Die neue Ökostromförderung nach der Ökostromgesetz-Novelle 2006

Die neue Ökostromförderung nach der Ökostromgesetz-Novelle 2006

Lange Zeit wurde politisch hart um die Neuregelung der Förderung von Ökostrom in Österreich gerungen. Dabei musste seitens des Gesetzgebers sowohl europarechtlichen Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung des Förderungsregimes als auch den Ansprüchen zahlreicher Interessengruppen Rechnung getragen werden. Der vorliegende Artikel bietet einen ersten Abriss über die neuen Förderungsmodalitäten.

 

A. Rechtsrahmen
Die Europäische Union hat mit der Erlassung der Richtlinie 2001/77/EG vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt1 einen Rechtsrahmen für den Markt für erneuerbare Energiequellen geschaffen. Die Umsetzung der genannten Richtlinie ins innerstaatliche Recht erfolgte im Jahr 2002 mit der Beschlussfassung über das „Ökostromgesetz“2.
Seitens der Europäischen Kommission3 wurden allerdings immer wieder Bedenken hinsichtlich der europarechtlichen Zulässigkeit des bestehenden österreichischen Ökostromförderungsregimes wegen möglicher Verstöße gegen das EU-Beihilfenrecht bzw. die Warenverkehrsfreiheit4 geäußert. Als Reaktion darauf sowie aufgrund des ständig steigenden Ausmaßes der notwendigen Fördermittel wurde seitens der Bundesregierung bereits im Jahr 2004 eine entsprechende Regierungsvorlage5 im Parlament eingebracht, welche nach zähen politischen Verhandlungen und entsprechenden Abstimmungsgesprächen mit den zuständigen Stellen der GD Wettbewerb schließlich medienwirksam am 23. Mai 2006 im Nationalrat beschlossen wurde. Die Novelle wird großteils6 mit 1. Oktober 2006 in Kraft treten.
Im Folgenden soll ein erster kurzer Abriss über wichtige Neuerungen durch das Ökostromgesetz in der Fassung der Ökostromgesetz-Novelle 20067 geboten werden.

B. Die wichtigsten Neuheiten auf einen Blick
B.1 Aufbringungsmechanismus (§§ 22 ff)
Um eine europarechtlich „haltbare“ Lösung für die Aufbringung der Fördermittel zu erreichen und eine Diskriminierung von Stromimporten zu verhindern, entschloss man sich bei der „Fördermittelaufbringung NEU“ dazu, bei den Endverbrauchern eine verbrauchsunabhängige „Zählpunktpauschale“8 einzuführen, deren Höhe von der jeweiligen Netzebene des Anschlusses des Endverbrauchers abhängt.
Das zweite wichtige9 Element der Fördermittelaufbringung bildet wie bisher die von den Stromhändlern im Rahmen ihrer Abnahmeverpflichtung nach § 19 zu leistende Vergütung in Höhe des per Verordnung festzulegenden Verrechnungspreises10.

B.2 Förderungen für „Neu-Anlagen“
Zur Absicherung der zuständigen Ökostromabwicklungsstelle wurde beim nunmehr beschlossenen Novellentext in § 10 Abs. 1 ausdrücklich festgelegt, dass deren Abnahmepflicht für elektrische Energie aus Ökostromanlagen nur bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Fördermittel besteht (quantitatives Maximum).
Viel wichtiger erscheint allerdings, dass durch die Beschränkung des zusätzlichen jährlichen Unterstützungsvolumens (§ 5 Z 31 lit a) auf 8,5 Millionen Euro für das Jahr 2006 und 17 Millionen Euro für die Folgejahre eine explizite Deckelung der zur Verfügung stehenden Fördermittel für Neu-Anlagen eingeführt wurde.
Zudem ist in § 21b vorgesehen, dass das Unterstützungsvolumen11 im Rahmen einer „Kontingentbewirtschaftung“ künftig zu

- 30% auf Ökostromanlagen, die auf Basis von fester Biomasse oder Abfall mit hohem biogenen Anteil betrieben werden;
- 30% auf Biogasanlagen;
- 30% auf Windkraftanlagen;
- 10% auf Photovoltaikanlagen sowie weitere Ökostromanlagen (Ökostromanlagen, die auf Basis von flüssiger Biomasse betrieben werden; Mischfeuerungsanlagen; Ökostromanlagen, auf Basis anderer Energieträger)

entfallen wird, sodass eine klare Trennung und Begrenzung der Förderungen für einzelne Anlagenkategorien geschaffen wurde.
Für Förderungswerber wird es daher nicht nur wichtig sein, mit den von ihnen beantragten Einspeisevolumina innerhalb des jährlich vorgesehenen Unterstützungsvolumens zu liegen, sondern je nach Anlagenkategorie auch noch innerhalb des vorgesehenen Kontingents Deckung zu finden. Somit kommt in Grenzfällen dem neuen Zuteilungsmechanismus bei mehreren konkurrierenden Anträgen entscheidende Bedeutung zu. Das Zuteilungsprozedere ist in der Verfassungsbestimmung des § 10a Abs. 5 geregelt und folgt folgenden Grundsätzen:

