Know-how-Transfer-Center: Kommunales Spezialwissen für Zentral- und Südosteuropa

Know-how-Transfer-Center: Kommunales Spezialwissen für Zentral- und Südosteuropa

Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1989 fördert der Österreichische Städtebund den Transfer kommunalen Know-hows zwischen österreichischen Städten und Gemeinden und Städteverbänden in Osteuropa. Insgesamt konnten sich seit 1992 über 3.200 Bürgermeister und 20.000 Experten in österreichischen Städten und Gemeinden sowie kommunalrelevanten Organisationen „vor Ort“ informieren, welche Möglichkeiten den österreichischen Gemeinden zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung stehen. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann!

 

Vorbeitrittshilfe auf kommunaler Ebene
Besonders wichtig war diese Unterstützung in der Vorphase des EU-Beitritts. In dieser Phase hat der Österreichische Städtebund im Rahmen des RGRE und durch sein eigenes Programm, „LOGON“, in einer Reihe von Konferenzen, Workshops und durch Publikationen über die Auswirkungen eines EU-Beitritts auf die kommunale Ebene informiert. LOGON entwickelte sich zum größten und am längsten andauernden Kooperationsprojekt zwischen Städteverbänden, sieht man von der Existenz der verschiedenen europäischen Dachverbände ab.
Ein wesentlicher Meilenstein für das KTC war der EU-Beitritt der 10 neuen Mitgliedsländer am 1. Mai 2004. Für das KTC bedeutete dies eine Verlagerung des Förderschwerpunkts in Richtung Südosteuropa und Westbalkan, denn für die nunmehrigen EU-Länder musste die Förderung beendet werden. Auch hier ist ein wesentlicher Themenschwerpunkt die Heranführung der Städte und Gemeinden dieser Länder an die EU-Standards.

Anfänge der Ostkooperation 1989/90
Die jahrelangen Erfahrungen, die der Österreichische Städtebund seit seiner Gründung hatte sammeln können, stellten die fundierte Basis für einen erfolgreichen Know-how-Transfer zu jenen osteuropäischen Staaten dar, die zum Teil eine mehr oder weniger enge historische Verbindung zur traditionsreichen österreichischen Verwaltung aufzuweisen hatten. Immerhin stammte mehr als die Hälfte der 58 Gründungsmitglieder des 1915 gegründeten Österreichischen Städtebundes aus dem heutigen Tschechien und Slowenien. Und mit der „Urbanistischen Gesellschaft“ Ungarns bestand seit Mitte der achtziger Jahre ein Vertrag zum gegenseitigen Austausch von Delegationen.
Am Anfang der Ostkooperation standen insbesondere Informationsveranstaltungen für mittelgroße Gruppen politischer Entscheidungsträger lokaler und regionaler Gebietskörperschaften aus Zentraleuropa im Mittelpunkt. Teilweise gingen die Kontakte von den jeweiligen Städten und Gemeinden direkt aus, teilweise kamen sie über Vermittlung der dort gegründeten Kommunalverbände zustande.
Im Rahmen dieses ambitionierten Erfahrungs- und Informationsaustauschprogamms besuchten als erstes zahlreiche Delegationen aus den östlichen Nachbarländern Österreichs Wien und andere Mitgliedsgemeinden des Städtebundes, wobei bis 1992 bereits rund 1.500 Bürgermeister und andere Gemeindemandatare sowie Verwaltungsexperten entsprechende Kontakte mit ihren österreichischen Kolleginnen und Kollegen hatten.
Vorrangiges Ziel war es also zunächst, die mittel- und osteuropäischen Reformländer (MOEL) auf lokaler und regionaler Ebene in der Phase ihrer gesellschaftspolitischen, ökonomischen und ökologischen Veränderungsprozesse wirkungsvoll zu unterstützen. Wichtige Voraussetzungen für eine positive wirtschaftliche Entwicklung, wie etwa der Auf- und Ausbau einer entsprechenden Infrastruktur sowie effizienter kommunaler Verwaltungsstrukturen, mussten vielfach erst geschaffen werden. Natürlich kosten derartige Know-how-Transfer-Maßnahmen auch Geld.
Konnten zunächst die dafür erforderlichen finanziellen Ressourcen überwiegend aus den Mitgliedsbeiträgen des Österreichischen Städtebundes bereitgestellt werden, vermochten erst die im Zusammenhang mit der Gründung des Know-how-Transfer-Centers im Jahr 1992 vom Bundeskanzleramt (ab dem Frühjahr 2000 vom Außenministerium und seit dem 1. Jänner 2004 von der Austrian Development Agency – ADA) im Rahmen der Ost-Zusammenarbeit (OZA) zur Verfügung gestellten Budgetmittel die ständig steigende Nachfrage nach österreichischem kommunalem Know-how wesentlich wirkungsvoller zu befriedigen.

