Hauptreferat zum Generalthema „Stadt der Generationen – Stadt der Vielfalt“ (Auszüge)

Hauptreferat zum Generalthema „Stadt der Generationen – Stadt der Vielfalt“ (Auszüge)

Stadträtin Angela Murko Pleˇs, Ljubljana
„In meinem Beitrag werde ich mich auf die Aktivitäten konzentrieren, die wir den schwächsten Gruppen widmen: den Kindern, der Jugend und den Senioren. Erlauben Sie mir einleitend einige statistische Daten aufzuzeigen, welche den allgemeinen Entwicklungstrend darlegen, vor allem in der Fürsorge für die schwächsten Gruppen.
Das Wirtschaftswachstum in Slowenien betrug im Jahr 2004 4,6%, 2005 3,9%. Das Bruttoinlandsprodukt erzielte 2004 79% des durchschnittlichen EU-BIP.
Für soziale Ausgaben haben wir im Jahr 2004 24% des BIP bestimmt. Die Ausgaben für die Renten umfassen fast die Hälfte sämtlicher sozialer Ausgaben, davon waren zwei Drittel für die Renten der über 65-Jährigen bestimmt.
Die Beschäftigungsquote der Senioren ist nach der Reform im Jahr 2000 gestiegen. Durchschnittlich ist das Rentenalter um zwei Jahre gestiegen. Bei Frauen beträgt es jetzt 56 Jahre und sieben Monate, bei den Männern 60 Jahre und sieben Monate.
Die Altersrenten gehen leider zurück im Vergleich zum Durchschnittsgehalt. Im Jahr 2000 betrug die Altersrente 75,3% des Durchschnittsgehaltes, 2004 nur noch 70%.
Die Arbeitslosenrate geht zurück. 2005 betrug sie 6,5%. Die Arbeitslosigkeit bei Frauen liegt um einen Prozentpunkt höher als bei den Männern, wobei wir wissen müssen, dass die Frauen fast 44% sämtlicher Beschäftigten in Slowenien stellen.
Die Bevölkerungszahl in der Republik Slowenien geht nicht mehr zurück. Im Jahr 2005 haben wir zum ersten Mal seit dem Jahr 1991 mehr als zwei Millionen Einwohner verzeichnet. Das ist nur zu einem Teil auf die längere Lebenserwartung zurückzuführen, viel mehr auf die Zuwanderung. Das gilt allerdings nicht für Ljubljana. In Ljubljana gibt es eine Nettoabwanderung, vor allem wegen der zu hohen Immobilienpreise und des Wunsches, in einem Einfamilienhaus mit Garten zu leben, was natürlich in einer großen Stadt nicht möglich ist oder nur beschränkt möglich ist.
Die Lebenserwartung ist in Slowenien in den letzten 40 Jahren um 8,5 Jahre gestiegen. Sie beträgt 73,5 Jahre bei Männern und 81 Jahre bei Frauen.
Die Geburtenrate ist unter den niedrigsten in Europa. Im Jahr 2004 betrug sie 1,25, in Ljubljana sogar nur 1,22, was selbstverständlich für eine natürliche Regenerierung der Bevölkerung nicht genügen kann.
Der Anteil der unter 15-Jährigen betrug 2005 nur 15%, der Anteil der über 65-Jährigen betrug 15,6%. (…)
In Ljubljana leben oder halten sich täglich mehr als 70.000 junge Menschen zwischen dem 14. und 20. Lebensjahr auf. All diese jungen Menschen verdienen es, dass wir ihnen ermöglichen, ihre kreativen Potenziale zu entwickeln. Die Achtung der Demokratie und der Menschenrechte sind die Grundlage für das Recht der Jugend auf eine vollständige und verständliche Antwort auf alle ihre Fragen und auf alle ihre Bedürfnisse.
Gerade deshalb hat die Stadtgemeinde Ljubljana Projekte unterstützt, die im Rahmen der Bildung durch nachhaltige Entwicklung viel beigetragen haben zu der Vision, die von der Wirtschaftskommission für Europa als Ziel erklärt wurde, nämlich Solidarität, Gleichwertigkeit und so weiter.
Es sollen Lehrpläne entworfen werden, die das kreative Denken fördern. Dabei helfen wir den Schulen. Wir berücksichtigen sämtliche Elemente der Programme, nicht nur den Unterricht. Die Ethik, die Integration wird auch über internationale Programme durchgeführt und verwirklicht, und zwar über UNESCO-Schulen, Gesunde Schule, ECO-Schulen, wobei wir den jungen Menschen die Kenntnisse über die Wichtigkeit der verantwortungsvollen Haltung vermitteln wollen: der Haltung gegenüber der Gesundheit, der Umwelt des Menschen und gegenüber den verschiedenen Gruppen und Nationen.
