Radarmessungen durch beauftragte Private – sind Anonymverfügungen zulässig?

Radarmessungen durch beauftragte Private – sind Anonymverfügungen zulässig?

Seit einiger Zeit führen Privatunternehmen im Auftrag von Gemeinden Radarmessungen zum Zweck der Geschwindigkeitskontrolle im Gemeindegebiet durch und zeigen Überschreitungen der zuständigen Behörde an: Strittig ist, ob solche Anzeigen mit Anonymverfügung erledigt werden können oder ob in allen diesen Fällen Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werden müssen. Der folgende Beitrag möchte dieser Frage nachgehen und mögliche Lösungen aufzeigen.

 

1. Einleitung
In immer mehr Bereichen der öffentlichen Verwaltung werden neben staatlichen Organen auch Private zur Aufgabenerfüllung herangezogen. Auf dem Gebiet des Verkehrsrechts werden Privatunternehmen schon seit längerem bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs eingesetzt.2 Vor einigen Jahren haben Gemeinden damit begonnen, auch Maßnahmen der Überwachung des fließenden Verkehrs von Privaten durchführen zu lassen.
Diese nehmen mit Hilfe von Radargeräten Geschwindigkeitsmessungen vor und zeigen Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bei der zuständigen Strafbehörde an. Im Interesse der Strafbehörden – und letztlich auch der Gemeinden als Straßenerhalter3 – läge es nun, möglichst viele dieser Anzeigen durch Anonymverfügungen „im kurzen Weg“ zu erledigen, anstatt ein – in der Regel zeitaufwendigeres und kostspieligeres – Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten. Darüber, ob eine solche Vorgangsweise rechtlich auch zulässig ist, gehen jedoch die Meinungen auseinander. Im Folgenden sollen diese Frage untersucht und mögliche Wege zu einer rechtlich einwandfreien Lösung aufgezeigt werden.

2. Rechtliche Einordnung der Betrauung Privater
mit Radarmessungen

Nach der StVO ist die „Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften“ Teil der Verkehrspolizei.4 Zur „Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften“ und damit zur Verkehrspolizei gehören insbesondere auch Geschwindigkeitskontrollen, sei es mit oder ohne Zuhilfenahme automatischer Messinstrumente.
Gemäß § 94b Abs. 1 lit a StVO obliegt die Handhabung der Verkehrspolizei mit Ausnahme der Verkehrspolizei auf der Autobahn der Bezirksverwaltungsbehörde5, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion gemäß § 95 Abs. 1 lit a StVO dieser.6 Gemäß § 94c Abs. 1 StVO kann die Landesregierung durch Verordnung die von der Bezirksverwaltungsbehörde zu besorgenden Angelegenheiten, die nur das Gebiet einer Gemeinde betreffen, wenn und insoweit dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit gelegen ist, dieser Gemeinde übertragen. Die Handhabung der Verkehrspolizei kann einer Gemeinde gemäß § 94c Abs. 3 StVO allerdings nur übertragen werden, sofern sie über einen Gemeindewachkörper verfügt. Die Verkehrspolizei ist dann durch diesen auszuüben.7
Den Gemeinden obliegt die Handhabung der Verkehrspolizei nach der StVO also in der Regel nicht; sie können sie daher weder durch eigene Organe ausüben noch Dritte damit betrauen. Allerdings muss nicht jede Geschwindigkeitsmessung auch Handhabung der Verkehrspolizei sein. Abgesehen davon, dass solche Messungen z. B. auch der Kontrolle der Einhaltung kraftfahrrechtlicher Vorschriften dienen können, gibt es keine Rechtsvorschrift, die eine Vornahme von Geschwindigkeitsmessungen – zu welchem Zweck auch immer – verbietet: Jeder Private kann solche Messungen vornehmen und von ihm wahrgenommene Übertretungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit der zuständigen Strafbehörde anzeigen, die den Verdacht zu prüfen und gegebenenfalls ein Strafverfahren einzuleiten hat. Weil solche privaten Messungen eben keine verkehrspolizeilichen Maßnahmen sind, dürfen sie aber insbesondere nicht mit der Vornahme oder Androhung irgendwelcher Zwangsmaßnahmen verbunden werden. Schon das bloße Erwecken des Anscheins, eine polizeiliche Überwachung durchzuführen, wäre bedenklich, weil dadurch der Straftatbestand der Amtsanmaßung gemäß § 314 StGB erfüllt sein könnte.
