Das Grazer Jugendamt hat „ein Kind“ bekommen!

Das Grazer Jugendamt hat „ein Kind“ bekommen!

Das Amt für Jugend und Familie der Stadt Graz hat vor fast vier Jahren entschieden, die soziale Arbeit organisatorisch-strukturell und fachlich-inhaltlich neu zu gestalten. Darüber hinaus fand ein Organisationsumbau in der Abteilung statt, der sich von der Fachbereichsverantwortung zu einer Prozessverantwortung wandelte.

 

Graz wurde in vier Regionen (= Sozialräume, die jeweils mehrere Stadtbezirke umfassen) aufgeteilt. Am 4. Dezember 2007 hat das erste dezentrale Jugendamt – Graz Südost – unter der Leitung von Edith Sandner-Koller offiziell seine Türen für alle Bewohnerinnen und Bewohner des Sozialraums weit geöffnet – mit Angeboten, die sich sehen lassen können.

Die Angebote des Sozialraumzentrums
Der Satz aus unserem Pflichtenheft „Allgemeine Aufgaben des Amtes für Jugend und Familie sind … die Familien bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in der Pflege und Erziehung Minderjähriger zu beraten und zu unterstützen. Dabei ist unser Ziel, dass sich die Angebote und Dienstleistungen an den Interessen der Menschen ausrichten“ gilt natürlich auch und ganz besonders für die inhaltliche Arbeit eines solchen Zentrums. Kinderschutz auf der rechtlichen Basis des Steirischen Jugendwohlfahrtsgesetzes hat oberste Priorität.
Im Jugendamt Graz Südost werden dar¬über hinaus Familiensozialarbeit und Elternberatung angeboten: zentrale Fragen für junge Eltern sind natürlich die kindliche Entwicklung, Ernährungsberatung, praktische Babypflege, Kinderkrankheiten und Impfungen und vieles mehr.
Information und Kommunikation stehen im Mittelpunkt – so können Eltern in den gemütlichen Räumen nach den Beratungen bei Diplomsozialarbeiterinnen/-arbeitern und Ärzten/Ärztinnen noch gern mit anderen Eltern zusammensitzen, sich austauschen und auch offene Gesprächsrunden zu den für sie relevanten Fragen organisieren.
Selbstverständlich findet sich im Zentrum auch ein Wickelraum, ein Stillraum und eine kleine Küche, in der Eltern ein Fläschchen oder einen Brei wärmen können.
In den fünf Außenstellen für Familiensozialarbeit des Sozialraums Graz Südost (umfasst die drei Grazer Stadtbezirke Jakomini, Liebenau und St. Peter) werden dezentrale Elternberatung und frühe Hilfen als präventive Unterstützungsmaßnahmen großgeschrieben.
„Die Grazbachgasse“, so die amtsinterne Bezeichnung für das erste dezentrale Jugendamt – weitere drei sollen künftig noch folgen – ist ein erster, ganz wesentlicher Schritt bei der Verwirklichung bzw. Umsetzung des Konzepts der Sozialraumzentren.

