"Städte machens möglich!" Das war der Österreichische Städtetag 2007

"Städte machens möglich!" Das war der Österreichische Städtetag 2007

„Ich will Ihnen eine starke, selbstbewusste Stadt in wenigen Bildern vorstellen, eine Stadt, in der mehr Arbeitsplätze als Einwohner vorhanden sind und in der es derzeit eine Arbeitslosenrate von nur 3,4% gibt, so dass ich hoffe, dass wir bald Vollbeschäftigung ausrufen können.“ Mit diesen Worten begrüßte Städtebund-Vizepräsident Bürgermeister Franz Dobusch am 30. Mai mehr als 700 Delegierte und Gäste aus Österreichs Städte beim 57. Städtetag in Linz.

 

Linz als soziale Musterstadt
Linz war damit für drei Tage die „Hauptstadt der Städte“ in Österreich. Und für Linz zeigte Dobusch auch auf, worauf es der Stadt mit Blick auf demografische Veränderungen besonders ankommt: „Es gibt hier genügend Kindergarten- und sonstige Betreuungsplätze für unsere Jüngsten sowie für jedes Kind im Pflichtschulbereich einen Hortplatz. Aber auch an Pflegeplätzen mangelt es in der Stadt nicht. Und wir haben in den vergangenen 15 Jahren alle Senioreneinrichtungen der privaten Rechtsträger und des städtischen Rechtsträgers neu gebaut beziehungsweise saniert.“
Dobusch stellte in seiner kurzen Begrüßung auch die Verwaltungsreform im Magistrat der Stadt und die Unternehmensgruppe Linz in den Mittelpunkt und verwies auf die laufenden Projekte in der Stadt: Vom Wissensturm über die Erweiterung des Ars Electronica Centers bis hin zu Stärkung des Universitätsstandortes Linz – und nicht zuletzt auf das Kulturhauptstadtjahr 2009. Dafür soll beispielsweise auch ein altehrwürdiges Haus der Stadt in ein internationales Atelierhaus umgebaut werden. „Und vergessen Sie nicht, 2009 wieder in Linz vorbeizuschauen“, meinte Dobusch, der in mehreren Trailern die Stadt präsentierte.

Häupl: „Wir gelangen zu tragfähigen Lösungen“
Die offizielle Eröffnung blieb Städtebund-Präsident Bürgermeister Michael Häupl vorbehalten, der den Bund an seine finanziellen Verpflichtungen erinnerte. „Städte, Gemeinden und der Bund, das ist so ein Thema. Ich muss ehrlich gestehen: Wir haben es nicht immer ganz leicht miteinander. Bei so mancher Frage gibt es die eine oder andere Differenz, manches bewegt sich im taktischen Bereich, manches ist sehr grundsätzlicher Natur“, so Präsident Häupl.
„Natürlich – wie könnte es anders sein! – betrifft das die Finanzen: Wir können in den Städten etwa nicht die Ideen anderer Gebietskörperschaften finanzieren oder wie rettende Engel herbeieilen, wenn eine andere Ebene nicht mehr ein oder aus weiß. Manchmal wird uns bei Gesetzesbegutachtungen zu wenig Zeit gelassen, manchmal werden wir zu spät gefragt, manchmal ist es die berühmte Drittelfinanzierung Bund-Land-Stadt, die uns zu schaffen macht. Da ist einiges zu kritisieren und ist sicherlich vieles verbesserungswürdig. Aber am Schluss finden wir fast immer einen Weg, und ich bin sicher, wir gelangen auch zu tragbaren Lösungen“, meinte Häupl.
Zudem seien es gerade die Städte, die im System der Transfers zwischen den unterschiedlichen Ebenen „stark benachteiligt sind“ und überproportional beansprucht werden. „Wir müssen uns selbstverständlich Gedanken machen, wie wir urbanes Leben, mit all seinen Herausforderungen, für die Zukunft gestalten. Wir müssen die Mittel aber so verteilen, dass dort, wo Menschen sind, wo sie zentralörtliche Infrastrukturen benützen, wo sie leben und arbeiten, genügend Mittel vorhanden sind.“ Mit Bezug auf das Thema der Pflegevorsorge unterstützte Häupl das Modell einer solidarischen Pflegeversicherung.