Fraglich ist, ob auch Gemeinden auf Grund ihrer Privatrechtsfähigkeit (Art. 116 Abs. 2 B-VG) solche Geschwindigkeitsmessungen vornehmen oder Dritte vertraglich damit beauftragen können. Gegen systematische Geschwindigkeitsmessungen durch die Gemeinden oder in ihrem Auftrag wird etwa eingewendet, dass darin eine Umgehung der Zuständigkeitsregelung der StVO bzw ein Verstoß dagegen läge.8 Teile der Lehre halten privatrechtliches Handeln der Gebietskörperschaften in Verwaltungsbereichen, die – wie die Verkehrspolizei – typischerweise hoheitliche Maßnahmen erfordern, überhaupt für unzulässig.9 Nun kann die Entfaltung einer privatrechtlichen Tätigkeit durch die Gemeinden schon deswegen nicht gegen gesetzliche Zuständigkeitsregelungen verstoßen, weil sie mit einer solchen Tätigkeit ja keine Zuständigkeit (zur Vollziehung) in Anspruch nehmen. Ob die durch Art. 116 Abs. 2 B-VG erfolgte Konstituierung der Gemeinde als Privatrechtssubjekt auch das Recht beinhaltet, mit Mitteln des Privatrechts beliebige öffentliche Interessen (einschließlich solcher, für deren Wahrung sie von Gesetzes wegen gerade nicht zuständig ist)10 zu verfolgen, könnte zwar durchaus kritisch hinterfragt werden.11 Für das Verhältnis von Bund und Ländern wird die Verfolgung kompetenzfremder Interessen unter dem Schlagwort der Kompetenzneutralität der Privatwirtschaftsverwaltung jedoch überwiegend für zulässig erachtet.12 Unter dieser Prämisse bestehen wohl auch gegen von der Gemeinde oder in deren Auftrag durchgeführte Geschwindigkeitsmessungen keine Bedenken.13

3. Zur Frage der Zulässigkeit von Anonymverfügungen
Wird nun auf Grund einer privaten Radarmessung eine Übertretung straßenpolizeilicher Vorschriften angezeigt, so stellt sich die Frage, ob in einem solchen Fall eine Anonymverfügung gemäß § 49a VStG erlassen werden darf.14 Dazu ermächtigt § 49a Abs. 2 Z 1 VStG – bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen – dann, wenn die Anzeige auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht oder auf automatischer Überwachung beruht.
