Regionalverkehr: Städtebund zieht die „Notbremse“

Regionalverkehr: Städtebund zieht die „Notbremse“

Mitte Jänner 2006 hat der Bund nach monatelangen Vorgesprächen den Gesetzesentwurf für eine Neuregelung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (ÖPNRV-Gesetz) vorgelegt.
Grundsätzlich ist zunächst anzuerkennen, dass der Bund die Transparenz des Mitteleinsatzes für den öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr erhöhen und ihn dadurch effizienter gestalten will. So sollen die Länder die Mittel von besonders unwirtschaftlichen Verkehren zu neuen Verkehrsleistungen umschichten können. Allerdings nützt der Bund die Gelegenheit einer Neufassung, um seine finanzielle Verantwortung zurückzunehmen. Das trifft – erraten – auch Städte und Gemeinden.

"Restrisiko“ wird ausgelagert
Die Regelung zielt auf eine „Verländerung“ des Regionalverkehrs, teilt aber doch Ländern und Gemeinden gemeinsam eine Reihe von Aufgaben (von der Planung bis zur Bestellung von Verkehrsdienstleistungen) zu, ohne eine konkrete Abgrenzung zwischen diesen Gebietskörperschaften vorzunehmen. Die vom Bund anlässlich der Übertragung der Aufgaben mitgegebenen Finanzmittel werden allerdings nur den Ländern zur Verfügung gestellt – und durch eine völlig unzureichende Valorisierung gedeckelt. Damit wird den Ländern (und Gemeinden) das „Restrisiko“ übertragen.

Einstellen – oder zahlen
Generell gesehen ist die Ausgangssituation nicht sehr transparent, da die Österreichischen Bundesbahnen derzeit erst an der Erstellung einer streckenbezogenen Kostenrechnung arbeiten. Dem Vernehmen nach soll diese aber einen hohen zweistelligen bis zu einem dreistelligen Millionenbetrag – kolportiert werden bis zu 150 Millionen Euro – an Gesamtabgang im Regional- und Nahverkehr ausweisen. Es ist nicht auszuschließen, dass die ÖBB nach der „Verländerung“ diesen Betrag oder zumindest einen Teil davon von den Ländern verlangen werden. Die Grundlage dazu wird dadurch geschaffen, dass im neuen ÖPNRV-Gesetz 2006 die Aufrechterhaltung des bestehenden Grundverkehrsangebotes nicht mehr vorgesehen ist. Die ÖBB können somit die Länder (und Gemeinden) ganz leicht vor die Alternative stellen: entweder Einstellung einer Linie oder mitzahlen!
Dazu kommt noch eine hohe Dynamik der zu erwartenden Abgänge. Allein aus der nicht ausreichenden Valorisierung der Zahlungen des Bundes ist bis 2016 – erst zu diesem Zeitpunkt soll eine Bewertung der Zweckmäßigkeit dieser gesetzlichen Neuregelung erfolgen – mit einem sich schrittweise auf knapp 100 Millionen Euro erhöhenden zusätzlichen Abgang zu rechnen.

Erhöhte Bestellerförderung mehr als ungewiss
Einzig bei der Bestellerförderung (Jahresvolumen derzeit rund 8 Millionen Euro) für neue Verkehrslinien wird eine Erhöhung der Mittel auf 30 Millionen Euro angekündigt – bislang allerdings ohne Bestätigung durch das Finanzministerium. Verbesserungen für die Nutzer des ÖPNRV könnte es allenfalls durch die Einrichtung eines Fahrgastbeirats und durch neue Qualitätsstandards geben – wozu aber der Gesetzesentwurf keinen finanziellen Beitrag des Bundes enthält.

Mitspracherecht für Städtebund auf Bundes- und Landesebene nötig
Ein wesentlicher Kritikpunkt besteht auch in der fehlenden Einbindung der kommunalen Ebene und der Städte als Träger von Nahverkehrseinrichtungen. Es wäre extrem wichtig, dass der Österreichische Städtebund bei sämtlichen den ÖPNRV betreffenden Regelungen sowohl auf der Bundes- als auch auf Landesebene zwingend eingebunden werden muss. Damit könnten zumindest übermäßige Belastungen der kommunalen Ebene vermieden werden.
Aufgrund der aufgezählten Problempunkte hat der Österreichische Städtebund zum Schutz der finanziellen Interessen seiner Mitglieder – so wie einige Bundesländer auch – die „Notbremse“ gezogen, also den Konsultationsmechanismus ausgelöst.

OEGZ

ÖGZ Download