IKAV Kärnten – Interkommunales Netzwerk für Lehrlingsausbildung

IKAV Kärnten – Interkommunales Netzwerk für Lehrlingsausbildung

Die Abkürzung „IKAV Kärnten“ steht für „Interkommunaler Ausbildungsverbund Kärnten“. Entsprechend den einzelnen Berufsbildern findet die Ausbildung der Lehrlinge in den Mitgliedsgemeinden statt. Die zentralen Aufgaben des IKAV Kärnten sind die Beratung der Kommunen, die Organisation und Durchführung von Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen für Lehrlinge und Lehrlingsausbilderinnen und -ausbilder sowie die Förderung des projekt- und praxisorientierten Lernens.1

 

Wie alles begann
Auf Initiative von Bürgermeister Gerhard Mock wurde von der Stadtgemeinde St. Veit/Glan im Jahr 2002 ein eigenes Aus- und Weiterbildungskonzept für Lehrlinge erarbeitet und umgesetzt.2 Was beinhaltet dieses „St. Veiter Modell der Lehrlingsausbildung“?
Für neu eintretende Lehrlinge wird am ersten Ausbildungstag eine „Herzlich willkommen“-Veranstaltung organisiert. Zusätzlich erhalten die Jugendlichen eine „Herzlich willkommen“-Mappe mit nützlichen Informationen zur kommunalen Lehrlingsausbildung. Darauf aufbauend findet der Einführungslehrgang statt, der Basiswissen zur Arbeit in der Gemeinde vermittelt. In weiterer Folge werden Seminare in den Bereichen Fach- und Sozialkompetenz angeboten. Alle absolvierten Qualifizierungsmaßnahmen werden im Bildungspass eines jeden Lehrlings eingetragen. Darüber hinaus erfolgt die Dokumentation in der Bildungsdatenbank.
Zusätzlich zu den gerade beschriebenen „Bausteinen“ gibt es weitere „Instrumente“, die insbesondere zur Qualitätssicherung beitragen. Dabei handelt es sich um die „Ausbildungsziele“, das Prinzip des „Jobrotation“, das „Lehrlingstagebuch“, das „Patenschaftsmodell“ und das individuelle „Coaching“. Die Zielsetzung des „St. Veiter Modells der Lehrlingsausbildung“ besteht darin, die Lehrlinge bestmöglich auf die Anforderungen am Erwerbsarbeitsmarkt vorzubereiten.

Start der Lehrlingsinitiative
Im Frühjahr 2004 wurde von der Gemeindeabteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung unter den 132 Kärntner Gemeinden eine Umfrage durchgeführt. Dadurch wurde deutlich, dass nicht einmal jede fünfte Kärntner Gemeinde Lehrlinge ausbildet. Den soeben beschriebenen Umstand nahmen im Sommer 2004 der Gemeindereferent LR Reinhart Rohr und der St. Veiter Bürgermeister LAbg. Gerhard Mock zum Anlass, eine „Initiative zur Förderung der Lehrlingsausbildung“ zu starten. Einerseits wird jede zusätzliche Lehrstelle, die von einer Gemeinde geschaffen wird, mit 5.000 Euro gefördert. Andererseits wurde der IKAV Kärnten ins Leben gerufen. Als Grundlage diente das „St. Veiter Modell der Lehrlingsausbildung“, das auf diesem Weg den anderen Gemeinden „angeboten“ wurde.

IKAV Kärnten:
Projektvorbereitung

Im Herbst 2004 begann die Projektvorbereitung. Primär erfolgte eine Bedarfserhebung. Zu diesem Zweck wurden die Kärntner Gemeinden kontaktiert und über die „Initiative zur Förderung der Lehrlingsausbildung“ informiert. Insbesondere wurde erhoben, welcher Bedarf in Sachen Lehrlingsausbildung besteht. Die Vorschläge und Wünsche wurden bei der Konzeption des IKAV Kärnten berücksichtigt, die auf Basis der Bedarfserhebung erfolgte.

