Eine neue Verfassung, die Städten und Gemeinden gerecht wird

Eine neue Verfassung, die Städten und Gemeinden gerecht wird

Wie muss eine neue Verfassung aussehen, die die elementare Rolle von Städten und Gemeinden im Leben der Menschen widerspiegelt? Sie soll die mittleren Städte aufwerten, mehr Flexibilität bei Gemeindeverbänden und bei der interkommunalen Zusammenarbeit zulassen, die Rechte der kommunalen Interessenvertretungen stärken und die Daseinsvorsorge als Staatszielbestimmung festhalten.

 

I. Einleitung
Mit der Angelobung der neuen Bundesregierung, die nunmehr auch wieder über die für Verfassungsänderungen erforderliche Zweidrittelmehrheit verfügt, bekommt die im Rahmen des Österreich-Konvents begonnene Diskussion einer umfassenden Verfassungsreform eine zweite Chance, doch noch erfolgreich umgesetzt zu werden. Die Koalitionspartner haben sich in ihrem Regierungsprogramm dazu bekannt, dass „auf der Grundlage der Arbeiten des Österreich-Konvents und des diesbezüglichen Besonderen Ausschusses eine Verfassungsreform vorbereitet wird, die vor allem eine zeitgemäße Grundrechtsreform, insbesondere soziale Grundrechte, eine Neuordnung der Kompetenzen, den Ausbau des Rechtsschutzes und der demokratischen Kontrollen, Verbesserungen im Wahlrecht, eine Stärkung der Länderautonomie und der Rechtstellung der Gemeinden, die verfassungsrechtlichen Grundlagen für eine Verwaltungsreform und nicht zuletzt eine Verfassungsbereinigung umfasst“. Für die Gemeinden sind unter dem Titel „Stärkung der Gemeinden“ folgende Maßnahmen vorgesehen:

- Neufassung und klarere Regelungen des Abschnittes über die Gemeinden unter Berücksichtigung nachfolgender Punkte;

- Bestandsgarantie der Gemeinden: Änderungen der Gemeindestrukturen sollen nur möglich sein, wenn in den betroffenen Gemeinden die Bevölkerung zustimmt;

- Einheitsgemeinden: Alle Gemeinden sollen weiterhin unabhängig von ihrer Größe die gleichen Rechte und Pflichten haben;

- Statutarstädte: Nur Gemeinden über 20.000, wenn laut Landtagsbeschluss Landesinteressen nicht verletzt werden und wenn die betroffene Bevölkerung dafür stimmt;

- Gebietsgemeinden: Aufhebung der Verfassungsbestimmungen;

- Eigener Wirkungsbereich: Neufassung der teilweise veralteten Bestimmungen; Aufnahme der Daseinsvorsorge;

- Aufsichtsrecht: Beschränkung des Aufsichtsrechts, insbesondere keine Auflösung direkt vom Volk gewählter Gemeindeorgane durch Aufsichtsbehörden;

- Finanzverfassung: Ausreichendes formelles Anhörungs- und Verhandlungsrecht von Gemeindebund und Städtebund beim Finanzausgleich;

- Interkommunale Zusammenarbeit.

Der vorliegende Artikel soll sich einerseits mit der Frage befassen, ob die im Koalitionsabkommen festgelegten Punkte den im Österreich-Konvent vertretenen Forderungen entsprechen und andererseits, welche Themen darüber hinaus noch berücksichtigt werden sollten. Da nicht auf jeden Aspekt der seinerzeitigen Forderungspapiere eingegangen werden kann, werden nur einige wichtige Bereiche behandelt.

