Cash Management im öffentlichen Sektor

Cash Management im öffentlichen Sektor

„Cash Management“, früher überwiegend als notwendige Liquiditätsaktivität privatwirtschaftlicher Unternehmen angesehen, wird nach und nach auch zum festen Bestandteil der finanzwirtschaftlichen Optimierung im öffentlichen Sektor, insbesondere in Gemeinden. Einige Basisaufgaben, etwa die Inanspruchnahme von Skonti, wenn sich durch diese ein höherer Zinsabzug als durch traditionelle fristkonforme Veranlagung erzielen lässt („Opportunitätszinsen“), haben bereits Tradition. Andere, etwa das „Cash Pooling“ oder das „Netting“, stehen erst am Beginn ihrer Entwicklung und Einführung in der kommunalen Praxis.

 

Je nach Umfang des Liquiditätsportfolios, welches sich vor allem durch die Anzahl der Untereinheiten einer Gemeinde (eigene Rechnungskreise, Gebührenhaushalte, Eigenbetriebe oder Tochtergesellschaften) und den Beträgen bzw. Anzahl der Buchungen bestimmt, kann die Ausgestaltung des Cash Managements innerhalb einer Gemeinde unterschiedlich umfangreich gestaltet werden. Die einfachsten Aufgaben können vom bestehenden Personal mit wenigen Handgriffen zusätzlich bewältigt werden. Wird eine umfassende Cash-Management-Lösung in der Kommune angestrebt, so werden Schulung bzw. Neuaufnahme von Personal und die Verwendung eigener Programme erforderlich sein. Der Wahl über den Umfang der Cash-Management-Aktivitäten einer Gemeinde sollte immer eine Nutzen-Aufwand-Analyse vorausgehen. Denkbar ist auch eine gemeinsame Wahrnehmung des Cash Managements durch mehrere Gemeinden, um die anfallenden Kosten zu reduzieren. Im vorliegenden Artikel werden die verschiedene Aspekte des Cash Managements in drei Hierarchiestufen eingeteilt:
- einfaches Cash Management
- erweitertes Cash Management
- umfassendes Cash Management

Einfaches Cash Management
Das einfache Cash Management umfasst die Bereiche „Valutasaldo“ und die „Optimierung der Kontoverbindungen“.
Kontoauszüge weisen neben dem Buchungsdatum auch ein Valutadatum („Wert“) auf. Geldbeträge werden meist bereits mit einem früheren Datum gebucht, aber erst mit einem späteren Datum valutiert, das heißt tatsächlich dem Konto gutgeschrieben oder angelastet. Diese zeitliche Differenz zwischen Buchungsdatum und Valutadatum wird auch als Valutaschnitt oder Valutaverlust bezeichnet. Werden Gutschriften, die zwar bereits verbucht, aber noch nicht valutiert sind, von der Kommune in Anspruch genommen, so muss sie teure Sollzinsen bezahlen. Sollzinsen sind die von Banken für Ausleihungen verrechneten Zinsen. Bei der Abbuchung von Geldbeträgen ist daher immer auf den Valutasaldo und nicht auf den Buchungssaldo zu achten.
Vielfach verfügen Gemeinden über mehrere Kontoverbindungen bei etlichen verschiedenen Bankinstituten mit relativ wenig systematisierten Ein- und Ausgängen. Abgesehen davon, dass sie mitunter für jede Kontoverbindung Kontoführungsgebühren zu entrichten haben und nicht auf jedem Konto gleich vorteilhafte Zins- und Spesenkonditionen erhalten, erschwert dies das im Rahmen des erweiterten Cash Managements beschriebene Saldieren von Soll- und Habenständen. Daher sollte die Anzahl der Konten gut überlegt und im Idealfall nur eine Bank als kontoführend in Anspruch genommen werden.
Schon auf dieser ersten Ebene des Cash Managements ist es unbedingt notwendig, das sich ohnehin schon sehr weit verbreitet in Verwendung befindende Electronic-Banking-Service der Bank zu nutzen. Neben den Kosteneinsparungen (für elektronische Zahlungsein- und Zahlungsausgänge werden in der Regel geringere Kosten verrechnet als für beleghafte) liegen die Vorteile in der Optimierung des Datentransfers und der Datenverarbeitung. Der Grund: die aktuellen Valutastände bzw. der Zeitpunkt der Valutierung der Zahlungseingänge und -ausgänge können jederzeit abgerufen und kontrolliert werden.

