City-Maut: eine (verfassungs-) rechtliche Betrachtung

City-Maut: eine (verfassungs-) rechtliche Betrachtung

In der Stadt Salzburg wurde auf politischer Ebene die Möglichkeit der Einführung einer City-Maut diskutiert. Aus diesem Grund war zu prüfen, ob eine City-Maut nach der derzeitigen Rechtslage überhaupt zulässig ist. Das Ergebnis dieser Prüfung war aus mehreren Gründen negativ.

 

Über die Möglichkeit der Einführung einer City-Maut wurde auch in der Stadt Salzburg bereits diskutiert. Dabei stellt sich die Frage, was unter City-Maut überhaupt zu verstehen ist. Es gibt City-Maut-Systeme, die ringförmig um den Stadtkern angelegt sind und nur den Verkehr auf den Einfahrt- bzw. Ausfahrtstraßen betreffen. Andere City-Maut-Systeme untergliedern das gesamte Stadtgebiet in Sektoren und umfassen damit den gesamten innerstädtischen Verkehr. In der Stadt Salzburg wären abhängig von der Wahl des Maut¬sys¬tems verschiedene Straßentypen – Bundesstraßen, Landesstraßen und Gemeindestraßen – betroffen. Nun stellt sich die Frage, ob es (verfassungs-)rechtlich überhaupt zulässig ist, dass eine Gemeinde wie z. B. die Stadt Salzburg eine City-Maut einführt.

Verfassungsgesetzliche Grundlagen
Nach Analyse der (verfassungs)gesetzlichen Grundlagen sowie der einschlägigen Judikatur ist zur Frage der rechtlichen Zulässigkeit der Einführung einer City-Maut in der Stadt Salzburg Folgendes auszuführen:
Gemäß Art. 4 Abs. 2 B-VG dürfen innerhalb des Bundes Zwischenzolllinien oder sonstige Verkehrsbeschränkungen nicht errichtet werden. Diese Bestimmung bezweckt die Erhaltung der Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes. Es dürfen weder für den Verkehr von Personen noch für den Warenverkehr innerhalb des Bundesgebietes Verkehrsbeschränkungen welcher Art immer eingeführt werden. Daher wäre jedes Gesetz, das den Inlandverkehr behindert oder erschwert oder mit Abgaben belegt, verfassungswidrig.1
In Übereinstimmung mit dieser bundesverfassungsrechtlichen Norm legt § 8 Abs 4 F-VG 1948 fest, dass Abgaben der Länder und Gemeinden, die die Einheit des Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebietes verletzen oder in ihrer Wirkung Zwischenzöllen oder sonstigen Verkehrsbeschränkungen gleichkommen, nicht erhoben werden dürfen. Unter den Verkehrsbeschränkungen des Art. 4 Abs. 2 B-VG bzw. des § 8 Abs. 4 F-VG 1948 sind jedoch Straßenmauten nicht zu verstehen.2

Gemeingebrauch einer Straße
Auch wird durch die Erhebung von Mauten oder Benützungsentgelten der Gemeingebrauch einer Straße nicht berührt.3 Bei der Einhebung einer Straßenmaut handelt es sich nämlich nicht um die Erteilung einer Bewilligung für die Benützung der Straße, sondern nur um ein Benützungsentgelt. Die Benützung der Straße ist – ungeachtet der Einhebung der Straßenmaut – jedermann gestattet.

City-Maut als öffentliche ¬Abgabe
Zu beachten ist weiters, dass öffentliche Abgaben grundsätzlich nur aufgrund von Gesetzen erhoben werden können.4 So bestimmt § 7 Z 2 Finanzausgleichsgesetz 2005 – FAG 2005, dass die Straßenbenützungsabgabe eine ausschließliche Bundesabgabe ist. Aus § 1 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, der normiert, dass für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen Maut zu entrichten ist, ergibt sich, dass eine Straßenmaut eine Straßenbenützungsabgabe im Sinne des Finanzausgleichsgesetzes 2005 ist.
§ 14 Abs. 1 Z 7 FAG 2005 enthält eine demonstrative Aufzählung der ausschließlichen Landes-(Gemeinde-)abgaben. Zu diesen zählen auch Mautabgaben für die Benützung von Höhenstraßen von besonderer Bedeutung, die nicht vorwiegend der Verbindung von ganzjährig bewohnten Siedlungen mit dem übrigen Verkehrsnetz, sondern unter Überwindung größerer Höhenunterschiede der Zugänglichmachung von Naturschönheiten dienen.
Zu beachten ist, dass § 7 Abs. 4 F-VG 1948 z. B. die Bundesgesetzgebung ermächtigt, hinsichtlich der Landes-(Gemeinde-)abgaben Bestimmungen zur Verhinderung von Doppelbesteuerungen oder sonstigen übermäßigen Belastungen, zur Anpassung solcher Abgaben an die Bestimmungen des zwischenstaatlichen Steuerrechts, zur Verhinderung von Erschwerungen des Verkehrs oder der wirtschaftlichen Beziehungen im Verhältnis zum Ausland oder zwischen den Ländern und Landesteilen, zur Verhinderung der übermäßigen oder verkehrserschwerenden Belastung der Benutzung öffentlicher Verkehrswege und Einrichtungen mit Abgaben und zur Verhinderung der Schädigung der Bundesfinanzen zu treffen. Auf dieser finanzverfassungsrechtlichen Bestimmung aufbauend bestimmt § 12 Abs. 3 ASFINAG-Gesetz, dass die aufgrund von bun¬desgesetzlichen Bestimmungen und aufgrund des Rechtes der Fruchtnießung eingehobenen Mauten, Benützungsgebühren oder Abgaben für die Benützung von Bun¬desstraßen nicht mit landesgesetzlich geregelten Abgaben belastet werden dürfen.
Darüber hinaus ergibt sich aus § 8 Abs. 3 F-VG 1948, dass neben Bundesabgaben Zuschläge der Länder und Gemeinden oder gleichartige Abgaben der Länder und Gemeinden von demselben Besteuerungsgegenstand nur mit bundesgesetzlicher Ermächtigung erhoben werden dürfen. Das Steuerfindungsrecht der Länder ist somit durch mehrere Bestimmungen des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 eingeschränkt.