II. Neue Verfassung für moderne Städte und Gemeinden
1. Neustrukturierung des Abschnittes über die Gemeinden im B-VG
Die Bestimmungen über die Gemeinden in den Art. 115 bis 120 B-VG gehen im Wesentlichen auf die Gemeindeverfassungsnovelle 1962, BGBl. 1962/205 zurück und sind daher verhältnismäßig jung. Im Unterschied zu anderen Teilbereichen wird die Stellung der Gemeinden in der Bundesverfassung sehr detailliert geregelt, etwa in Art. 116a, der sich mit der Gründung von Gemeindeverbänden befasst. Derartige Vorgaben führen in der Praxis zu einer gewissen Unflexibilität bzw. erscheinen vor dem Hintergrund der landesgesetzlichen Organisationsrechte (z. B. Gemeindeordnungen), die letztendlich in vielen Fällen die Bestimmungen der Bundesverfassung wortwörtlich übernehmen, entbehrlich. In einigen Fällen würde es daher ausreichen, in der Bundesverfassung nur die wesentlichen Grundlagen festzulegen. Wobei sogleich festgehalten wird, dass es nicht für wünschenswert erachtet wird, wenn die Neustrukturierung bzw. Neuformulierung so weit gehen würden, dass in Zukunft das enge Korsett des Bundesverfassungsgesetzgebers durch gleichartige Regelungen der Landes(verfassungs)gesetzgeber abgelöst werden würden und die zu einer Zersplitterung der Rechtsgrundlagen für die Gemeinden führt.
Die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung hat in Österreich einen besonders hohen Stellenwert. Dies vor allem deshalb, weil sie jenen Teil der öffentlichen Verwaltung repräsentiert, der den Bürgerinnen und Bürgern am nächsten steht und Veränderungen dort als Erstes wahrgenommen werden. Die Rolle der Gemeinden hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. Im Zentrum der Aufgaben steht die Daseinsvorsorge, die Bereitstellung von Dienstleistungen, aber nicht mehr die Hoheitsverwaltung. Auf diesen Veränderungsprozess muss auch der Bundesverfassungsgesetzgeber reagieren und vor diesem Hintergrund sollte auch eine Neustrukturierung der Regelungen über die Gemeinden in der Verfassung gesehen werden.

2. Einheitsgemeinde – Bestandsgarantie – Statutarstädte
Der Fiktion der abstrakten Einheitsgemeinde liegt der Gedanke zugrunde, dass alle Gemeinden unabhängig von ihrer Größe, aber auch Wirtschaftskraft bzw. Sozialstruktur hinsichtlich Organisation und Aufgabenbereich gleich behandelt werden.
Die Realität in den Gemeinden zeigt aber, dass es sehr wohl große Unterschiede gibt und es liegt auf der Hand, dass größere Gemeinden (etwa ab einer Einwohnerzahl von 10.000) einen breiteren Aufgabenbereich erfüllen können bzw. auch müssen, weil dies von der Bevölkerung gefordert wird. Der Österreichische Städtebund hat sich daher, auch vor dem Hintergrund der Forderung nach einem Ausbau der Zuständigkeiten der Bezirksverwaltungsbehörden, im Rahmen des Österreich-Konvents dafür ausgesprochen, das Modell der Einheitsgemeinde zu flexibilisieren und den größeren Gemeinden – vorbehaltlich der erforderlichen finanziellen Ausstattung – ein breiteres Aufgabenspektrum einzuräumen. Als Vorschlag zur Umsetzung bzw. als Kompromiss aufgrund des Bekenntnisses zur abstrakten Einheitsgemeinde wurde angedacht, Gemeinden ab einer Einwohnerzahl von 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern bereits die Möglichkeit einzuräumen, ein Stadtstatut zu beantragen, wobei in diesem Fall eine genaue Interessenabwägung stattfinden sollte. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung in Art. 116 Abs. 3 B-VG sollten aber Gemeinden ab einer Bevölkerungszahl von 20.000 einen Rechtsanspruch auf ein Statut erhalten. Wenn man nun einen Blick in das Regierungsübereinkommen wirft, dann ist die Besserstellung der Gemeinden ab 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern überhaupt kein Thema, und selbst für Gemeinden ab 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist eine Verschärfung vorgesehen, da die Verleihung eines Statutes nunmehr auch an eine positive Volksabstimmung durch die betroffene Gemeindebevölkerung gekoppelt werden soll.
Ob die geplanten Neuerungen den Interessen der größeren Städte und Gemeinden und auch deren Bürgerinnen und Bürger förderlich sind, mag bezweifelt werden. Zur Bestandsgarantie sei noch kurz ausgeführt, dass derzeit nach der Judikatur des VfGH (VfSlg 7830/1975) das B-VG eine Bestandsgarantie für die Gemeinde als Institution enthält, jedoch für die einzelne Gemeinde kein Recht auf Existenz garantiert.
Vor dem Hintergrund der eher negativen Diskussionen über in der Vergangenheit stattgefundene Gemeindezusammenlegungen bestand im Österreich-Konvent insofern Konsens, dass Gemeindezusammenlegungen in Hinkunft nur mehr dann möglich sein sollen, wenn die Bevölkerung in den betroffenen Gemeinden zustimmt. Dies bedeutet, aufgrund der etwa in der Steiermark gemachten Erfahrungen mit derartigen Volksentscheidungen, eine De-facto-Bestandsgarantie für die einzelne Gemeinde. Ob dies langfristig für die österreichweite Organisationsstruktur der Gemeinden von Vorteil ist, wird zwar von einigen Expertinnen und Experten oftmals in Zweifel gezogen, spiegelt aber definitiv den Willen der Kommunalpolitik in den einzelnen vor allem Kleingemeinden und auch den der Bevölkerung wider und sollte unter diesem Gesichtspunkt auch akzeptiert werden.
Abschließend sei noch zu jenem Passus des Regierungsübereinkommens, der die Aufhebung des Art. 120 B-VG (Gründung von Gebietsgemeinden) vorsieht, angemerkt, dass dieser nicht dem im Österreich-Konvent getroffenen Konsens, diese Bestimmung aufrechtzuerhalten, entspricht. Vor dem Hintergrund der Bestrebungen nach mehr Zusammenarbeit der Gemeinden, aber auch der immer wieder aufflackernden Diskussion über die Demokratisierung der Bezirksverwaltung, wäre Art. 120 B-VG unter Umständen eine Basis für eine neue Konstruktion der interkommunalen Zusammenarbeit bzw. – wie es der Grundintention dieser Bestimmung entspricht – für ein Mehr an Demokratie.

