Das war der Klimaschutzgipfel 2007

Das war der Klimaschutzgipfel 2007

Der Klimaschutz ist das Thema der Stunde – nach den jüngsten Veröffentlichungen des UN-Weltklimaberichts wollen auch die EU und Österreich die Schlagzahl erhöhen. Beim nationalen Klimagipfel wurden die kommunalen Spitzenverbände eingeladen, ihre Vorschläge vorzulegen, wobei die Themen Energieeffizienz beim Bauen und der flächendeckende Ausbau des Nahverkehrs zu den Kernpunkten in der Argumentation zählten. 37 Millionen Euro der zusätzlichen MÖSt-Einnahmen sollen vor Ort in den öffentlichen Verkehr und lokale Klimaschutzmaßnahmen fließen. Wird das reichen?

 

Städte und Gemeinden sind vom Klimawandel in vielfältiger Weise betroffen – ob nun als Wasserversorger, im Rahmen der Flächenwidmung, als Ersthelfer bei Naturkatastrophen oder als eine der von Umweltgesetzen am stärksten betroffenen Gebietskörperschaft. Daher hat der Österreichische Städtebund sich auch an der Arbeitsgruppe zum Kyoto-Forum des Umweltministeriums federführend beteiligt. Die Anerkennung der Bedeutung der kommunalen Ebene im Rahmen wirksamer Klimaschutzmaßnahmen erfolgte durch die Bundesregierung im Wege der Einladung zum Klimagipfel am 16. April. Der Gipfel versammelte vom Bundeskanzler, der Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz und dem Umweltminister abwärts alle Ebenen des Staates, zahlreiche NGOs und Expertinnen und Experten.

Was bringt ein Gipfel?
Was bringt ein derartiger Gipfel? „Heiße Luft“ titelten die Tageszeitungen am nächsten Tag. Sieht man sich die Themenschwerpunkte und die Erklärungen an, so war dieser Gipfel wohl nur ein reiner Auftakt mit Signalfunktion – mehr nicht. In vier Themenbereichen wurden folgende Themen behandelt:
- Umwelt, Landwirtschaft und Regionale Wirtschaft,
- Verkehr und Innovation,
- Industrie und Energie,
- Haushalte, Wohnen und Energieeffizienz.
Zu allen Schwerpunkten konnten von den teilnehmenden Stellen Unterlagen eingereicht bzw. Wortmeldungen auf dem Gipfel abgegeben werden. Der Österreichische Städtebund wies in seiner Stellungnahme (unter www.klimaschutz.bka.gv.at im Bereich Panels – Stellungnahmen) insbesondere auf die Chance des Umsteuerns im Bereich Verkehr hin – Stichwort Kostenwahrheit und Umweltverbund.

Städtebund-Vorschläge
„Während dem öffentlichen Verkehr durch neue Ausschreibungsregelungen und Richtlinien, die die Verwaltungsgrenzen überschreitende Verflechtung und Vertaktung erschweren, erfolgt der Ausbau des Straßennetzes sehr oft unter Verwendung europäischer und nationaler Fördermittel. Aber auch im Warengüterverkehr besteht keine Kostenwahrheit.“ Zudem hat ein großer Teil der Österreicherinnen und Österreicher gar keinen Zugang mehr zu öffentlichen Verkehrsmitteln, was einen faktischen Zwang zum Autofahren im Alltag mit sich bringt, mit hohen individuellen Kosten für den Einzelnen und einer steigenden Umwelt- und Gesundheitsbelastung (Feinstaub, Emissionen) gerade in Ballungsräumen.
Im zweiten aus kommunaler Sicht besonders wichtigen Bereich – den Haushalten und insgesamt der Energieeffizienz von Gebäuden – sieht der Städtebund das große Potenzial „im Bereich der Wohnbauförderung“. „So sollten Förderungen in einem ersten Schritt nur noch für Niedrigenergie-, im zweiten Schritt nur für Passivhäuser vergeben werden. Diese Vorgaben sollten möglichst rasch in den entsprechenden Bauordnungen der Länder Eingang finden, sodass künftige Baulichkeiten mit geringeren Standards gar nicht mehr errichtet werden können.“ Auf dem Gipfel herrschte insofern Einigkeit, dass bei den drei großen Bereichen „Verkehr“, „Industrie“ und „Wohnen“ rasch Maßnahmen getroffen werden müssen, um auch nur im Ansatz bei momentan durchaus starkem Wirtschaftswachstum CO2-Einsparungen lukrieren zu können.
In der Diskussion kamen viele Lobbys zu Wort – von Greenpeace über den VCÖ bis hin zur Industriellenvereinigung. Welche der vorgebrachten Vorschläge schlagen auf Städte und Gemeinden durch? Als tatsächlich „gefährliche“ Drohung muss der nicht wirklich originelle Finanzierungsvorschlag gelten, Klimaschutzmaßnahmen durch angenommene Minderausgaben in der Verwaltungsreform zu finanzieren. Das lässt leider erkennen, dass selbst ausgewiesene Expertinnen und Experten kaum Kenntnisse darüber haben, wie viel Personal und Ressourcen im Vollzug der diversen Umweltgesetze auf kommunaler Ebene gebunden sind. Betrachtet man die aktuellen ressourcenintensiven Registerumsetzungen alleine im Umweltsektor – Elektronisches Datenmanagement (EDM) in der Abfallwirtschaft, Mehrfachabbildung von Umweltdaten in Länder- und Bundesregistern, Satellitenlösungen bei der Gebäudeeffizienzdatenbank –, kann auf kommunaler Seite beim besten Willen kein Einsparungseffekt erkannt werden. Wer hohe Umweltstandards und umfassende öffentliche Informationspflichten fordert und beschließt, der muss auch die Mittel für die Umsetzung und für Kontrollmechanismen bereitstellen.

