Steirische Städte erarbeiten Optimierungen im Kinderbetreuungsbereich

Steirische Städte erarbeiten Optimierungen im Kinderbetreuungsbereich

Nach dem interkommunalen Vergleich in Oberösterreich im Jahr 2004 haben sich nun steirische Städte einem mehrdimensionalen Kennzahlenvergleich gestellt. Ziel war eine Standortbestimmung für jede Teilnehmerstadt und das Erkennen und Umsetzen von Verbesserungsansätzen.

 

In Zeiten knapper öffentlicher Finanzmittel, zunehmender Bürgeransprüche und erschwerender demografischer Entwicklungen sind die Städte und Gemeinden gefordert, ihre Leistungen für die Öffentlichkeit immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und mit anderen Anbietern zu vergleichen. Auf Initiative des Steirischen Städtebundes haben sich elf Städte – Bad Aussee, Bad Radkersburg, Bruck an der Mur, Deutschlandsberg, Graz, Kapfenberg, Knittelfeld, Leoben, Trofaiach, Weiz und Zeltweg – zu einem interkommunalen Vergleichsring zusammengeschlossen. Mit fachlicher Unterstützung des KDZ-Managementberatungs- und WeiterbildungsGmbH wurden die städtischen Leistungen „Kinderbetreuung“ (Kinderkrippen, Kindergärten) sowie „Schulen“ (Volks- und Hauptschulen, Polytechnische Schulen und Nachmittagsbetreuung) verglichen, unterschiedliche Standards analysiert und Verbesserungsmöglichkeiten erarbeitet. Interessant ist, dass in den elf steirischen Städten teilweise sehr unterschiedliche Praktiken und entsprechende Auswirkungen auf Finanzen, Strukturen oder Kundenzufriedenheit festzustellen sind. Dieser Beitrag geht nun näher auf die Ergebnisse des Kennzahlenvergleichs im Themenfeld Kinderbetreuung ein.
Das Themenfeld Kinderbetreuung wurde in zwei Teilbereiche untergliedert. Einerseits sind Daten und Kennzahlen aus dem Bereich der Kinderkrippen und andererseits aus dem Bereich der Kindergärten verglichen worden.

Kinderkrippen
Kinderkrippen werden derzeit nur in drei der zehn teilnehmenden Städte angeboten, davon wird in einer Stadtgemeinde die Krippe in Kooperation mit einer Non-Profit-Organisation betrieben. Die Versorgungsquote liegt zwischen 3,9 und 7,7%, die Auslastung liegt überall bei 100%.
Die Betriebsausgaben pro Kind und Monat liegen zwischen 1.050 und 1.400 Euro. Die Personalaufwandsquote schwankt zwischen 77 und 84%. Je Kind und Monat schießen die betreffenden Städte zwischen 495 und 820 Euro zu. Der Unterschied ist primär auf die Form der Betriebsführung zurückzuführen – in der Stadt mit der in Kooperation geführten Krippe fallen bei für die 1,5fachen Kapazitäten nur um 25% mehr laufende Betriebskosten an. Dies spiegelt sich auch bei der Kennzahl Personalaufwand pro Gruppe wider – 117.000 bzw. 134.000 Euro.
Sehr unterschiedlich ist der Gesamtdeckungsgrad, welcher sich zwischen 32 und 68% bewegt. Betrachtet man den Deckungsgrad ohne Förderungen, ist die Bandbreite 13 bis 29%. Die Elternbeiträge je Kind und Monat (auf Ganztagsplatz umgerechnet) betragen zwischen 160 und 328 Euro.
Die Betreuungsfläche je Kind variiert zwischen 17 und 26 m2, die Verpflegungskosten pro Kind und Tag betragen 1,70 bis 2,70 Euro – wobei der Deckungsbeitrag 100 bzw. 93% beträgt.

