Altenpflege in Oberösterreich – viel erreicht, viel zu tun

Altenpflege in Oberösterreich – viel erreicht, viel zu tun

Alte Menschen in Oberösterreich haben es gut. Es gibt dank der gemeinsamen Anstrengungen der Sozialhilfeverbände und der Statutarstädte – also der Gemeinden – mit dem Land ein gut ausgebautes Angebot an Plätzen in Alten- und Pflegeheimen. Die Qualitätsstandards hinsichtlich der baulichen und personellen Ausstattung dieser Heime werden vergleichsweise höchsten Ansprüchen gerecht. Der Bereich der mobilen Angebote wird künftig noch stärker forciert und berücksichtigt.

 

Rechtliche Grundlagen und Historie
Die Pflegevorsorge ist seit 1. Juli 1993 bundeseinheitlich geregelt. Diese Regelung besteht aus einer gemeinsamen Vereinbarung des Bundes und der neun Bundesländer nach Artikel 15a Bundesverfassungsgesetz (B-VG), einem Bundespflegegeldgesetz und neun gleichlautenden Landespflegegeldgesetzen. Die „15a-Vereinbarung“ enthält unter anderem den Auftrag, bis zum Jahr 2010 in drei Etappen (2000, 2005, 2010) eine flächendeckende Versorgung mit stationären, teilstationären und mobilen Diensten aufzubauen, sowie die Verpflichtung zur regelmäßigen Berichterstattung, unter anderem durch die Erstellung und Evaluierung von Bedarfs- und Entwicklungsplänen.
In Oberösterreich wurde 1996 nicht nur die für die stationäre Altenbetreuung sehr wichtige Oö. Alten- und Pflegeheimverordnung beschlossen, sondern auch der Bedarfs- und Entwicklungsplan (BEP) verfasst. Wesentliche Eckpfeiler der Oö. Alten- und Pflegeheimverordnung sind die allgemeinen Bestimmungen über die Aufgaben der Heime, wobei sich die in den Heimen zu leistende Grundversorgung der Bewohnerinnen und Bewohner an durchschnittlichen Privathaushalten orientiert, und die Festlegung eines Mindestpersonalschlüssels. Der Bedarfs- und Entwicklungsplan analysiert den gegenwärtigen und zukünftigen Bedarf an Dienstleistungen auf Basis definierter Standards, um durch einen Soll-Ist-Vergleich Versorgungslücken aufzuzeigen und eine entsprechende Maßnahmen- und Finanzplanung des Landes zu ermöglichen. Oberösterreich war im Februar 1997 übrigens eines der ersten Bundesländer, das einen BEP gemäß der genannten 15a-Vereinbarung vorlegte. Dieser BEP wurde mittlerweile neu konzipiert und ist derzeit Inhalt eines Diskussionsprozesses mit den Sozialhilfeverbänden.
Nach dem Oö. Sozialhilfegesetz von 1998 (Oö. SHG 1998) ist es die Aufgabe der sogenannten regionalen Sozialhilfeträger – also der Sozialhilfeverbände und der Städte mit eigenem Statut –, dafür zu sorgen, dass für (vorwiegend altersbedingt) pflegebedürftige Personen ausreichend Pflege- und Betreuungsangebote zur Verfügung stehen.
Diese Pflege- und Betreuungsangebote umfassen im Wesentlichen

- Alten- und Pflegeheime (APHs) inkl. Kurzzeitpflege und Tagesbetreuung,
- betreubares Wohnen,
- Mobile Betreuung und Hilfe (MBH) sowie die
- Hauskrankenpflege (HKP).

Der Ausbau und teilweise der Betrieb dieser Angebote wird vom Land Oberösterreich gefördert: so sind an Investitionsförderungen für die Errichtung bzw. Sanierung von Alten- und Pflegeheimplätzen im heurigen Sozialbudget rund 11 Millionen Euro veranschlagt, zu den laufenden Nettokosten der Mobilen Betreuung und Hilfe steuert das Sozialressort 50% bei, bei der Hauskrankenpflege übernimmt das Gesundheitsressort gar 100%.

