Wiener Neustadt: Niederösterreichs größte Einkaufsstadt vermarktet ihre Vielfalt!

Wiener Neustadt: Niederösterreichs größte Einkaufsstadt vermarktet ihre Vielfalt!

Vor mittlerweile drei Jahren hat sich in der zweitgrößten Stadt Niederösterreichs eine breite Stadtmarketing-Plattform gebildet. Im Gegensatz zu vielen anderen Städten versucht man eine gemeinsame Vermarktung von Innenstadt und Peripherie. Die ersten Erfolge stellten sich schon bald ein: ein regelmäßig erscheinendes Shopping-Magazin sorgt für Frequenz, ein Einkaufsgutschein für mehr als 200 Geschäfte für Kaufkraftbindung.

 

Es ist noch keine fünf Jahre her, da war der Außenauftritt des Einzelhandels in Wiener Neustadt geprägt von Grabenkämpfen und Streitigkeiten. Es gab zwei Vereine von Innenstadt-Unternehmern, die sich gegenseitig „Nettigkeiten“ über die Medien ausrichteten. Dazu kamen jene Wirtschaftstreibenden, die in keiner dieser Vereinigungen organisiert waren, „weil beide nix weiterbringen und sowieso alles keinen Sinn mehr hat“. Das einzig Integrierende waren die beiden gemeinsamen „Feinde“ – die Stadtgemeinde und die Einkaufszentren an der Peripherie. Ersterer wurde vorgeworfen, dass der innerstädtische Handel durch eine verfehlte Verkehrspolitik und Genehmigungen für Zentren am Stadtrand zugrunde gerichtet wird. Und die EKZ waren ohnehin an allem schuld.

Schaffung neuer Strukturen
Im Jahr 2002 wurde seitens der Stadt erkannt, dass nur ein gemeinsames Vorgehen den Status Wiener Neustadts als größte und wichtigste Einkaufsstadt Niederösterreichs für die Zukunft gewährleisten kann. Durch die Gründung einer eigenen Stelle für Stadtmarketing im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit des Rathauses ist eine zentrale Anlaufstelle für Probleme und Anliegen der Unternehmer entstanden, die eine Lobbying- und Netzwerk-Funktion im positivsten Sinne des Wortes ausübt.
Gleichzeitig erfolgte innerhalb der Unternehmerschaft ein Umdenken, das eine Zusammenarbeit der beiden Innenstadt-Vereinigungen mit der Wirtschaftskammer und der Stadt ermöglichte. Damit wurden alle Entscheidungen und Maßnahmen auf viel breiterer Basis getroffen und auch in der Öffentlichkeit besser und professioneller kommuniziert. Das öffentliche „Raunzen“ gehörte (mit wenigen Ausnahmen) der Vergangenheit an und sorgte für eine bessere Stimmung – ein erstes Etappenziel war geschafft.
In dieser Aufbauphase wurde der gesamte Prozess 1,5 Jahre vom externen Berater Hans Erwin Draxler begleitet, der wichtige Inputs in Sachen systematischer Problemanalyse und Abstecken der zukünftigen Strategien leistete.
Der nächste Schritt war eine Öffnung hin zu den Handelszentren und/oder Einzelbetrieben an der Peripherie. Seit Herbst 2004 sind auch diese Betriebe Mitglieder des nun gemeinsam auftretenden Stadtmarketings und leisten ihren Beitrag in Form von Mitgliedsbeiträgen.

Entwicklung der Dachmarke „NEU in der STADT“
Diese neuen Strukturen machten es möglich, dass gemeinsam mit einer Wiener Neustädter Werbeagentur ein Dachmarkenkonzept für die gesamte Stadt ausgearbeitet werden konnte. Unter der Trademark „NEU in der STADT“ entstand ein Corporate Design, mit dem seit mittlerweile zwei Jahren alle Werbemittel des Stadtmarketings (aber auch Kulturveranstaltungen u. a.) gestaltet werden. Grundaussage der Dachmarke ist die „Vielfalt“ der Einkaufsstadt Wiener Neustadt. Es soll damit gelingen, das gesamte Einzugsgebiet (von Baden bis Neunkirchen, vom Semmering bis zum Neusiedlersee, von Wiener Neustadt bis zum Wechsel etc.) anzusprechen. Dass dies nicht nur mit dem Angebot in der Innenstadt zu schaffen ist, liegt auf der Hand. Ziel muss es sein, Einkäufer in das Zentrum zu bringen, die wegen den Einkaufszentren nach Wiener Neustadt gekommen sind.

