Andienungspflicht hausmüllähnlicher Abfälle

Andienungspflicht hausmüllähnlicher Abfälle

Auf EU-Ebene wird aktuell über eine Revision der Abfallrahmenrichtlinie entschieden. Seitens der Wirtschaft wird dabei eine vollständige Privatisierung der gesamten Abfallwirtschaft gefordert. Das Ergebnis wäre eine auf Profite ausgerichtete „Rosinenpickerei“ bei der Entsorgung von großen, zentral anfallenden Abfallmengen und eine unverantwortliche Explosion der Müllgebühren für die Bürgerinnen und Bürger.

 

Unter anderem ist als Ziel formuliert, eine europaweite Autarkie für gemischte Siedlungsabfälle aus privaten Haushalten in der Abfallrahmenrichtlinie festzuschreiben. In einer ersten Stufe soll dabei die Verwertung und Beseitigung hausmüllähnlicher Gewerbeabfälle vollständig privatisiert werden, danach wird die sukzessive Überführung auch der Hausmüllentsorgung in privatwirtschaftliche Verantwortung angestrebt.

Rechtliche Rahmen heterogen
Soweit die klaren Forderungen der Wirtschaft und der privaten Entsorger. Bei der Darstellung der Interessen der Gebietskörperschaften in diesem Themenbereich ist vorerst zum besseren Verständnis der kommunalen Entscheidungsmöglichkeiten ein kurzer Schwenk zum rechtlichen Rahmen, besser noch, den rechtlichen Rahmen, notwendig.
Der Bundesgesetzgeber wollte es, dass die Sammlung von Siedlungsabfällen in neun durchaus unterschiedlichen Landesabfallgesetzen geregelt wird.
Das führt dazu, dass beispielsweise in der Steiermark Siedlungsabfälle aus Betrieben zwingend der öffentlichen Abfuhr anzudienen sind, während in anderen Bundesländern diesbezüglich weitgehende Wahlfreiheit für die Wirtschaft besteht. Generell zeigt die Regelung dieser Frage ein überaus heterogenes Bild quer durch Österreich.
Die Frage ja oder nein zur Andienungspflicht haushaltsnaher Abfälle ist daher vor diesem Hintergrund zu sehen und bietet aus diesem Grund nicht in allen Bundesländern den nötigen rechtlichen Spielraum für jene Entscheidungen, die die kommunalen Entsorgungsbetriebe aus betriebswirtschaftlichen Gründen gerne treffen würden.
Womit wir schon bei den wesentlichen Fragen in diesem Bereich, nämlich den Kosten der Abfallsammlung und der Gebühren, wären.

Enorme Gebührenausfälle für Kommunen zu befürchten
Einerseits werden die Gemeinden nach wie vor für alle Aufgaben der öffentlichen Reinhaltung verantwortlich gemacht, die vielfach weit über das Behälterentleeren hinausgehen. Das reicht vom Entsorgen illegaler Ablagerungen bis zum Reinigen von öffentlichen Park- und Gartenanlagen nach Jugendpartys an lauen Sommerabenden. Auf der anderen Seite werden günstige Gebühren und pünktliche Leistungserbringung eingefordert – und das auch bei weniger attraktiven Sammelstellen. Im Hintergrund stehen aber auch bereits getätigte Investitionen für Recyclinghöfe, Sammelinseln, Geräte und Fuhrpark, die nach entsprechenden Abschreibungszeiträumen verlangen.
In der Steiermark wurde die Diskussion um die Andienungspflicht hausmüllähnlicher Abfälle im neuen Landesabfallwirtschaftsgesetz zum Anlass genommen, um die monetären Auswirkungen eines Wegfalles dieser Abfälle zu bewerten. In allen beurteilten Fällen wären Gebührenerhöhungen in zweistelligem Bereich notwendig geworden, um den Abgang durch den Gebührenentfall aus dem Gewerbebereich auszugleichen.
Worum geht es denn bei einer Aufweichung des Andienungszwanges, um welche Abfälle bemüht sich die private Wirtschaft? Keinesfalls um Kleinbehälter im peripheren Raum, sondern um die attraktiven gewerblichen Anfallstellen wie Einkaufszentren und Supermärkte mit punktuell großen Abfallmengen – den Rosinen im Abfallgebührenkuchen. Fallen diese bei den Gemeinden weg, erhöht sich zwangsläufig der Kostenaufwand für die verbleibenden Objekte, bei denen es sich weitestgehend um Wohngebäude oder öffentliche Einrichtungen handelt.
Ein Wegfall hausmüllähnlicher Abfälle aus der kommunalen Sammlung würde somit, zumindest kurzfristig, Betriebe bevorzugen, gleichzeitig aber im Wohnbereich Gebührenerhöhungen notwendig machen. Unter gleichen Rahmenbedingungen haben die gut strukturierten kommunalen Entsorgungsbetriebe schon bisher bewiesen, dass sie den Vergleich mit den privaten Entsorgern keinesfalls zu scheuen brauchen.

Flächendeckende Mischpreiskalkulation
Der Vergleich beginnt jedoch dann zu hinken, wenn private Entsorger ihre Kosten nur für einen einzelnen großen attraktiven Kunden kalkulieren. Bei derartigen Anfallstellen ist die Gebühr, die ein kommunaler Sammler vorschreiben muss, schon deshalb im Nachteil, weil er in seinen Kalkulationen immer einen Mischpreis berücksichtigt. Dieser besteht jeweils aus attraktiven Sammelstellen und den peripheren, oft sehr entlegenen Kleinobjekten in den Randgebieten unserer Städte und Gemeinden. Und dieser Mischpreis für eine Entleerungseinheit ist zwangsläufig immer höher als der isoliert betrachtete Sammelaufwand für einen einzelnen Supermarkt.
Der Gebührenzahler erhebt Anspruch auf eine günstige Entsorgung seiner Abfälle und leistbare Abgaben für alle, also auch jene in entlegeneren Gegenden. Das ist aber nur dann in einem zufriedenstellenden Ausmaß sicherzustellen, wenn die „Rosinen“ im Gebührenkuchen nicht ausschließlich von den privaten Entsorgern herausgepickt werden.
Die Andienungspflicht für Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle ist daher ein nicht unwesentlicher Garant für leistbare Abfallgebühren und muss daher auch in Zukunft mit Nachdruck eingefordert werden. Die Ausfallshaftung für Umweltverschmutzungen und allfällige Kosten für kommunale Altlasten und Deponienachsorge belasten in allen Fällen die Gemeinden. Die Gebühren bilden die einzige Möglichkeit, auch diese Aufwendungen gemeinsam mit den übrigen Fixkosten auf die Verursacher umzulegen. Und diese Möglichkeit dürfen wir uns nicht nehmen oder schmälern lassen.

Städtebund-Linktipp:
www.leoben.at

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