Der RGRE: Das Tor nach Europa für Österreichs Städte

Der RGRE: Das Tor nach Europa für Österreichs Städte

Vom 10. bis 12. Mai 2006 tagt die Generalversammlung der Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) im Rahmen des Europäischen Gemeindetags 2006 in Innsbruck. Dieses Ereignis bietet einen idealen Rahmen für VertreterInnen österreichischer Gebietskörperschaften, um mit ihren KollegInnen aus ganz Europa zusammenzutreffen, zu diskutieren und mehr über den Status quo lokaler und regionaler Themen in Europa zu erfahren.

 

In diesem Zusammenhang könnte die erste Frage hier vielleicht den RGRE selbst betreffen: Was ist der RGRE? Warum gibt es den Rat der Gemeinden und Regionen Europas, worin bestehen seine Aufgaben, und wie kann er für österreichische Gebietskörperschaften von Nutzen sein?

RGRE vertritt 100.000 Gemeinden
Kurz gesagt ist der Rat der Gemeinden und Regionen Europas eine gemeinnützige Organisation, die aktiv die Interessen von über 100.000 europäischen Gemeinden und Städten vertritt. Der RGRE entstand 1951 – lange vor der Europäischen Union – aus den Ruinen des Zweiten Weltkriegs, gegründet von einer Gruppe europäischer Bürgermeister, die nach Wegen suchten, um weitere Kriege in Europa zu vermeiden. Sie waren überzeugt, dass die neue Organisation durch die Schaffung eines Netzwerks von kleinen und größeren Gemeinden und Städten in ganz Europa und durch die Förderung persönlicher Kontakte zwischen deren VertreterInnen zur Friedenssicherung beitragen würde.
Um die Funktionsfähigkeit der neuen Organisation sicherzustellen, vereinbarten sie, dass ihre Mitglieder nicht einzelne Städte, sondern vielmehr nationale Verbände wie z. B. der Österreichische Städtebund sein sollten.

Ausgangspunkt Städtepartnerschaften
Zu Beginn setzte die Organisation vor allem auf die Instrumente der Städtepartnerschaft (wodurch feste und zuverlässige Brücken zwischen Städten in verschiedenen Ländern geschlagen wurden) und der Förderung lokaler Demokratie sowie des Erfahrungsaustausches.
Mehr als ein halbes Jahrhundert später ist der RGRE – vor allem aufgrund seiner Erfahrung und seines Netzwerks von Partnerschaftsfachleuten – noch immer die treibende Kraft in Städtepartnerschaften und fördert nach wie vor den Austausch von Erfahrungen und Best Practices auf lokaler und regionaler Ebene. Gleichzeitig bemüht sich der RGRE weiterhin um die Förderung der lokalen Demokratie.
Die Schaffung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, der Vorgängerin der Europäischen Union, beeinflusste den RGRE nachhaltig. In dem Maße, in dem europäisches Recht für unsere Gebietskörperschaften an Bedeutung gewann, musste der RGRE seinen Aktivitäten neben Städtepartnerschaften, Erfahrungsaustausch und der Förderung lokaler Demokratie eine vierte Säule hinzugesellen – nämlich Einfluss auf den europäischen Legislativprozess zu gewinnen, um so sicherzustellen, dass die Richtlinien und Verordnungen der EU Rücksicht auf die lokale und regionale Ebene nehmen würden.

44 Verbände aus ganz Europa
Heute zählt der RGRE 44 Mitgliederverbände aus über 30 europäischen Staaten. Dazu gehören die 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Länder wie Norwegen, die Schweiz, Island, die Ukraine, Serbien-Montenegro oder Albanien.
Der RGRE ist vor allem eine politische Vereinigung. Sein derzeitiger Präsident ist der Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien und Präsident des Österreichischen Städtebunds, Michael Häupl, der im Jänner 2005 Valéry Giscard d’Estaing an der Spitze des RGRE ablöste. Die Struktur des RGRE ist relativ einfach mit drei Entscheidungsgremien, dem Politischen Ausschuss, dem Exekutivbüro und der Delegiertenversammlung.