Warum geht Graz den Weg der Sozialraumorientierung?
Passgenaue Hilfen durch multiprofessionelle Teams (Diplomsozialarbeiterinnen/-arbeiter, Psychologinnen/Psychologen, Ärztinnen/Ärzte, Jugendhilfereferentinnen/-referenten) sollen helfen, dass Klientinnen und Klienten so rasch wie möglich (wieder) ein selbstbestimmtes Leben führen können – das sind wesentliche „Bausteine“ der Sozialraumorientierung!
Im Amt für Jugend und Familie findet seit der Entscheidung für das Konzept der Sozialraumorientierung ein intensiver inhaltlicher Prozess statt – mit dem Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu den Dienstleistungen zu erleichtern und für eine bessere Erreichbarkeit des Gesamtangebotes der Jugendwohlfahrt zu sorgen.
Eine Anlaufstelle, klare Zuständigkeiten
Dienstleistungen des Amtes sollen verstärkt vor Ort angeboten werden, mit kundenInnen- und bedarfsorientierten Öffnungszeiten. Die angepeilte Optimierung des Hilfeprozesses soll für die Bürgerinnen und Bürger in hoffentlich baldiger Zukunft bedeuten: Es gibt nur eine Anlaufstelle und klare Zuständigkeiten. „Hilfen aus einer Hand“ – so das Schlagwort, sollen in Zukunft Mehrfachvorsprachen und Erhebungen vermeiden. Ein flächendeckendes Angebot mit gleichen Qualitätsstandards über ganz Graz zu legen, ist ebenfalls Teil des Konzepts.
Die intensive Vernetzung des Teams im Sozialraum mit den professionell und ehrenamtlich Tätigen der Sozialen Arbeit, wie etwa mit Vereinen, mit anderen Organisationen wie Schulen, Kinderbetreuungseinrichtungen, der Kinderklinik, Ärztinnen/ Ärzten, anderen Ämtern der Stadt Graz, ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, der Polizei und vielen anderen, soll die Bevölkerung in den Sozialräumen zur Beteiligung, zum Engagement und zur Gestaltung ihrer Lebensräume anregen.
Aber auch für die Bediensteten des Jugendamtes stellt das Konzept der Sozialraumorientierung Verbesserungen in Aussicht: Das integrierte, gut aufeinander abgestimmte Team der Fachkräfte, das die dezentralen Einrichtungen der Familiensozialarbeit mit Leben erfüllt, sich zusammengehörig fühlt und die gemeinsame Verantwortung für den jeweiligen Sozialraum übernimmt, erleichtert (sich) die täglichen Arbeitsabläufe durch regelmäßigen und intensiven Austausch, durch gegenseitiges Lernen und Vernetzen und ein Miteinander aller von Anfang bis Ende des Unterstützungsprozesses. Schnellere und flexiblere Lösungswege für Hilfesuchende und Hilfebedürftige sind durch Teamarbeit wahrscheinlicher. Verantwortung und Kompetenz werden zusammengeführt.

Sechs Arbeitsprinzipien der Sozialraumorientierung
Sozialraumorientierung, wohl das gewichtigste Argument für eine „Umorientierung“ der Arbeit in der Jugendwohlfahrt, setzt bei den
- Interessen und Bedürfnissen der Menschen, beim Willen der Menschen an (1).
- Aktivierend, und damit möglichst wenig betreuend (2),
- werden konsequent die Ressourcen der Menschen im Sozialraum genutzt (3):
- „Was kannst du selbst dazu beitragen, dass aus deinem Willen Wirklichkeit wird?“ Zielgruppenübergreifendes Arbeiten (4)
- und bereichsübergreifendes Arbeiten (vom Wohnungsamt übers Arbeitsamt bis zur Abteilung für Wirtschaftsförderung und dem Kulturverein im Bezirk) lassen die Fachkräfte über das kleine Segment „Jugendwohlfahrt“ hinausblicken (5),
- maßgeschneiderte Hilfe wird gemeinsam mit den Betroffenen erarbeitet. Kooperation und Koordination mit allen Instanzen im sozialen Raum sind wichtige Prinzipien (6).
Und auch, wenn sich das Jugendamt der Stadt Graz vor allem aus inhaltlichen Gründen für die Sozialraumorientierung entschieden hat, soll nicht unerwähnt bleiben, dass kürzere und effiziente Hilfen möglicherweise auch ein Einbremsen der Kostenexplosion in der Jugendwohlfahrt bewirken:
Die Ressourcen der Menschen und ihres sozialen Umfeldes werden noch stärker als bisher genutzt werden. Die auf den einzelnen Menschen zugeschnittenen, passgenauen, flexiblen Hilfen haben erhöhte Wirksamkeit und schlagen sich daher – so die Überlegungen – nicht so kostenintensiv zu Buche.

OEGZ

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