Wels – Stadt der Energie

Wels – Stadt der Energie

Die Stadt Wels hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, sich als ein europaweit anerkanntes Kompetenzzentrum für erneuerbare Energie zu positionieren. Angesichts der Tatsache, dass fossile Rohstoffe wie Erdöl und Erdgas nicht auf ewige Zeiten zur Verfügung stehen und dass damit die gesicherte Energieversorgung längst zu einer entscheidenden Zukunftsfrage der Menschheit geworden ist, wurden und werden in Wels bei der Forcierung erneuerbarer Energieträger beachtliche Akzente gesetzt. Wels ist auf dem Weg zur „Stadt der Energie“ bereits ein gutes Stück weitergekommen. Trotzdem ist es noch weit bis zum Ziel …

 

Um zu den Anfängen der Bemühungen, Wels zur Stadt der Energie werden zu lassen, zu gelangen, muss man in unserer schnelllebigen Zeit beinahe schon die Geschichte bemühen. Denn bereits 1981 richtete Wels als eine der ersten Städte Österreichs beim Magistrat die Dienststelle Umweltschutz ein. Diese arbeitete in der Folge Richtlinien für Investitionen in umweltfreundliche Heizungen aus. Ziel war es anfangs, Öl, Kohle oder Koks durch umweltfreundlicheres Erdgas bzw. Fernwärme zu ersetzen. 1994 erfolgte der nächste Schritt: In den Förderungsrichtlinien wurde ausdrücklich „erneuerbare Energie“, in erster Linie Sonnenenergie, als förderungswürdig anerkannt. Seit 2001 wird diese Förderung generell nur noch für derartige Investitionen gewährt. Zum Beweis, dass die Bevölkerung und Wirtschaft dieses Förderinstrumentarium rege in Anspruch nehmen, seien zwei Zahlen erwähnt: In den vergangenen 20 Jahren wurden 3,5 Millionen Euro an 3.700 Antragsteller – private Wohnungs-/Hausbesitzer sowie Firmeninhaber – ausgeschüttet.

Energiesparkonzept für den Magistrat
Die Stadt Wels unterstützt aber nicht nur zukunftsträchtige und umweltfreundliche Energiesparprojekte von Privaten, sondern geht auch selbst mit gutem Beispiel voran. So wurde in den Jahren 1997 bis 1999 ein umfangreiches Energiesparkonzept für den Magistrat erarbeitet, das seit dem Jahr 2000 Schritt für Schritt umgesetzt wird. Ziel ist es in erster Linie, die Energiebilanz bei den im Besitz der Stadt befindlichen Gebäuden deutlich zu verbessern. Daher wurden bisher zahlreiche bautechnische Maßnahmen umgesetzt, die zwei Ziele hatten: Einerseits den Energieverbrauch generell zu senken und andererseits verstärkt erneuerbare Energieträger zum Einsatz zu bringen.
Der Austausch der Fenster, die Montage von Sonnenkollektoren und eine bessere Wärmedämmung führten zu einer beachtlichen Senkung des Energieverbrauchs, die sich natürlich auch in einer wesentlichen Kostensenkung für die Stadt als Erhalter der Bauten niederschlug. So konnte beispielsweise bei Kindergärten und Schulgebäuden der Fernwärmeverbrauch um bis zu 30% verringert werden.

Deklaration des Gemeinderates
Im Jahr 2003 dokumentierte schließlich der Gemeinderat den Anspruch, dass sich die Bemühungen der Stadt in Sachen Energiesparen, Energieeffizienz und den verstärkten Einsatz von regenerativen Energieträgern in einer Positionierung von Wels als Stadt der Energie niederschlagen sollten.
Die Voraussetzungen für eine zukunftsgerichtete Energiepolitik standen damals wie heute gut, denn immerhin verfügt die Stadt Wels seit Jahren mit der jährlichen Energiesparmesse sowie den damit in Verbindung stehenden „World Sustainable Energy Days“ und der Verleihung der „World Energy Globe Awards“ über einschlägige Veranstaltungen, die unter Energiefachleuten in aller Welt Beachtung finden.

