Vom Balkan bis Georgien: Neue Erfahrungen für Kommunen

Vom Balkan bis Georgien: Neue Erfahrungen für Kommunen

Der Verband der Agenturen für lokale Demokratie (ALDA) hilft europäischen Kommunen, innovative Projektpartnerschaften in Südosteuropa und im Kaukasus aufzubauen. Dadurch entstehen oft ungeahnte Synergien.

Auf den ersten Blick scheint in Mostar mehr als 10 Jahre nach Ende des Krieges wieder alles in Ordnung zu sein: die berühmte Brücke, die den kroatischen Stadtteil vom Muslimischen trennt, ist wieder aufgebaut und auch der Rest der Altstadt erstrahlt in neuem Glanz. Viele Restaurants und Souvenirläden haben neu eröffnet und immer mehr Touristen kehren in der weltbekannten Stadt ein. Doch schaut man einmal genauer hin, so erkennt man, dass die schreckliche Vergangenheit doch noch allgegenwärtig ist. Ein Schild am Wegesrand ermahnt „Don’t forget“ und einige Einzelhändler verkaufen Schmuck aus Patronenhülsen oder Schutzhelme.

Eine Agentur in Mostar
Der Verband der Agenturen für lokale Demokratie beschloss deshalb im Jahr 2004 – nach Wiederaufbau der Brücke – eine Agentur für lokale Demokratie in Mostar zu eröffnen. „Die Agentur setzt da an, wo viele andere internationale Organisationen aufgehört haben: wir versuchen den Dialog zwischen den gespaltenen Bevölkerungsgruppierungen der Stadt zu fördern“, erklärt Tommaso Vaccarezza, Leiter der Agentur in Mostar. Weitere Ziele sind die Stärkung von Lokaldemokratie und Wirtschaftsentwicklung. Dabei bedient sich die Agentur einer einzigartigen Methodologie. Sie verbindet ein Netzwerk von Partnerstädten, Regionen und Nichtregierungsorganisationen aus West- und Nordeuropa. Dieses fungiert nach dem altbewährten Prinzip der Städtepartnerschaften, jedoch auf multilateraler Ebene. Praktisch umgesetzt bedeutet dies, dass zum Beispiel Partnerstädte aus Dänemark und Italien die Agentur unterstützen, gemeinsam Projekte in Mostar durchführen und Experten sowie Know-how austauschen, um Fähigkeiten auszubauen (capacity building). Sie selbst wählen den Chef der Agentur vor Ort aus und haben so eine Garantie dafür, dass die Projekte auch kompetent umgesetzt werden.

Partner aus ganz Europa
Eine große finanzielle Belastung kommt dabei auf die Gemeinden nicht zu: sie unterstützen lediglich einige administrative Kosten der Agentur, der Rest wird über Projektanträge internationaler Sponsoren wie der Europäischen Kommission oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) finanziert. Den Partnern wird so ermöglicht, Projekte umzusetzen, die sie alleine nicht auf die Beine stellen könnten. Dieses ungewöhnliche internationale Engagement ist auch eine Bereicherung für die eigenen Bürger. „Unsere gesamte Bevölkerung – von Schülern bis hin zu älteren Menschen – profitiert von unserer Projektpartnerschaft im Balkan. Viele haben schon selbst an Austauschen teilgenommen und neue interkulturelle Fähigkeiten entwickelt“, berichtet Keith Jones aus der englischen Gemeinde East Staffordshire, die sich seit 2001 in der Agentur für lokale Demokratie in Niksic, Montenegro, engagiert.

Der Verband der Agenturen für lokale Demokratie
Insgesamt existieren heute 11 Agenturen für lokale Demokratie in Kroatien, Serbien und Montenegro inklusive Kosovo, Bosnien und Herzegowina sowie der „ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien“. Die erste Agentur wurde 1993 in Subotica, Serbien, auf Initiative des Europarates gegründet. Seit 1999 koordiniert der Verband der Agenturen für lokale Demokratie, kurz ALDA, die Agenturen. Dieser arbeitet jedoch weiterhin in enger Kooperation mit dem Europarat, insbesondere mit dem Rat der Gemeinden und Regionen. ALDA hilft bei der Suche internationaler Partner und entwickelt für die Agenturen und ihre Partner Netzwerkprojekte im Bereich Lokaldemokratie, Menschenrechte und nachhaltiger Entwicklung. Viele Kommunen haben Schwierigkeiten, selbst europäische Projekte zu entwickeln und sind froh über diese Hilfestellung. Heute umfasst das ALDA-Netzwerk mehr als 200 Partner aus 22 europäischen Ländern.

Neue Herausforderung: Georgien
Nach dem Erfolg im Balkan wird ALDA seine Methodologie auch in andere Regionen Europas übertragen. Im Sommer 2006 soll eine neue Agentur für lokale Demokratie in Kutaisi, Georgien, eröffnet werden, die erste außerhalb Südosteuropas. Der Schwerpunkt wird auch hier auf der Förderung von Lokaldemokratie liegen, insbesondere auf dem Dialog zwischen Gemeinden und der Zivilgesellschaft. Kommunen aus Frankreich und Großbritannien haben bereits ihre Zusammenarbeit zugesagt, aber Partner aus weiteren europäischen Ländern sind gefragt. „Es ist uns wichtig, auch österreichische Partner in unser Netzwerk zu integrieren, da diese bereits seit Jahren Erfahrungen im bilateralen Wissenstransfer im Balkan sowie in Georgien gesammelt haben“, betont Per Vinther, Vizepräsident von ALDA.
Dass es noch viel zu tun gibt – im Balkan und in Georgien –, ist sicher. ALDA und die Agenturen leisten mit Hilfe ihrer internationalen Partner einen wichtigen Beitrag zum Demokratisierungsprozess in beiden Regionen. Und dabei sind alle Beteiligten Gewinner.

Städtebund-Linktipps:
www.ldaaonline.org

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