Städte – Brennpunkte der zukünftigen Entwicklung

Städte – Brennpunkte der zukünftigen Entwicklung

Bürgermeister Dr. Michael Häupl Präsident des Österreichischen Städtebundes

 

Österreichs Städte wachsen nicht nur aufgrund des Geburtenüberschusses, sondern vor allem durch Migration. 23% der Bevölkerung in den großen Städten hat ihren Geburtsort außerhalb Österreichs. Diese Vielfalt bereichert die Städte, doch sie verlangt nach einer vernünftigen Integrationspolitik. Sprachvermittlung und Arbeitsmarktpolitik – das sind die beiden Schwerpunkte, um die es bei vernünftiger Integrationspolitik gehen muss. Rund ein Drittel aller Kinder, die in Österreichs Städten in Kindergärten gehen oder in Horten betreut werden, haben nicht Deutsch als Muttersprache. Sprachvermittlung muss also schon hier beginnen. Und diejenigen, die legal hier leben, sollen auch legal hier arbeiten dürfen. Die in Österreichs Städten lebenden Migrantinnen und Migranten stellen eine große Chance für die Städte dar. Die unzureichende oder mangelnde Einbindung von Personen mit Migrationshintergrund in das Erwerbsleben verursacht jedoch volkswirtschaftliche Kosten. Dass sich Österreichs Städte dem Thema Integration intensiv widmen, zeigen die vielfältigen Maßnahmen, die in den Städten gesetzt werden.
In einer globalisierten Welt wird die Bedeutung der Stadt immer größer. Städte übernehmen die Rolle gesellschaftlicher Laboratorien, sind Brennpunkte der zukünftigen Entwicklung. Zugleich wird aber auch die Armut zunehmend städtisch. Daher müssen wir die Chancen der Globalisierung nutzen, um den negativen Trends entgegenzuwirken. Die Bekämpfung der Armut ist von zentraler Bedeutung. Die Globalisierung äußert sich auch in kultureller Hinsicht. Das bringt eine stärkere Berührung der verschiedenen Kulturen, aber auch die Gefahr von sozialen Spannungen mit sich. Und hier sind die Städte in ihrer Integrationskraft besonders gefordert.

Der „Reformvertrag“ von Lissabon
Die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Österreichischen Städtebundes haben in der Vergangenheit mit viel Enthusiasmus und Energie am Entwurf für eine Europäische Verfassung mitgearbeitet, die europäischen Kommunen haben hervorragend mit dem Verfassungskonvent zusammengearbeitet. Aus der Verfassung ist bekanntlich nichts geworden, Ende 2007 wurde nun der Reformvertrag von Lissabon präsentiert. Der politische Gehalt des im Reformvertrag enthaltenen Gedankengutes geht auf die Bestrebungen zur Europäischen Verfassung zurück. So sind auch viele wichtige Forderungen des Österreichischen Städtebundes an die institutionelle Reform der EU-Organe enthalten.
Die Frage der Regelung der Daseinsvorsorge ist allerdings noch immer nicht ausreichend geregelt. Die Europäische Verfassung wäre ein Regelwerk zugunsten der europäischen Bürger und Bürgerinnen gewesen. Der Reformvertrag von Lissabon muss seine Bürgertauglichkeit erst unter Beweis stellen.

Herausforderung: Interkommunale Zusammenarbeit
Distanzen zwischen – in Bezug auf ihre Wirtschaftsstruktur – ähnlichen Teilräumen treten zunehmend in den Hintergrund, das Ringen um spezifische, die Standortattribute (z. B. Anbindung an die europäischen Verkehrs- und Informationsnetze, hohe Informationsdichte über die jeweiligen Märkte, hochwertiges Humankapital etc.) nachfragende Unternehmensfunktionen gewinnt an Bedeutung.
Mit interkommunaler Zusammenarbeit kann die Effizienz der öffentlichen Dienstleistungen gesteigert werden. Die Anforderungen an die öffentliche Hand steigen in vielen Bereichen: demografische Entwicklung, Kinderbetreuung, Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen etc. – alles gerechtfertigte und notwendige Erhöhungen der öffentlichen Leistungen. Interkommunale Zusammenarbeit kann durch die Nutzung der „economies of scale“, also die Größenvorteile, ein Ansatz zur Steigerung der Effizienz sein, wobei ein daraus resultierendes demokratiepolitisches Problem berücksichtigt werden muss: die Bürgerinnen und Bürger wählen schlussendlich Vertreter, die mit ihrer Daseinsvorsorge nichts mehr zu tun haben. Lösungsansätze für dieses Problem gibt es, die es zumindest Wert sind, sachlich diskutiert zu werden.

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