3 RGRE-Entscheidungsgremien
Der Politische Ausschuss tritt im Allgemeinen zweimal jährlich zusammen und ist für die meisten Fragen das wichtigste Entscheidungsgremium. Der Ausschuss beruht auf nationaler Vertretung, d. h. Staaten mit weniger als 5 Millionen Einwohnern kommen zwei Sitze zu, während das Maximum von sechs Sitzen für Staaten mit über 60 Millionen Einwohnern gilt. Das Exekutivbüro ist ein kleineres Gremium, das seine Entscheidungen zwischen den Sitzungen des Politischen Ausschusses fällt. Meist tritt es ebenfalls zweimal jährlich zusammen. Die Delegiertenversammlung findet üblicherweise einmal alle drei Jahre statt und wählt den Politischen Ausschuss.
Die ordentliche Geschäftstätigkeit wird hauptsächlich vom Generalsekretariat des RGRE wahrgenommen. Wir haben etwa 20 MitarbeiterInnen, die sich mit einer Vielzahl von Themen beschäftigen, wie etwa Umwelt, Regionalpolitik, Sozialpolitik, Wirtschaftsfragen etc. Die MitarbeiterInnen des RGRE sind stets für die Mitglieder da – und das heißt: für Sie!

Die Aufgaben des RGRE
In Anbetracht der Tatsache, dass 70% der europäischen Gesetze direkt oder indirekt auf lokaler und regionaler Ebene umgesetzt werden, versucht der RGRE stetig, auf den Legislativprozess Einfluss zu nehmen, sodass die Stimme der europäischen Gemeinden, Städte und Regionen von den gesetzgebenden EU-Organen auch gehört wird. Wir vom RGRE sehen uns als Wächter über das Subsidiaritätsprinzip (d. h. dass Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen und umgesetzt werden sollten). Wann immer die EU-Organe einen neuen Rechtstext über Beschaffungswesen, öffentliche Verkehrsmittel, Arbeitszeit oder Abfallentsorgung vorbereiten, müssen die Lokal- und Regionalregierungen Europas Anteil an der Diskussion haben. Denn EU-Gesetze zu diesen Themen landen – in Österreich wie anderswo – auf den Schreibtischen der BürgermeisterInnen oder RegionspräsidentInnen und beeinflussen so die Arbeitsweise von Städten und Regionen. Die Rolle des RGRE ist es, sicherzustellen, dass die Gesetze Ihren Bedürfnissen entsprechen und Ihre Entscheidungsrechte respektieren.

Schwerpunkt kommunaler Erfahrungsaustausch
Wie bereits erwähnt, ist die Unterstützung von Städten im Erfahrungsaustausch eine weitere Grundaufgabe des RGRE. Wir sind traditionell ein Angelpunkt, an dem Gemeinden, Städte und Regionen aus ganz Europa zusammentreffen, um Informationen, Erfahrungen und Best Practices in allen Politikbereichen mit lokaler oder regionaler Dimension auszutauschen, wie z. B. Verkehr, Beschäftigung, Sozialpolitik, Verwaltung. Wir fördern dieses Ziel durch die Organisation von Treffen, Fachseminaren und Konferenzen zu diesen Fragen. Kürzlich abgehaltene Treffen beschäftigten sich z. B. mit den Themen des öffentlichen Verkehrs, der Gemeindefinanzierung und der lokalen Demokratie in Südosteuropa (Letzteres in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Städtebund).

