vis!on rheintal – viele Gemeinden, ein Lebensraum

vis!on rheintal – viele Gemeinden, ein Lebensraum

vis!on rheintal ist ein offener Beteiligungsprozess mit dem Ziel, die gesamte Region als einen Lebensraum zu erkennen. Das Rheintal soll durch verstärkte, die Gemeindegrenzen überschreitende Zusammenarbeit zu einem gemeinsamen Planungs- und Gestaltungsraum werden. Gemeindekooperationen werden gefördert, ohne jedoch die Eigenständigkeit der einzelnen Gemeinden zu untergraben.

 

Das Land Vorarlberg und insbesondere die 29 Rheintalgemeinden zählen zu den dynamischsten Regionen in Österreich und im Bodenseeraum. In den vergangenen Jahrzehnten entstand bedingt durch eine enorme Siedlungsentwicklung aus verstreuten Dörfern und kleineren Städten ein fast geschlossenes Siedlungsband von Feldkirch bis nach Bregenz. Die Lebensweisen sind ebenso urbaner geworden. Bewohner des Rheintales erleben und nutzen das gesamte Tal als Ganzes: Wohnen im Grünen, Arbeiten im Businesspark, Shoppen im Einkaufszentrum, Joggen in der Riedlandschaft, Kulturevents in- und outdoor. Zugleich prägen lokale Verwurzelung und Identitäten das Selbstverständnis.

Offener Beteiligungsprozess
Durch das stetige (Zusammen-)Wachsen der Gemeinden reifte in den neunziger Jahren in verschiedenen Gemeinden die Erkenntnis, dass die bisherige, hauptsächlich auf Selbstorganisation ausgerichtete Praxis der Entwicklungsplanung nicht mehr ausreicht. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2004 vom Land Vorarlberg und den Vorarlberger Rheintalgemeinden das Projekt vis!on rheintal ins Leben gerufen.
In einem offenen Beteiligungsprozess wurden in den zwei darauffolgenden Jahren von Bürgerinnen und Bürgern, Expertinnen und Experten sowie Gemeinde- und Landespolitik Leitlinien und Leitbilder für die weitere räumliche Entwicklung und regionale Kooperation entwickelt. Der offene Beteiligungsprozess war durch hohes Engagement und lebendige Zusammenkünfte geprägt. Wichtige Elemente im gesamten offenen Beteiligungsprozess waren dabei:

- Laufende Aktivitäten des Büros der Projektleitung: Vorträge, Diskussionen, „offenes Ohr“ für regionale Anliegen, Corporate Design und Ausstellungen

- Rheintalforen zu Schwerpunktthemen und für verschiedene Ziel- und Interessengruppen, als Informationsveranstaltungen und Planungswerkstätten gestaltet

- Think-Tank-Treffen mit Personen, die bekannt sind für unkonventionelle Ideen und Mut zur Vision und/oder sehr gute Regionskennerinnen und -kenner, z. B. Think-Tank-Jugend

- Medienberichte, literarische und andere künstlerische Reflexionen

- www.vision-rheintal.at

Zukunftsthemen
Die Themen, die im Zuge von vis!on rheintal von den Fachteams, externen ExpertInnen und an die 1.000 Beteiligten aus unterschiedlichen Bevölkerungs- und Interessengruppen einer genaueren Betrachtung unterzogen wurden, waren
- Soziokulturelle Entwicklung
- Siedlung und Mobilität
- Freiraum und Landschaft
- Wirtschaftsstandort
- Gemeinbedarfseinrichtungen und
- Regionale Kooperation

In der Broschüre „vis!on rheintal Dokumentation 2006“ wurden zwischenzeitlich Verlauf und Ergebnisse des Gesamtprozesses publiziert. Die wesentlichen Elemente des Leitbildes sind:

