Mehr für Frauen erreichen: Städte sind aktiv

Mehr für Frauen erreichen: Städte sind aktiv

Die Einrichtung von spezifischen Servicestellen für die Anliegen der weiblichen Bevölkerung ist ein deutliches Bekenntnis zur Gleichstellungs- und Frauenpolitik. Das Ziel von Frauenbüros bzw. Frauenreferaten ist es, eine Vermittlerrolle zwischen Bürgerinnen, Verwaltung und Politik einzunehmen und durch Engagement von und für Frauen einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung von geschlechterspezifischen Vorurteilen sowie Benachteiligungen zu leisten.

 

Mit der Schaffung eines eigenen Staatssekretariats für allgemeine Frauenfragen wird Frauenpolitik in Österreich erstmals Ende der 1970er Jahre institutionalisiert. Auf Landes- bzw. Gemeindeebene dauert das wesentlich länger – viele der Frauenbeauftragten nehmen ihre Arbeit erst in den 1990er Jahren auf. Diese basiert im Wesentlichen auf drei grundlegenden frauenpolitischen Strategien: rechtliche Gleichstellung, spezifische Frauenförderung und Gender-Mainstreaming.

Gleichbehandlungsgesetz für den öffentlichen Dienst
Für den öffentlichen Dienst ist die Gleichbehandlung von Frauen und Männern sowie die Förderung von Frauen seit 1993 gesetzlich geregelt. Mit Inkrafttreten der Gleichbehandlungsgesetze haben auch Gleichbehandlungsbeauftragte im öffentlichen Dienst ihre Tätigkeit aufgenommen. Häufig ist dabei die Frauenbeauftragte zugleich die Gleichbehandlungsbeauftragte innerhalb der Institution. Gleichbehandlungsbeauftragte sind bei Verstößen gegen das Gleichbehandlungsgesetz zuständig, wie im Fall von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, Benachteiligungen von Frauen bei der Beförderung oder der Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen. Ein anderer inhaltlicher Schwerpunkt dieser Tätigkeit ist die Verhandlung von Frauenförderplänen mit den Zielzahlen für jede einzelne Dienststelle. Weiters gehen von ihnen zahlreiche Impulse zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus und sie schaffen durch kontinuierliche Informationsarbeit und Sensibilisierungsmaßnahmen ein neues „Gleichbehandlungsbewusstsein“.

Frauenförderung im öffentlichen Dienst
Um der tatsächlichen Chancengleichheit auch innerhalb der Institutionen näher zu kommen, wurden Frauenförderpläne entwickelt. Hintergrund des Frauenfördergebotes ist es, die Situation der Frauen auf den unterschiedlichen Dienstebenen von Grund auf zu verbessern. Es sieht solange spezielle Fördermaßnahmen für Frauen vor, bis die Unterrepräsentation von Frauen an der Gesamtzahl der Beschäftigten und der Funktionen beendet und eine Ausgewogenheit zwischen Frauen und Männern auf allen Ebenen erreicht ist.
Die Instrumente, die zur internen Frauenförderung eingesetzt werden, sind in vielen Institutionen ähnlich. Ausschreibungen enthalten den Hinweis, dass Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt eingestellt werden. Bei Vorstellungsgesprächen sind frauendiskriminierende Fragestellungen, beispielsweise bezüglich Familienplanung, zu unterlassen; auf Wunsch werden Bedienstete während der Karenzzeit von Ausschreibungen informiert. Berufliche Laufbahnen und Fortbildungsmöglichkeiten von Frauen sind zu unterstützen. Maßnahmen, welche die soziale Infrastruktur, die Information und die Aufklärung betreffen, runden die Frauenförderung ab.