Freies Beschlussrecht der Gemeinde
Im Finanz-Verfassungsgesetz 1948 ist aber auch das sogenannte freie Beschlussrecht der Gemeinden normiert. So kann die Bundesgesetzgebung Gemeinden ermächtigen, bestimmte Abgaben aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung auszuschreiben.5 Ferner kann die Landesgesetzgebung Gemeinden ermächtigen, bestimmte Abgaben aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung zu erheben.6 Solche Landesgesetze müssen die wesentlichen Merkmale dieser Abgaben, insbesondere auch ihr zulässiges Höchst¬ausmaß, bestimmen. Der Katalog jener Abgaben, die als Gemeindeabgaben aufgrund eines freien Beschlussrechtes erhoben werden können, ist in § 15 FAG 2005 enthalten.
In diesem Katalog7 ist die Ermächtigung zur Ausschreibung von Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, mit Ausnahme von Weg- und Brückenmauten, bis zu einem Ausmaß, bei dem der mutmaßliche Jahresertrag der Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung oder Anlage sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berück¬sichtigung einer der Art der Einrichtung oder Anlage entsprechenden Lebensdauer nicht übersteigt, enthalten.

Straßenmauten sind keine Verkehrsbeschränkungen
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die Einführung von Verkehrsbeschränkungen innerhalb des Bundesgebietes verfassungsrechtlich unzulässig ist. Straßenmauten stellen allerdings – gemäß der Judikatur des VfGH – keine Verkehrsbeschränkungen dar, weshalb diese auch grundsätzlich zulässig sind.
Das Finanzausgleichsgesetz 2005 legt fest, dass die derzeit erhobene Straßenbenützungsabgabe zu den ausschließlichen Bundesabgaben zählt. Der Landesgesetzgeber ist zuständig zur Regelung von Mautabgaben für die Benützung von Höhenstraßen von besonderer Bedeutung, die nicht vorwiegend der Verbindung von ganzjährig bewohnten Siedlungen mit dem übrigen Verkehrsnetz, sondern unter Überwindung größerer Höhenunterschiede der Zugänglichmachung von Naturschönheiten dienen. Der Landesgesetzgeber kann eine solche Abgabe als ausschließliche Landes- oder Gemeindeabgabe qualifizieren.
Entscheidend ist, dass die Gemeinden zwar grundsätzlich aufgrund des freien Beschlussrechtes ermächtigt werden, Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen, die für Zwe¬cke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, auszuschreiben, von dieser Ermächtigung allerdings Weg- und Brückenmauten ausdrücklich ausgenommen sind.

Gemeinde ist kein privater Straßenerhalter
In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass gemäß der Judikatur von Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof und Oberstem Gerichtshof private Grundeigentümer, die auf eigene Kos¬ten eine Straße errichten und erhalten, eine Benützungsgebühr einheben können, auch wenn die Straße dem Gemeingebrauch gewidmet wird.8
Nach dieser Rechtsprechung ist es somit zulässig, dass ein privater Straßenerhalter für eine Straße, die dem öffentlichen Verkehr dient, eine Benützungsabgabe (Maut) einhebt.
Diese Rechtsprechung bezieht sich allerdings nur auf die Tragung der Kosten für die Erhaltung einer Straße durch Private, nicht aber auf die Erhaltung durch die öffentliche Hand bzw. durch eine Gemeinde.
Die Prüfung der Frage, ob die Einführung einer City-Maut in der Stadt Salzburg rechtlich zulässig ist, hat somit ergeben, dass Straßen- und Brückenmauten grundsätzlich nur aufgrund von Bundes- oder Landesgesetzen erhoben werden können. Die Einführung einer City-Maut durch die Stadt Salzburg ist damit rechtlich nicht zulässig.

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