Erweitertes Cash Management
Das erweiterte Cash Management umfasst neben den bislang dargestellten Maßnahmen vor allem die regelmäßige „Planung der voraussichtlichen Liquidität“, also der Zahlungseingänge und -ausgänge und den Abgleich von Soll- und Habensalden bzw. Soll- und Habenzinsen.
Ging es im Rahmen des einfachen Cash Managements vor allem darum, Kosten durch Beachtung von Mechanismen oder einmalige Maßnahmen (wie etwa die Reduktion von Konten) zu sparen, erfordert das erweiterte Cash Management eine aktive Disposition der Gelder.
Dies setzt allerdings voraus, dass die Gemeinde einen stets aktuellen Überblick über den Zeitpunkt und die Höhe der geplanten Einnahmeneingänge und Ausgabenausgänge hat. Je genauer und häufiger dieser Überblick ist, desto genauer lässt sich der voraussichtliche Liquiditätsbedarf planen. Konkret bedeutet dies, dass unnötige Liquiditätsreserven auf den Zahlungsverkehrskonten vermieden werden können.
Dadurch können etwa Liquiditätsüberschüsse zwischenzeitig zu höheren Zinsen auf anderen Anlageformen „geparkt“ werden. Die Meldung der voraussichtlichen Zahlungseingänge und -ausgänge kann in kleineren Gemeinden in Form von elektronischen Listen an die für das Cash Management zuständige Stelle erfolgen. In größeren Gemeinden ist der Einsatz von Computerprogrammen – im besten Fall verknüpft mit dem Buchhaltungssystem – sinnvoll.
Verfügt eine Gemeinde über mehrere Konten, so kommt es mitunter vor, dass einige davon einen negativen Sollsaldo, manche hingegen einen positiven Habensaldo aufweisen. Für Sollsalden werden von der Bank höhere Sollzinsen verrechnet als der Kommune für Habensalden an Habenzinsen gutgeschrieben werden.
Daher liegt es nahe, Guthaben von einem Konto auf jenes Konto zu überweisen, das einen Negativsaldo aufweist. Die Kommune erwirtschaftet durch diese einfache Maßnahme einen Zinsvorteil in der Höhe der Differenz zwischen dem Soll- und Habenzinssatz bezogen auf den durch die Gutschrift abgedeckten Teil des ursprünglichen Sollsaldos. Damit kein Zinsverlust durch einen Valutaschnitt entsteht, sollte der Ausgleich der Konten taggleich mittels Eilüberweisung erfolgen.
Die Spesen, die von der Bank für Eilüberweisungen verrechnet werden, übertreffen die Spesen für reguläre Überweisungen aber meist um ein Vielfaches. Es muss daher der Break-Even-Point berechnet werden, bei dem die Spesen der Eilüberweisung dem erwirtschaftbaren Zinsvorteil gleichen.

Beispiel:
Saldo Tag X
Konto A –100.000,00 €
Konto B 100.000,00 €
Konsolidierter Saldo 0,00 €

Am Tag X werden am Konto A bei einem Sollzinssatz in der Höhe von 4% Zinsen in der Höhe von 10,96 Euro verrechnet. Liegen die Spesen der Eilüberweisung unter diesem Zinsbetrag, so sollte man diese Überweisungsart in Anspruch nehmen. Dieser Abgleich von Soll- und Habensalden kann bereits als erster Schritt des sogenannten Cash Poolings (Definition siehe umfassendes Cash Management) angesehen werden.