Gender-Mainstreaming
Die Aufklärung über und die Sensibilisierung für Gender-Mainstreaming ist ein wichtiger Aufgabenbereich der Frauenbeauftragten. Gender-Mainstreaming integriert die Geschlechterperspektive in alle Politikfelder, Aktivitäten und Maßnahmen mit dem Ziel, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu unterstützen. Das bedeutet, dass alle Personen einer Gesellschaft ihre persönlichen Fähigkeiten frei entfalten können, ohne durch geschlechtsspezifische Rollenmuster und Zuschreibungen eingeschränkt zu werden. Unterschiedliche Bedürfnisse von Frauen und Männern werden in der gleichen Weise berücksichtigt und gefördert, ohne Unterschiede zu zementieren. Gender-Mainstreaming entstand aus der Erkenntnis, dass frauenfördernde Maßnahmen zwar unmittelbar viel bewirken, zu einer langfristigen strukturellen Veränderung jedoch nicht ausreichend beitragen können. Vor allem dann nicht, wenn gleichzeitig eine scheinbar „geschlechtsneutrale“ allge¬mei¬ne Politik betrieben wird, die strukturelle Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern ignoriert und damit zementiert. Die Integration der Gleichstellungsperspektive in allen Bereichen soll dies vermeiden helfen.
Gender-Mainstreaming und Frauenförderung sind zwei einander ergänzende Strategien. Da die geschlechtsspezifische Ungleichheitsstruktur zu Lasten von Frauen geht, ist Frauenförderung unerlässlich, um einen Ausgleich zu schaffen. Gender-Mainstreaming erkennt geschlechtsspezifische Ungleichheiten und zeigt auf, wo deshalb ergänzende frauenfördernde Maßnahmen notwendig sind. Wenn man Gender-Mainstreaming ernst nimmt, führt es zu einer Stärkung der Frauenförderung.

Strategien zur Durchsetzung
Um ihre Arbeit entsprechend umsetzen zu können, haben Frauenbeauftragte eine Reihe von Strategien entwickelt, die an die jeweiligen institutionsspezifischen Gegebenheiten angepasst sind. Wichtig ist unter anderem das Erreichen bestimmter Kompetenzen, wie etwa Stimmrechte in politischen und administrativen Gremien. Auch Veto- oder Beeinspruchungsrechte, Akteneinsicht oder die Vorlagepflicht von Beschlüssen und Entscheidungen anderer Stellen ermöglichen es, Frauen- und Gleichstellungsaspekte in konkrete Maßnahmen und Politik einfließen zu lassen.
Bewusstseinsbildung und die Sensibilisierung für Frauenanliegen sind wesentliche Aspekte für Frauenbeauftragte – Öffentlichkeitsarbeit in all ihren Facetten steht daher im Vordergrund, um Informationsdefizite zu überwinden.
Zu den Kernaufgaben zählen aber vor allem auch die Anliegen, Bedürfnisse und Wünsche der weiblichen Bevölkerung zu ermitteln, einer politischen Umsetzung zuzuführen und damit strukturellen Benachteiligungen entgegenzuwirken.
Ein zusätzlicher Schwerpunkt, der im Laufe der Jahre immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, ist die Schaffung und Pflege von Netzwerken.