Altenpflegeangebote im Detail
Alten- und Pflegeheime
Mit Stichtag 1. Jänner 2006 gibt es in Oberösterreich 114 anerkannte Alten- und Pflegeheime mit insgesamt 11.535 (Norm-)Plätzen, von denen zum Stichtag 11.285 bewohnt sind. Die Differenz zwischen vorhandenen und bewohnten Plätzen ergibt sich aus verschiedenen Gründen; so werden aus Pietätsgründen nach einem Todesfall freigewordene Plätze nicht unmittelbar anschließend vergeben, Zweipersonenwohneinheiten werden als Einpersonenwohneinheiten genützt und Ähnliches. Neben den Normplätzen verfügt eine Reihe der Heime über Kurzzeitpflegeplätze. Zur Zeit stehen insgesamt 222 fix gewidmete Kurzzeitpflegeplätze zur Verfügung, 20 Heime bieten darüber hinaus zusätzlich, weitere 19 Heime ausschließlich variable Kurzzeitpflegeplätze an. Ebenfalls nicht inkludiert in der Zahl der Normplätze sind die 200 Plätze, die für eine Tagesbetreuung (die im geringen Ausmaß auch außerhalb von Alten- und Pflegeheimen angesiedelt sind) eingerichtet sind.
Diese Normplätze müssen den Qualitätsstandards der oberösterreichischen Alten- und Pflegeheimverordnung entsprechen, die unter anderem einen neunzigprozentigen Anteil an Einzelwohneinheiten – Einzelzimmer mit eigenem Vorraum, Bad und WC – vorsehen. Jene Heime, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, werden nach und nach umgebaut oder durch neue ersetzt. Alleine seit September 2003 wurden in Oberösterreich sechs neue Alten- und Pflegeheime mit insgesamt 555 Normplätzen in Betrieb genommen, weitere vier Heime mit insgesamt 394 Normplätzen wurden umgebaut bzw. saniert.
Dadurch werden die Vorgaben der Alten- und Pflegeheimverordnung hinsichtlich des Angebots an Einpersonenwohneinheiten bereits jetzt in hohem Maße erfüllt: nur mehr 25% der gesamten Normplätze befinden sich in Zwei- oder Mehrpersonenwohneinheiten, oder anders: drei Viertel aller Normplätze sind Einzelwohneinheiten. Der Ausbau bzw. die Sanierung gehen aber weiter: zur Zeit werden 14 Alten- und Pflegeheime mit insgesamt 1.381 Normplätzen gebaut bzw. saniert. Die bauliche Offensive umfasst auch den Bereich des betreubaren Wohnens. Von 1.745 derzeit in Betrieb befindlichen betreubaren Wohnungen wurden 588 seit Beginn dieser Legislaturperiode errichtet, weitere 370 befinden sich in Bau.
Schwerpunkt der Sozialplanung war und ist eine stete Verbesserung der Regionalisierung der Angebote, um den Menschen auch bei der Übersiedlung ins Heim einen Verbleib in der gewohnten Umgebung zu ermöglichen. Von den 11.285 Heimbewohnerinnen und -bewohnern stammen 6.334 aus der Standortgemeinde des Heimes, in dem sie leben. Somit musste nicht einmal jede/jeder Zweite anlässlich der Übersiedlung ins Heim ihre/seine Heimatgemeinde verlassen, nur durchschnittlich jede zehnte Heimbewohnerin/jeder zehnte Heimbewohner stammt nicht aus dem Standortbezirk des Heimes.
79% aller Heimbewohnerinnen und -bewohner sind übrigens Frauen, und mehr als zwei Drittel sind über 81 Jahre alt. Das Durchschnittsalter beträgt 82,9 Jahre, wobei eine immer deutlichere Verschiebung zu einem höheren Durchschnittsalter bemerkbar ist. Neben dieser Verschiebung ist eine weitere Entwicklung auffällig: der steigende Anteil höherer Pflegegeldeinstufungen. Während der Anteil an Heimbewohnerinnen und -bewohnern mit keiner bzw. einer niedrigeren Pflegegeldeinstufung (= niedrigerer Pflege- und Betreuungsbedarf) in den letzten zwölf Jahren stark gesunken ist (kein Pflegegeld bis Stufe 2 von 55,5 auf 23,5%), ist der Anteil jener, die eine höhere Pflegegeldeinstufung (= höherer Pflege- und Betreuungsbedarf) erhalten haben, stark gestiegen (PG 5–7 von 14,8 auf 34%). Das ist vor allem den zahlreichen, in diesem Zeitraum geschaffenen zusätzlichen Pflege- und Betreuungsangeboten (Mobile Dienste, Betreubares Wohnen) zuzuschreiben, die es den älteren, weniger pflegebedürftigen Menschen erlauben, länger aktiv zu bleiben und solange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu leben.