- „Windhundprinzip“: Einlangende Anträge (samt den notwendigen Nachweisen) werden entsprechend ihrer zeitlichen Reihenfolge abgeschlossen12.
- Überschreiten gleichzeitig einlangende Anträge insgesamt die durch das kontrahierbare Einspeisetarifvolumen (je Kontingent) vorgegebene Grenze, so entscheidet das Los. Alle im Zuge des Losentscheides oder wegen nachfolgender Überschreitung der Grenzen abgewiesenen Anträge werden entsprechend der zeitlichen Reihenfolge des Einlangens im nächsten Jahr zum Vertragsabschluss herangezogen. Finden sie auch im nächsten Jahr keine Deckung im jeweiligen Kontingent, gelten die Anträge als erloschen (§ 10a Abs. 7). Einer neuerlichen Antragstellung steht dies allerdings nicht entgegen.
- Um die Entwicklung der Vertragsabschlüsse sowie des kontrahierbaren Einspeisetarifvolumens transparent darzustellen, hat die Ökostromabwicklungsstelle die Verpflichtung, das noch zur Verfügung stehende, kontrahierbare Einspeisetarifvolumen differenziert nach Anlagenkategorien gemäß § 21b zu verzeichnen und laufend (tagesaktuell) zu veröffentlichen (§ 10a Abs. 8).

Insgesamt wird die Limitierung des jährlichen zusätzlichen Unterstützungsvolumens je Anlagenkategorie sowie des damit verbundenen kontrahierbaren Einspeisetarifvolumens eine erhebliche Verschärfung des Wettbewerbs zwischen den Neu-Antragstellern verursachen, da der Anspruch auf Förderungen aus dem Ökostromregime vielfach über die betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit von Anlageninvestitionen entscheidet. Auf die praktischen Auswirkungen des neuen Zuteilungsregimes darf man daher durchaus gespannt sein.

B.3 Spezialfall „Photovoltaik“
Für Alt-Anlagen im Bereich der Photovoltaik13, die nach dem 31. Dezember 2002 und bis zum 31. Dezember 2004 in erster Instanz genehmigt wurden, wurde die Limitierung der Förderung auf ein bundesweites Gesamtausmaß von 15 MW belassen. Derartige Alt-Anlagen können nur dann noch Ökostromförderungen erlangen, wenn bestehende geförderte Photovoltaikanlagen nachträglich wieder herausfallen14 und dadurch der Neuabschluss von Verträgen ermöglicht wird.
Über dieses Ausmaß hinaus besteht für Photovoltaikanlagen nur dann eine Abnahmepflicht zu den verordneten Preisen,

- wenn diese nach dem 31. Dezember 2004 genehmigt wurden oder
- wenn diese bei Vorliegen aller für die Errichtung notwendigen Genehmigungen bis 31. Dezember 2004, bis 30. Juni 2006 in Betrieb gegangen sind und bis spätestens 31. Dezember 2011 ein Vertragsabschluss über die Abnahme von Ökostrom durch die Ökostromabwick lungsstelle erfolgt15.

Zudem müssen derartige Anlagen eine „Landesförderung“16 erhalten und im unter B.2 beschriebenen Kontingent für Photovoltaikanlagen und sonstige Ökostromanlagen (10%) Deckung finden.
Schließlich besteht über das bundesweite Gesamtausmaß von 15 MW hinaus und ohne „Landesförderung“ noch eine reine Abnahmeverpflichtung für Energie aus Photovoltaikanlagen, die im Zusammenhang mit Gebäuden errichtet werden und eine installierte Leistung von 20 kW nicht übersteigen. Allerdings erfolgt in diesen Fällen keine Vergütung nach durch Verordnung bestimmten Preisansätzen17, sondern zum Marktpreis18.

B.4 Förderungsabwicklung
Die Ökostromgesetz-Novelle 2006 enthält eine tief greifende Umstellung bei der administrativen und operativen Abwicklung der Ökostromförderung. Die Funktion des Ökobilanzgruppenverantwortlichen, welcher zur Abnahme für Energie aus Ökostromanlagen und zur Förderungsabwicklung verpflichtet ist (§§ 10 f), wird von den bisher betrauten Regelzonenführern künftig auf eine privatrechtlich organisierte, mit Bescheid des BMWA konzessionierten Ökostromabwicklungsstelle übertragen, welche den Anforderungen der §§ 14 ff zu genügen hat.
Die Abwicklung für die Gewährung von Investitionszuschüssen (§ 13c) für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK; § 12 Abs. 3) sowie die „mittlere Wasserkraft“19 (§ 13a) ist abweichend davon durch die Kommunalkredit Public Consulting GmbH vorzunehmen. Im Bereich bestehender KWK-Anlagen wird nach § 13 zudem von der Energie-Control GmbH bei bestehenden und modernisierten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen Kostenersatz für die zur Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlichen Kosten gewährt.
Da sämtliche Bestandteile der Fördermittel primär20 bei der Ökostromabwicklungsstelle zusammenlaufen, kommt der Ökostromabwicklungsstelle hinkünftig die zentrale Rolle bei der Förderungsabwicklung zu.