Energiedeklaration des Gemeinderates der Stadt Wels
Im Juni 2003 wurde einstimmig die sogenannte „Energiedeklaration des Gemeinderates der Stadt Wels“ verabschiedet, die in Form von sieben Leitsätzen das Bekenntnis zur Forcierung der erneuerbaren Energie in allen Bereichen des öffentlichen Lebens in Wels formuliert (siehe Kasten).
Selbstverständlich kam das in der Deklaration enthaltene Bekenntnis zu Nachhaltigkeit und Energieeffizienz bei allen Bauvorhaben zum Ausdruck, die die Stadt Wels in jüngster Vergangenheit verwirklicht bzw. geplant hat.

Erster Kindergarten in Passivhaus-Technologie
Der im Herbst 2005 eröffnete viergruppige Kindergarten im Stadtteil Lichtenegg wurde in Holzriegelbauweise mit Passivhaus-Standard errichtet und gehört damit zu den ersten derartigen Kinderbetreuungseinrichtungen in Oberösterreich. Eine Photovoltaikanlage mit einer Kollektorfläche von rund 30 Quadratmetern unterstützt die Heizung und führt zu einer Energieeinsparung von etwa 3.500 Kilowattstunden pro Jahr. Das Warmwasser wird mit einer Solarthermie-Anlage in der Größe von 12 Quadratmetern erzeugt, die über eine Leistung von 6.000 Kilowattstunden jährlich verfügt. Selbstverständlich besitzt der Bau, der rund 1,9 Millionen Euro kostete, ein kontrolliertes Be- und Entlüftungssystem inklusive Erdwärmetauscher, wie es für ein Bauwerk mit Passivhaus-Standard Voraussetzung ist. Der Gesamtenergieverbrauch liegt bei nur 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.
Dementsprechend positiv fällt auch der Vergleich mit dem früheren Kindergarten aus, der dem Neubau wich. Obwohl die Gesamtnutzfläche von 610 auf 1.013 Quadratmeter stieg, sanken die Kosten für die Heizung von rund 10.000 auf 2.500 Euro.

„Kraftwerk Gottes“ als Passivhaus
Ein Vorzeigeprojekt in Sache Energieeffizienz ist das neue Pfarrzentrum St. Franziskus im Stadtteil Vogelweide. Das sogenannte „Kraftwerk Gottes“ ist die erste Kirche Europas in Passivhaus-Technologie und deckt seinen Energiebedarf zur Gänze aus erneuerbaren Energieträgern. Strom und Warmwasser für den direkten Verbrauch bzw. zu Heizzwecken werden zur Gänze aus Sonnenenergie erzeugt.
In der kalten Jahreszeit steht für den darüber hinausgehenden Wärmebedarf ein Biomasse-Heizkessel zur Verfügung. Gegenüber herkömmlichen Bauwerken dieser Art kann das „Kraftwerk Gottes“ auf eine Reduzierung des Strombedarfes von fast 20.000 Kilowattstunden pro Jahr und der Wärmeenergie von ca. 70.000 Kilowattstunden verweisen. Die Photovoltaikanlage zur Stromgewinnung ist so dimensioniert, dass sie 100% des Jahresverbrauches abdecken kann.
In Zusammenarbeit zwischen der Diözese Linz, dem E-Werk Wels, dem oö. Energiesparverband und dem in Wels beheimateten Austrian Solar Innovation Center sowie dem planenden Architektenteam Luger/Maul ist ein Projekt verwirklicht worden, das nicht nur durch seine architektonische Qualität mit der den Anblick dominierenden Solarfassade besticht, sondern noch viel mehr durch sein energietechnisches Konzept. Das „Kraftwerk Gottes“ ist ein Meilenstein auf dem Weg von Wels zur Stadt der Energie!