Mobile Dienste
Mobile Dienste, von denen wir hier schreiben, sind die Mobile Betreuung und Hilfe (MBH) und die Hauskrankenpflege (HKP). Rund 20.000 Menschen haben 2005 einen der mobilen Dienste in Anspruch genommen – rund 60% Mobile Betreuung und Hilfe, 40% die Hauskrankenpflege. Davon bezogen insgesamt 14.544 Pflegegeld (9.329 bei der MBH, 5.215 bei der HKP), also beinahe drei Viertel. Auch dieses Angebot wird zu einem großen Teil (rund 70% gesamt, beinahe drei Viertel bei der MBH, zwei Drittel bei der HKP) von Frauen beansprucht.

„Mobil vor stationär“ – stark gestiegene Hausbesuche
Der Strategie „mobil vor stationär“ zur Erfüllung des häufigsten Wunsches der alten Menschen, nämlich solange wie möglich zu Hause zu bleiben, wurde in den letzten zwölf Jahren verstärkt Rechnung getragen. Das belegt eindrucksvoll die Entwicklung der Zahlen der von den Mobilen Diensten betreuten Klientinnen und Klienten und der durchgeführten Hausbesuche. 1994 wurden noch 9.142 Klientinnen und Klienten (4.356 MBH, 4.786 HKP) betreut, davon 5.418 Pflegegeldbezieherinnen und -bezieher (2.988 MBH, 2.430 HKP). Bis 2005 ist diese Zahl also um 120% gestiegen, hat sich mehr als verdoppelt. Noch eindrucksvoller ist die Entwicklung bei der Anzahl der durchgeführten Hausbesuche. Waren es 1994 bei beiden Diensten noch 516.086 (284.194 MBH, 231.892 HKP), so hat sich die Gesamtzahl bis zum 31. Dezember 2005 auf 1.442.283 Hausbesuche beinahe verdreifacht (52,79 oder +179,47%)!

Kostenentwicklung bei Alten- und Pflegeheimen
Für das Jahr 2006 sind für alle oberösterreichischen Alten- und Pflegeheime – die grundsätzlich kostendeckend zu führen sind – Gesamtausgaben von rund 312 Millionen Euro veranschlagt. Der größte Teil dieser Ausgaben (73,2%) ist mit 228,5 Millionen Euro der Personalaufwand, nur 2,2% (7 Millionen Euro) entfallen auf die Rückzahlung der für die Errichtung von Heimen aufgenommenen Darlehen und Zinsen. Der größte Anteil bei den Heimeinnahmen sind die Heimentgelte mit 286 Millionen Euro (91,7%), davon sind 66 Millionen Euro Pflegezuschläge. Andere Einnahmen kommen aus Zusatzangeboten wie Essen auf Rädern, Rückersätze der Sozialversicherungen für Pflegeprodukte, Mieteinnahmen (z. B. Säle …), Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterverköstigung und Ähnlichem.