Gründung des Know-how-Transfer-Centers (KTC) 1992
Das Know-how-Transfer-Center des Österreichischen Städtebundes wurde 1992 aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Republik Österreich, der Stadt Wien und dem Österreichischen Städtebund eingerichtet, um der Intensivierung der Ostkooperation des Österreichischen Städtebundes Rechnung zu tragen.
Wie in dem am 14. Jänner 1992 dem Ministerrat zur Beschlussfassung vorgelegten Antrag zu lesen ist, soll das KTC „… den Reformstaaten den Zugang zu westlichem Know-how gewähren bzw. dieses Know-how, das in Österreich auf Ebene des Bundes, der Länder, der Städte und Gemeinden, gemeinwirtschaftlicher Unternehmungen, Institutionen und Universitäten vorhanden ist, Entscheidungsträgern, Beamten und Fachleuten in den zentral- und osteuropäischen Reformstaaten über Seminare, Schulungen, Beraterentsendungen, Expertisen, Studien usw. vermitteln.“ Die ADA stellt dem Österreichischen Städtebund jährlich 500.000 Euro zur Durchführung der Projekte zur Verfügung.
Die personellen, technischen und räumlichen Erfordernisse für die Projektkoordination im Bereich des Österreichischen Städtebundes wurden überwiegend von der Stadt Wien zur Verfügung gestellt. Der Österreichische Städtebund unterstützt den Know-how-Transfer mit 1,5 Mitarbeitern.

Schwerpunkte der Ostkooperation durch das KTC
Die von der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Mittel sollen für folgende Arten von Kooperationsprojekten verwendet werden:

- Seminare im In- und Ausland;
- Studienaufenthalte (Schulungen und sonstige Informationsveranstaltungen) in Österreich;
- Teilnahme an Fachveranstaltungen (Konferenzen, Kongressen, Symposien, Tagungen, Workshops etc.) in Österreich;
- Entsendung österreichischer Experten zu derartigen Fachveranstaltungen in den Förderländern;
- Studien, Expertisen bzw. Gutachten, Dokumentationen etc.;
- Beratungs-, Konsulententätigkeit.

Die inhaltlichen Schwerpunkte der Aktivitäten des Know-how-Transfer-Centers richten sich zunächst natürlich nach den spezifischen Bedürfnissen der Förderungsempfänger und umfassen im Wesentlichen folgende Fachthemen:

- Verwaltungsmanagement;
- Finanz- und Steuerwesen;
- Wirtschaftspolitik, Arbeitsmarkt;
- Stadt- und Regionalplanung, Verkehr;
- Wohnungswesen, Altstadterhaltung;
- Ver- und Entsorgung;
- Umweltschutz, Energiepolitik;
- Land- und Forstwirtschaft;
- Sozial- und Gesundheitswesen;
- Bildung und Kultur.

Darüber hinaus wurden aber auch verschiedene Aktivitäten des Bundes, insbesondere in den Bereichen Sozial- und Wirtschaftspolitik sowie Auswärtige Angelegenheiten, die ebenfalls als wesentliche und nachhaltige Beiträge für eine positive Entwicklung der lokalen, regionalen und staatlichen Strukturen in Osteuropa angesehen werden können, in die finanzielle Unterstützung einbezogen. Weiters verstand sich das KTC stets als eine in alle (politischen) Richtungen offene Plattform, welche bei Bedarf auch Ost-West-Kooperationen des Österreichischen Gemeindebundes und seiner Mitgliedsgemeinden sowie anderer Organisationen und Institutionen gefördert hat.

