Ökostromförderung nach der Ökostromgesetz-Novelle 2006 in der Praxis

Ökostromförderung nach der Ökostromgesetz-Novelle 2006 in der Praxis

Seit beinahe einem Jahr greift nunmehr die neue Ökostromförderung nach der Ökostromgesetz-Novelle 20061. Einen Kernpunkt der Novelle bildete die Deckelung der jährlichen Fördervolumina für Neuanlagen. Insgesamt ist jedoch festzustellen, dass die Kritik am neuen Fördermodus nicht zuletzt bei den Anlagenbetreibern nicht abreißen will. Ein Praxis- und Situationsbericht.

 

A. Förderrahmen des Ökostromgesetzes
Das aktuell gültige Ökostromgesetz4 hat durch die Ökostromgesetz-Novelle 20065 entscheidende Neugestaltungen erfahren. Ab dem Jahr 2007 wird dabei ua das für die Höhe der Förderung von Neuanlagen entscheidende „zusätzliche jährliche Un¬ter¬stützungsvolumen“6 (§ 5 Z 31 lit a) für „Neuanlagen“ auf 17 Millionen Euro begrenzt7. Die Abnahmeverpflichtung (§ 10) der Ökostromabwicklungsstelle besteht nunmehr für
- Kleinwasserkraftanlagen8 (Engpassleis¬tung bis 10 MW; § 10 Z 1 und 3),
- „sonstige Ökostromanlagen“ (§ 10 Z 2, 4 und 6; inklusive „Altanlagen“)9,
- Ökostromanlagen nach § 10 Z 5 („Auffangtatbestand“)10 sowie
- unter gewissen Bedingungen Ökostrom¬anlagen, deren Förderung gemäß Ökostromgesetz ausgelaufen ist.

Die genannten Ökostromanlagen werden im Rahmen der jeweils erlassenen Tarifverordnungen11 über Zuschläge auf den Abnahmetarifen gefördert, welche über Zählpunktpauschalen und Verrechnungspreise für die Stromhändler unmittelbar oder mittelbar vom Endverbraucher finanziert werden. Für den Fall der Erschöpfung des österreichweiten Einspeisetarifvolumens wird mit den Antragstellern im folgenden Jahr unter Wahrung ihres Ranges ein Fördervertrag abgeschlossen, sofern das Kontingent im Folgejahr noch nicht ausgeschöpft ist.
Neben der oben dargestellten Tarifförderung sieht das Ökostromgesetz im Bereich von „Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen“12 (KWK) sowie „Mittleren Wasserkraftanlagen“13 weiters Förderungen in Form von Investitionszuschüssen vor:

- KWK-Anlagen (§§ 12f; 40–100 Euro/ kW Engpassleistung)
„Neue KWK-Anlagen“14 können Förderungen im Ausmaß von bis zu 10% des unmittelbar zur Errichtung der Anlage erforderlichen Investitionsvolumens (exklusive Grundstückskosten) erlangen (§ 12 Abs 3). Das Fördervolumen ist in den Jahren 2006 bis 2012 auf insgesamt 60 Millionen Euro15 begrenzt.
Weiters ist darauf hinzuweisen, dass Betreibern von bestehenden16 oder modernisierten17 KWK-Anlagen unter Berück¬sichtigung der erwirtschafteten Erlöse, die für die Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlichen Kosten in einem jährlich vom BMWA ermittelten Betrag in Cent/kWh Stromerzeugung (Unterstützungstarif KWK-Strom)18 gewährt werden.

- Mittlere Wasserkraftanlagen (§ 13a; max 400 Euro/kW Engpassleistung; max 6 Millionen Euro/Anlage)
Errichter von „Mittleren Wasserkraftanlagen“19 können Förderungen im Ausmaß von bis zu 10% des unmittelbar zur Errichtung der Anlage erforderlichen Investitionsvolumens (exklusive Grundstückskosten) erlangen (§ 13a Abs 1). Das Fördervolumen ist in den Jahren 2006 bis 2012 auf insgesamt 50 Millionen Euro begrenzt.
Die Förderanträge im Rahmen der Tarifförderung sind grundsätzlich an die „Ökostromabwicklungsstelle“ (§§ 14ff) zu stellen, im Bereich der KWK- und Mittlere Wasserkraftanlagen liegt die Zuständigkeit bei der „Abwicklungsstelle für die Gewährung von Investitionszuschüssen“ (§ 13c)20. Der „Unterstützungstarif KWK-Strom“ wird von der Energie Control GmbH ausbezahlt.