Umfassendes Cash Management
Ein umfassendes Cash-Management-System ergänzt die erwähnten Ansätze um ein ausgeklügeltes „Cash-Pooling-System“, welches sämtliche Organisationsteile, auch (un)selbständige Eigenbetriebe oder -gesellschaften umfasst. Ein weiteres wichtiges Werkzeug des umfassenden Cash Managements ist das „Netting“.
Durch die Einbindung aller Organisationsteile erfolgt die Liquiditätssteuerung aus „Konzernsicht“. Es werden also sämtliche Zahlungseingänge und -ausgänge aller an diesem Cash Management teilnehmenden Einheiten aufeinander abgestimmt.
Beim Cash Pooling wird lediglich ein Hauptkonto geführt, an welches – hierarchisch untergeordnet – für alle an dem System Beteiligten je ein Teilnehmerkonto „andockt“. Je nach Art des Cash Poolings wird nun täglich der Saldo der einzelnen Teilnehmerkonten auf das Hauptkonto umgebucht. Gleichgültig, ob diese Buchung tatsächlich („effektives Pooling“) oder fiktiv („notional Pooling“) vorgenommen wird, erfolgt die tatsächliche Verzinsung nur vom Saldo des Hauptkontos. Dies bringt dann Vorteile, wenn einzelne Teilnehmerkonten einen Sollsaldo aufweisen, manche Konten hingegen einen Habensaldo.
Beim effektiven Cash Pooling unterscheidet man zusätzlich zwischen dem „Zero Balancing“ und dem „Target Balancing“. Während beim „Zero Balancing“ die gesamten Salden physisch zusammengeführt werden, verbleiben beim „Target Balancing“ zumindest Minimumbeträge am Konto. In der Praxis hat sich die Gründung einer sogenannten Master Company bewährt. Die Master Company ist Inhaberin des Hauptkontos, die Aufgabe der Master Company ist die Betreibung des Cash Poolings. Wie schon zuvor erwähnt, müssen die Gemeinde, ihre Töchter und Beteiligungen als „Konzern“ betrachtet werden. Vor allem beim effektiven Cash Pooling ist es aus gebührenrechtlicher Sicht von Vorteil, wenn die Master Company möglichst zu keinen Pool-Gesellschaften (= am Cash Pooling teilnehmenden Gesellschaften) in einem direkten Mutter-Tochter-Verhältnis steht.
Die beispielhaft abgebildete Poolingstruktur (Abbildung 1) im „Konzern Stadt XY“ besteht aus 5 Konten: einem Hauptkonto und 4 Teilnehmerkonten.
In der Abbildung wird die im Rahmen des Cash Poolings durchgeführte Kontensaldierung dargestellt. In den gelben Kästchen ist der Saldenstand des jeweiligen Kontos am Tag X ablesbar. Einige der Konten verfügen über Sollsalden, andere über Habensalden, der konsolidiert Saldo am Tag X ist jedoch gleich Null. Das bedeutet, dass gegenüber der Bank am Tag X keine Zinsen anfallen. Bei einer separaten Kontenverwaltung müssten jedoch einerseits für den betrachteten Tag „konzernweit“ für insgesamt 27.000 Euro Sollzinsen an die Bank gezahlt werden, andererseits würden die betroffenen Gesellschaften für insgesamt 27.000 Euro Habenzinsen erhalten.
Zu beachten ist, dass die von der Bank verrechneten Sollzinsen aber höher sind als die gutgeschriebenen Habenzinsen.
Die Vorteile des Cash Poolings liegen somit in der Optimierung der „konzernweiten“ Zinsbelastung – die Sollzinsen werden minimiert, die Habenzinsen maximiert. Der Zinsvorteil ist dabei umso größer, je größer die Differenz zwischen dem Soll- und dem Habenzinssatz ist.
Des Weiteren führen Größeneffekte zur Verbesserung der Konditionen bei der Bank. Da sich auf der Ebene der teilnehmenden Betriebe und Tochtergesellschaften die Cash-Dispositionen verringern, können die nun zusätzlich zur Verfügung stehenden Controllingkapazitäten für operative Kernaufgaben eingesetzt werden.
Neben der Abrechnung der Bankzinsen müssen auch die internen Zinsen berechnet werden und sodann auf dem jeweiligen Konto gutgeschrieben bzw. angelastet werden. Grundsätzlich kann diese interne Zinsabrechnung von der Master Company gemacht werden, aber auch die Pool-Bank (= die Bank, die das Cash Pooling abwickelt) stellt treuhändische Zinsabrechnungen zur Verfügung.
Hinter dem Konzept des Nettings steht die Idee, dass in erster Linie konzerninterne Forderungen und Verbindlichkeiten miteinander ausgeglichen werden, das heißt, es kommt statt zu einer Bruttobegleichung der Zahlungen lediglich zu einer Nettobegleichung. Davon nicht betroffen ist jedoch die buchhalterische Erfassung der Forderungen und Verbindlichkeiten.
Die Forderungen und Verbindlichkeiten werden über vereinbarte Zeitspannen miteinander saldiert und zu einem bestimmten Termin sodann nur die „verbleibenden Spitzenbeträge“ überwiesen.
In Abbildung 2 ist eine beispielhafte Glattstellung von Forderungen und Verbindlichkeiten dargestellt: Die Summe der Verbindlichkeiten der Gesellschaft A gegenüber der Gesellschaft B betragen im betrachteten Zeitraum 9.000 Euro, die Forderungen insgesamt 6.000 Euro. Überwiesen wird zum festgelegten Termin aber nur der „verbleibende Spitzenbetrag“ von 3.000 Euro.

Netting-Konzept
Die Vorteile hierbei liegen klar ersichtlich in der Verringerung der Zahlungsverkehrsspesen und in der Zinsersparnis, die dadurch zustande kommt, dass es zu keinem Valutaverlust kommt.
Das Netting-Konzept kann aber auch, und in diesem Fall unabhängig vom sonstigen Umfang der jeweiligen Cash-Management-Aktivität innerhalb der Gemeinde, im externen Zahlungsverkehr (Lieferanten, Großkunden, Finanzamt) angewendet werden.
Auf der gesamtösterreichischen Ebene scheint vor allem im Bereich des tertiären Finanzausgleiches (= alle intragovernmentalen Transferzahlungen, die nicht im Finanzausgleichsgesetz, sondern in bundes- oder landesgesetzlichen Bestimmungen festgelegt sind) ein großes Optimierungspotenzial zu schlummern, aber auch im sekundären Finanzausgleich (= alle die im Finanzausgleichsgesetz festgelegten intragovernmentalen Transferzahlungen) könnten durch Netting erhebliche Transaktionskosteneinsparungen realisiert werden.

Fehlende Abbildungen finden Sie in der ÖGZ 1/2007!

OEGZ

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