Grazer Gemeinderats- und Bezirksratswahlen

Grazer Gemeinderats- und Bezirksratswahlen

Am 20. Jänner 2008 fanden in der Landeshauptstadt Graz die Wahlen des Gemeinderates, der Bezirksräte in den 17 Stadtbezirken und die Wahl des Migrantinnen- und Migrantenbeirates statt. Erstmals kamen dabei österreichweit die Neuerungen des im Juni des Vorjahres im Nationalrat beschlossenen Wahlrechtsänderungsgesetzes 2007 zum Tragen.

Aufgrund der Wahlrechtsänderungen mit der Übergangsfrist 31. Dezember 2007 musste die Gemeindewahlordnung Graz 1992 noch im Jahr 2007 novelliert werden. Dabei war es vor allem notwendig, die Bestimmungen der Briefwahl in die Wahlordnung zu übernehmen.
Die Senkung des Wahlalters auf Vollendung des 16. Lebensjahres war in Graz schon vollzogen. 16-Jährige durften bereits bei der Grazer Gemeinderatswahl 2003 ihre Stimme abgeben. Einer Anpassung bedurfte jedoch der Stichtag für das Wahlalter, dieser musste vom 1. Jänner auf den Wahltag angepasst werden. Somit waren nach Durchführung der Einspruchsverfahren für die Wahlen des Gemeinderates und der Bezirksräte 198.020 und für die Wahl des MigrantInnenbeirates 19.007 Personen wahlberechtigt.
Zusätzlich zur Briefwahl durfte erstmals bei der Wahl des Gemeinderates und der Bezirksräte aufgrund der Bestimmungen der Steiermärkischen Landtagswahlordnung 2004 die Möglichkeit der Stimmabgabe am 9. Tag vor dem Wahltag angeboten werden.

Stimmabgabe vor dem Wahltag
Um Personen die Ausübung des Wahlrechtes vor dem Wahltag vor einer örtlichen Wahlbehörde zu ermöglichen, hat die Stadtwahlbehörde besondere Wahlbehörden einzurichten, welche am 9. Tag vor dem Wahltag zur Stimmabgabe zur Verfügung stehen.
Die Stimmabgabe vor dem Wahltag wurde erstmals bei der Steiermärkischen Landtagswahl 2005 durchgeführt. Wahlberechtigte Personen mussten jedoch im Besitz einer Wahlkarte sein, um das Stimmrecht an diesem Tag ausüben zu können. War dies nicht der Fall, wurde der Wählerin/dem Wähler die Wahlkarte im Wahllokal vor der Stimmabgabe ausgestellt.
Manfred Kindermann und seinem Team, Land Steiermark FA 7A Gemeinden und Wahlen, ist es zu verdanken, dass bei der Novellierung der Gemeindewahlordnung Graz die Bestimmung der Stimmabgabe vor dem Wahltag so angepasst wurde, dass diese ohne Wahlkarten erfolgen konnte. Das Wählerverzeichnis für die Stimmabgabe vor dem Wahltag war demnach in alphabetischer Reihenfolge der Wahlberechtigten und für den Wahltag nach Wahlsprengeln und innerhalb dieser nach Straßen und Hausnummern geordnet anzulegen.
Dank dieser Änderung und dem technischen Know-how der Abteilung für Informationsmanagement des Magistrates – allen voran Peter Krusic – war die Stimmabgabe vor dem Wahltag am Freitag, 11. Jänner 2008, in der Zeit von 13 bis 20 Uhr mit elektronischem Wähler- und Abstimmungsverzeichnis an 17 Stellen durchführbar. Als Wahllokale standen sämtliche Bezirksämter, Servicestellen, das Servicecenter und der Trauungssaal der Stadt Graz zur Verfügung.
Die wahlberechtigten Personen waren dabei nicht einem bestimmten Sprengel zugewiesen, sondern konnten ihr Stimmrecht in allen angebotenen Wahllokalen ausüben. Es musste lediglich die Identität im Wahllokal nachgewiesen werden. Dafür waren umfassende technische und logistische Vorbereitungsarbeiten notwendig. Gleichzeitig mit der Wahl des Gemeinderates wurden auch die 17 Bezirksratswahlen durchgeführt. Daher mussten in jedem Wahllokal alle Stimmzettel in dementsprechender Menge verfügbar sein.
Die bei der Stimmabgabe vor dem Wahltag abgegebenen Wahlkuverts werden ungeöffnet in einer versiegelten Wahlurne, gemeinsam mit dem Abstimmungsverzeichnis und der Niederschrift der Stadtwahlbehörde, zur sicheren Verwahrung übermittelt. Diese Unterlagen bilden einen Teil des Wahlaktes der Stadtwahlbehörde. Die Stadtwahlbehörde muss die Stimmen am Wahltag nach Ende der festgesetzten Wahlzeit in die Feststellung ihres eigenen Wahlergebnisses ununterscheidbar einbeziehen.