Die Stadtgemeinde Ljubljana verwirklicht diese Aufgaben zusammen mit den Nichtregierungsorganisationen. Dazu gehören der städtische Verband der ‚Freunde der Jugend‘, ‚Sesam‘, die Vereinigung der Eltern und Kinder, UNICEF auf lokaler Ebene, Puppentheater, Minitheater auf dem Schloss von Ljubljana, das Haus der Experimente, Verein Skala, Kindermuseum im Zoo, in Museen und so weiter. Diese Organisationen bieten sehr vielfältige Programme, vor allem in der Freizeit, und sie werden seitens der Gemeinde Ljubljana finanziert.
Nur einige Beispiele: Der städtische Verband ‚Freunde der Jugend‘ führt unter Mitwirkung von Lehrkräften, Trainern, Instruktoren verschiedene Programme durch wie Winterferien, Sommerferien, Kindergarten in der Natur oder Leseabzeichen – das ist eine sehr große kulturelle Aktion, die bereits seit 42 Jahren besteht –, Umwelterziehung in den Kindergärten, Solidarität zwischen den Kindern, die Wo-
che der Kinder jedes Jahr im Oktober, Ferienbetreuung der Kinder und Kunstwerkstätten in den Ferien. All das deswegen, damit die Kinder nicht auf der Straße sich selbst überlassen bleiben.
Die Vereinigung ‚Sesam‘ organisiert ständige Betreuung zu Hause, gelegentliche Betreuung zu Hause, Betreuung für Kinder mit besonderen Bedürfnissen, Programme, die samstags laufen, neue Modelle und auch ergänzende Aktivitäten in den Kindergärten.
UNICEF hat Projekte wie ‚Die Kinder der Welt‘ und ‚Der kleine Wanderer‘ in 15 verschiedenen Kindergärten. Sie hat sich neue Projekte für Kinder und Jugendliche zum Ziel gesetzt, Erhöhung der finanziellen Mittel für diese Kinderprogramme und die Hilfe für Kinder. Außerdem werden mehr Kinderrechte gefordert. Das Akzeptieren des Anderen soll vermittelt werden, ebenso mehr Toleranz, Konfliktbewältigung, Beachtung des Umweltschutzes, Förderung der Gesundheit und Ähnliches.
Nichtregierungsorganisationen bieten für die Jugendlichen zwischen 14 und 27 Jahren viele Aktivitäten von hoher Qualität auch für die jungen Menschen, die wegen ihrer schwierigen wirtschaftlichen Situation nicht an kommerziellen, entgeltlichen Freizeitaktivitäten teilnehmen können.
Im Jahr 2005 haben mehr als 20.000 junge Menschen an freizeitlichen Aktivitäten teilgenommen. Darunter waren auch Tagesveranstaltungen, Pfadfinderveranstaltungen, Erlebnislager, Sommerlager, Projekte, die verschiedenen benachteiligten Gruppen die Mitwirkung ermöglichen, wie zum Beispiel den Roma, den Asylanten und sonstigen schwachen Gruppen.
Die Stadtgemeinde Ljubljana ist sich auch bewusst, wie wichtig die Öffnung in den internationalen Raum ist. Das ermöglicht auch den Austausch von bewährten Praxen. Bereits mehrere Jahre stellen wir den Jugendorganisationen finanzielle Mittel für diese internationalen Aktivitäten zur Verfügung. Ziel dabei ist die Förderung der internationalen Arbeit, der Vernetzung, der Integrierung in größere internationale Strukturen.
Wir entwickeln auch ein Netz der Schulen für die Eltern. Das ist eine Form der Begegnung zwischen den Eltern und den Fachleuten. Dieses Programm entstand aus dem Bedürfnis, die Eltern über die Drogenproblematik zu informieren, damit sie unbelastet über das Problem mit ihren Kindern sprechen können. Wir haben auch einen Katalog herausgegeben, wo man Hilfe finden kann, wenn man auf das Problem der Abhängigkeit trifft. Für die Schulen, Gesundheits- und Sozialeinrichtungen gibt es auch spezifische Publikationen zur Weiterbildung. (…)
Die Stadtgemeinde Ljubljana bemüht sich, alles in ihren Kräften Stehende zu tun für die bessere Lebensqualität der Senioren. In der Strategie der Entwicklung der sozialen Fürsorge liegt ein besonderer Stellenwert auf der schwächsten Gruppe, auf den Senioren. Hier gibt es Maßnahmen und Aufgaben, die die Stadtgemeinde aus eigener Initiative getroffen hat, um die Qualität des Lebens der Senioren zu heben. Im Jahr 2005 haben wir für die Betreuung von Senioren sogar 38% des gesamten Budgets der Sozialfürsorge bestimmt.
Für die Planung und für die Gewährleistung der institutionellen Betreuung, das heißt Bau von Altenheimen, ist zur Gänze der Staat beziehungsweise das Ministerium für Arbeit, Familie und soziale Angelegenheiten zuständig. In der Praxis gewährleistet dieses Ministerium 60% der Investitionskosten für den Bau jener Heime, deren Gründer der Staat ist, den Rest müssen die Gebietskörperschaften beitragen.