Europäischer Gemeindetag diskutiert Daseinsvorsorge
Dies ist eine berechtigte Frage: Warum sollten Sie, die VertreterInnen der österreichischen Städte, vom 10. bis 12. Mai 2006 am Europäischen Gemeindetag in Innsbruck teilnehmen? Ich kann diese Frage wohl nur mit einer Gegenfrage beantworten: Möchten Sie gerne wissen, wie die öffentlichen Dienste in Österreichs Gemeinden und Regionen gegenüber dem Rest Europas abschneiden, wie wir sie verbessern können, und wie öffentliche Dienste in einigen Jahren vielleicht aussehen werden? Möchten Sie etwas über die Auswirkungen der EU-Gesetze auf die tägliche Arbeit der öffentlichen Dienste in Österreichs Städten und Bundesländern erfahren? Dies sind nur einige der Fragen, die beim Europäischen Gemeindetag des RGRE angesprochen werden.
Wir vom RGRE waren der Überzeugung, dass die Zukunft der öffentlichen Dienste das Hauptthema unseres Europäischen Gemeindetags 2006 sein müsse, da diese Thematik unserer Meinung nach die im Augenblick dringendste Frage für Lokal- und Regionalregierungen darstellt.

Qualitativ hochwertige öffentliche Dienste
Schließlich sind leistbare und qualitativ hochwertige öffentliche Dienste für die Bürgerschaft die wichtigste Aufgabe lokaler und regionaler Gebietskörperschaften. Doch ihre effiziente Bereitstellung ist abhängig von adäquaten finanziellen Mitteln, einem sinnvollen und klar formulierten Rechtsrahmen, Innovation und Einsicht in die Bedürfnisse unserer BürgerInnen sowie Verständnis für die sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen in unseren Städten und Regionen.
Dies stellt eine anspruchsvolle Herausforderung für alle BürgermeisterInnen, StadträtInnen und RegionsvertreterInnen dar – auch wegen der enormen finanziellen Bedeutung der öffentlichen Dienste: Niemand erhält eine zweite Chance; man muss schon beim ersten Versuch erfolgreich sein!
Vom 10. bis 12. Mai 2006 werden etwa 1.000 BürgermeisterInnen, StadträtInnen, RegionspräsidentInnen und andere Lokal- und RegionalvertreterInnen aus ganz Europa die Zukunft der öffentlichen Dienste in Europa im Rahmen zahlreicher Workshops und thematischer Panels diskutieren. Dabei geht es um die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Dienstleistungen, die Anpassung an demographische Herausforderungen, die Rolle öffentlicher Dienste für soziale Kohäsion, die Finanzierung öffentlicher Dienste und vieles mehr.

Hochrangige Gäste in Innsbruck
Darüber hinaus haben wir führende Persönlichkeiten der EU nach Innsbruck eingeladen; dazu zählen etwa der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, sowie der Präsident des Europäischen Parlaments, Josep Borrell Fontelles, und Mitglieder des Europäischen Parlaments, die Ihnen vermitteln werden, wie die Europäische Union Ihre Rolle als Lokal- und RegionalvertreterInnen im Europa der Zukunft einschätzt.
Der Europäische Städtetag findet alle drei Jahre statt (zuletzt 2003 im polnischen Posen). Als das größte mehrtägige Forum europäischer Lokal- und Regionalregierungen bietet er eine ausgezeichnete Möglichkeit, mit KollegInnen aus ganz Europa zusammenzutreffen sowie Ideen und Erfahrungen mit den BürgermeisterInnen von Athen, Rom, Bonn, Den Haag, La Coruña, Stuttgart, Setúbal, Malmö und Posen, Mitgliedern europäischer Behörden und Fachleuten auf den Gebieten des lokalen und regionalen Finanzwesens, sozialer und Umweltfragen etc. auszutauschen.

Schwerpunkte des RGRE im Jahr 2006
Der Rat der Gemeinden und Regionen Europas konsultiert vor der Festlegung der Arbeitsschwerpunkte für das nächste Jahr stets seine Mitglieder. Für 2006 war klar, dass bestimmte Themen wichtiger sein würden als andere.
Wie bereits erwähnt, betrifft eine Vielzahl von EU-Rechtsnormen die öffentlichen Dienste direkt oder indirekt. Diese Gesetze – über öffentlichen Verkehr, Beschaffungswesen, Daseinsvorsorge oder Public-Private-Partnerships, um nur einige zu nennen – werden Auswirkungen darauf nehmen, wie unsere Städte in Zukunft Leistungen für die Bürgerschaft erbringen.