Technische Innovationen
Diese Art der Durchführung war nur aufgrund der Funktionalität der selbstentwickelten Wahlanwendung möglich. Diese Anwendung ist in Borland Delphi 7.0 programmiert und verspeichert die Daten in einer MS SQL 2000 Datenbank. Somit konnte durch Abfrage der Datenbank die Anzahl der Stimmabgaben in den verschiedenen Wahllokalen überwacht werden. Eventuelle Engpässe bei den Drucksorten und Infrastruktur hätten somit rechtzeitig erkannt und sofort behoben werden können.
Die zum Einsatz gekommene Wahlanwendung bietet weitere Funktionalitäten, welche folgende Themengebiete abdecken:
Streichung, Neuaufnahme, Berichtigung, Eingabe von Unterstützungserklärungen, Kandidaturen, Wahlkartenausstellung, Be¬suchsantrag, Hauskundmachungen, Erstellung amtlicher Wahlinformation, Abschrift Wählerverzeichnis, Durchführung Vorgezogene Stimmabgabe, Druck Wählerverzeichnis, Briefwahl, Word-Automatisierung, diverse Schnittstellen etc.
Am Wahltag, 20. Jänner 2008, wurde die Wahl des Migrantinnen- und Migratenbeirates nach dem gleichen Muster an 24 Standorten durchgeführt.

Briefwahl
Durch dementsprechende Änderungen im Rahmen des Wahlrechtsänderungsgesetzes (§ 60 Nationalratswahlordnung 1992) kann das Wahlrecht von jenen wahlberechtigten Personen, welchen eine Wahlkarte ausgestellt wurde, auch im Wege der Übermittlung der verschlossenen Wahlkarte an die Stadtwahlbehörde ausgeübt werden (Briefwahl).
In die Gemeindewahlordnung Graz 1992 wurden grundsätzlich die Bestimmungen der Nationalratswahlordnung (§ 60) übernommen, jedoch mit folgenden zwei Abänderungen:
1. Die Wahlkarten müssen nicht bis spätestens am 8., sondern bis zum 3. Tag nach dem Wahltag um 14 Uhr bei der Stadtwahlbehörde einlangen.
2. Das Rücklangen der Wahlkarten muss nicht auf dem Postweg (oder bei einer Stimmabgabe im Ausland im Weg einer österreichischen Vertretungsbehörde oder einer österreichischen Einheit) erfolgen.

