Energieeffizienz als Säule der Energiepolitik

Energieeffizienz als Säule der Energiepolitik

Geld sparen durch Energieeffizienz – das ist in allen Städten das Gebot der Stunde. Allein in Deutschland wird ein Einsparpotenzial von 600 Millionen Euro in Kommunen geschätzt. Österreichs Städte können dabei mit zahlreichen Referenzprojekten punkten und auf die Unterstützung der Energieagenturen zurückgreifen.

 

Hohe Öl- und Gaspreise sind ein Dauerthema, und derzeit sieht es nicht danach aus, als ob sich dies in absehbarer Zeit ändern sollte, ganz im Gegenteil. Der zunehmende weltweite Energieverbrauch und die knapper werdenden fossilen Ressourcen werden die Problematik in Zukunft weiter verschärfen. So wirken sich bei steigenden Marktanteilen von fossilen Energieträgern – Erdöl und das daran preistechnisch gebundene Erdgas – deren Preisschwankungen auf alle anderen Energieformen aus. Dies führt beispielsweise auch am Strommarkt, unterstützt durch den sinkenden Anteil der günstigen Großwasserkraft, zu einem Preisanstieg (siehe Grafik).
So ist der Energiepreisindex seit Beginn der 1970er-Jahre kontinuierlich nach oben geklettert und hat dabei auch den Verbraucherpreisindex bzw. die Inflationsrate mitgezogen. Inflationsbereinigt blieb der reale Energiepreisindex mit Ausnahme der zweiten Ölkrise in den 1980er-Jahren nahezu unverändert.

Enormes Einsparungspotenzial
Angesichts dieser Tatsachen können die Schlagwörter der Zukunft nur „Energieeffizienz, Energieeinsparung und alternative Energieträger“ heißen.
Die kommunalen Energiekosten belaufen sich in Deutschland pro Jahr auf rund 2 Milliarden Euro und stellen somit den drittgrößten Ausgabeposten nach Personalkosten und Sozialhilfe dar. Allein mit einem optimierten Energiemanagement können Kommunen bis zu 30% ihrer Energiekosten einsparen! Würde man die Potenziale zum Energiesparen ausschöpfen, könnten die deutschen Städte und Gemeinden ihre Etats um bis zu 600 Millionen Euro jährlich entlasten. Das ist ein Resultat einer Detailanalyse des von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) durchgeführten Wettbewerbes „Energiesparkommune“, woran sich 77 deutsche Städte und Gemeinden beteiligten.
In der zur „Bundeshauptstadt im Energiesparen“ gekürten Stadt München sank der Energieverbrauch der kommunalen Liegenschaften durch Energiemanagement innerhalb von nur vier Jahren um 12%. Die Stadt Viernheim, die beim DUH-Wettbewerb zu den Siegergemeinden unter den Mittelstädten zählt, konnte ihren Verbrauch im selben Zeitraum sogar um 31% senken.
Zudem zeigte sich, dass diejenigen Kommunen herausragende Plätze belegten, die dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum einen Fachmann für Energiesparen angestellt oder beauftragt hatten.
Die kontinuierliche Arbeit zur Senkung der Energiekosten liegt daher im fundamentalen Interesse einer jeden Stadt und Gemeinde.

Zahlreiche Ansatzpunkte in Kommunen
Gerade in Zeiten, in denen einerseits die Energiepreise auf dem Weltmarkt und andererseits der Energiebedarf kontinuierlich steigen, müssen Möglichkeiten gefunden werden, den Energieverbrauch zu verringern, ohne einen Qualitäts- und Komfortverlust in Kauf nehmen zu müssen.
Laut Grazer Energieagentur können Kommunen zur Steigerung der Energieeffizienz bei gemeindeeigenen Gebäuden und in Bereichen ihres Verantwortungsbereiches beitragen, wie z. B. bei der Straßenbeleuchtung oder in Schulen.
So erwartet die internationale Energieagentur (IEA) für 2030 einen Anstieg des Stromverbrauches für Beleuchtung von 80%. Laut IEA-Direktor Claude Mandil nimmt Beleuchtung – global gesehen – bereits mehr Strom in Anspruch als von Wasser- und Atomkraftwerken erzeugt werde. Allerdings könnten effizientere Beleuchtungstechnologien und andere technische Sparlösungen dazu beitragen, diesen erwarteten Anstieg des weltweiten Strombedarfs abzufedern. Durch solche einfachen Maßnahmen könnten bis 2030 mehr als 16.000 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Dies entspricht der Gesamtmenge des weltweiten CO2-Ausstoßes von Autos über einen Zeitraum von 6 Jahren.
Weiters haben Gemeinden Einflussmöglichkeiten bei der Produktion und Verteilung von Energie, bei der Bereitstellung von Nah- und Fernwärme sowie bei der Energieplanung, Stadtplanung oder bei den Förderungen.
Drittens liegen laut Grazer Energieagentur Aktivitäten zur Bewusstseinsbildung und Stimulierung der privatwirtschaftlichen Umsetzung von Vorhaben zur Steigerung der Energieeffizienz ebenfalls im Einflussbereich von Städten und Gemeinden.