Vielfalt selbstbewusster Einheiten
Die räumliche Gestaltung des Rheintals folgt dem Prinzip der polyzentrischen Entwicklung. Das heißt, wichtige Einrichtungen der Wirtschaft, Kultur und Bildung, des Konsums und der Verwaltung auf die besten Standorte zu verteilen und miteinander zu vernetzen. Nicht jede Gemeinde kann eine Fachhochschule oder ein Festspielhaus haben. Wechselt man aber von der Ebene der Gemeinde auf die Ebene des Tales, so eröffnet sich im Rheintal ein Angebot, wie es sonst nur große Städte haben. Es gilt, dieses historisch gewachsene Profil durch genaue Planung, Vernetzung und Kooperation auszugestalten und zu schärfen. Neue Fördermodelle unterstützen durch besondere Anreize die Bereitschaft für gemeindeübergreifende Innovationen. Die Kooperation soll durch geeignete landesplanerische Maßnahmen (Landesraumpläne, Sachkonzepte) und regionale Entwicklungskonzepte ergänzt werden. Die Rheintalkonferenz, in der die 29 Gemeinden und die entsprechenden Stellen des Landes vertreten sind, bietet sich als Koordinierungsplattform dazu an.

Kraftfeld für kreative, dynamische Betriebe
Initiative Menschen, leistungsfähige Infrastrukturen (Verkehr, Energie, Kommunikation), die hohe Lebens- und Arbeitsqualität sowie eine attraktive Nachbarschaft machen das Rheintal zu einem der erfolgreichsten Wirtschaftsstandorte in Europa. Dieses Niveau gilt es in einem ständig wachsenden Wettbewerb zu sichern. Für betriebliche Expansionsvorhaben soll es verstärkt längerfristige Planungssicherheit geben. Durch die Förderung regionaler Vernetzung und Unternehmenskooperation werden die Unternehmensbedingungen im Rheintal weiter optimiert. Die produzierende Wirtschaft liefert wichtige Impulse für die ganze Wirtschaft. Die Festlegung regional bedeutsamer Betriebsgebiete schafft den nötigen Spielraum für eine zukunftsorientierte wirtschaftliche Entwicklung. Dort, wo es sinnvoll und angebracht erscheint, sollen regional bedeutsame Betriebsgebiete auch im Wege von Gemeindekooperationen realisiert werden.

Moderne Mobilitätsangebote im Rheintal
Öffentlicher Verkehr und Individualverkehr sollen sich nützlich ergänzen. Verdichtung und Weiterentwicklung der bereits hoch qualifizierten ÖPNV-Angebote im Rheintal bilden die Voraussetzung für eine Förderung der umweltschonenden Mobilität. Ein zentrales Aufgabenfeld sind Maßnahmen zur Verkehrsentlastung der Wohngebiete. Das verbesserte Angebot an Rad- und Fußwegen für den Alltags- und Freizeitverkehr steigert die Lebensqualität in der Region.

Landwirtschaft und Naturschutz
Die verbrauchernahe Landbewirtschaftung und die Landschaftspflege ist die Grundlage für die Kulturlandschaft Rheintal. Mit der Ressource Grund und Boden soll künftig noch sparsamer umgegangen werden. Die Landschaft ist zugänglich und erlebbar, das Rheintal bietet eine flächendeckende Versorgung mit Frei- und Grünräumen innerhalb der Siedlungsgebiete und in Siedlungsnähe. Für die Bewohnerinnen und Bewohner ist es wichtig, nah am Grünen zu wohnen, aus der Landschaft Produkte und Erholung gewinnen zu können.
Diese Lebensraumqualität kommt dem gesamten Wirtschafts- und Wohnstandort zugute. Das grüne Netz, das die Bebauung und die Infrastruktur im Rheintal trägt, muss ökologisch tragfähig bleiben und zugänglich sein. Das Rheintal ist auch Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Die Vernetzung ist Grundlage für den Austausch und die Entwicklung der Populationen. Die Gewässer sind für die Vernetzung besonders wichtig.

„Breitwasser“ statt Hochwasser
Das Rheintal wurde vom Wasser gebildet und die Gewässer werden verstärkt als Teil des Lebensraumes bewusst und nutzbar gemacht. Erholungsrouten am Wasser sind ein besonderes Erlebnis. Mit der Revitalisierung der Fließgewässer werden sowohl die ökologische Qualität als auch der Hochwasserschutz verbessert. Bestimmte Landschaftsteile erfüllen eine wichtige Funktion zur Retention und Notentlastung bei Hochwasser.