Energieeffizienz auch bei der Wohnhaussanierung
Ein von der Stadt Wels mit 700.000 Euro und dem Land Oberösterreich mit 1,9 Millionen Euro großzügig unterstütztes Projekt war die Sanierung von vier Häusern mit zusammen 296 Wohneinheiten der Welser Heimstättengenossenschaft im westlichen Stadtteil Noitzmühle. Die rund 30 Jahre alten Hochhäuser entsprachen in Bezug auf ihren energietechnischen Standard bei weitem nicht mehr den Anforderungen. Also wurde von der Heimstätte ein Sanierungskonzept in Auftrag gegeben, das vom oö. Energiesparverband, dem E-Werks Wels und der Firma Ökoenergie Greif erstellt wurde. Um die finanzielle Belastung der Bewohner in Grenzen zu halten, wurde das Vorhaben von Stadt und Land mit einer Sonderförderung unterstützt.
In allen vier Wohnblöcken wurde die Außenfassade mit hochwertiger Wärmedämmung und Aluprofilen verkleidet, das Dach erneuert, thermisch hochwertige Fenster sowie moderne Liftsteuerungen eingebaut. Im wahrsten Sinne des Wortes am Herausragendsten aber ist eine 129 Quadratmeter große Solaranlage auf dem Dach jedes Hauses, mit der ein Großteil des Warmwasserbedarfes abgedeckt werden kann. Der Ertrag der Solaranlage beträgt rund 45.000 Kilowattstunden pro Jahr und Haus. Durch die Dämmung wird eine Ersparnis bei den Heizkosten von rund 36% erzielt – ein Vorteil, der direkt den Bewohnern zugute kommt, darüber hinaus aber auch einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung des Energieverbrauchs darstellt.

Solararchitektur bei BahnhofCity
Von privaten Bauträgern wird die kurz vor der Fertigstellung stehende BahnhofCity in unmittelbarer Nachbarschaft zum neuen Hauptbahnhof errichtet. Dabei handelt es sich um ein Wohn- und Geschäftszentrum mit Büroflächen, Geschäften zur Nahversorgung, Gesundheitskompetenzzentrum, Technologiezentrum, Seminar- und Veranstaltungsräumlichkeiten sowie Wohnungen mit einer Gesamtnutzfläche von fast 13.000 Quadratmetern. Das Konzept zur Energieversorgung entspricht voll den Intentionen der Nachhaltigkeit: Photovoltaik und Klimatisierung der Räume mit Grundwasser und Abwärme lassen keinen Wunsch offen und stellen keinerlei Belastung für die Umwelt dar.
So wurde im Atriumdach der BahnhofCity eine in Österreich bisher einzigartige Photovoltaikanlage errichtet, die aus Isolierglaselementen besteht. Diese maßgefertigten Elemente erfüllen mehrere Funktionen. Sie dienen als Ersatz für herkömmliche Isolierglasscheiben, spenden Schatten und produzieren Strom. Noch dazu sind sie Zeichen einer innovativen Architektur.
Die kurz vorgestellten privaten und öffentlichen Bauprojekte sollen nur als wichtige Beispiele der jüngsten Vergangenheit dienen, bei denen der Nachhaltigkeit und Sparsamkeit bei der Energieversorgung größtes Augenmerk geschenkt wurde. Es gebe noch zahlreiche andere, teilweise schon länger fertiggestellte Projekte zu erwähnen, vom Bade- und Freizeitzentrum bis zu einer Dreifach-Turnhalle.
Generell möchte ich daher festhalten, dass es Ziel ist, in der Stadt Wels kein größeres Bauvorhaben zu verwirklichen, bei dem nicht dem Thema erneuerbare Energie größtmögliche Beachtung geschenkt wird. Dass dabei die Stadt bzw. ihre Betriebe mit gutem Beispiel vorangehen, versteht sich von selbst.

