Pflege: Konsultationsmechanismus beim Hausbetreuungsgesetz ausgelöst

Pflege: Konsultationsmechanismus beim Hausbetreuungsgesetz ausgelöst

Der Österreichische Städtebund hat im Zuge der Begutachtung des Hausbetreuungsgesetzes den Konsultationsmechanismus ausgelöst. Demnach muss mit Städten und Gemeinden über die Finanzierung der angepeilten legalen 24-Stunden-Betreuung in einem Konsultationsgremium verhandelt werden. Auch mit den Ländern muss eine endgültig akkordierte Vorgangsweise vereinbart werden. Am 25. April passierte die Regierungsvorlage den Ministerrat.

 

Professionelle Pflegelösung
Österreichs Städte und Gemeinden haben sich in den letzten Wochen intensiv mit dem Entwurf des Wirtschaftsministeriums über ein neues Hausbetreuungsgesetz beschäftigt. Ganz im Sinne zweier wichtiger Anliegen – nämlich der Sicherung des Alterns in Würde und der Schaffung tragfähiger Strukturen im Pflegebereich, die pflegebedürftigen Menschen eine bestmögliche Versorgung garantieren.
Im vorliegenden Gesetzesentwurf zur Hausbetreuung werden die Bestimmungen für die Betreuung von Personen in privaten Haushalten erlassen, zugleich wird die Gewerbeordnung aus 1994 geändert. Grund für die Vorlage im März war das Auslaufen der „Amnestieregelung“ für die illegale Pflege mit Ende Juni 2007. Der Österreichsche Städtebund hat sich – in Übereinstimmung mit dem Österreichischen Gemeindebund – dazu entschlossen, den Konsultationsmechanismus auszulösen.

Kostenneutralität nicht erkennbar
Für den Österreichischen Städtebund war von Anfang an klar, dass ein Abgehen von Qualitätsstandards in der Betreuung und Pflege nicht hinnehmbar ist. Für die Städte war vor allem der Standpunkt des Ministeriums, wonach der Entwurf für Bund, Länder und Gemeinden „an sich kostenneutral“ sei, nicht nachvollziehbar.
Insbesondere war es aus Sicht der Städte und Gemeinden notwendig, dezidiert darauf hinzuweisen, dass die Kommunen sicherlich nicht auf Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Festlegung von Qualitätssicherungsmaßnahmen verzichten können. Der Entwurf würde das allerdings implizieren.

Qualitätssicherung ist zentral
Denn ganz generell hat das Hausbetreuungsgesetz den Punkt Qualität nicht im Fokus. Mindestanforderungen oder Grundkenntnisse (etwa auch sprachlicher Natur oder lokaler Gegebenheiten) werden von Betreuungspersonen nicht verlangt. Sehr ärgerlich ist die ungenaue Verwendung der Begriffe Pflege und Betreuung. Dass Betreuung zu Hause stattfindet, das ist eindeutig und gängige Praxis und für die betroffenen Menschen von unschätzbarem Wert. Pflege ist jedoch ein anderes Paar Schuhe, denn hier geht es darüber hinaus um elementare medizinische Voraussetzungen, strenge Kontrollen sind im Interesse der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen jedenfalls unverzichtbar. Im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz wird genau zwischen Tätigkeitsbereichen des gehobenen Dienstes und der Pflegehilfe unterschieden. Hinter verschlossenen Türen kann eine Unterscheidung aber kaum erfolgen. Die Stellungnahme des Städtebundes geht aber weiter: Wer garantiert bei der Pflege, die in den eigenen vier Wänden stattfindet, die Einhaltung ernährungswissenschaftlicher Standards, sanitäre Verhältnisse, Behindertengerechtigkeit und vieles mehr?

Professionelle Rund-um-die-Uhr-Pflege
Bei der Debatte über die Rund-um-die-Uhr-Pflege darf man sich keinen Illusionen hingeben. Nicht jede Einrichtung und jeder Anbieter wird alles leisten können – entscheidend ist ein sinnvoll abgestimmtes Angebot an ambulanten und stationären Diensten, das dieser enormen gesellschaftlichen Herausforderung gerecht wird. Professionelle Rund-um-die-Uhr-Pflege kann seriöserweise nur in einer stationären Einrichtung mit entsprechendem Personal, technischer und baulicher Ausstattung sowie einer permanenten Qualitätskontrolle stattfinden.
Im Gesetzesentwurf sind dabei Ansätze zu erkennen, dass neben der Pflege in öffentlichen Einrichtungen ein zweites Pflegesystem etabliert werden soll, allerdings fehlt dafür jede Form der finanziellen Bedeckung. Monatliche Kosten von 2.000 bis 3.000 Euro pro betreuter Person sind schlicht unrealistisch. Der Städtebund hat daher in seiner Stellungnahme klare Worte nicht gescheut: „Es steht zu befürchten, dass die vorliegende Form der 24-Stunden-Betreuung legal nicht leistbar, räumlich nicht umsetzbar, aber dafür qualitativ bedenklich ist.“

Nein zur Kostenüberwälzung auf Gemeinden
Sich automatisch aus dem Entwurf ergebende erhebliche Mehrbelastungen für die Städte und Gemeinden werden komplett ausgeblendet. Das können Österreichs Kommunen nicht hinnehmen, da ihnen durch das Gesetz keinerlei Wahl- und Gestaltungsmöglichkeiten in der Vollziehung des Gesetzes gegeben werden, was im Sozialbereich ein zunehmend größeres Problem wird, da Aufgabenverantwortung und Mitteldotierung gerade hier immer weiter auseinanderklaffen.
Eines ist sicher: Für eine langfristig tragfähige Lösung der „Pflegefrage“ müssen sich alle Beteiligten mehr Zeit nehmen, eine solide öffentliche Finanzierungsform finden (wie etwa eine solidarische Pflegeversicherung, zu der sich der Städtebund bekennt), klare Kompetenzen für die bürgernächste Ebene Gemeinde definieren (im Zusammenwirken mit den Ländern) und nicht zuletzt ein Ende der „Verunsicherungsdebatte“ in der Öffentlichkeit herbeiführen.
Denn das hochsensible Thema Pflege darf im Interesse der älteren Generation, der pflegenden Angehörigen sowie aller in diesem Bereich beschäftigten Menschen nicht dem Zufall oder gar weiterhin dem „Schwarzmarkt“ überlassen bleiben.

OEGZ

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