3. Eigener Wirkungsbereich der Gemeinden
Im Regierungsübereinkommen wird zum Bereich des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden ausgeführt, dass teilweise veraltete Bestimmungen neugefasst werden und die Daseinsvorsorge aufgenommen werden soll. Beide Vorhaben werden grundsätzlich begrüßt.
Vor allem die Forderung nach Verankerung der Daseinsvorsorge war eine zentrale Forderung des Österreichischen Städtebundes im Österreich-Konvent. Daseinsvorsorge ist aber nicht nur Aufgabe der Gemeinden, sondern kann in vielen Bereichen (z. B. öffentlicher Personennahverkehr) nur im Zusammenwirken mit dem Bund und den Ländern erfolgen. Ziel muss es daher weiterhin sein, dass ergänzend zur Bezeichnung als Aufgabe des eigenen Wirkungsbereiches eine Staatszielbestimmung in die Bundesverfassung aufgenommen wird, wonach Bund, Länder und Gemeinden sich zur Gewährsleistung der Erbringung von Leistungen im allgemeinen Interesse (Daseinsvorsorge) bekennen.
Unabhängig von diesem Bereich ist es für die Gemeinden ebenfalls wichtig, dass das Recht zur Erlassung von ortspolizeilichen Verordnungen novelliert wird. Neben der Missstandsbekämpfung sollten ortspolizeiliche Verordnungen auch zur Gefahrenabwehr eingesetzt werden, und darüber hinaus müsste es möglich sein, dass die Gemeinden diese Verordnungen auch vollziehen können.
Bisher war es den Gemeinden nur gestattet, die Übertretung der ortspolizeilichen Verordnung als Verwaltungsübertretung zu erklären, die Gemeinden waren aber nicht für die Durchführung des Strafverfahrens oder für andere zur Rechtsdurchsetzung erforderliche Vollzugshandlungen (Beschlagnahme, Festnahme etc.) zuständig. In diesem Zusammenhang erscheint es wichtig, darauf hinzuweisen, dass es im Interesse der Gemeinden liegt, auch im übertragenen Wirkungsbereich ein Instrument zu schaffen, das den Gemeinden analog zum ortspolizeilichen Verordnungsrecht das Recht gibt, selbständige Anordnungen zu treffen, die einer effizienteren, auf die konkrete Gemeinde bezogenen Vollziehung der maßgeblichen Bundes- und Landesgesetze dient.
Abschließend und nochmals auf die abstrakte Einheitsgemeinde zurückkommend, sei bemerkt, dass genau der Bereich der Daseinsvorsorge, aber auch das ortspolizeiliche Verordnungsrecht sehr gut vor Augen führen, dass doch wesentliche Unterschiede innerhalb der einzelnen Gemeinden bestehen und diese um so erheblicher werden, je mehr die Bevölkerungszahl, die Sozialstrukturen oder die Wirtschaftskraft auseinanderklaffen und gerade das ortspolizeiliche Verordnungsrecht, aber auch andere rechtliche Maßnahmen erforderlich sind, um dies zu kompensieren.