Städtisches Energieeffizienz-Programm in Wien
Das erklärte Ziel der Stadt Wien ist es, den Anstieg des Energieverbrauches bis 2015 von prognostizierten 12% auf 7% zu reduzieren. Das bedeutet eine jährliche Reduktion von 180 Gigawattstunden und entspricht in etwa dem Stromverbrauch von St. Pölten.
Zur Erreichung dieses Ziels wurde das „Städtische Energieeffizienz-Programm“ (SEP) ins Leben gerufen und parteiübergreifend beschlossen.
Als erster Schritt wurde die derzeitige Energiesituation in Wien analysiert. Im Zeitraum 1993 bis 2003 ist der Energieverbrauch in Wien um insgesamt 24% auf 37.511 Gigawattstunden gestiegen. Im zweiten Schritt wurde mit Hilfe eines Prognosemodells der Technischen Universität Wien die künftige Entwicklung des Energieverbrauches bis zum Jahr 2015 in verschiedenen Szenarien nach technischen und ökonomischen Parametern prognostiziert.
Das Ergebnis: Bei einer linearen Fortschreibung der technologischen Entwicklung und der Sanierungsrate der letzten Jahre sowie der Annahme, dass keine zusätzlichen energiepolitischen Maßnahmen realisiert werden, würde der Wiener Endenergieverbrauch bis 2015 um 12% auf 42.000 Gigawattstunden klettern.

100 Einzelmaßnahmen für Wien
Die höchsten Einsparpotenziale gibt es in den Bereichen Haushalte, öffentliche und private Dienstleistungen sowie Industrie und produzierendes Gewerbe. Die Maßnahmen lassen sich generell in zwei thematische Bereiche zusammenfassen:

- Technische Maßnahmen: Durch diese soll bei geringerem Energieeinsatz dasselbe Komfort-, Qualitäts- und Leistungsniveau erreicht werden.
- Bewusstseinsbildende Maßnahmen: Durch gezielte Informationen und die Schaffung spezieller Anreize soll das Verhalten der Nutzer beeinflusst und das Bewusstsein für einen sparsamen Umgang mit Energie gefördert werden.

Zu den wichtigsten Maßnahmen im Bereich öffentliche Dienstleistungen zählen dabei:
- Die Verbesserung der Gebäudegüte beim Neubau (Festlegung von Mindeststandards, mehr Passivhäuser).
- Die Verbesserung der Gebäudehülle bei Sanierungen durch Hebung der Sanierungsstandards und Steigerung der Sanierungsraten (verstärkte Wärmedämmung).
- Die verstärkte Modernisierung der Heizanlagen inklusive gesetzlich vorgegebener Überprüfungstermine.
- Forcierung effizienter und innovativer Lüftungs- und Klimaanlagentechnologien wie Fernkühlung (das Gegenstück zur Fernwärme) oder solare Kühlung. Dies ist im Bereich der Klimaanlagen in Bürogebäuden sehr vielversprechend, da sich deren Energieverbrauch seit 1993 fast vervierfacht hat.
- Verpflichtende Beschaffung nach Energieeffizienzkriterien (Schwerpunkt Marktdurchdringung energieeffizienter Technologien).
- Forcierung energieeffizienter Technologien im Bereich der Außenbeleuchtung.
- Sukzessive Umstellung der Verkehrssignalanlagen (Ampeln, beleuchtete Verkehrszeichen) auf LED-Technologie.
- Berücksichtigung von Energieeffizienzaspekten bei der Anmietung von Räumlichkeiten durch städtische Dienststellen.
- Aufbau eines zentralen Energieinformationsmanagements und Energiecontrollings für alle Objekte im Eigentum der Stadt.

Der Energiebedarf privater Wiener Haushalte macht ein Drittel des Gesamtverbrauchs aus. Viele elektrische Geräte in Haushalten verbrauchen Strom, auch wenn sie im Stand-by-Modus sind. Daher liegt bei den privaten Haushalten auch das größte Einsparungspotenzial.