Wer ist der IKAV Kärnten?
Beim IKAV Kärnten handelt es sich um einen freiwilligen Ausbildungsverbund für Lehrlinge in Kärntner Gemeinden. Entsprechend den einzelnen Berufsbildern (z. B. VerwaltungsassistentIn, Bürokaufmann/-frau) findet die Ausbildung der Lehrlinge in den einzelnen Mitgliedsgemeinden statt. Die Aufgabe des IKAV Kärnten ist die Vermittlung spezieller und darüber hinausgehender Fähigkeiten und Kenntnisse. Zusätzlich versteht sich der IKAV Kärnten als Netzwerk jener Gemeinden, die sich bereits in der Lehrlingsausbildung engagieren bzw. engagieren wollen.
Im Frühjahr 2005 wurde mit der Projektumsetzung begonnen. Der offizielle Start erfolgte in Form einer „Auftakt- und Informationsveranstaltung“, zu der VertreterInnen aller Kärntner Gemeinden eingeladen wurden. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden die Leistungen des IKAV Kärnten im Detail vorgestellt. Nachfolgend sind diese im Überblick aufgelistet:

Beratung und Service
Der IKAV Kärnten versteht sich als Kompetenzzentrum und Anlaufstelle für den Bereich der kommunalen Lehrlingsausbildung. Inhaltlich geht es vor allem um folgende Bereiche:

- Rechtliche Grundlagen
Vor allem für Gemeinden, die das erste Mal einen Lehrling ausbilden, ist dieses Angebot entscheidend. In diesem Zusammenhang geht es um die Beratung in sämtlichen rechtlichen Angelegenheiten der Lehrlingsausbildung.

- Personalentwicklung
Hier steht der pädagogische Aspekt im Vordergrund. Als Grundlage dient das „St. Veiter Modell der Lehrlingsausbildung“. Wobei erwähnt werden muss, dass aufgrund der unterschiedlichen Prioritätensetzung in den Gemeinden individuelle Lösungen erforderlich sind.

- Koordination und Präsentation des IKAV Kärnten
Unter diesem Punkt sind jene Aktivitäten zusammengefasst, die den oberen Bereichen nicht explizit zugeordnet werden können. Dabei geht es vor allem um die Kontaktpflege zu den Projekt- bzw. Netzwerkpartnerinnen und -partner und die Präsentation des IKAV Kärnten im Rahmen von Veranstaltungen.

Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen für Lehrlinge (primäre Zielgruppe)
Ganz im Sinne der Zielsetzung „Optimierung der Qualität der Ausbildung“ steht dieses Leistungsangebot. Zusätzlich zu den Lehrinhalten der Berufsschule wird in diesem Zusammenhang der Schwerpunkt auf die Vermittlung von Fach- und Sozialkompetenz gelegt.

- Fachkompetenz
Dabei werden Basisqualifikationen auf möglichst allgemeiner Basis vermittelt. Beispielhaft können in diesem Zusammenhang das Einführungsseminar oder der Buchhaltungsworkshop erwähnt werden.

- Sozialkompetenz
In diesem Zusammenhang geht es um die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen, nämlich um die Erlangung von Selbst- und Sozialkompetenz. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Angebote zu den Themen Kommunikation, Rhetorik oder Präsentationstechnik.