Kindergärten
Die Kindergärten werden in unterschiedlicher Form (kommunal als auch privat) geführt – dies zeigt der Anteil der kommunalen Betreuungsplätze, der zwischen rund 35 und 100% schwankt. In den Städten werden neben Halbtags- auch Ganztagsgruppen angeboten. Die Versorgungsquote schwankt zwischen 68 und 166%; der Median beläuft sich auf 94%. Die teilweise sehr hohe Auslastung (über 100%) ist insbesondere auf die zentralörtliche Funktion einiger Städte zurückzuführen. Diese Kommunen bieten (unter anderem aus mangelnder Auslastung mit „eigenen“ Kindern) Plätze für auswärtige Kinder an. Die Auslastung der in Betrieb befindlichen Plätze bewegt sich zwischen 83 und 100 oder mehr Prozent. Die Anzahl der Kinder je Betreuungsstunde bewegen sich zwischen 7,3 und 12,7. Die Ursachen für die Bandbreiten liegen in der Auslastung der Gruppen, in der Führung der Halb- und Ganztagsgruppen, in der Arbeitsorganisation sowie in der Personalausstattung.

Finanzen und Wirtschaft
Die Wirtschaftlichkeitsdimension zeigt folgendes Bild:

- Die laufenden Betriebsausgaben je Kind und Monat auf Basis Ganztagsbetreuung weisen eine Bandbreite zwischen rund 600 und 830 Euro auf.

- Je Kind und Öffnungsstunde bewegen sich die laufenden Betriebsausgaben zwischen 3,07 und 4,25 Euro. Für einen Ganztagsplatz bewegen sich die laufenden Jahresbetriebsausgaben zwischen 5.500 und 8.760 Euro.

- Der Personalaufwand pro Gruppe bewegt sich zwischen rund 136.000 und 180.000 Euro.

- Der Gesamtdeckungsgrad schwankt zwischen 32 und 48% – Ursachen dafür liegen in den Kosten je Einheit und in den Tarifen – so liegen bspw. die Elternbeiträge je Kind und Monat zwischen rund 84 und 104 Euro.

Die Ursachen für diese Differenzen bei einzelnen Wirtschaftlichkeitskennzahlen liegen in der Auslastung der Gruppen (25 Kinder vs. 19 Kinder bei einer Gruppenhöchstzahl von 25 Kindern laut Landesgesetz), in den Öffnungszeiten (halb- vs. ganztags und davon mehr oder weniger stark abweichende, relativ starre Arbeitszeitregelungen), der Gruppenführung sowie dem Mitarbeitereinsatz (Vertretungsregelungen, Einsatz des Reinigungspersonals, Leistungsprofil der Kinderbetreuerinnen etc.). Weiters sind die unterschiedlich hohen Kosten auch in der Anzahl der Gehälter, des Ausmaßes der Altersteilzeit sowie der Standortstruktur (Anzahl der Leiterinnen/Leiter und Ausmaß der Leiterzulage) begründet.

Mitarbeiterorientierung
Die Krankenstandstage je Mitarbeiterin/ Mitarbeiter bewegen sich im pädagogischen Bereich zwischen 4 und 32 und im Reinigungsbereich zwischen 4 Tagen und 23 Tagen. Die Hauptursachen liegen oft in Langzeitkrankenständen vor Pensionierungen sowie in mehreren längeren Krankenständen. Die Fluktuationsquote ist generell gering. Das Durchschnittsalter bewegt sich zwischen 32 Jahren und 46 Jahren – im Median liegt das Durchschnittsalter bei 45 Jahren.
Die Kinder je Pädagogin bewegen sich zwischen 9 und 13 Kinder – im Privatbereich sind dies 5 bis 25 Kinder.