Städte haben Vorbildwirkung
Als öffentliche Dienstleister zählen Städte meist zu den großen Endenergieverbrauchern. In Wien werden vom Gesamtenergieverbrauch von 37.511 Gigawattstunden 34% von Privathaushalten, 31% vom Verkehr und 24% vom öffentlichen und privaten Dienstleistungssektor verbraucht. Auf den produzierenden Bereich und die Landwirtschaft entfallen die restlichen 12% des jährlichen Gesamtenergiebedarfes.
Nach Energieträgern betrachtet wird mehr als ein Drittel der Energie mit Öl erzeugt (38%), gefolgt von Gas mit 23% und elektrischer Energie mit 22%. Fernwärme trägt mit 15% zur Endenergieversorgung bei.
Mit einem städtischen Energiemanagement, das derzeit in Wien aufgebaut wird, sollen energetische Verbesserungsmaßnahmen, zielgerichtet und nach Prioritäten gereiht, realisiert werden. Die wichtigsten Ziele, zu denen sich die Stadt im eigenen Bereich verpflichtet hat, sind:

- In seinem eigenen Wirkungsbereich spart die Stadt Wien jährlich 15 GWh/a an Endenergie ein.
- Bis 2008 sollen die energierelevanten Daten aller städtischen Objekte zentral erfasst sein.
- Bis 2015 wird der Stromverbrauch der Bürogeräte und der EDV-Ausrüstung der Stadtverwaltung auf heutigem Niveau stabilisiert.
- In der öffentlichen Beleuchtung wird bis 2015 eine Reduktion um 5% des gesamten Stromverbrauches gegenüber 2004 angestrebt.
- Der Niedrigstenergiehausstandard (Passivhaus) bei neu gebauten geförderten Wohnungen soll bis zum Jahr 2015 verstärkt werden.
- Bis zum Jahr 2015 wird eine signifikante Anhebung der Anzahl der Betriebe, die im Rahmen des ÖkoBusinessplan Wien im Bereich der Energieeffizienz und Energieeinsparung Maßnahmen geplant oder umgesetzt haben, angepeilt.
- Künftig wird in allen Ausschreibungen der Stadt Wien, insbesondere im Bereich der Gebäude, bei der Beschaffung verstärktes Augenmerk auf Energieeffizienzkriterien gelegt.

Energiemanagement als Mittel zum Erfolg
Seit 1992 hat die Stadt Salzburg nachhaltige Energielösungen und Umweltschutz als Hauptziele für die Gebäudeverwaltung festgelegt. Wesentliches Kriterium ist dabei das Ziel einer nachhaltigen Reduzierung des Energieverbrauches. Seit 1999 werden diese Ziele mit dem EnergieKontrollSystem bei allen Baumaßnahmen der Stadt Salzburg umgesetzt.
Zur Kontrolle und Bewertung sämtlicher Maßnahmen und zur Optimierung der Energiebuchhaltung dient das EnergieKontrollSystem als zentrales „Herzstück“. So werden derzeit ca. 1800 Energiezähler (Strom, Wärme und Wasser) von 220 Objekten in 120 Liegenschaften erfasst und täglich über Modem an eine zentrale Datenbank gesendet. Damit kann der Energieverbrauch der Gebäude bis auf
15-Minuten-Intervalle aufgelöst werden und ein Mehrverbrauch automatisiert als „Störfall“ ausgegeben werden. Dadurch werden mehr als 90% des Gesamtverbrauches der städtischen Objekte überwacht.
So konnte der tatsächliche Energieverbrauch 2004 gegenüber 1998 um mehr als 10% auf 35.200 MWh gesenkt werden. Das ergibt eine jährliche Energieeinsparung von fast 7 Millionen kWh. Mit den mittleren Energiekosten der einzelnen Energieträger multipliziert, ergibt dies eine jährliche Kostenreduktion von 330.000 Euro.

Erneuerbare Energie elementar für Österreich
Erneuerbare Energiequellen haben den Vorteil, im eigenen Land zur Verfügung zu stehen. Im Vordergrund stehen dabei naturgemäß Wasserkraft und Biomasse.
Die traditionelle Nutzung dieser Energieträger – vor allem Brennholz für Heizzwecke – wird zunehmend ergänzt durch Technologien zur Stromerzeugung. So konnten sogenannte „Ökostromanlagen“, hier vor allem Windkraft-, Photovoltaik-, Biogas- und Geothermieanlagen, in den letzten Jahren merkbare Anteile an der Stromerzeugung erzielen. Mit rund 70% Strom aus erneuerbaren Energiequellen (vorwiegend Wasserkraft) nimmt Österreich bei der umweltfreundlichen Elektrizitätserzeugung mit Abstand den Spitzenplatz in der EU ein.

Energieagenturen unterstützen Gemeinden
Die österreichischen Energieagenturen beraten und unterstützen Kommunen bei allen Vorhaben zur Steigerung der Energieeffizienz, zum Einsatz erneuerbarer Energieträger und zur Modernisierung energietechnischer Anlagen und Gebäude.
So kann Gemeinden in Kooperation mit Unternehmen, Behörden, Fördereinrichtungen, Energieversorgern und erfahrenen Energieexperten kompetente und rasche Hilfe bei der Umsetzung von Energieprojekten geboten werden.

Fehlende Grafiken finden Sie in der ÖGZ 09/06!

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