Was kostet ein Heimplatz?
Zu Vergleichszwecken werden die Kennzahlen „Jahresaufwand je Heimplatz“ (ausgabenseitig) und „Standardtagsatz“ (einnahmenseitig) berechnet. Der durchschnittliche Jahresaufwand je Heimplatz beträgt 27.053 Euro. Die Werte schwanken – je nach Pflegebedarf der Heimbewohnerinnen und -bewohner und dem daraus resultierenden Pflegepersonalaufwand – zwischen 19.766 Euro und 37.217 Euro. Bei 76% der Heimbewohnerinnen und -bewohner (8.572 Personen) leistet der Sozialhilfeverband Zuzahlungen, weil deren Einkommen und/oder Vermögen nicht ausreicht, um die Heimkosten zu bezahlen. 2005 hatten die oö. Sozialhilfeverbände und Statutarstädte gesamt 83,97 Millionen Euro an Nettokosten für die APHs zu verbuchen. Der Standardtagsatz – errechnet aus den Einnahmen abzüglich der Pflegezuschläge – beträgt durchschnittlich 53 Euro.

Was kosten Mobile Dienste?
Für die Mobilen Dienste übernimmt das Land Oberösterreich freiwillig 100% der Nettokosten (Gesamtkosten abzüglich der Einnahmen aus den Selbstbehalten) bei der Hauskrankenpflege und 50% der Nettokosten bei der Mobilen Betreuung und Hilfe. Für die Hauskrankenpflege sind für 2006 14.171.500 Euro Bruttokosten veranschlagt, der Landesanteil (= Nettokosten) beträgt 12.489.900 Euro. Bei der Mobilen Hilfe sind 30.318.500 Euro Bruttokosten und 25.237.300 Euro Nettokosten veranschlagt, der Landesanteil beträgt 12.618.650 Euro. Insgesamt belaufen sich die Bruttokosten der Mobilen Dienste (Mobile Betreuung und Hilfe, Hauskrankenpflege) für 2006 voraussichtlich also auf 44.490.000 Euro, die Einnahmen (aus sozial gestaffelten Selbstbehalten) werden 6.762.800 Euro betragen. Die daraus resultierenden Nettokosten werden 37.727.200 Euro betragen, wovon 25.108.550 Euro (66,55% der Netto-, rund 57% der Bruttokosten) mit Mitteln des Landes abgedeckt werden, der Rest von den Sozialhilfeverbänden.

Zukunft der Altenpflege in Oberösterreich
Der neue konzipierte Bedarfs- und Entwicklungsplan sieht eine weitere Forcierung der Mobilen Dienste vor. Oberstes Ziel bleibt es aber jedenfalls, die Angebote in der Altenpflege für alle Bevölkerungsgruppen gleich zugänglich zu halten – in regionaler wie finanzieller Hinsicht.
Die Zuzahlungen der Sozialhilfeverbände und Statutarstädte – also letztendlich der Gemeinden – und des Landes ermöglichen bereits derzeit jeder Oberösterreicherin und jedem Oberösterreicher, ein entsprechendes Angebot bei Pflegebedarf in Anspruch zu nehmen. Bei Inanspruchnahme eines Heimplatzes verbleiben den Heimbewohnerinnen und -bewohnern jedenfalls 20% der Pension und der 13. und 14. Bezug. Die Selbstbehalte bei den Mobilen Diensten sind sozial gestaffelt, sie bewegen sich zwischen Beträgen unter 1 bis maximal knapp über 20 Euro pro geleisteter Pflegestunde. Die aufgrund der demografischen Entwicklungen zu erwartenden steigenden Kosten belasten die Sozialbudgets der Gemeinden und des Landes sehr – die öffentliche Hand in Oberösterreich steht aber zu ihrer Verantwortung für ein sozial gerechtes, für jederfrau und jedermann leistbares Pflegeangebot. Der Bund muss seinen Beitrag dazu aber noch leisten, unter anderem durch eine entsprechende Valorisierung des Bundespflegegelds und der Pensionen sowie gerechtere Auszahlungsmodalitäten beim Pflegegeld – so wie es auch im Positionspapier des Städtebundes gefordert wird.

OEGZ

ÖGZ Download