Die ersten Werbemaßnahmen
Die ersten Maßnahmen, die unter dem Dach „NEU in der STADT“ gesetzt wurden, waren ein vier Mal jährlich erscheinendes Shopping-Journal, das in einer Auflage von 110.000 Stück erscheint, sowie eine große Plakatkampagne im Frühjahr 2005. Die Plakate waren im gesamten Einzugsgebiet der Stadt affichiert und sorgten in den „Konkurrenz-Städten“ (z. B. Baden und Eisenstadt) für großes Aufsehen.
Weiters wurden Schritt für Schritt alle Veranstaltungsbewerbungen unter das Dach gestellt, wodurch ein großer Multiplikator entstanden ist. Um den Konnex zwischen der Innenstadt und den Einkaufszentren (v. a. „Fischapark“) noch zu verstärken, gab es punktuelle Kooperationen bei Veranstaltungen.

Der gemeinsame Einkaufsgutschein
Das erfolgreichste Werbe- und Marketinginstrument des Wiener Neustädter Stadtmarketings war mit Sicherheit die Einführung eines gemeinsamen Einkaufsgutscheins im Herbst 2005. Binnen kürzester Zeit konnten die mittlerweile mehr als 200 Mitglieder der Plattform motiviert werden, bei dem Projekt mitzuarbeiten. Mit Stand Oktober 2006 kann der Gutschein in rund 250 Geschäften (Innenstadt, Peripherie, Einkaufszentren) und mehr als 30 Branchen eingelöst werden.
Ein Erfolgsgarant des „NEU in der STADT“-Gutscheins war die Kooperation mit den Wiener Neustädter Banken, die sich bereit erklärten, den Gutschein sowohl zu verkaufen als auch von den beteiligten Unternehmern ohne Kosten wieder einzulösen.
All diese Faktoren führten dazu, dass seit der Einführung des Gutscheins Ende Oktober vorigen Jahres rund 65.000 Stück à 10 Euro verkauft sind. Das heißt im Umkehrschluss, dass innerhalb eines Jahres Kaufkraft im Ausmaß von 650.000 Euro in der Stadt gebunden werden konnte. Eine Zahl, die sich in jedem Fall sehen lassen kann und den Erfolg des Marketing-Tools hervorragend dokumentiert.
Bei der Einlöse-Zahlen des Gutscheins zeigt sich, dass nicht nur die großen Ketten profitieren, sondern auch sehr viele Innenstadtgeschäfte. Vor allem nach Weihnachten und nach Ostern waren Jugendgeschäfte in den Rankings ganz vorne zu finden.

Die Stoßrichtung der Bewerbung
Die Werbe- und Marketingaktivitäten von „NEU in der STADT“ haben wie bereits erwähnt eine Hauptstoßrichtung – die Vielfalt des Angebotes in der Stadt Wiener Neustadt. Die potenziellen Kunden sollen darauf hingewiesen werden, dass sie in Wiener Neustadt alles bekommen – von A wie Auto bis Z wie Zahnpasta.
Damit wird klar gemacht, dass die Kunden aller Altersgruppen mit großen wie kleinen Geldbörseln egal welchen Geschlechts in der Stadt einkaufsmäßig gut aufgehoben sind.
Diese Bewerbung soll Wiener Neustadt vor allem in der Konkurrenzsituation mit den anderen Bezirkshauptstädten – aber auch mit der burgenländischen Landeshauptstadt Eisenstadt – Vorteile bringen.
Und nicht zuletzt ist es für die Stadt Wiener Neustadt immens wichtig, gegen die großen Zentren in der näheren Umgebung, wie die „Shopping City Süd“, das Outlet in Parndorf oder das neu entstandene Outletcenter „Leoville“ in Leobersdorf zu bestehen.
Man sieht also, dass sich Wiener Neustadt in einem großen Spannungsfeld befindet. Ein Spannungsfeld, in dem die Stadt nur dann erfolgreich bestehen kann, wenn sie ihren Kunden ein umfassendes Angebot bietet. Ein Angebot, das in Wiener Neustadt zwar vorhanden, aber manchem potenziellen Kunden vielleicht nicht bekannt ist. Und genau deshalb ist die Kommunikation der Vielfalt Wiener Neustadts der wesentlichste Punkt der Kampagnen.