Projektorientiertes Lernen
Nachdem Flexibilität und eigenständiges Arbeiten zu zentralen Eigenschaften eines jeden Mitarbeiters bzw. einer jeden Mitarbeiterin werden, setzt hier auch der IKAV Kärnten an. Im Rahmen des projektorientierten Lernens geht es um die Überwindung von Lernformen, die ausschließlich auf die Erledigung von isolierten Teilaufgaben gerichtet sind. Erreicht wird dies damit, dass einer Gruppe von Lehrlingen eine komplexe Aufgabenstellung übertragen wird. Die Planung, Durchführung und Kontrolle eines solchen „Projektes“ wird von den Lehrlingen selbständig und eigenverantwortlich durchgeführt. Die Jugendlichen werden während des gesamten Lernprozesses professionell begleitet. Als Beispiele können die Erstellung einer Gemeindebroschüre oder die Durchführung eines interkommunalen Gemeindevergleiches nach selbst gewählten Kriterien erwähnt werden.

Praxisorientiertes Lernen
Im Sinne der Zielsetzung „Förderung des interkommunalen Lernens“ steht (auch) das praxisorientierte Lernen. In diesem Zusammenhang erfolgt ein Blick über die Grenzen der eigenen Gemeinde. Daher werden vom IKAV Kärnten entsprechende Exkursionen organisiert und durchgeführt. Dabei handelt es sich zum Beispiel um den Besuch des Kärntner Landtages, die Besichtigung eines Wirtschaftshofes oder einer Stadtgärtnerei. Bei solchen Veranstaltungen kommen die Lehrlinge mit Verantwortlichen vor Ort ins Gespräch und können sich informieren, wie andere Gemeinden organisiert sind.

Angebote für Lehrlingsausbilderinnen
und -ausbilder (sekundäre Zielgruppe)

Ein weiteres Ziel des IKAV Kärnten ist die „Schaffung eines Netzwerkes für Lehrlingsausbilderinnen und -ausbilder“. Einerseits geschieht dies im Rahmen des individuellen Beratungs- und Serviceangebotes, andererseits durch die Organisation und Durchführung von interkommunalen Treffen. Die entsprechenden Veranstaltungen tragen den Titel „Praxistag für Lehrlingsausbilderinnen und -ausbilder in Kärntner Gemeinden“. Neben einem Erfahrungsaustausch stehen dabei pädagogische, psychologische und rechtliche Inhalte im Vordergrund.

Wissenschaftliche Begleitung
Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung geht es darum, den IKAV Kärnten einer breiteren Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen. Den Hauptteil bildet die Erstellung des Buches „Die Lehrlingsausbildung (k)ein Zukunftsthema? Das innovative Netzwerk ‚Interkommunaler Ausbildungsverbund Kärnten’“, dessen Autor Martin Klemenjak ist. Darüber hinaus erfolgt die Publikation von Beiträgen in Fachzeitschriften.

Zusätzliche Leistungen
Unter diesem Punkt sind Leistungen zusammengefasst, die einem der oberen Bereiche nicht explizit zugeordnet werden können. Nachfolgend werden diese näher vorgestellt:

- Aus- und Weiterbildungsprogramm
Für die Dauer eines Lehrjahres wird ein gedrucktes Aus- und Weiterbildungsprogramm herausgegeben. Dieses unterliegt dem Prinzip der Modularisierung, d. h. dass jede Veranstaltung in sich abgeschlossen ist und unabhängig von den anderen Veranstaltungen gebucht werden kann. Daher ist es möglich, dass für jeden Lehrling eine bedarfsgerechte und individuelle Zusammenstellung der Inhalte erfolgen kann.

- Bildungspass
Um die absolvierten Bildungsveranstaltungen der Lehrlinge auch dokumentieren zu können, wurde ein „persönlicher Kompetenzausweis“ in Form eines Bildungspasses eingeführt. Jeder Lehrling erhält ein solches Dokument, in dem die besuchten Qualifizierungsmaßnahmen verzeichnet werden.

- Bildungsdatenbank
Zusätzlich zu den Bildungspässen wird eine Bildungsdatenbank geführt. Dabei handelt es sich um ein zentrales Verzeichnis, in welchem die von den Lehrlingen absolvierten Qualifizierungsmaßnahmen laufend dokumentiert werden.