Die von der Gemeinde vertraglich mit der Verkehrsüberwachung beauftragten Unternehmer bzw. die Beschäftigten dieser Unternehmer sind keine Organe der öffentlichen Aufsicht; als solche kommen nämlich nur Hilfsorgane einer Behörde in Betracht (und die Gemeinde wird in diesen Fällen ja gerade nicht hoheitlich, sondern privatwirtschaftlich tätig). Allerdings könnte, wenn die Unternehmen eine mittels Radarmessung festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung anzeigen, der zweite Tatbestand des § 49a Abs. 2 Z 1 VStG – Anzeige auf Grund „automatischer Überwachung“ – erfüllt sein. Dieser Begriff wurde durch die Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 198715 in § 47 Abs. 1 VStG (betreffend Strafverfügungen) aufgenommen und war von Anfang an Bestandteil des durch dieselbe Novelle eingefügten § 49a VStG. In den Erläuterungen16 wird dazu Folgendes ausgeführt:
„Hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen eine Strafverfügung erlassen werden darf, soll insofern eine Erweiterung erfolgen, als hiefür auch die Auswertung automatischer Überwachungen (zB automatische Radarkontrollen) genügen sollen [sic!]. Unter dem Gesichtspunkt des Beweiswertes solcher automatischer Überwachungen ist es gerechtfertigt, sie der eigenen dienstlichen Wahrnehmung von Organen der öffentlichen Sicherheit gleichzustellen.“
Es sollte also ermöglicht werden, die eigene (also unmittelbare) dienstliche Wahrnehmung der Organe der öffentlichen Aufsicht17 durch eine nur mehr mittelbare Wahrnehmung – anhand der bei einer automatischen Überwachung gewonnenen Aufzeichnungen – zu ersetzen.18 Dass die Überwachung „automatisch“ erfolgt, besagt dabei lediglich, dass dafür ein technisches Gerät verwendet wird, nicht aber, dass sie ohne menschliches Zutun „von selbst” erfolgt: Jemand muss die Überwachung veranlassen, die Überwachungsgeräte aufstellen, in Betrieb nehmen und bedienen, die Überwachungsergebnisse auswerten und die Funktionsfähigkeit der Geräte laufend überprüfen. Wer das sein soll, sagt das VStG nicht. Es liegt jedoch nahe, dass die mit der automatischen Überwachung nach § 49a Abs. 2 Z 1 (und § 47 Abs. 1) VStG notwendigerweise verbundenen Handlungen – ebenso wie die anderen Handlungen und Wahrnehmungen, auf Grund deren nach den §§ 49a und 47 VStG Anonymverfügungen bzw Strafverfügungen erlassen werden können19 – solche von behördlichen Organen20 sein müssen: Die Zurechenbarkeit der Überwachung zur (Straßenpolizei-)Behörde wird vom Gesetzgeber als selbstverständlich und damit – gerade im systematischen Zusammenhang des § 49a (und des § 47) VStG – nicht regelungsbedürftig vorausgesetzt.21
Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch die Verwendung des Begriffs „Überwachung“: Nach der StVO ist „Überwachung“ Teil der Verkehrspolizei, also eine hoheitliche Aufgabe; da der Tatbestand der „automatischen Überwachung“ – ebenso wie der gesamte § 49a VStG – gerade für Zwecke des Verkehrsstrafrechts eingeführt wurde,22 ist davon auszugehen, dass mit diesem Begriff an die Terminologie der StVO angeknüpft wird. Aber auch in anderen Verwaltungsvorschriften bezeichnet der Begriff „Überwachung“ typischerweise eine (verwaltungs-)polizeiliche, also hoheitliche Aufgabe.23
Schließlich spricht auch die den Gesetzesmaterialien zu entnehmende Begründung für die Gleichstellung der automatischen Überwachung mit der eigenen dienstlichen Wahrnehmung dafür, dass nur die automatische Überwachung im Rahmen der Hoheitsverwaltung durch die Behörde und deren Organe erfasst werden sollte. Denn zum einen trifft diese Organe eine besondere, insbesondere strafrechtliche und in der Regel auch disziplinäre Verantwortlichkeit, zum anderen unterliegen gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 MEG Messgeräte zur Bestimmung der Geschwindigkeit nur dann der Eichpflicht, wenn sie bei (straßenaufsichts-)behördlichen Kontrollen verwendet oder bereitgehalten werden. Nur im Fall einer behördlichen Überwachung (Kontrolle) erscheint es daher ohne weiteres gerechtfertigt, die automatische Überwachung hinsichtlich ihres Beweiswerts der unmittelbaren Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht gleichzustellen, sodass ohne zusätzliche Ermittlungen24 von der Korrektheit der Überwachung ausgegangen werden kann.25 Nur in diesem Fall können außerdem Amtshaftungsansprüche geltend gemacht werden, wenn es zu einer schuldhaften Fehlleistung bei der Überwachung kommt. Sollen hingegen Personen mit der automatischen Überwachung betraut werden, die der besonderen rechtlichen Verantwortlichkeit eines Verwaltungsorgans nicht unterliegen, bedürfte es zusätzlicher gesetzlicher Bedingungen, insbesondere hinsichtlich der Zuverlässigkeit dieser Personen.26 Dass § 49a Abs. 2 Z 1 VStG solche Voraussetzungen nicht normiert, deutet ebenfalls darauf hin, dass tatsächlich nur an behördliche Überwachungen gedacht war.
