Mandatare als Aufsichtsräte, Gemeindebedienstete als Geschäftsführer

Mandatare als Aufsichtsräte, Gemeindebedienstete als Geschäftsführer

Ausgliederungen und privatwirtschaftliches Engagement von Gemeinden rücken immer mehr in den Mittelpunkt der Diskussion und sind zurzeit sehr im Trend. Neben gesetzlichen Vorgaben und steuerlichen Vorteilen dürfen die strukturellen Herausforderungen nicht außer Acht gelassen werden. Organisatorische Rahmenbedingungen und personelle Vernetzungen tragen wesentlich zum Erfolg bei. Ein Bericht über drei Jahre praktische Erfahrung.

 

Privatwirtschaftliche Aktivitäten – wozu?
Das Steuerreformgesetz 2005 war der entscheidende Durchbruch eines langjährigen Brainstormings und Prozesses in der Stadtgemeinde St. Veit/Glan. Die Idee, eine Holding zu gründen, wurde durch die steuerlichen Vorteile der Gruppenbesteuerung in die Umsetzungsphase katapultiert.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren, über einen Zeitraum von 10 Jahren, bereits vier GesmbH’s gegründet worden. Nicht die klassischen Gemeindeaufgaben wurden ausgegliedert, wie etwa der Bauhof, die Hauptplatzerneuerung oder der Bau eines neuen Gemeindeamtes. Ganz im Gegenteil – neue Aufgabenfelder und zusätzliche Angebote für den Bezirk waren Gründungshelfer. Denn ein eigenes Therapiezentrum, eine biogene Kompostieranlage, eine Stadt-Immobilien-Gesellschaft und eine Stadtmarketinggesellschaft gehören nicht zu den klassischen kommunalen Aufgaben.
Die Unterstützung der Wirtschaft durch Schaffung von Infrastruktur und einem „Einkaufszentrum St. Veit“, die Versorgung der Region, die Schaffung von Arbeitsplätzen und umweltpolitische Interessen waren der Motor für die Gründung der Gesellschaften gewesen. Im vergangenen Jahr kamen zwei weitere Gesellschaften für touristische Leitprojekte dazu.

Beteiligungswirrwarr
Vier Gesellschaften, das bedeutete vier sehr unterschiedliche Organisationsstrukturen. Eine Vielfalt an Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten, Einzelvertretungs- und Kollektivvertretungsbefugnisse, teilweise Aufsichtsräte, teilweise Beiräte, verschiedene Fristen und Beschlussfähigkeiten. Jede GesmbH musste Informationen und Unterlagen für den Gesellschafter Stadtgemeinde St. Veit/Glan aufbereiten. Der Umfang und die Struktur dieser Unterlagen waren sehr unterschiedlich. Die Adressaten waren diverse Abteilungen, wie etwa die Finanzverwaltung oder die Amtsleitung, und natürlich der Gemeinderat.
Die Koordination war aufwendig und schwer organisierbar. Also kurz auf den Punkt gebracht: Nur wenige Eingeweihte behielten den Überblick.

Vernetzung – ein langer Weg
Lange Zeit wurde über eine Vernetzung der Gesellschaften nachgedacht. Verschiedene Varianten – von der Verwaltung durch die Amtsleitung bis hin zu einer eigenen Stabsstelle für Beteiligungen – wurden mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen diskutiert.
Schließlich fiel die Entscheidung für eine eigene Beteiligungsgesellschaft. Im August 2004 wurde die St. Veit/Glan Holding GesmbH gegründet und die damals vier Tochtergesellschaften eingebracht. Ab diesem Zeitpunkt übernahm die Holding sämtliche Aufgaben eines Beteiligungsmanagements. Eine der wichtigsten Herausforderungen war es, die Schnittstelle zwischen den Gesellschaften und der Gemeinde aufzubauen. Dafür waren Strukturen notwendig, die sowohl den Erfordernissen von GesmbH’s als auch die Informations- und Kontrollfunktion des öffentlichen Gesellschafters Stadtgemeinde St. Veit/Glan genügen (Abbildung 2).
In der Fachliteratur und in den Gesetzen finden Sie viele Abhandlungen zur Organisation von GesmbH’s einerseits und von Gemeinden andererseits. Nur, wie schauen die Schnittstellen aus? Wie lässt sich die Allgemeine Gemeindeordnung mit dem Gesellschaftsrecht vereinbaren? Welche Organisationseinheit übernimmt die Verwaltung und Steuerung von Beteiligungen? Die Tücke liegt im Detail und im Alltag.