4. Interkommunale Zusammenarbeit1
Alle Gebietskörperschaften, aber vor allem die Gemeinden stehen vor der Herausforderung, vor allem wegen des immer knapper werdenden finanziellen Gestaltungsspielraumes, ihre Aufgaben so effizient wie möglich zu erbringen. Eine Variante, diesem Anspruch gerecht zu werden, liegt in der verstärkten interkommunalen Zusammenarbeit. Daher muss es für die Städte und Gemeinden ein wesentliches Anliegen sein, die Möglichkeiten in diesem Bereich zu erweitern bzw. bestehende Strukturen zu flexibilisieren. Derzeit finden sich in Art. 116a B-VG lediglich Bestimmungen über die Gründung von Gemeindeverbänden. Diese erweisen sich in der Praxis oftmals als sehr unflexibel. Dies insbesondere deshalb, weil ein Gemeindeverband nur für einzelne Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches gegründet werden darf. Dies führt aber dazu, dass potenzielle Synergien nicht voll ausgeschöpft werden können.
Dem Ziel, durch eine Zusammenarbeit in Form eines Gemeindeverbandes eine Steigerung der Effizienz bei der Aufgabenerfüllung bewirken zu können, steht auch die Tatsache im Wege, dass Gemeindeverbände dem Aufsichtsrecht der Landesregierung bzw. des Landeshauptmannes unterliegen und es daher nicht möglich ist, Ländergrenzen überschreitende Gemeindeverbände zu errichten. Oftmals bilden bereits die Bezirksgrenzen eine Hürde. Auch die Kompetenz der Landesgesetzgebung zur Regelung des Organisationsrechts bildet eine weitere Barriere.
Ferner macht die Regelungstiefe hinsichtlich der Gründung von Gemeindeverbänden eine rasche Errichtung beinahe unmöglich, was einen hohen Grad an Unflexibilität verursacht.
Ein Problem anderer Kategorie stellen die demokratiepolitischen Defizite der Gemeindeverbände dar. Die Verbandsversammlung ist nicht demokratisch legitimiert, was einer Ausdehnung der Aufgabenbereiche entgegensteht.
Um die Gründung von Gemeindeverbänden zu forcieren, erscheint es daher erforderlich, die bestehenden Defizite zu beseitigen.
Neben einer Neuregelung der Gemeindeverbände in der Bundesverfassung müssen auch neue Formen der interkommunalen Zusammenarbeit geschaffen werden. So erscheint es erforderlich, auch die Verwaltungsgemeinschaften in der Bundesverfassung zu verankern. Hauptproblem bei den Verwaltungsgemeinschaften ist die Tatsache, dass es keine einheitlichen rechtlichen Grundlagen gibt. Weiters dürfen sich in der Regel nur Gemeinden eines Verwaltungsbezirkes zu Verwaltungsgemeinschaften zusammenschließen, wodurch Statutarstädte ausgeschlossen sind. Sollen jedoch Synergien wirklich genützt werden, wäre es besonders wichtig, an der meist besseren bzw. größeren öffentlichen Infrastruktur von Statutarstädten partizipieren zu können.
Eine weitere neue Form von effektiverer interkommunaler Zusammenarbeit könnte etwa der Zusammenschluss von Gemeinden einer bestimmten Region zur Erfüllung eines bestimmten breiten Aufgabenbereiches sein (z. B. Bildungsregion, Gesundheitsregion, Umweltregion). Diesem Modell liegt die Vorstellung zugrunde, dass nicht jede Gemeinde für sich die gesamte Infrastruktur zur Verfügung stellen muss, sondern dass nur eine Einheit für die gesamte „Fachregion“ tätig wird. Politisch behält jede Gemeinde ihre Eigenständigkeit. Die Organisation der „Region“ könnte ähnlich wie bisher für Gemeindeverbände gestaltet sein, jedoch einerseits flexibler, um auf konkrete Bedürfnisse der speziellen Region reagieren zu können, andererseits sollen aber die demokratiepolitischen Defizite der Gemeindeverbände verbessert werden. Dies wird mit Zunahme der Größe der Einheit immer relevanter.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass eine Verstärkung der interkommunalen Zusammenarbeit nur dann erfolgen wird, wenn Kooperationsmodelle auch im Finanzausgleich Berücksichtigung finden und diesbezügliche Anreize geschaffen werden.