Dem Argument, dass der Wortlaut des § 49a Abs. 2 Z 1 VStG nicht (ausdrücklich) zwischen privaten und behördlichen Überwachungen differenziert27 bzw. dass eine Einschränkung auf einen bestimmten Personenkreis, wäre sie beabsichtigt gewesen, z. B. durch die Hinzufügung der Wortfolge „durch ein Organ der öffentlichen Aufsicht“ einfach möglich gewesen wäre,28 ist zu entgegnen, dass eine behördlich nicht autorisierte „Überwachung“ durch Private im System des VStG wie auch der StVO eine Ausnahme bilden würde; hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, außer dem Normalfall – der Überwachung durch die zuständige Behörde bzw. deren Hilfsorgane – auch diesen atypischen Fall zu erfassen, so hätte er wohl dies deutlich zum Ausdruck gebracht. Das gilt umso mehr, wenn man in systematischen Geschwindigkeitsmessungen im Auftrag von Gemeinden einen Verstoß gegen die Zuständigkeitsregeln der StVO erblickt,29 kann doch dem Gesetzgeber im Zweifel schwerlich zugesonnen werden, er habe mit den Ermächtigungstatbeständen der §§ 47 und 49a VStG auch gesetzwidrige Vorgänge erfassen wollen.
Eine „Überwachung“ durch (nicht beliehene) Private stellt somit nach der hier vertretenen Ansicht ebenso wenig eine Überwachung im Sinn des § 49a Abs. 2 Z 1 (und § 47 Abs. 1) VStG wie iSd StVO dar. Die Erlassung von Anonymverfügungen (und Strafverfügungen) in Fällen, in denen Verwaltungsübertretungen auf Grund solcher privater „automatischer Überwachungen“ angezeigt werden, ist demnach unzulässig.30 In der Praxis31 scheint sich bisher aber weder diese noch die gegenteilige Meinung allgemein durchgesetzt zu haben.32

4. Lösungswege
Um eine eindeutige gesetzliche Grundlage für die Erlassung von Anonymverfügungen auf Grund der im Auftrag von Gemeinden durchgeführten privaten Radarmessungen zu schaffen, würden sich – grob skizziert – folgende Möglichkeiten anbieten:

a) Änderung des VStG
Zum einen könnte das VStG dahingehend geändert werden, dass die Erlassung von Anonym- und Strafverfügungen ausdrücklich auch dann für zulässig erklärt wird, wenn Übertretungen auf Grund einer von Privaten durchgeführten automatischen Überwachung angezeigt werden. Solche Überwachungen müssten aber noch weitere Voraussetzungen erfüllen, etwa was die Zuverlässigkeit der für die Überwachung verantwortlichen Personen oder die Beschaffenheit der technischen Geräte betrifft. Da diese Voraussetzungen je nach Verwaltungsangelegenheit unterschiedlich sein können, würde es sich anbieten, im VStG nur eine allgemeine Ermächtigung zu schaffen, die es erlaubt, in den jeweiligen Materiengesetzen, etwa der StVO, die Erlassung von Anonymverfügungen bzw. Strafverfügungen auf Grund automatischer Überwachungen durch Private zuzulassen.