Erweiterung: Kommunale Erfolgsstory LOGON
Eine wichtige Rolle nahm der Österreichische Städtebund aber auch im Bereich der Annäherung der neuen Beitrittskandidaten an die Europäischen Union ein. Die effiziente Unterstützung dieser Länder in der Vorbereitungsphase durch Vermittlung der von Österreich gemachten Erfahrungen im Rahmen des Projekts LOGON (Local Governments Network), das ist die seit Herbst 1998 bestehende Zusammenarbeit mit den Städteverbänden insbesondere der EU-Beitrittskandidatenländer oder PAMACON, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Bürgermeistern bzw. Gemeinden Westungarns und dem Burgenland, ist von unschätzbarer Bedeutung und machte Österreich zu einer zentralen Anlaufstelle im EU-Erweiterungsprozess. Die Leistungen in der Kooperation umfassten

- die Finanzierung der Aufwandsentschädigungen österreichischer Experten im In- und Ausland (Reisespesen, Honorare etc.) bzw.

- die Übernahme von Aufenthaltskosten ausländischer Besucher in Österreich.

Weiters werden bei Bedarf aber auch Kosten für die Ausarbeitung von schriftlichen Fachunterlagen und Übersetzungen übernommen oder angemessene Zuschüsse gewährt.

Leistungen der Städte und des Städtebundes
Bei dem Thema Finanzierung ist aber unbedingt noch ein wesentlicher Punkt zu erwähnen, der nur schwer in Geld auszudrücken ist und doch einen nicht wegzudenkenden Bestandteil des Know-how-Transfers darstellt: Die großartigen Leistungen der österreichischen Städte und Gemeinden, welche als Gastgeber nicht nur das in ihrem Bereich vorhandene Know-how uneigennützig und zumeist kostenlos zur Verfügung stellen, sondern überdies durch Bereitstellung von Tagungsräumlichkeiten und Einladungen, das gesamte kommunale Leben und örtliche Besonderheiten kennen zu lernen, sehr erheblich zum Erfolg des Know-how-Transfers und zur Kostenminimierung beitragen.
Man kann den – praktisch stets kostenlos – zur Verfügung gestellten, nicht unerheblichen Personal- und Materialeinsatz bzw. das auf kommunaler Ebene vorhandene und dort eingebrachte Know-how gar nicht hoch genug einschätzen und würdigen. Geht man von den über 900 Projekten, der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von einigen Tagen und der intensiven „Betreuung“ vor Ort aus, ist bei dem gegebenen Einsatz von höchstqualifiziertem Personal mit einem Äquivalent von Seiten der Städte von über 3 Millionen Euro zu rechnen.
Aufgrund ihrer geografischen Lage boten sich vorzugsweise lokale und regionale Gebietskörperschaften der östlichen Hälfte des Staatsgebietes als Kooperationspartner an. Wobei die diesbezügliche überragende Stellung der Bundeshauptstadt Wien, die über 250-mal als Veranstaltungsort in Erscheinung trat, einer besonderen Erwähnung bedarf, ohne die großartige Unterstützung der anderen Städte schmälern zu wollen.
Abgesehen von der Basisfinanzierung der KTC-Aktivitäten werden grundsätzlich jedoch auch Eigenleistungen der osteuropäischen Kooperationspartner erwartet. Dazu zählen vor allem die Reisekosten zum Veranstaltungsort sowie die stets notwendigen Übersetzungsdienste. Bei Veranstaltungen im Ausland wird zumeist auch die Infrastruktur (Räumlichkeiten etc.) kostenlos bereitgestellt.

Aktivitäten des KTC 1992–2005
In den Jahren 1992 bis 2005 wurden im Rahmen von mehr als 1.200 Kooperationsprojekten (inkl. Sonderprogrammen) ca. 5,6 Millionen Euro an Förderungsmitteln (siehe unten stehende Tabelle) zum Einsatz gebracht, wobei rund 20.000 Personen erreicht wurden.
95% der Gesamtkosten wurden dabei direkt für die Projektfinanzierung verwendet, knapp 5% verblieben dem Städtebund zur (Teil-)Abgeltung seines beträchtlichen Personal- und Sachaufwandes.