„Setzen wir die Interessen der Bürger um“
Kommunalpolitik richte sich in erster Linie nach den Interessen der Bürgerinnen und Bürger aus, so Häupl in seiner Festansprache: „Reflektieren wir, wie zufrieden die Menschen mit der Arbeit dieser Gemeinden sind! – Dann erhalten wir meiner Meinung nach die Antwort: In den Gemeinden werden die Sorgen, die Anliegen und die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger ernst genommen. Wir bemühen uns, so gut es geht, die Lebensumstände der Menschen so zu gestalten, dass sie zufrieden sein können. Das sind meines Erachtens der Kernpunkt und das Leitbild, nach dem sich eine nationale Politik, aber auch eine europäische Politik zu orientieren haben: Nehmen wir die Menschen ernst, nehmen wir uns selbst ernst, und setzen wir die Interessen der Bürgerinnen und Bürger auch um!“

Bundespräsidenten-Lob für kommunale Spitzenverbände
Bundespräsident Fischer betonte seine enge Verbundenheit mit den Städten und ihren RepräsentantInnen und hob die wirksame Zusammenarbeit der beiden Interessenvertretungen Städtebund und Gemeindebund hervor. „Wir haben ja schließlich alle etwas davon, wenn Städte und Gemeinden sich mit ihren Interessen, Sorgen und Anliegen in wirksamer Weise artikulieren und bemerkbar machen.“ Zudem trat der Bundespräsident für eine intensive öffentliche Diskussion über die Länge der Legislaturperiode ein. Er erinnerte daran, dass nur in wenigen Fällen eine Legislaturperiode die ganzen vier Jahre gedauert habe. „Wenn wir die Wahltermine der letzten 50 Jahre seit Abschluss des Staatsvertrags anschauen, nämlich 1956, 1959, 1962, 1966, 1970, 1971, 1975, 1979, 1983, 1986, 1990, 1994, 1995, 1999, 2002, dann bedeutet das, dass wir eine tatsächliche durchschnittliche Dauer der Legislaturperiode von knapp über drei Jahren, genau drei Jahre und zwei Monate, haben. Eine Verlängerung um ein Jahr würde also voraussichtlich bedeuten, dass in den nächsten 20 oder 30 Jahren eine Legislaturperiode de facto durchschnittlich knapp vier Jahre dauern würde.“

Platter: „Respektvoller Blick auf Stadtbürgermeister“
Die Grüße der Bundesregierung überbrachte „Gemeindeminister“ Innenminister Günther Platter, der als früherer langjähriger Bürgermeister einer ländlichen Gemeinde, Zams, von einem „respektvollen Blick auf die Stadtbürgermeister“ sprach. „Das ist heute immer noch der Fall, denn es ist klar: Die Basis der Demokratie sind die Gemeinden und Städte.“ Platter ging insbesondere auf die enge Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich bei der Vorbereitung auf die EURO 2008 ein. „Wir erwarten rund zwei Millionen Besucher während dieser Europameisterschaft. 500.000 werden in den Stadien sein, und alle anderen auf den verschiedenen Plätzen. Wir werden daher sehr intensiv mit den Städten zusammenarbeiten, damit wir eine sichere Europameisterschaft im Fußball gewährleisten können.