In § 49a bzw § 47 VStG könnte es also etwa heißen: „Inwieweit die Erlassung einer Anonymverfügung (Strafverfügung) auch dann zulässig ist, wenn die Anzeige auf einer automatischen Überwachung beruht, bestimmen die Verwaltungsvorschriften.“ In der StVO müssten dann die prinzipielle Zulässigkeit von Anonym- und Strafverfügungen auf Grund automatischer Überwachungen und allfällige Voraussetzungen für die eingesetzten Personen und Messgeräte normiert werden.

b) Änderung der StVO
Eine andere Möglichkeit bestünde darin, in der StVO eine ausdrückliche Ermächtigung dafür zu schaffen, Private – generell oder für bestimmte Aufgaben – zu Organen der Straßenaufsicht zu bestellen.33 Diese wären dann einerseits Organe der öffentlichen Aufsicht im Sinn des § 49a (und § 47) VStG,34 anderseits wären von ihnen durchgeführte automatische Überwachungsmaßnahmen – als behördliche (Hilfs-)Tätigkeiten – jedenfalls unter den Begriff „automatische Überwachung“ im Sinne dieser Bestimmungen zu subsumieren, ohne dass es einer Änderung des VStG bedürfte.35
Allerdings könnten die Organe nur von der (zur Handhabung der Verkehrspolizei) zuständigen Behörde eingesetzt werden; den Gemeinden kommt diese Zuständigkeit, wie oben ausgeführt, in der Regel nicht zu. Zusätzlich könnte daher überlegt werden, durch eine Änderung des § 94c StVO die Landesregierung zu ermächtigen, die Zuständigkeit zur Handhabung der Verkehrspolizei oder zu einzelnen Aufgaben im Rahmen der Verkehrspolizei Gemeinden auch dann zu übertragen, wenn sie über keinen Gemeindewachkörper verfügen.

Fußnoten:
1 Der Beitrag spiegelt ausschließlich die persönliche Meinung der Autorin wider.
2 Vgl. dazu insbesondere Öhlinger, Überlegungen zu den rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen einer Verkehrsüberwachung durch Private, ZVR 1992, 144; Stolzlechner, Möglichkeiten und Grenzen der Übertragung staatlicher Gefahrenabwehraufgaben auf private Sicherheitsunternehmen, in: Stolzlechner/Stober (Hrsg.), Übertragung von Aufgaben der staatlichen Gefahrenabwehr auf private Sicherheitsunternehmen (2002) 27 (31 ff).
3 Denen gemäß § 100 Abs. 7 StVO die eingehobenen Strafgelder zufließen.
4 Vgl. die Legaldefinition des § 94b Abs. 1 lit a StVO.
5 Das ist idR die BH, in Städten mit eigenem Statut (außer Wien) der Bürgermeister (Dittrich/Stolzlechner, Straßenverkehrsordnung, § 94b Rz 2) – und nicht der Magistrat (unrichtig Messiner, StVO10 [1999] § 94b Anm. 2; Pürstl/Somereder; StVO11 [2003] § 94b Anm. 2; 713 BlgNR 20. GP, 17) –, in Wien der Magistrat (Dittrich/Stolzlechner, aaO Rz 3).
6 Von den Städten mit eigenem Statut sind demnach nur Krems und Waidhofen an der Ybbs zur Handhabung der Verkehrspolizei zuständig; alle anderen Statutarstädte liegen innerhalb des örtlichen Wirkungsbereichs einer BPolDion (§ 1 BPolDion-V BGBl II 1999/56). Die sog Rückübertragung bestimmter Angelegenheiten von den in diesen Statutarstädten bestehenden BPolDionen auf die jeweilige Stadt gemäß § 95 Abs. 1a StVO betrifft lediglich die Ausübung des Verwaltungsstrafrechts (in Angelegenheiten des ruhenden Verkehrs und der Gehsteigbenützung), ist also hier nicht von Bedeutung.
7 § 95 Abs. 2 StVO, wonach die BPolDionen die ihnen obliegenden Aufgaben nicht auf die Gemeinde übertragen dürfen, hat spätestens seit der Aufhebung des § 94 Abs. 3 StVO (betreffend die Delegierungsmöglichkeit der BezVBeh) durch den VfGH im Jahr 1968 (VfSlg 5697) keine Bedeutung mehr (siehe dazu etwa Pürstl/Somereder, aaO [FN 5] § 95 Anm. 6).