Österreichs größtes Solarkraftwerk geplant
Seit kurzem ist in Wels ein weiterer Schwerpunkt in Vorbereitung, der eine völlige Neuorientierung der städtischen Energiepolitik bedeutet und der dem Bemühen um Positionierung als Kompetenzzentrum für erneuerbare Energie die Krone aufsetzen wird. Es handelt sich um die Solarthermie, also die Erzeugung von Warmwasser mit Sonnenenergie. Bei allen bisherigen Projekten ging es nur darum, das Warmwasser für den laufenden Bedarf des betreffenden Baues mit der Kraft der Sonne zu gewinnen.
Doch jetzt plant Wels den nächsten Schritt, nämlich Warmwasserproduktion bei einem Großbauvorhaben in einem solchen Ausmaß, dass die dort nicht benötigte Menge in das öffentliche Fernwärmenetz der Stadt bzw. des städtischen E-Werks eingespeist werden kann. Konkret geht es um das neue Messezentrum, das bis Herbst kommenden Jahres mit einem Investitionsaufwand von mehr als 20 Millionen Euro auf dem Gelände der Messe Wels errichtet wird. Es handelt sich dabei um Ausstellungshallen in einer Größenordnung von rund 18.000 Quadratmetern inklusive Gastrobereich, Seminarräumlichkeiten sowie Verwaltungsräumen für das Unternehmen Messe Wels.
Derzeit wird in der heizungsfreien Zeit, also im Sommer, die für die Erwärmung des Warmwassers in den Haushalten und in den Gewerbebetrieben von Wels benötigte Fernwärme in gasbefeuerten Dampfkesseln erzeugt. Vom E-Werk Wels bzw. seiner Tochterfirma MEA Solar, in der die Erdgas OÖ GmbH Partner ist, wurde ein grundsätzliches Projekt erarbeitet. Dessen wichtigste Details sind eine Kollektorfläche von 5.000 Quadratmetern auf dem Dach des Messezentrums und damit die Errichtung des bisher größten Solarkraftwerks in Österreich. Damit kann ein jährlicher Ertrag von 1,75 Gigawattstunden erzielt werden. Zur Veranschaulichung: Die geplante Solarthermie-Anlage liefert so viel Warmwasser, wie in der Stadt Wels an einem Tag im Sommer verbraucht wird.

Avantgarde bei Solarthermie
Die Errichtungskosten belaufen sich gemäß einer ersten groben Schätzung auf rund 1,7 Millionen Euro. Man rechnet, eine Förderung von Bund bzw. Land von 35% der Kosten zu bekommen, sodass seitens der Stadt Wels bzw. des E-Werkes rund 1,1 Millionen Euro investiert werden müssten. Zu den Investitionskosten muss auch noch der Bau einer Leitung vom Messegelände zur nächstgelegenen Fernwärmeleitung sowie die Errichtung einer Pumpstation gezählt werden. Letztere ist notwendig, um das heiße Wasser auch tatsächlich in das Fernwärmenetz einspeisen zu können. Die Anlage refinanziert sich durch die eingespeiste Energie, welche von der Wels Strom GmbH vergütet wird.
Das vorliegende Projekt wird seitens des E-Werkes im Detail erarbeitet, damit man die genauen Investitionskosten bekommt. Gleichzeitig wird eine Berechnung der Wirtschaftlichkeit erfolgen. Zu diesem Zweck wird sich das E-Werk externer Berater bzw. eines Ingenieurbüros bedienen. Es wird auch angedacht, eine Ingenieurleistung von befreundeten Fernwärme-unternehmen in Österreich zuzukaufen, wenn dort entsprechende Erfahrungen bestehen. Die Statik des Messezentrums ist bereits so ausgelegt, dass die 5.000 Quadratmeter Kollektorfläche notfalls auch nach Fertigstellung des Baus montiert werden können.
Sollte sich herausstellen – und davon bin ich überzeugt –, dass dieses Solarthermie-Projekt nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll ist, dann wird es sozusagen die Initialzündung zur verstärkten Nutzung der Solarthermie in Wels sein. Dann werden auf geeigneten Bauten, natürlich auch beim bis zum Jahr 2009 gemeinsam mit dem Land Oberösterreich zu errichtenden ersten österreichischen Science Center in Wels, weitere derartige Anlagen installiert werden.

Verantwortliche Energiepolitik
Abschließend darf ich daher festhalten: Das Projekt „Wels – Stadt der Energie“ ist ein vielschichtiges, es würde an dieser Stelle zu weit führen, auf alle Bereiche näher einzugehen. Es beginnt bei der Bewusstseinsbildung, dass die fossilen Energieträger wie Erdöl und Erdgas nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen und dass vor allem die künftige Preisentwicklung nicht annähernd abzusehen ist, wie uns seit einiger Zeit drastisch vor Augen geführt wird. Dazu kommt noch, dass die Verbrennung von Öl und Gas und die damit verbundene Emission von Kohlendioxid einer der Hauptgründe für die Klimaerwärmung ist.
Es ist daher Aufgabe einer verantwortungsvollen Energiepolitik, sich rechtzeitig nach Alternativen umzusehen. Die Stadt Wels leistet ihren Beitrag dazu!

Städtebund-Linktipp:
www.wels.gv.at
www.eww.at

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