Pühringer fordert Redlichkeit im Finanzausgleich ein
Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer forderte einen Interessenausgleich zwischen den Gebietskörperschaften, wobei Länder und Gemeinden im Interesse der Bürgerinnen und Bürger faire und klare Lösungen anstreben sollten. „Es geht bei den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen – wie schon richtig erwähnt wurde – nicht primär darum, wer wie viel bekommt, wem man etwas wegnehmen kann und wem etwas zugeteilt wird, sondern es geht darum, dass anerkannt wird, dass Städte, Gemeinden und Länder extrem dynamische und verantwortungsvolle Aufgaben haben, die nur erfüllt werden können, wenn sie auch die entsprechende finanzielle Ausstattung erfahren.“ Und Pühringer weiter: „Wer Aufgaben übernimmt, obwohl er weiß, dass er sie nicht erfüllen kann, weil ihm heute oder spätestens morgen die finanziellen Mittel fehlen, der handelt nicht redlich! Wir müssen darauf aufmerksam machen, wie groß die Leistungsfähigkeit ist, welche Leistungen wir uns zumuten können und welche wir uns im Hinblick auf deren Erfüllbarkeit einfach nicht übertragen lassen dürfen.“

Mödlhammer: „Ganz Europa beneidet Österreichs Gemeinden“
Bürgermeister und Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer verwies in seiner Wortmeldung auf das 60-jährige Bestandjubiläum des Österreichischen Gemeindebundes 2007. „Die Städte und Gemeinden haben in diesen vergangenen 60 Jahren Erfolge erreicht, die wir uns in unseren kühnsten Träumen nicht vorzustellen gewagt hätten! Ich erwähne jetzt nur die Gemeindegesetznovelle 1962, mit der die Gemeindeselbstverwaltung verankert und der Weg von der Verwaltungs- zur Gestaltungsgemeinde geebnet wurde, die verfassungsmäßige Verankerung der kommunalen Interessenvertretungen 1988, die Einbindung der Gemeinden in die EU-Integrationsverhandlungen und den Konsultationsmechanismus. All das hat dazu geführt, dass die Gemeinden heute innerhalb des Staatsganzen rechtlich, finanziell und wirtschaftlich eine Position einnehmen, um die uns viele in Europa und in der Welt beneiden“, so Mödlhammer. Der Gemeindebund-Präsident bedankte sich bei der Stadt Linz für das überaus große Engagement in Sachen Getränkesteuer, sparte aber mit Blick auf den Kinderbetreuungsgipfel der Bundesregierung nicht mit Kritik. „Ich halte es für etwas grotesk, wenn ein Kinderbetreuungsgipfel mit vier oder fünf Ministerinnen und Ministern stattgefunden hat, die entscheidenden Partner, nämlich die Länder und die Gemeinden, hingegen nicht dabei waren! Man kann noch so eine große Konferenz machen, man wird aber keinen einzigen zusätzlichen Betreuungsplatz schaffen, wenn man nicht bereit ist, uns mit einzubinden und auch Geld auf den Tisch zu legen!“, meine Mödlhammer. An einer gemeinsam abgestimmten Vorgangsweise von Gemeindebund und Städtebund ließ Mödlhammer in seiner Grußadresse keinen Zweifel aufkommen: „Wir werden gemeinsam marschieren, damit wir unsere Aufgaben erfüllen können.“

ÖGB-Präsident Hundstorfer fordert mehr Lehrstellen
ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer, der den neuen GdG-Vorsitzenden Christian Meidlinger vertrat, stellte die Forderung des ÖGB nach der Unterstützung der Schaffung von Lehrstellen in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. „Das, was wir heute an Facharbeitermangel beklagen, sind die Folgen der Entwicklungen vom Jahr 1990 bis zum Jahr 2005. In diesen 15 Jahren wurden nämlich 85.000 Lehrstellen nicht mehr angeboten. Seit dem Jahr 2005 haben wir wiederum einen Aufschwung an Lehrstellen, das ist gut so, und das wird weiterhin so sein, Fakt ist aber, dass das, was in der vergangenen 15 Jahren nicht angeboten wurde, in Wahrheit heute fehlt.“ Es gehe nun darum, die Anstrengungen bei der Ausbildung von Jugendlichen für das Berufsleben zu verstärken. „Daher bitte ich Sie, wissend, dass viele Städte und Gemeinden diesbezüglich sehr viel tun, auf diesem Gebiet weiterhin sehr initiativ und innovativ zu sein!“

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