaubreduktion und vor allem zur Lärmreduzierung in den Wohngebieten bei.

TU Wien: 75% des Feinstaubs kommen von außen
Wien macht seine Hausaufgaben, Tatsache ist aber der bereits eingangs erwähnte enorme„Ferneintrag“ des Feinstaubs. Das Umweltbundesamt als auch Prof. Puxbaum analysieren, dass rund drei Viertel des Feinstaubs in Wien nicht hausgemacht sind, sondern von außen nach Wien kommen. Oft wird er über tausende Kilometer zu uns transportiert. Dieser Tatsache ist nur damit zu begegnen, in den entsprechenden Ländern Anti-Feinstaubmaßnahmen zu unterstützen, konkret mit der Umweltförderung des Bundes.

Feinstaub ist ein Winterphänomen
Hohe PM10-Konzentrationen sind in der Regel mit großflächigen Inversionen – häufig verbunden mit ausgedehnten, stabilen Hochdruckwetterlagen in Wintermonaten – verbunden, bei denen es zu großräumiger Schadstoffanreicherung in Bo-
dennähe kommt. Diese Wetterlagen begünstigen auch den Ferntransport hoch belasteter Luftmassen aus Osteuropa über mehrere 100 Kilometer. Damit kommt der Transport aus Regionen mit hohen PM10- und SO2-Emissionen in einem Bereich von Rumänien bis Polen besonders zum Tragen. Die höchsten PM10-Konzentrationen treten in der Regel bei niedrigen Windgeschwindigkeiten – verbunden mit Hochdruckwetterlagen und ungünstigen
Ausbreitungsbedingungen – auf. Die Auswertungen zeigen allerdings auch, dass in Wien (anders als an ländlichen Hintergrundmessstellen) erhöhte PM10-Werte bei starkem Wind auftreten können, woraus auf einen Beitrag von Windaufwirbelung (vermutlich von Straßenstaub) geschlossen werden kann. Die außerordentlich hohe PM10-Belastung der Monate Februar und März 2003 war auf lang anhaltende Hochdruckwetterlagen mit niedrigen Temperaturen und häufigem Ferntransport aus Ostmitteleuropa zurückzuführen.
Im Jahr 2004 trug demgegenüber der von Westwetterlagen geprägte, niederschlagsreiche Winter 2003/04 zu einer vergleichsweise niedrigen PM10-Belastung bei. Wie sich die Werte im heurigen Winter entwickeln, ist noch nicht abzusehen. Tatsache ist aber, dass es zahlreicher Maßnahmen bedarf, um die Feinstaubbelastung zu reduzieren – Maßnahmen in allen Bereichen: Baumaschinen, Baustellen, Industrie, Raumwärme, Stadtentwicklung und Verkehr.

2006: Kampf dem Feinstaub!
Die Stadt Wien wird im Rahmen des umfassenden Programms ULI – Urbane Luftinitiative – weiter konsequent gegen die Feinstaubbelastung vorgehen. Feinstaub ist ein Problem, das sich nicht von heute auf morgen lösen lässt, es bedarf langfristiger Maßnahmen, auf regionaler als auch auf überregionaler Ebene. Wien will gemeinsam mit dem Bund und den anderen Ländern Maßnahmen zur Verbesserung der Luftgüte in ganz Österreich setzen. Die Menschen erwarten sich mit Recht ein derartiges Vorgehen und kein Hin- und Herschieben von Zuständigkeiten. Wien setzt auf konsequente Maßnahmen, und mir ist bewusst, dass diese nicht überall auf ungeteilte Freude stoßen. Als zuständige Umweltstadträtin bin ich aber dafür verantwortlich, die Feinstaubbelastung zu reduzieren, es geht um unsere Gesundheit, um die Gesundheit unserer Kinder – und dafür muss jeder seinen Beitrag leisten.

Städtebund-Linktipps:
www.natuerlich.wien.at
www.wien.at/ma22/luftgue.html
www.umweltbundesamt.at/
umweltschutz/luft

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