B. Ausgewählte Problemfelder/Kritikpunkte
B.1 Praxisrelevante Themenfelder

So schnell die Grundzüge des Fördersys¬tems auch erklärt sind, so ergeben sich im Rahmen der praktischen Umsetzung jedoch erhebliche Problemstellungen für die Erzeuger und Abwicklungsverantwortlichen. Auszugsweise sollen einige Problemfelder kurz angesprochen werden:
Im Bereich der Photovoltaikförderung hat sich im Rahmen der Abnahmepflicht die Frage der Kofinanzierung durch die Länder („50 vH der für die Abnahme erforderlichen Aufwendungen“; § 10a Abs 9) als entscheidendes Kriterium herauskris¬tallisiert21. Die Praxis ist dabei in den Bundesländern durchaus unterschiedlich: Während in einigen Bundesländern (Steiermark, Tirol) Kontingente eingeführt wurden, bestehen etwa in Niederösterreich Größenbeschränkungen für die geförderten Anlagen. In Wien gibt es schließlich überhaupt keine Koförderung und somit keine Fördertarife gemäß Einspeisetarifverordnung22, während das Land Vorarlberg im Gegensatz dazu eine unbeschränkte Koförderung im Rahmen der Kontingente gewährt.
Praktisch relevante Fragen ergeben sich auch im Zusammenhang mit Anlagen auf Basis von fester und flüssiger Biomasse, Abfall mit hohem biogenen Anteil, auf Basis von Biogas sowie bei Mischfeuerungsanlagen. Bei diesen Anlagen muss nach § 11 Abs 1 ein Brennstoffnutzungsgrad von mindestens 60% erreicht werden. Um dies nachzuweisen, muss den Förderantragsunterlagen ein Konzept, welches die Erreichung des Brennstoffnutzungsgrades schlüssig darlegt, beigefügt sein. Die tatsächliche Erreichung des Brennstoffnutzungsgrades muss in der Folge durch ein Gutachten nach Inbetriebnahme nachgewiesen werden.
Bei Anlagen auf Basis fester Biomasse ist zusätzlich darauf hinzuweisen, dass diese nach § 10a Abs 1 einen Nachweis benötigen, dass sie Maßnahmen zur Reduktion von Feinstaub aufweisen. Dieser Nachweis kann, wenn im erstinstanzlichen Genehmigungsbescheid keine derartigen Feststellungen enthalten sind, in Form eines Ziviltechnikergutachtens erfolgen. Insbesondere im Bereich von Biomasseanlagen ist auch auffallend, dass die Anlagen teilweise eine höhere Leistung als die Engpassleistung erbringen. In diesem Fall ist bei Überschreitungen der Engpassleistung nach Prüfung durch die Ökostromabwick¬lungsstelle durch den Anlagenbetreiber eine Änderung des „Ökostrombescheides“ nach § 7 mit höherer Engpassleistung zu beantragen. Schließlich sind die Anlagenbetreiber verpflichtet, längere Stillstandszeiten ihrer Ökostromanlage der Ökostromabwicklungsstelle bekanntzuge¬ben23.
Im Hinblick auf den Kontakt der Erzeuger mit den Netzbetreibern sei für die Praxis darauf verwiesen, dass der Anlagenbetreiber die Inbetriebnahme der Anlage der Ökostromabwicklungsstelle bekanntgeben und den Netzzugangsvertrag mit dem Netzbetreiber vorlegen muss. Konkret hat sich gezeigt, dass die Kontaktaufnahme mit dem Netzbetreiber bereits in der Planungsphase wichtig ist. Der Netzbetreiber kann wichtige Informationen über technische und organisatorische Voraussetzungen für den Netzzugang geben.
Schließlich sei noch für wechselwillige Erzeuger erwähnt, dass die Einspeisung in die Ökobilanzgruppe nach § 10a Abs 2 mindestens über 12 Monate erfolgen muss. Bei einer früheren Kündigung wird seitens der Ökostromabwicklungsstelle die Differenz zwischen gewährtem Fördertarif und Marktpreis abzüglich Ausgleichsenergiekosten zurückgefordert.

B.2 Situation
Die Kritik an den bestehenden Fördermechanismen ist breit gefächert. Zum einen führen immer höhere Anlagenkosten dazu, dass die Fördervolumina und Fördertarife teilweise keine ausreichenden Anreize zur Anlagenerrichtung bieten, zum anderen stellt sich die Frage, ob eine erhöhte Be¬las¬tung der Endverbraucher mit weiteren „Ökostrom-Zuschlägen“ noch zumut- und politisch umsetzbar ist. Der aktuelle Abwicklungsstand der Ökostromabwick¬lungsstelle, der ein objektives Bild zeichnet, stellt sich dabei wie folgt dar:
Die Ökostromabwicklungsstelle hat im vierten Quartal 2006 400 Anträge entgegengenommen und 263 Förderverträge abgeschlossen. Im Jahr 2006 wurde das Kontingent dadurch nur im Bereich der Windkraftanlagen ausgeschöpft und konnten die Überhänge in den übrigen Bereichen auf das Jahr 2007 übertragen werden.
In den ersten sieben Monaten 2007 wurden rund 700 Anträge eingebracht. Zum Stichtag 20. August 2007 waren dabei aktuell in den Bereichen „Biomasse fest“ und „Abfall“ noch 8.110.523,47 Euro, im Bereich „Wind“ noch 9.652.871,40 Euro und in der Anlagenkategorie „Photovoltaik und Sonstiger Ökostrom“ noch 1.262.603,59 Euro an zusätzlichen Einspeisetarifvolumen vorhanden24.

C. Zusammenfassung und ¬Ausblick
Die neue Ökostromabwicklung nach der Ökostromgesetz-Novelle 2006 hat sich nach einer gewissen Anlaufphase und rechtlichen Startschwierigkeiten inzwischen eingespielt. Die Kontingente für die Förderung von Neuanlagen wurden bislang nicht ausgeschöpft, sodass grundsätzlich genügend Fördervolumina zur Verfügung stehen.
Die dennoch bestehende aktuelle politische Diskussion rund um die Novellierung des Ökostromgesetzes findet ihren Ursprung großteils im Bereich der Landwirtschaft, wobei hauptsächlich gestiegene Rohstoffpreise, zu geringe Einspeisetarife, mangelnde Kofinanzierung einzelner Länder, raumplanerische Überlegungen von Gemeinden und Ländern bei Windkraftanlagen oder Zählpunktpauschalen problematisiert werden. Umfassende und grundlegende Analysen und Evaluierungen des Ökostromgesetzes sollten nunmehr eine fachlich fundierte und umfassende Grundlage für die Entwicklung optimierter Lösungen im Rahmen einer allfälligen Gesetzesnovelle bieten.

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