Kundenbefragung
An einer standardisierten Kundenbefragung haben sich die Städte Bad Aussee, Bruck an der Mur, Knittelfeld, Weiz und Zeltweg beteiligt.
Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass ein hoher Zufriedenheitsgrad von mehr als 90% der Eltern mit dem kommunalen Kindergartenangebot gegeben ist. Etwas abfallend, jedoch noch immer mit über 70% „sehr zufrieden“ bzw. „zufrieden“ wurden in jeweils unterschiedlichen Städten

- die Öffnungszeiten (73%),
- die Möglichkeiten der Mitgestaltung durch die Eltern (76%),
- die Belastbarkeit einzelner Kindergärtnerinnen/Kindergärtner (71%)

bewertet.
Erklärungen für einzelne, vom Durchschnitt abweichende Ergebnisse können Erklärungen vor Ort in den einzelnen Kindergärten gefunden werden.
Weiters ist erkennbar, dass

- sich die Eltern mehr Mitsprachemöglichkeiten bei Ausflügen wünschen;

- bezüglich des Mittagessens grundsätzlich gute Einschätzungen abgegeben wurden;

- zwischen 23 und 41% der Eltern schon einmal eine Beschwerde vorgebracht haben;

- mit Beschwerden überwiegend lösungsorientiert umgegangen wird.

Verpflegung und Reinigung
Die Verpflegungskosten schwanken zwischen 1,90 und 2,85 Euro pro Portion. Die Kostendeckung pro Portion beträgt in den meisten Gemeinden 100%.
Die Reinigungskosten variieren zwischen knapp 19 und 85 Euro. Pro Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter werden zwischen 450 m2 und 1.300 m2 gereinigt. Ursachen für die Unterschiede liegen in den Reinigungsstandards sowie in den Vorgaben.

Optimierungsansätze
Zusammenfassend kann sowohl für den Bereich der Kinderkrippen als auch Kindergärten festgehalten werden, dass es folgende Ansätze für Optimierungen in Richtung mehr Wirtschaftlichkeit, höhere Kundenorientierung und bessere Wirkungen gibt:

- Die Auslastung der einzelnen Einrichtungen schwankt zum Teil erheblich und gleichzeitig zeigt sich bei den Kundenbefragungen eine verstärkte Nachfrage nach angepassten bzw. ausgedehnten Öffnungszeiten. Hier ist es empfehlenswert, den konkreten Bedarf an Öffnungszeiten zu erheben und dementsprechende Angebote zu machen. Gleichzeitig sollten auch die Arbeitszeiten Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter mit diesen Öffnungszeiten in Einklang gebracht und möglichst flexibel gestaltet werden. Hiezu gibt es bereits Good-practice-Ansätze in einigen wenigen Gemeinden. Weiters ist innerhalb der Städte noch Potenzial gegeben, wenn Gruppen standortübergreifend geplant und ausgelastet werden. Dadurch können möglicherweise auch einzelne, wirtschaftlich gesehen ungünstige Standorte oder zumindest Gruppen aufgelassen werden. Generell ist zu bemerken, dass notwendige Betreuungszeiten nicht mehr exakt im Voraus zu planen sind. Entsprechend den jeweiligen privaten und beruflichen Umfeldbedingungen ist es notwendig, auf sich rasch ändernde Bedürfnisse eingehen und reagieren zu können. Dafür bedarf es auch einer Anpassung der rechtlichen (Kinderbetreuungsgesetz und Dienstrecht der Kindergärtnerinnen/Kindergärtner) und wirtschaftlichen (Förderungsbestimmungen des Landes) Rahmenbedingungen.

- Die Betriebskosten werden im Wesentlichen durch den Personaleinsatz beeinflusst. Ansätze zur Optimierung zeigen sich hier insbesondere bei den Vertretungsregelungen im Reinigungsbereich (standortübergreifende Reinigungspools, vielleicht sogar mit Schulen koordiniert), beim Angleichen der Öffnungs- und Arbeitszeiten (flexibler, bedarfsorientierter Einsatz der Pädagoginnen/ Pädagogen und Betreuerinnen/Betreuer – soweit möglich) und beim Leistungsprofil/-umfang der Betreuerinnen/Betreuer in Abgrenzung zum Reinigungspersonal. Weiters wirken sich auch Standardvorgaben bezüglich der Reinigungsintensität, die Flächenvorgaben für die Beschäftigten sowie Alter und Struktur der Gebäude (bspw. daraus resultierende Heizkosten) auf die Betriebskosten aus.