2005: Spitzenjahr mit 150 Projektanträgen
Das Maximum an geförderten Aktivitäten ergab sich im Jahr 2005 mit über 150 Projektanträgen, aber auch das Jahr 1999 verzeichnete unmittelbar nach der österreichischen Präsidentschaft im 2. Halbjahr 1998 und mit Beginn der Beitrittsverhandlungen vieler der im Rahmen des KTC betreuten Länder ein großes Programmvolumen.
Bei näherer Betrachtung der Zielgruppen werden mehr oder weniger deutliche Verschiebungen im Laufe der Jahre augenscheinlich. Anfang der neunziger Jahre standen überwiegend Veranstaltungen im Vordergrund, die dem allgemeinen Überblick über die Aufgaben der lokalen Verwaltung dienten. Der Teilnehmerkreis setzte sich zu zwei Dritteln aus Bürgermeistern und anderen wichtigen kommunalen Entscheidungsträgern zusammen. Mittlerweile veränderten sich jedoch die Informationsbedürfnisse und damit auch der Personenkreis. Das heißt, die zunehmend fachspezifisch ausgerichteten und in die Tiefe gehenden Seminare und Studienaufenthalte etc. wurden zuletzt zu 60 bis 70% von Fachleuten lokaler und regionaler Gebietskörperschaften besucht. Ganz besonders augenfällig ist jedoch das überproportionale Anwachsen der Zahl der Teilnehmer aus den Förderländern an internationalen Fachveranstaltungen (Konferenzen, Kongressen, Tagungen, Workshops etc.) in Österreich.
Es zeigt sich, dass die im Rahmen des KTC durchgeführten Veranstaltungen nur rund 10 bis 20% der von privaten Anbietern verrechneten Preise kosten. Dies ist nicht nur auf die Leistungen des Städtebundes, sondern aller mitwirkenden Städte zurückzuführen, die bereit sind, hochqualifiziertes Personal kostenlos einzubringen.
Die finanziellen Aufwendungen für Studienaufenthalte in Österreich bewegten sich ungefähr in der gleichen Größenordnung. Wobei nicht unerwähnt bleiben soll, dass in Ausnahmefällen auch Dolmetscher-, Übersetzungs- und Reisekosten, welche in der Regel als Eigenleistungen der Kooperationspartner aus den Förderländern zu erbringen waren, übernommen wurden und in dieser Kalkulation enthalten sind.

Schwerpunkte Südosteuropa sowie Ukraine und Russland
Die bereits angesprochene Verlagerung des KTC-Tätigkeitsschwerpunkts in die Länder Südosteuropas als Folge des EU-Beitritts der 10 Staaten am 1. Mai 2004 zeigte sich in den Kooperationen mit den Städteverbänden dieser Region.
Herausragendstes Ereignis dieses Arbeitsschwerpunkts war die große kommunale Südosteuropa-Konferenz, die im Oktober 2005 im Wiener Rathaus in Kooperation mit dem RGRE abgehalten wurde.
Weiters gab es mehrere gemeinsame Aktivitäten wie den Besuch von Bürgermeisterdelegationen in Österreich, einen Besuch von Mitarbeitern des Städtebunds in Belgrad und anderen Städten und der Studienaufenthalt von vier serbischen Gemeindemitarbeitern in Wien, St. Pölten und Salzburger sowie steirischen Städten. Weiters eröffneten sich Kontakte mit dem Verband rumänischer Kleinstädte, die in zwei Bürgermeisterbesuchen mündeten.
Aber auch die Kontakte in die Ukraine und nach Russland wurden intensiviert. So gab es größere Delegationsbesuche aus der Ukraine, die sich unter anderen mit den Themen Denkmalpflege und Energiesparen befassten. Die durch die aktuellen Wahlen erfolgte Orientierung der Ukraine in Richtung EU wird in Zukunft eine weitere Intensivierung der Kontakte erfahren. Der ukrainische Städte- und Gemeindebund ist hier ein sehr professionell arbeitender Partner.
Auch aus Russland kamen zahlreiche Delegationen. Hier waren vor dem Hintergrund einer größeren Reform der kommunalen Selbstverwaltung, die den Städten und Gemeinden mehr Autonomie verschaffen soll, einerseits allgemeine kommunale Fragen das Thema.

Zielgenaue Förderung für Kommunen in Südosteuropa
Mit dem KTC steht ein einmaliges Instrument zur Verfügung, das in unkomplizierter Weise zielgenaue Förderungen zur Unterstützung der Städte und Gemeinden in den Reformländern Südost- und Osteuropas bereitstellt. Unabhängig von der weiteren Entwicklung der EU und der Frage zukünftiger Erweiterungsrunden wird es notwendig sein, die Länder dieses Raumes an die europäischen Standards heranzuführen und so auf lokaler Ebene die Basis für professionelle Verwaltungsleistungen und prosperierende Regionen zu schaffen.

Städtebund-Linktipp:
www.khtc.at
www.logon.eu

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