In der Stadtgemeinde Ljubljana können wir mit 1.900 Betten in den Altenheimen Platz für 4,2% Senioren gewährleisten, und so haben wir auch die Norm bei der Integrierung von Senioren in die Betreuung gemäß dem nationalen Programm erzielt, wobei die Stadt bei den sozial Schwächsten die Kosten für diese Versorgung zahlt.
Die Stadt bietet auch öffentliche Dienststellen für Heimhilfen. Das betrifft die Hilfe bei der persönlichen Hygiene, im Haushalt, bei den sozialen Kontakten. Damit kann auch eine verfrühte institutionelle Fürsorge ersetzt werden. Auf diese Hilfe haben behinderte Personen und jene alten Personen Anspruch, die diese Hilfe auch brauchen und sozial schlechter gestellt sind. (…)
Die Heimhilfe nutzen die Laibacher und Laibacherinnen auch bei den privaten oder bei den Nichtregierungsorganisationen.
Die Stadt entwickelt auch Tageszentren für die Senioren. Die Tagesbetreuung als Leistung ist eine stationäre Form, aber sie ist auch eine alternative Form zur institutionellen Fürsorge. Sie ergänzt die familiäre Pflege, entlastet die Familienmitglieder und verlängert dem Einzelnen auch sein Leben zu Hause.
Bis jetzt haben das Altenheime ausgeführt. Die Fachleute haben allerdings darauf hingewiesen, dass diese Leistung aus den Altenheimen ausgelagert werden müsse, damit das Angebot für die Bürger attraktiver, interessanter und akzeptabler wird. Wir haben diesem Wunsch Rechnung getragen und haben im Vorjahr zusammen mit dem Pensionistenverband ein neues Tageszentrum organisiert, sodass wir in Ljubljana jetzt zwei Tageszentren haben.
Die älteren Bürgerinnen und Bürger können sich auch das Essen nach Hause zustellen lassen. Diese Leistung erbringen die Altenheime, und die Stadt Ljubljana zahlt die Organisation des Transportes. Dabei werden die Mittagessen für sozial Benachteiligte ebenfalls bezahlt.
Die Einrichtung für Heimbetreuung führt auch verschiedene andere Hilfeleistungen durch wie Bereitstellung des Heizmaterials, bügeln, waschen und so weiter. Die Kosten hiefür werden zu 60% von der Stadt subventioniert. Zu 80% subventionieren wir die Fernhilfe.
Die Einrichtungen und sonstigen Nichtregierungsorganisationen, die von der Stadt mitfinanziert werden, sind auch als Informations- und Beratungszentren für Bürger tätig. Sie beraten sie in sozialen, gesundheitlichen und sonstigen Angelegenheiten, bei Freizeitaktivitäten und so weiter.
Um die Senioren aktiv einzubinden, gibt es zahlreiche Vorträge, Werkstätten, Studienkreise, Exkursionen. Es gibt freiwillige Arbeit der Senioren für Senioren, es gibt zwischenmenschliche Kontakte und Gruppen für die Kontakte zwischen den Generationen. Die Stadt spielt auch eine wichtige Rolle bei der Schulung der ehrenamtlichen Gruppen und der Selbsthilfegruppen.
Die Diskussion über tiefgreifende Veränderungen, die Folge des demografischen Wandels sind, ist natürlich auch bei uns sehr lebhaft. Die Nachhaltigkeit des sozialen Staates und die Reform des Rentensystems bei gleichzeitiger Erhaltung des Wirtschaftswachstums und der Wettbewerbsfähigkeit sind ein Thema, das wir nicht vermeiden können. Es scheint, dass diese Diskussionen auch die Solidarität zwischen den Generationen beeinträchtigen. Die Solidarität war nie selbstverständlich, aber wir müssen in diesen Diskussionen sehr aufmerksam sein.
Das Verhältnis zwischen der jungen und der alten Bevölkerungsgruppe dient oft als Argument dafür, dass die jetzigen Rentensysteme in Europa nicht nachhaltig sind. Wir übersehen die Tatsache, dass der Anteil für die sozialen Ausgaben für Senioren am BIP nicht wesentlich erhöht wurde, obwohl der Anteil der Senioren gestiegen ist. Es ist wahr, dass auch die gesundheitlichen Ausgaben höher sind, aber dieses Wachstum verursacht nicht nur die Fürsorge für die Senioren. Und parallel zu den erhöhten Ausgaben wird auch das BIP erhöht.
Im Mittelpunkt bleibt weiterhin die Frage, wie der Gesellschaftsreichtum aufzuteilen ist. In dieser Diskussion suchen wir Kompromisse und Lösungen für alle Generationen, und ich bin der Meinung, dass die öffentliche Hand, auf welchem Niveau auch immer, der Verantwortung für die schwächsten Glieder unserer Gemeinschaft nicht entgehen kann.“

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