IKAV Kärnten:
Projektevaluation

Parallel zur Projektumsetzung im Frühjahr 2005 wurde auch mit der Projektevaluation begonnen. Nachfolgend soll auf die Methodik und auf bisherige Ergebnisse und Schlussfolgerungen eingegangen werden.

Methodik
Nach jeder Qualifizierungsmaßnahme wurden sowohl die Lehrlinge als auch die Trainerinnen und Trainer befragt. Die Lehrlinge erhielten einen ausgedruckten Fragebogen – mit offenen und geschlossenen Fragen – mit der Bitte, diesen auszufüllen. Den Trainerinnen und Trainern wurden die Fragen in Form eines E-Mails gestellt. Die Beantwortung erfolgte entweder schriftlich mittels E-Mail oder in Form eines Telefoninterviews. Die Entscheidung für die eine oder andere Variante lag bei den Trainerinnen und Trainern.

Ergebnisse
Wenn die Ergebnisse bei den Lehrlingen und den Trainerinnen und Trainern betrachtet werden, so lassen sich folgende Parallelen feststellen: Beide Gruppen verweisen darauf, dass eine bestimmte Gruppengröße nicht überschritten werden sollte. Weiters wurden die Bereiche „Kommunikation und politische Bildung“ für weitere Qualifizierungsmaßnahmen genannt. Außerdem gefällt den Lehrlingen besonders die methodisch-didaktische Ausrichtung in Form von Gruppenarbeiten und Rollenspielen. Zusammenfassend ist zu erwähnen, dass die Ergebnisse der Evaluierung die Basis für die Weiterentwicklung des IKAV Kärnten – insbesondere für die Erstellung des Aus- und Weiterbildungsangebotes – darstellen.

Resümee und Ausblick
Der vorliegende Artikel setzte sich zum Ziel, den IKAV Kärnten näher vorzustellen. Insbesondere wurde auf den Projektverlauf eingegangen. Den Hauptteil bildete die Darstellung des Leistungsangebotes. Mit Ende August 2006 wurden insgesamt 23 Qualifizierungsmaßnahmen durchgeführt. Für das Lehrjahr 2006/07 wird wiederum ein interessantes Aus- und Weiterbildungsprogramm herausgegeben, welches sich an den Bedürfnissen der einzelnen Zielgruppen orientiert. Abschließend kann angemerkt werden, dass es sich beim IKAV Kärnten um kein starres Konzept handelt, sondern dass dieser einer ständigen Evaluation und Weiterentwicklung unterliegt.

Kontakt:
Mag. Martin Klemenjak
Stadtgemeinde St. Veit/Glan
Abteilung Personalmanagement
Projektleitung IKAV Kärnten
Rathaus – Hauptplatz 1
A-9300 St. Veit/Glan, Kärnten
Telefon: +43(0)4212/5555-21
Fax: +43(0)4212/5555-112
E-Mail: Martin.Klemenjak@ktn.gde.at

Fehlende Grafiken finden Sie in der ÖGZ 09/06!

Fußnoten:
1 Vgl. auch Klemenjak, Martin (2006): Die Lehrlingsausbildung (k)ein Zukunftsthema? Das innovative Netzwerk „Interkommunaler Ausbildungsverbund Kärnten“, KVERLAG, Klagenfurt.

2 Vgl. auch Kogler, Waltraud/Klemenjak, Martin (2004): Aus- und Weiterbildung in der Stadtgemeinde St. Veit/Glan. In: Österreichische Gemeinde-Zeitung 9/2004, 30–32; Klemenjak, Martin/Kogler, Waltraud (2004): Aus- und Weiterbildung – (k)ein Thema für die öffentliche Verwaltung? Das Bildungskonzept der Stadtgemeinde St. Veit/Glan. In: Die Österreichische Volkshochschule – Magazin für Erwachsenenbildung, 55. Jg., Dezember 2004, Heft 214, 23–26.

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