5. Finanzverfassung
Sehr wichtig für die Städte und Gemeinden ist die Reform der Finanzverfassung. Im Regierungsübereinkommen wird festgelegt, dass „dem Städte- und Gemeindebund im Finanzausgleich ein ausreichendes formelles Anhörungs- und Verhandlungsrecht (nicht Mitentscheidungsrecht!)“ eingeräumt werden soll. Die Ablehnung eines Mitentscheidungsrechts unter Beifügung eines Rufzeichens löst eine gewisse Skepsis aus, ob das bisher, vor allem bei den letzten Finanzausgleichsverhandlungen deutlich spürbare partnerschaftliche Verhältnis der drei Gebietskörperschaften auch in Zukunft aufrechterhalten bleiben soll. Denn bereits derzeit sieht § 4 F-VG vor, dass ein Finanzausgleichsgesetz nur dann die Vermutung der Gleichheitssatzkonformität hat, wenn es auf einem von allen Verhandlungspartnern unterfertigten Paktum beruht. Vor diesem Hintergrund haben die beiden Interessenvertretungen der Städte und Gemeinden auch bisher ein gewisses Mitentscheidungsrecht im Finanzausgleich, von dem keinesfalls abgegangen werden darf.
Es würde den Rahmen dieser Ausführungen sprengen, nochmals das gesamte Forderungsprogramm des Österreichischen Städtebundes zur Finanzverfassung zu erörtern. Deshalb werden nur die wesentlichen Aspekte hervorgehoben und darauf hingewiesen, dass die Forderungen aus dem Österreich-Konvent auch weiterhin verfolgt werden sollten. Es muss für die Städte und Gemeinden auch in Zukunft eine zentrale Forderung sein, dass es zu einer Verankerung einer echten Parität in der Finanzverfassung (§ 4 F-VG) kommt. Darunter ist zu verstehen, dass das bisherige Verhandlungsgebot in eine Verhandlungspflicht umgewandelt wird. Ferner sollte das Paktum verrechtlicht werden, indem z. B. vorgesehen wird, dass es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden muss.
Zum Konnexitätsgrundsatz wird angemerkt, dass die Bindung der Kostentragung an die Vollziehungskompetenz naturgemäß einen besonderen Anreiz für rationelle Aufgabenerfüllung und ökonomisches Vorgehen schafft und daher positiv zu beurteilen ist. Deshalb sollte dieser Grundsatz auch beibehalten werden. Dem steht allerdings gegenüber, dass im übertragenen Wirkungsbereich die Aufgaben- und die Ausgabenverantwortung auseinanderklaffen. Der Materiengesetzgeber kann daher durch Ausgabenausweitungen (Übertragungen) oder durch Bestimmungen über eine Intensivierung der Aufgabenerfüllung einseitig eine Mehrbelastung der vollziehenden Gebietskörperschaften bewirken. Auf derartige Mehrbelastungen wäre zwar in der Folge im Finanzausgleich Bedacht zu nehmen. Jedoch hat die Praxis der letzten Jahre für die Städte und Gemeinden das Gegenteil gezeigt. Vor diesem Hintergrund sollten zukünftig Kostenüberwälzungen nur mehr mit Zustimmung der Gemeinden bzw. der Länder aufgrund von Verhandlungen stattfinden dürfen. Wesentlicher Reformbedarf besteht ferner hinsichtlich der Bestimmungen über den Konsultationsmechanismus und im Bereich der (Landes-)Umlagen. Die im § 3 F-VG vorgesehenen Landesumlagen werden schon seit langem als nicht mehr zeitgemäß kritisiert und sollten daher abgeschafft werden. Aber auch bei den sonstigen Umlagen etwa zur Finanzierung des Sozialbereiches müsste es Ziel sein, dass ein qualifiziertes Einvernehmen mit den betroffenen Städten und Gemeinden hergestellt wird.

III. Zusammenfassung
Obwohl die Bestimmungen über die Gemeinden in der Bundesverfassung im Verhältnis zu anderen Bereichen relativ jung sind, ist auch hier ein Reformbedarf deutlich erkennbar. Dieser ist vor allem durch die geänderten Aufgabenbereiche der Gemeinden und deren Strukturen bedingt. Eine wesentliche Rolle spielt, dass die Städte und Gemeinden in einem hohen Maß zu Dienstleistern für ihre Bevölkerung geworden sind und die Aufgabenerfüllung so effizient wie möglich erfolgen muss. Für die Städte und Gemeinden ist es daher wichtig, dass an den (zumindest konsensualen) Ergebnissen aus dem Österreich-Konvent festgehalten wird und diese umgesetzt werden. Der Bereich der Gemeinden ist im vorliegenden Regierungsprogramm nur sehr rudimentär beschrieben und es wäre wahrscheinlich zu voreilig, aufgrund der knappen Darstellung bereits jetzt zu behaupten, dass die geplanten Verfassungsreformen den Interessen der Städte und Gemeinden nicht wirklich gerecht werden.

Fußnote:
1 Ulrike Huemer, Beleuchtung der rechtlichen Rahmenbedingungen von Gemeindekooperationen, in: Max Taucher/Martin F. Polaschek (Hg.), Verstärkte interkommunale Zusammenarbeit - Gemeindekooperationen als der erfolgreiche Weg zum Europa der Regionen, Graz 2007, S. 13 ff.

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