Nutzen für die teilnehmenden Städte
Die Arbeit im Vergleichsring Kinderbetreuung und das Resümee der Vergleichspartner zeigte, dass die Datengewinnung mit hohem Aufwand verbunden war, jedoch bereits in der Erhebungsphase damit ein hoher Nutzen erzielt werden konnte. So wurde einerseits Transparenz erzielt, andererseits im Vergleich mit anderen Städten der eigene Status besser einschätzbar. Aus den Vergleichsdiskussionen in den drei Workshops und außerhalb davon laufenden Kontakten konnten für die meisten der teilnehmenden Städte neben der Positionsbestimmung auch Optimierungsbedarfe und -möglichkeiten mitgenommen werden.
Neben der Gewinnung entsprechender Vergleichsdaten standen für die Vertreterinnen und Vertreter der teilnehmenden Städte der gegenseitige Erfahrungsaustausch, das Kennen- und Verstehenlernen anderer Praktiken und Vorgangsweisen im Mittelpunkt. Dabei hat sich gezeigt, dass alle Kommunen ihre Kinderbetreuungseinrichtungen auf einem sehr hohen Niveau führen, dass dieses Niveau aber auch zum Teil relativ teuer erkauft wird. Extreme Schwankungsbreiten, sowohl auf der Erlös- (Stichwort Elternbeiträge) als auch auf der Aufwandsseite (Stichwort Personalaufwandsquote) zeigen den bewussten oder unbewussten, manchmal durch finanzielle Zwänge herbeigeführten unterschiedlichen Zugang der Kommunen zum Thema Kinderbetreuung. Faktum ist aber, dass die sich laufend ändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auch Veränderungen im Bereich der Organisationsstrukturen und -richtlinien sowie der förderungstechnischen und arbeitsrechtlichen Bestimmungen erforderlich machen, da es den Kommunen ansonsten immer schwerer fallen dürfte, ihre Kinderbetreuungseinrichtungen in der zu Recht erwarteten Qualität weiter zu betreiben.

Nutzen für die Landesgruppe Steiermark
Darüber hinaus liefert das mehrdimensionale Kennzahlenset dem Österreichischen Städtebund – Landesgruppe Steiermark – willkommenes Datenmaterial für eine bedarfsorientierte Interessenvertretung der Mitgliedsgemeinden auf dem Gebiet der Kinderbetreuung.
Im Bereich der „Kinderkrippen“ und „Kindergärten“ besteht in der Steiermark derzeit Reformbedarf. Gesetzesnovellen zum Kinderbetreuungsgesetz, zum Kinderbetreuungsförderungsgesetz sowie zum Dienst- und Besoldungsrecht der Kindergartenpädagoginnen sind in Vorbereitung. Die Beratungen und Verhandlungen in den Ausschüssen und Unterausschüssen im steiermärkischen Landtag stehen unmittelbar bevor. Die aktuellen, aus dem Kennzahlenvergleich gewonnenen Informationen leisten dabei einen wertvollen Beitrag, um dem bildungspolitischen Ziel einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu entsprechen.
In diesem Sinne kann im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten darauf Bedacht genommen werden, dass es zu einer möglichst flexible Gestaltung der Kinderbetreuung bei gleichzeitiger Sicherstellung der pädagogischen Qualität kommt, ohne dass dabei die Leistungsfähigkeit der einzelnen Kommunen – als Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen – über Gebühr strapaziert wird.

Fehlende Abbildungen finden Sie in der ÖGZ 11/2006.

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