Online-Antrag mit Sicherheitscode
Die wahlberechtigte Person konnte die Stimmabgabe ohne weiteren Zeugen sofort nach Erhalt der Briefwahlunterlagen selbständig durchführen. Dazu musste nach dem Wahlvorgang lediglich die eidesstattliche Erklärung ausgefüllt, unterschrieben und die Briefwahlunterlage an die Wahlbehörde retourniert werden. Deshalb wurde verstärkt auf die Sicherheit der Wahlkartenanforderung und -ausfolgung Wert gelegt.
Die bei der Anforderung angegebenen Daten wurden vollständig entweder teilautomatisiert oder manuell geprüft. Missbrauch kann somit ausgeschlossen werden. Österreichweit einzigartig war der Abdruck eines 16-stelligen Codes in der amtlichen Wahlinformation, der zusammen mit weiteren von der wahlberechtigten Person geforderten Daten (Hauptwohnsitz und Geburtsdatum) als Identitätsnachweis galt. Somit konnte auf einfachste Art und Weise eine Wahlkarte angefordert und das Missbrauchsrisiko minimiert werden.
Der Versand der Briefwahlunterlagen erfolgte aus Sicherheitsgründen per RSb.
Um den Bürgerinnen und Bürgern die Anforderung einer Briefwahlunterlage zu erleichtern, wurde den wahlberechtigten Personen erstmals die Ausstellung von Wahlkarten dezentral in allen Bezirksämtern und Servicestellen angeboten. Dabei wurde auch eine Wahlzelle zur Verfügung gestellt. Die Briefwahl konnte so bereits vor Ort durchgeführt werden. Es war auch möglich, die ausgefüllte Briefwahlunterlage in einer versiegelten Box zur Weiterleitung an die Stadtwahlbehörde zu hinterlegen. Dieses Angebot wurde von beinahe zwei Drittel der Briefwahlwählerinnen und -wähler in Anspruch genommen. Gleichzeitig konnten damit die Kosten des Postversandes reduziert werden.
Die Verwendung der Wahlkarte als Briefwahl eröffnete auch erstmals die Möglichkeit, die Stimmabgabe außerhalb des Grazer Stadtgebietes durchzuführen. So wurden Wahlkarten in alle Kontinente der Welt versandt. Insgesamt wurden 5.135 Wahlkarten ausgestellt.
3.139 Wahlkarten wurden mit der Funktion Briefwahl verwendet und sind bis Mittwoch, 23. Jänner 2008, 14 Uhr, bei der Stadtwahlbehörde rückgelangt. 112 davon konnten aufgrund von Formalfehlern (z. B. fehlende eidesstattliche Erklärung) nicht in die Stimmenermittlung einbezogen werden. Zwischen 23. Jänner 2008, 14 Uhr, und 5. Februar 2008 sind 50 Wahlkarten rückgelangt, wovon 23 von Seiten der Post als nicht behoben retourniert wurden.

Bürgerinnen- und Bürgerinformation
Den wahlberechtigten Personen standen bei dieser Wahl zahlreiche Arten der Stimmabgabe zur Verfügung. Deshalb wurde über Internet, Sonderausgaben der Bürgerinformation Graz und einer umfassenden amtlichen Wahlinformation versucht, die Bürgerinnen und Bürger über die Möglichkeiten der Stimmabgabe zu informieren.
Intern wurden Informationen, Schulungsunterlagen und Schulungsanwendungen über Microsoft Office Sharepoint Services (MOSS) zur Verfügung gestellt.

Ergebnisermittlung
Durch eine Reorganisation der Rücknahme der Wahlunterlagen aus den 268 ordentlichen Wahlsprengeln war es erstmals bei einer Gemeinderats- und Bezirksratswahl möglich, noch am Wahlabend neben dem vorläufigen Ergebnis der Gemeinderatswahl auch jenes für die 17 Bezirksratswahlen inklusive der abgegebenen Stimmen der Stimmabgabe vor dem Wahltag und der Wahlkarten zu präsentieren.
Die Ergebnisermittlung gestaltete sich sehr umfangreich, da sich in jedem Wahlkuvert ein Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates und ein Stimmzettel für die jeweilige Wahl des Bezirksrates befand. Außerdem mussten auch die Vorzugsstimmen von den Sprengelwahlbehörden ausgewertet und in das Vorzugsstimmenprotokoll eingetragen werden.
Durch die Bestimmung der Briefwahl, dass alle bis Mittwoch, 23. Jänner 2008, 14 Uhr, rücklangenden Briefwahlunterlagen in die Stimmenermittlung mit einzubeziehen sind, konnte erst nach diesem Zeitpunkt ein endgültiges Ergebnis festgestellt werden. Eine Informationsveranstaltung für Städte und Landeswahlbehörden ist in Planung.
Bei Interesse und für Rückfragen steht das Wahlteam der Landeshauptstadt Graz ger¬ne unter +43(0)316/872-5103 oder unter wahlen@stadt.graz.at zur Verfügung.

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