C. Zusammenfassung
Die Ökostromgesetz-Novelle 2006 brachte für die künftige Förderung von Ökostromanlagen erhebliche Änderungen. Hauptkriterium für neue Antragsteller wird die Erlangung einer Berechtigung zum Abschluss von Förderverträgen darstellen, die im Rahmen des „Windhundprinzips“ und der bestehenden Kontingente vergeben wird.
Durch die Begrenzung des zusätzlichen jährlichen Unterstützungsvolumens auf 17 Millionen Euro21 wurde der Druck auf neue Anlagenbetreiber durch den Wettbewerb um die zur Verfügung stehenden Förderungen weiter erhöht, sodass die Entwicklung der Erzeugung aus Ökoenergie als Resultat der neuen Regelungen in den kommenden Jahren mit Spannung erwartet werden darf.

Fußnoten:
* MMag. Dr. Eduard Wallnöfer ist RAA bei der Innsbrucker Anwaltskanzlei RA Dr. Markus Altenweisl und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit öffentlichem Wirtschaftsrecht, Wasser- und Energierecht.
1 ABl L 283 vom 27. 10. 2001, S 33.
2 Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energieträgern und auf dem Gebiet der Kraft-Wärme-Kopplung erlassen werden („Ökostromgesetz“) sowie das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz („ElWOG“) und das Energieförderungsgesetz 1979 („EnFG“) geändert werden, BGBl I Nr. 149/2002.
3 Hps. seitens der Generaldirektion (GD) Wettbewerb.
4 Stromimporteure wurden mit Förderbeiträgen belastet, konnten selbst allerdings nicht davon profitieren.
5 GP XXII RV 655.
6 Vgl. § 32a Ökostromgesetz idF Ökostromgesetz-Novelle 2006; Ausnahmen betreffen hps. die Bestimmungen zur neuen Ökostromabwicklungsstelle (§§ 14 ff; in Kraft ab 1. 7. 2006), die Bestimmungen zur Zählpunktpauschale 2007 sowie zu den Verrechnungspreisen (§§ 22a und 22b; in Kraft ab 1. 1. 2007).
7 Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz, das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz und das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert werden; BGBl I Nr. 105/2006. Sämtliche nachfolgenden Paragraphenbezeichnungen ohne Gesetzesangabe beziehen sich auf das „Ökostromgesetz idF Ökostromgesetz-Novelle 2006“.
8 §§ 21 f.
9 Vgl. auch die zusätzliche, geringfügige Fördermittelaufbringung nach § 23 Abs. 2 Z 3 bis 5.
10 § 22b.
11 Davon leitet sich das „kontrahierbare Einspeisetarifvolumen“ (§ 5 Z 9 lit b) ab: „Das für den Neuabschluss von Verträgen über die Abnahme von Ökostrom in einem Kalenderjahr zur Verfügung stehende Einspeisetarifvolumen (§ 21a in Verbindung mit § 21 und § 22a Abs. 2).“
12 Die Inbetriebnahme der Anlage hat in der Folge nachweislich innerhalb eines Zeitraumes von 24 Monaten nach Annahme des Antrags zu erfolgen; widrigenfalls wäre das Vertragsverhältnis aufzulösen.
13 „Photovoltaik“ bezeichnet die Umwandlung von Strahlungsenergie, vornehmlich Sonnenenergie, in elektrische Energie.
14 Etwa durch eine Außerbetriebnahme einer Anlage durch bspw. Brand, Abbau etc.
15 Vgl. § 1 Abs. 2 der VO BGBl II Nr. 508/2002 idF BGBl II Nr. 254/2005.
16 Vgl. § 10a Abs. 9: 50% der für die Abnahme von elektrischer Energie erforderlichen Aufwendungen müssen aus Mitteln des Landes getragen werden, in dem die Photovoltaikanlage errichtet worden ist („Landesförderung“); die exakte Form der Länderförderungen ist noch nicht vollkommen klar und sollte noch näher bestimmt werden.
17 Außer eine Förderung nach § 30 Abs. 4 erfolgt.
18 Vgl. § 10a Abs. 2; eventuell abzüglich aliquoter administrativer Aufwendungen und Aufwendungen für Ausgleichsenergie.
19 Wasserkraftanlagen mit einer Engpassleistung von über 10 MW bis einschließlich 20 MW; vgl. § 5 Z 20.
20 Vgl § 23.
21 Für 2006: 8,5 Millionen Euro.

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