Tragfähige Säulen – ein erster Schritt
Als erster Schritt zur Strukturierung von Beteiligungen wurden die Grundlagen durchforstet:
Die Gesellschaftsverträge wurden vereinheitlicht – einerseits vom Aufbau, andererseits vom Inhalt – wie z. B. Unternehmensgegenstand, Organe, Aufgaben der Organe oder Fristen. Die Gesellschaftsverträge wurden auf die gesetzlichen Notwendigkeiten beschränkt, um gegebenenfalls flexibel reagieren zu können.
Die eigentliche Ausgestaltung findet sich in den Geschäftsordnungen. Diese wurden für sämtliche Organe der Gesellschaften – in unserem Fall beginnend vom Aufsichtsrat bis hin zu den Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer – erstellt. Bestellung, Fristen, Einladungen, Tagesordnung, Beschlussfähigkeit, zustimmungspflichtige Geschäfte, alles wurde vereinheitlicht und schriftlich vereinbart. Interne Kontrollfunktionen sind als sogenanntes „Vieraugenprinzip“ bezüglich Arbeitsstrukturen, Aufbereitung von Unterlagen sowie Koordinations- und Informationsfelder festgehalten. Die Pflichten und zustimmungspflichtigen Geschäfte sind durchgängig von der Enkeltochter bis zur Holding klar und einheitlich geregelt. Erst wenn diese tragfähigen Säulen gebaut sind, können die jeweiligen Organe operativ tätig werden.

Personalunionen – ein Lösungsansatz
Neben diesen Maßnahmen wurden auch personelle Weichen gestellt. Sehr viele Schnittstellen mussten vor allem am Beginn der Strukturierung geklärt und entschieden werden. Eine personelle Zweiteilung birgt die Gefahr in sich, dass nur die Interessen der jeweiligen Organisationseinheit vorangetrieben werden; auf der Strecke bleibt die gesamtstrategische Ausrichtung.
Alle angeführten Aktivitäten mussten also von einem Projektteam aufbereitet und umgesetzt werden, das in beiden Organisationsebenen hohe Verantwortungs- und Entscheidungskompetenz innehatte.
Die Stadtgemeinde St. Veit/Glan hat sich im Bereich des Beteiligungsmanagements für den Weg der Personalunionen entschieden – die personelle Vernetzung der Gesellschaftsfunktionen mit den Gemeindefunktionen. Diese Doppelfunktionen sind auf der politischen Verantwortungsebene als auch auf der operativen Ebene gegeben. Stadträte sind gemeinsam mit externen Fachexperten im Aufsichtsrat, leitende Gemeindemitarbeiterinnen und -mitarbeiter in Geschäftsführungspositionen vertreten.
Die Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer der Holding übernahmen Kommunikations- und Koordinationsfunktionen. Durch die Vernetzung sämtlicher Tochter- und Enkelgesellschaften wurde die Steuerung von strategischen Vorgaben erleichtert, Einsparungspotenziale und Synergien wurden erkannt und umgesetzt. Das Berichtswesen als Informations- und Steuerungssystem wurde eingeführt und standardisiert, der Auftritt durch Design und Logo vereinheitlicht. In den Gesellschaften übernahmen fachlich spezialisierte Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer die operative Ebene. Insgesamt wurden durch die Einführung eines professionellen Beteiligungsmanagements eine breitere Wissensbasis und ein optimaler Wissenstransfer geschaffen.
Doppelfunktionen auf der Holdingebene funktionieren jedoch nur, wenn beide Organisationseinheiten klare Entscheidungs- und Informationsstrukturen – einhergehend mit Kompetenz- und Verantwortungsklarheit – definiert haben. Diese Personalunionen sind eine große Herausforderung. In unseren Organisationseinheiten haben wir sie für richtig erkannt und sie haben sich im Lauf der letzten drei Jahre bewährt.

Resümee
Die strategischen Vorgaben der Politik und eine breite Einbindung von politischen Mandataren sind ein Grundstein für eine effiziente Beteiligungspolitik. Organisatorische Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden und sind die Säulen eines effizienten Beteiligungsmanagements.
Zusätzlich sind klare Aufgaben und Kompetenzen für die operativen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer notwendig.
Im Beteiligungsmanagement sind personelle Doppelfunktionen sinnvoll, um Informations- und Kontrollfunktionen sicherzustellen und den Wissenstransfer zu optimieren.
In der St. Veit/Glan Holding GesmbH hat sich, in der Praxis der letzten drei Jahre, ein Modell einer durchgängig strukturierten Organisationsform mit Personalunionen bewährt.

Fehlende Abbildungen finden Sie in der ÖGZ 5/2007!

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