Wohnbauförderung umgestalten
Die Vorschläge bei der Wohnbauförderung wurden in der Diskussion sehr positiv aufgenommen, stellt doch dieses Fördermodells ein wichtiges Lenkungsinstrument dar. Die ökologischen Standards im Wohnbau sind längst etabliert und müssen zusätzlich im Zuge der Sanierung von Altbauten herangezogen werden. Aber auch die Koppelung der Wohnbauförderung an eine Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz soll Finanzmittel und Energie effizienter einsetzen und so beides sparen helfen. Durch diese Maßnahmen sollen Ortskerne gestärkt, Formen der Zersiedlung sowie die damit einhergehende Oberflächenversiegelung vermieden werden, und die sich durch Streusiedlungen ergebende Kostenlawine für die Infrastrukturvorhaltung könnte dadurch eingedämmt werden.
37 Millionen Euro MÖSt-Mittel für Gemeinden
Einigkeit herrschte am Gipfel tatsächlich in der Frage der Förderung des öffentlichen Verkehrs. Den österreichischen Städten und Gemeinden wurde zugesichert, dass sie ihren Anteil an der MÖSt-Erhöhung von 37 Millionen Euro dafür einsetzen können. Dazu erging mittlerweile eine schriftliche Einladung der Bundesregierung an die Länder sowie an Städtebund und Gemeindebund. Diese zusätzlichen Mittel sind aber von allen Gebietskörperschaftsebenen für über das derzeitige Angebot hinausgehende Maßnahmen im öffentlichen Verkehr einzusetzen und können nur zusätzliche Fördermaßnahmen aus dem Titel „Klimaschutz“ zu den von der Landeshauptleutekonferenz am 25. Mai 2005 und in der politischen Verhandlungsrunde des seinerzeitigen Verkehrsministers mit den Ländern am 31. März 2006 aufgestellten Forderungen sein: Das ÖPNRV-G 1999 ist dahingehend zu novellieren, dass sowohl organisatorisch als auch finanziell die Aufrechterhaltung des bestehenden flächendeckenden Grundangebotes und der dafür erforderliche Netzausbau im Regional- und Nahverkehr sichergestellt ist. Im öffentlichen Verkehr sind die jährlichen Investitionen der Städte schon derzeit um ein Vielfaches höher als die künftig zusätzlich lukrierten MÖSt-Mittel.
Der Bund rennt bei den Städten in Bezug auf die Zweckbindung „offene Türen“ ein. In dieser Frage herrscht auf EU-Ebene – Stichwort Wegekostenrichtlinie – Handlungsbedarf, da derzeit Formen der Querfinanzierung nur für bestimmte Strecken und Projekte erlaubt sind.
Der Klimagipfel soll künftig jährlich stattfinden. 500 Millionen Euro für den Klimaschutz können sich sehen lassen, allerdings wäre es hoch an der Zeit, effektive Messgrößen auf nationaler Ebene zu ermitteln, um gegenüber allen Beteiligten transparent und offen über Umsetzungsmaßnahmen informieren zu können.
Eine Kennzahl steht allerdings schon zur Verfügung: Die Anzahl der verwendeten Dienstwägen zur Anreise zum Gipfel sollte nächstes Jahr schon gesunken sein.

OEGZ

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