8 So Riccabona-Zecha, Gemeinden im Kampf gegen Raser, Kommunal 9A/2006, 106 (107).
9 Vgl. z. B. Raschauer, Grenzen der Wahlfreiheit zwischen den Handlungsformen der Verwaltung im Wirtschaftsrecht, ÖZW 1977, 1 (3 f); s auch Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung (1993) 36.
10 Hier: das (überörtliche) Interesse der Wahrung der Sicherheit des Verkehrs durch Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
11 Dies berührt grundsätzliche Fragen der Abgrenzung von Hoheitsverwaltung und Privatwirtschaftsverwaltung, denen im Rahmen dieses Beitrags nicht nachgegangen werden kann.
12 Siehe z. B. Adamovich/Funk/Holzinger, Österreichisches Staatsrecht I (1997) Rz 19.053 ff.
13 So im Ergebnis auch Stolzlechner, aaO (FN 2) 33. Auch der VwGH (Erk vom 14. 6. 2005, Zl 2004/ 02/0393, ZUV 2005/280, 167) hat in einem Verfahren betreffend einen Strafbescheid, dessen Feststellungen sich auf eine private Radarmessung gegründet hatten, keine grundsätzlichen Bedenken gegen private Radarmessungen geäußert. Zur dienstrechtlichen Unvereinbarkeit der nebenberuflichen Tätigkeit eines Gendarmeriebeamten als „Vermieter, Vermittler und Auftragsdienstleister von mobilen, elektronischen und digitalisierten Verkehrsmessgeräten“ vgl. das Erk des VwGH vom 31. 1. 2006, Zl 2005/12/0147.
14 Die gleiche Frage stellt sich in Bezug auf Strafverfügungen gemäß § 47 VStG; diese sollen wegen der geringeren praktischen Relevanz bei Anzeigen auf Grund automatischer Überwachung hier nicht eigens behandelt werden, das zu den Anonymverfügungen Gesagte gilt aber sinngemäß auch für Strafverfügungen.
15 BGBl 516.
16 133 BlgNR 17. GP, 10.
17 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (FN 16) erwähnen nur die „Organe der öffentlichen Sicherheit“.
18 Das Problem der Substituierung menschlichen Handelns durch „Automaten“ war Mitte der 1980er Jahre von besonderer Aktualität; vgl. die Kontroverse zwischen Duschel, Rechtswirksamkeit von Computerstrafverfügungen, ZVR 1986, 289, und Szymanski, Computerstrafverfügungen – Maschinenjustiz oder angemessenes Hilfsmittel zur Bewältigung der Verfahrensmassen, ZVR 1986, 361, ferner die divergierenden Erk VwSlg 12.333 A/ 1986 und VfSlg 11.590/1987 sowie zu diesen Holzinger, Der „Computerbescheid“ in der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, FS Rosenzweig (1988) 193.
19 Anzeige auf Grund dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht (§ 49a Abs. 2 Z 1 VStG) bzw. auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung eines Gerichts, einer Verwaltungsbehörde, eines Organs der öffentlichen Aufsicht oder einer Militärwache oder auf Grund eines vor ihnen abgelegten Geständnisses (§ 47 Abs. 1 VStG).
20 Gemeint sind Organe im funktionellen Sinn, also Organe, die im Namen einer Behörde tätig werden, mögen sie auch nicht in die Verwaltungsorganisation eingegliedert sein. Das können auch Private sein, die zu Organen der Straßenaufsicht bestellt werden (sofern eine solche Bestellung überhaupt zulässig ist; zu dieser Problematik s FN 33); sie führen die Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften dann nicht „privat“, sondern als (Hilfs-)Organe der zuständigen (Straßenpolizei-)Behörde durch.