Thema Energie
Die politischen Entwicklungen im Nahen Osten und in Osteuropa haben die Energiefrage zu einem heißen europäischen Thema gemacht. Der RGRE wird die entsprechenden Initiativen der Kommission, wie etwa das Grünbuch und den Aktionsplan zur Energieeffizienz oder den Kommissionsvorschlag über die Aussichten von Biokraftstoffen, genau verfolgen. Das Ergebnis dieser Vorschläge wird einschneidende Konsequenzen für Lokal- und Regionalregierungen haben – sowohl hinsichtlich der Energiekosten als auch der Energiepolitik –, und der RGRE will sicherstellen, dass der europäische Gesetzgeber sich dessen bewusst ist.

Thema Agenda von Lissabon
Zur Erreichung der Lissabonner Agenda werden zahlreiche europäische Rechtsnormen erarbeitet. Der RGRE glaubt fest an die Ziele der Lissabonner Agenda für 2010; jedoch können diese Ziele (hohe Beschäftigungsrate, Wettbewerbsfähigkeit, nachhaltige Entwicklung, soziale Eingliederung auf europäischer Ebene) nicht ohne die aktive Beteiligung der lokalen Akteure erreicht werden. Daher wird der RGRE die Entwicklung des Weißbuches über die demographische Zukunft Europas sowie des Rahmenprogramms über Wettbewerbsfähigkeit und Innovation verfolgen, um unter anderem das Wirtschaftswachstum auf lokaler und regionaler Ebene zu fördern.

Thema Umweltschutz
Diese Themen stehen in engem Zusammenhang mit den Auswirkungen von Verkehr, Industrie und Abfallaufkommen auf die Klimaänderung. Gebietskörperschaften sind unmittelbar mit diesen Veränderungen konfrontiert, die nicht nur großen finanziellen Druck für sie bedeuten, sondern auch die Lebensbedingungen in ihrem Aktionsbereich gefährden. Die Revision der Abfallrahmenrichtlinie und des Grünbuchs über die Anpassung an die Klimaänderung müssen daher vom RGRE genau beobachtet werden.

Interessenvertretung in Brüssel
Vergessen wir nicht, dass etwa 70% aller EU-Rechtsnormen lokal und regional umgesetzt werden. Die Rolle des RGRE ist es, sicherzustellen, dass diese Gesetze Ihre Bedürfnisse und Anliegen berücksichtigen. Mit Hilfe unserer Mitglieder, zu denen auch der Österreichische Städtebund zählt, können wir diese Rechtsnormen zu Ihren Gunsten beeinflussen.
Abschließend möchte ich noch kurz auf den Österreichischen Städtebund zu sprechen kommen. Wie schon erwähnt, hat der RGRE mehr als 40 Mitglieder, ausnahmslos nationale Gebietskörperschaftsverbände. Meiner Ansicht nach sind nur wenige unter ihnen mit dem Österreichischen Städtebund vergleichbar.

Städtebund-Modellprojekt LOGON
Der Städtebund ist einer der dynamischsten nationalen Verbände, und seine Leistungen sind offensichtlich: Der Österreichische Städtebund war entscheidend für den Erfolg des RGRE-Netzwerks LOGON, das lokalen Regierungen der Kandidatenländer und neuen EU-Mitgliedsstaaten hilft, sich auf den EU-Beitritt vorzubereiten bzw. sich besser an die Mitgliedschaft anzupassen.
Im vergangenen Jahr war der Österreichische Städtebund Gastgeber der RGRE-Konferenz über lokale Demokratie in Südosteuropa; durch das Büro in Brüssel verleiht Ihr Verband den österreichischen Städten eine Stimme, mit der sie Ihre Meinungen und Anliegen an die EU weitergeben können.

Städtebund-Linktipp:
www.ccre.org

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