Netzwerk der städtischen Frauenbeauftragten
Im Rahmen der 6. Sitzung des Frauenausschusses des Österreichischen Städtebundes, der am 29. Jänner 2008 in Kapfenberg stattfand, wurde das „Netzwerk der städtischen Frauenbeauftragten“ vorgestellt. Diese österreichweite Zusammenarbeit wurde im Jahr 2005 ins Leben gerufen. Die zweimal jährlich stattfindenden Tagungen stehen vorwiegend im Zeichen des Informations- und Erfahrungsaustausches, und die Vertreterinnen aus den Städten diskutierten dabei Möglichkeiten verstärkter Zusammenarbeit, die Ausarbeitung gemeinsamer Strategien, die Durchführung von Veranstaltungen sowie zukünftige Vorhaben mit überregionalem Interesse. Für die Teilnahme am Netzwerk ist es Voraussetzung, hauptamtliche Frauenbeauftragte auf Verwaltungsebene mit finanziellen und zeitlichen Ressourcen zu sein. Die Nutzen dieser Vernetzung sind für die Beteiligten offenkundig – man lernt voneinander, bekommt kostenlose Information und Inputs für die eigene Kommune, vermeidet Fehler durch die Erfahrung anderer und stellt Synergien her (z. B. bei Publikationen).
Die folgende Vorstellungsrunde der Mitglieder zeigt die Vielfalt der Frauenpolitik und der Aufgabenbereiche von Frauen- bzw. Gleichbehandlungsbeauftragten auf.
Die Stadt Graz hat seit 1986 als erste Stadt in Österreich eine unabhängige Frauenbeauftragte und seit 1988 ein Frauenreferat. Beide Stellen nehmen eine zentrale Stellung der Frauenpolitik in Graz ein.
Die unabhängige Frauenbeauftragte Brigitte Hinteregger ist sowohl Ansprechpartnerin für Anliegen und Bedürfnisse der in Graz lebenden Frauen als auch für politische Vertreterinnen und Vertreter. Sie ist Vorsitzende des Grazer Frauenrats und bringt frauenpolitische Expertisen in den Grazer Menschenrechtsbeirat ein.
Die Frauenreferatsleiterin Doris Kirschner setzt frauenspezifische Projekte um und ist für die Subventionen im Frauenbereich, die Implementierung von Gender-Mainstreaming und das Frauenförderungsprogramm der Stadt zuständig.
Eine Beratungs-, Service-, Vermittlungs- und Projektstelle ist das Frauenreferat in Innsbruck. Frauenbeauftragte Barbara Hutter unterstützt auch bei Behördenkon¬takten, ist zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und subventioniert Frauenprojekte.
Astrid Malle – als Frauen- und Gleichbehandlungsbeauftragte der Stadt Klagenfurt – berät, vernetzt Frauen in der Klagenfurter Frauenplattform, kommuniziert Frauenanliegen in der Öffentlichkeit, organisiert Vorträge, Seminare, Workshops, Lesungen sowie Ausstellungen und unterstützt Fraueneinrichtungen.
In Linz betreut Elvira Tomancok als Frauenbeauftragte viele außenorientierte Projekte, sie hat Zugang zu allen Ausschusssitzungen als beratendes Mitglied und es besteht das Recht auf Akteneinsicht und Informationsbeschaffung über alle Ämter. Fraueneinrichtungen werden durch Subventionen, Beteiligungen an bestimmten Projekten und fachliche Zusammenarbeit unterstützt. Maßnahmen zur Förderung des Zugangs von Mädchen und Frauen in technischen Bereichen, Chancengleichheit im Berufsleben sowie Förderung von Frauen in Kunst und Kultur sind weitere Schwerpunkte. Das Linzer Frauenbüro stiftet Frauenpreise als auch -auszeichnungen und ist federführende Dienststelle des Frauenausschusses des Linzer Gemeinderates; gemeinsam wurde ein eigener Frauenaktionsplan erarbeitet.
In Salzburg ist Dagmar Stranzinger zugleich Frauen- und Gleichbehandlungsbeauftragte. Das Frauenbüro bietet Rechts- und Sozialberatung und organisiert frauenspezifische Projekte. Magistratsintern wurde ein großes Mentoringprojekt in Zusammenarbeit mit der Universität als Frauenfördermaßnahme gestartet, bei dem es ausschließlich Mentees gibt. Darüber hinaus veröffentlicht das Frauenbüro zahlreiche Publikationen und vergibt Subventionen an Frauenprojekte.
Im Rahmen des Frauen- und Gleichbehandlungsreferats vertritt Sabine Hartl die Interessen von Frauen in Schwechat und macht diese durch Projekte und Veranstaltungen öffentlich. Martina Eigelsreiter gestaltet in St. Pölten die innere und äußere Frauenpolitik der Stadt. Das Frauenbüro dient als Anlaufstelle für ratsuchende Frauen, kooperiert mit frauenspezifischen Einrichtungen, betreibt Networking sowie Öffentlichkeitsarbeit und organisiert Veranstaltungen, Vorträge, Diskussionen und Ausstellungen.
In Villach ist die Frauenbeauftragte Sigrun Taupe in der außenorientierten Frauenarbeit tätig. Ihr Zuständigkeitsbereich erstreckt sich von Frauenberatung, Mitarbeit bei Projekten, Durchführung von Veranstaltungen bis zur Organisation von Frauengesundheitstagen und -kulturtagen. Das Frauenhaus Villach, die Frauenberatung Villach und das Frauengesundheitszentrum Kärnten werden mittels Subventionen unterstützt. Die Frauenbeauftragte ist im Vorstand des Vereins Frauenhaus sowie im Beirat des Frauengesundheitszentrums vertreten und hat bei beiden Einrichtungen an der Aufbauarbeit und Konzeptentwicklung mitgearbeitet.
Die Frauenabteilung der Stadt Wien wird von Marion Gebhart geleitet. Zu ihren Aufgaben gehört es, den 24-Stunden-Frauennotruf als auch das Frauen- und Mädchentelefon zu betreiben; bei frauenrelevanten Rechtsangelegenheiten mitzuwirken; Fraueninitiativen und Modellprojekte zu fördern; Informations- und Öffentlichkeitsarbeit zu Gleichbehandlung sowie anderen frauenrelevanten Themen zu leisten und Projekte in den Bereichen Frauenforschung, -förderung und Gleichbehandlung anzuregen bzw. durchzuführen. Im Weiteren wirkt sie inhaltlich und administrativ in der Wiener Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen, bei der Gleichbehandlungskommission der Stadt Wien wie auch in sonstigen Angelegenheiten der Gleichbehandlung und Frauenförderung mit.

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