Infrastrukturelle Maßnahmen
Gemeinsam mit der Stadtgemeinde wurden zusätzlich einige infrastrukturelle Maßnahmen und Projekte durchgeführt. So konnten zum Beispiel zahlreiche „Werbevitrinen“ in den Fußgängerzonen entfernt werden, die absolut nicht mehr zeitgemäß sind und den Kundenfluss bzw. die Sicht auf die Geschäftsauslagen behindern. Außerdem wurde vor kurzem eine Arbeitsgruppe zur Neugestaltung des Marktes am Hauptplatz ins Leben gerufen, die sich nicht nur um den Außenauftritt der Standeln, sondern auch um Fragen des Straßenverkehrs bzw. der zukünftigen Gestaltung der Laubengänge kümmern soll.
Die Ausarbeitung eines neuen Verkehrsleitsystems wurde zwar begonnen, kann im Moment aus finanziellen Gründen jedoch nicht finalisiert werden.

Finanzierung
Womit ein ganz wichtiger Punkt angesprochen ist – das „liebe Geld“. Stadtmarketing finanziert sich in Wiener Neustadt aus drei Töpfen. Der größte Brocken wird seitens der Stadt Wiener Neustadt beigesteuert, die pro Jahr rund 200.000 Euro für das Stadtmarketing als Direktförderung bereitstellt. Dazu kommen die Mitgliedsbeiträge der einzelnen Unternehmer, die sich momentan auf ca. 60.000 Euro belaufen.
Mit diesen 260.000 Euro werden folgende Dinge finanziert: Weihnachtsbeleuchtung, „Sommerkinotraum“ (Open Air-Kino am Hauptplatz), alle Werbeaktivitäten, Overhead-Kosten für den Gutschein (Nachdruck, Folder etc.) sowie die Vereinsorganisation.
In den letzten beiden Jahren ist es auch gelungen, aus den Fördermitteln von „NAFES“ (Förderung des Einzelhandels im Bundesland Niederösterreich) Geld zu lukrieren. So wurde die Einführung der Dachmarkenkampagne „NEU in der STADT“ mit rund 27.000 Euro und die Einführung des Einkaufsgutscheins mit 7.000 Euro gefördert.
Dazu kommen noch rund 60.000 Euro, die seitens der Stadt in Stadtmarketing-ähnliche Dinge investiert werden – dies sind vor allem Informationsbroschüren und andere Werbemittel, Veranstaltungssubventionen oder die Anstrahlung von Sehenswürdigkeiten.

Die Zukunft
Das Wiener Neustädter Stadtmarketing befindet sich im Moment wieder vor einem entscheidenden Schritt. Die Stadt Wiener Neustadt ist gerade dabei, eine „Kultur Marketing und Event GmbH“ zu gründen, die ab Jänner 2007 ihren Betrieb aufnehmen wird. Diese GmbH ist als Betriebsgesellschaft für den gesamten Kultur-, Veranstaltungs- und Stadtmarketing-Bereich konzipiert und soll das Aufgabengebiet weiter professionalisieren. Es werden Synergien zwischen Kultur und Stadtmarketing besser genutzt und durch die privatwirtschaftliche Organisation des gesamten Veranstaltungsbereiches kommt es zu einem besser planbaren Einsatz der Finanzmittel. Gleichzeitig wird es in Zukunft leichter sein, mit privaten Sponsoren zusammenzuarbeiten. In der Zusammenarbeit mit den Unternehmern wird sich durch diese Umorganisation nicht sehr viel Wesentliches verändern, außer dass der städtische Ansprechpartner dann in einer GmbH sitzt, die im 100%igen Eigentum der Stadt Wiener Neustadt steht.
Auch personell wird das Wiener Neustädter Stadtmarketing in neue Hände gelegt: Martin Hesik hat die Agenden schon im Juli 2006 übernommen und wird in der neuen GmbH die Geschicke leiten und damit wieder einen Innovationsschub geben.

Fazit
Wiener Neustadt hat im Stadtmarketing ähnliche Probleme wie viele andere Städte auch. Der innerstädtische Handel der Klein- und Mittelunternehmer kommt zusehends unter Druck. Das Stadtmarketing Wiener Neustadt geht jedoch – im Gegensatz zu den anderen Städten – einen differenzierten Lösungsweg. Auch wenn die Innenstadt weiterhin im Zentrum aller Bemühungen und auch der Kampagnen steht, wurden die Handelsagglomerationen am Stadtrand ins Stadtmarketing integriert und werden ebenfalls vermarktet. Damit will die Stadt ihren Status als größte Einkaufsstadt Niederösterreichs und Kundenmagnet auch für die Burgenländer erhalten und in den nächsten Jahren vielleicht sogar noch ausbauen. Erste erfolgreiche Schritte in diese Richtung sind getan. Durch die Gründung einer neuen „Kultur Marketing und Event GmbH“ soll der Weg nun erfolgreich fortgesetzt werden!

Städtebund-Linktipps:
www.neuinderstadt.at
www.wiener-neustadt.at

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