21 Vgl. in diesem Zusammenhang auch den – bis heute unverändert in Geltung stehenden – § 13 Abs. 2 Z 2 des Maß- und Eichgesetzes (MEG) BGBl 1950/152 idF BGBl 1973/174, wonach „Meßgeräte zur Bestimmung der Geschwindigkeit“ dann der Eichpflicht unterliegen, „wenn sie … bei straßenaufsichtsbehördlichen Kontrollen verwendet oder bereitgehalten werden“ (Hervorhebung nicht im Original). Eine Kontrolle (Überwachung) des fließenden Verkehrs durch Private dürfte es im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1987 noch gar nicht gegeben haben; Rechtsvorschriften, die eine solche regelten oder auf sie Bezug nehmen, existierten jedenfalls nicht. Erst im Jahr 1997, also zehn Jahre später, wurde die Umschreibung der Tätigkeiten des Bewachungsgewerbes in § 254 (jetzt § 129) GewO 1994 durch die Novelle BGBl I 1997/63 um die „Überwachung der Einhaltung der für den Personen- und Fahrzeugverkehr geltenden Rechtsvorschriften“ ergänzt. Eine Antwort auf die Frage, ob solche Überwachungen privat(wirtschaftlich) oder nur auf Grund von Beleihungen – also hoheitlich – erfolgen können, lässt sich dieser gewerberechtlichen Vorschrift aber voraussetzungsgemäß nicht entnehmen.
22 Vgl. z. B. Messiner, Die Anonymverfügung, ZVR 1988, 15: § 49a sei „einzig und allein zur Bewältigung der mit ,Verkehrsdelikten‘ […] zusammenhängenden Verfahrensmassen geschaffen“ worden; vgl. auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (FN 16), die als (einziges) Beispiel für automatische Überwachungen Radarkontrollen nennen.
23 Vgl. etwa die zahlreichen Beispiele bei B. Davy, Gefahrenabwehr im Anlagenrecht (1990) 27 f.
24 Vgl. in diesem Zusammenhang auch VwGH 18.11.2003, Zl 2001/03/0297, ZVR 2005/22, 62 = ÖJZ VwGH A 2005/176, 771, zur Verwertung der Ergebnisse eines nicht geeichten computer- und videogestützten Abstandsmessgeräts.
25 S auch Stolzlechner, aaO (FN 2) 37 f, der Anonym- und Strafverfügungen auf Grund privater Messungen (nur) dann für zulässig hält, wenn sie mit einem „funktionstüchtigen Überwachungsgerät“ und durch eine „geschulte Person“ durchgeführt werden, allerdings stillschweigend übergeht, dass das Gesetz derartige Voraussetzungen nicht vorsieht.
26 Einen (der eigenen dienstlichen Wahrnehmung gleichwertigen) „sicheren Beweis“ (Riccabona-Zecha, aaO [FN 8] 108) liefert die automatische Überwachung nämlich nur dann, wenn sichergestellt ist, dass das verwendete technische Gerät ordnungsgemäß bedient wird, Manipulationen ausgeschlossen sind udgl., und gerade dafür ist es nicht unerheblich, wer die Überwachung durchführt.
27 So z. B. Stolzlechner, aaO (FN 2) 37 f, der allerdings selbst in einem wesentlichen Punkt über den Gesetzeswortlaut hinausgeht (vgl. FN 25).
28 So Riccabona-Zecha, aaO (FN 8) 108.
29 So Riccabona-Zecha, aaO (FN 8) 107.
30 So auch das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 2. September 2005, GZ BKA-601.468/0012-V/1/2005.
31 Medienberichten zufolge wurden etwa in Graz nach einer mehrmonatigen Pause private Radarmessungen wieder aufgenommen, weil sich die „Rechtsmeinung durchgesetzt“ habe, dass auch auf Grund solcher Messungen Anonymverfügungen erlassen werden dürften.