Einrichtungen für den Gemeinbedarf, nah und vernetzt
Altersstruktur, Familiengröße, Erwerbsleben, Lebensformen verändern sich. Dadurch ergeben sich neue Aufgaben für die Gemeinwesen. Besonderer Handlungsbedarf besteht für begleitende Strukturen zur Vorsorge und Unterstützung der Pflege innerhalb und außerhalb der Familien, für niederschwellige Einstiegsberatungen in der Wohngemeinde oder Region, für lebensbegleitendes Lernen in enger Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen und Wirtschaft und für die Schaffung offener Freiräume in und außerhalb des Siedlungsgebiets. Große Chancen für mehr Qualität und größere Effizienz bieten die bessere Vernetzung und die übergemeindliche Nutzung der Angebote (z. B. Freizeitanlagen, öffentliche Gebäude) im Rheintal.

Durchgrünter Siedlungsraum mit unverwechselbarer Identität
Bebaute und unbebaute Landschaften profitieren voneinander. Die Siedlungsentwicklung reagiert auf die Strukturen der Landschaft. Künftig wird viel mehr innerhalb der bestehenden Siedlungsräume weitergebaut und erneuert. Die großen Bauflächenreserven bieten auf Jahre hinaus Raum für Wohnen, Arbeitsplätze und Nahversorgung. Für den qualitätsvollen Weiterbau der Siedlungsgebiete wirken Wohnbauförderung und Quartiersplanung zusammen. Die Gestaltung der Wohn- und Betriebsgebiete sowie der Stadt- und Ortskerne soll abgestimmt mit den Verkehrsinfrastrukturen erfolgen. Nutzungsart und Nutzungsdichte richten sich nach dem Verkehrsangebot.
So entsteht ein strukturierter Siedlungsraum in hoher architektonischer und landschaftsgestalterischer Qualität mit öffentlichen Plätzen, Parks und Grünräumen, kurzen Wegen, verkehrs- und energiesparend.

Planungskultur und Lebensraumqualität
Mit der Haltung, den „Raum vom Menschen aus zu denken“, wird eine neue Planungskultur spürbar. Es geht um „Beteiligung“, „bottom up“ oder „von unten“, „Ortsspezifität“, „Eigenständigkeit“, „Vielfalt“, „Denkoffenheit“, „Lebendigkeit“, „Ganzheitlichkeit“, „Sinnstiftung“, „Funktionalität“, „Kosteneffizienz“ und „Gestaltungsqualität“. Aus dem Nachdenken über die soziokulturelle Entwicklung des Rheintals ist die Idee eines Leitfadens für das gemeinsame Gespräch über das Profil des jeweiligen Lebensraums entstanden. Unterschiedliche Bevölkerungs- und Interessengruppen – beispielsweise Grundstückseigentümer, Mieter, temporäre Nutzerinnen und Nutzer, junge Leute und Migrantinnen/Migranten – werden eingebunden.

Land und Gemeinden als gleichberechtigte Partner
Ein wichtiger Grundsatz im Projekt lautet, dass Land und Gemeinden gleichberechtigte Partner sind. Dies spiegelt sich auch in der Besetzung des Lenkungsausschusses durch den für Raumplanung zuständigen Landesrat und den Landesamtsdirektor einerseits und durch Bürgermeister dreier Rheintalgemeinden andererseits wider. Ebenso setzt sich die Rheintalkonferenz aus Landes- und Gemeindepolitikerinnen/-politikern zusammen. Die gleichberechtigte Mitarbeit beider Seiten wird gefordert und gefördert.

Den Schwung im Prozess weiter tragen!
Im Rahmen der 4. Rheintalkonferenz, die am 23. November 2006 im Festspielhaus in Bregenz stattfand, konnten bereits erste konkrete Ergebnisse von vis!on rheintal gezeigt werden. Zahlreiche Projekte, insbesondere im Bereich der Gemeindekooperation, sind im Entstehen. Was aber wahrscheinlich noch viel schwerer wiegt, ist der Umstand, dass durch vis!on rheintal eine Situation und eine allgemeine Stimmung entstanden ist, in der die beteiligten Städte und Gemeinden von sich aus neue Projekte starten und in Angriff nehmen. Landeshauptmann Herbert Sausgruber bezeichnete die im Sog dieses Prozesses entstandenen Projekte auch als „positiven Schwung“.
Und genau diesen Schwung weiter zu tragen ist das Ziel des weiteren Projektes. Viele Gemeinden bilden einen Lebensraum, den es gemeinsam zu gestalten und zu entwickeln gilt – diese Erkenntnisse sollen noch stärker im öffentlichen Bewusstsein verankert werden.

Städtebund-Linktipp:
www.vision-rheintal.at

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