32 Da eine Anonymverfügung mit der Verweigerung der Bezahlung des Strafbetrages gegenstandslos wird, kann die Zulässigkeit ihrer Erlassung auch nicht durch die Rechtsprechung geklärt werden. Im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren kann sich zwar die Frage stellen, ob die Ergebnisse der privaten Radarmessung als Beweismittel verwertet werden dürfen (was der VwGH in dem in FN 13 zitierten Erk Zl 2004/02/0393 bejaht hat), die Frage der Rechtmäßigkeit der Anonymverfügung selbst stellt sich jedoch nicht mehr. Gleiches gilt für Strafverfügungen, da diese mit der Erhebung eines Einspruchs gemäß § 49 VStG ex lege außer Kraft treten.
33 Nach einer von Teilen des Schrifttums (z. B. Messiner, aaO [FN 5] § 97 Anm. 1) vertretenen Ansicht wäre eine solche Bestellung Privater schon auf Grund der geltenden Rechtslage zulässig. Die gesetzliche Grundlage dafür erblicken die Vertreter dieser Meinung in § 97 Abs. 1 StVO, genauer gesagt im Wort „insbesondere“; aus dem Umstand, dass die Aufzählung der Organe der Straßenaufsicht in § 97 Abs. 1 StVO nicht abschließend ist, wird geschlossen, dass auf Grund dieser Bestimmung auch Privatpersonen bestellt werden können. Andere Autoren (z. B. Pürstl/Somereder, aaO [FN 5] § 97 Anm. 2; Dittrich/Stolzlechner, aaO [FN 5] § 97 Rz 1) sind dieser – ahistorischen (vgl. FN 35) und systematisch inkonsistenten (vgl. die ausdrückliche Ermächtigung des § 97 Abs. 3 StVO, wonach die Betrauung von „anderen geeigneten Personen“ als den Organen der Straßenaufsicht mit der Regelung des Verkehrs nur unter engen Voraussetzungen zulässig ist) – Auffassung zu Recht entgegengetreten; so schreiben z. B. Dittrich/Stolzlechner: „Organe der Straßenaufsicht sind Organwalter mit einer dienstrechtlich begründeten Organstellung (Beamter, Vertragsbediensteter) und mit dem ausdrücklichen Auftrag zur Straßenaufsicht“.
34 Vgl. die Erläuterungen zur EGVG-Novelle BGBl 1977/232 (438 BlgNR 14. GP, 10), die als Beispiel für Organe der öffentlichen Aufsicht explizit auch die Straßenaufsichtsorgane nennen.
35 Einige Landesgesetze sehen die Bestellung von Privaten zu Organen der Straßenaufsicht ausdrücklich vor, so z. B. das Salzburger Landes-Wacheorganegesetz, LGBl 1977/66 idF LGBl 2001/46, und das Kärntner Parkraum- und Straßenaufsichtsgesetz, LGBl 1996/55 idF LGBl 2005/13. Das entspricht dem Konzept, das in den Erläuterungen zu § 97 Abs. 1 StVO (22 BlgNR 9. GP, 71 f) zum Ausdruck kommt und mit dem sich auch das Wort „insbesondere“ im Gesetzestext erklären lässt: Danach würde die Regelung weiterer Straßenaufsichtsorgane zur Gänze den Ländern im Rahmen ihrer Organisations(gesetzgebungs)kompetenz obliegen. ME sprechen aber die besseren Gründe dafür, dass die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Tätigkeit von Privaten als Organe der Straßenaufsicht in die Zuständigkeit des Bundes auf Grund seiner Gesetzgebungskompetenz in Angelegenheiten der Straßenpolizei (Art. 11 Abs. 1 Z 4 B-VG) fällt; den Ländern müsste es hingegen überlassen bleiben, das Innenverhältnis zwischen den Organen und der zuständigen Behörde zu regeln (vgl. allgemein zur – schwierigen – Abgrenzung von Organisations- und Materiengesetzgebung VfSlg 8466/ 1978).

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