Alkohol am Arbeitsplatz – ein ungeliebtes Thema

Alkohol am Arbeitsplatz – ein ungeliebtes Thema

In den Medien liest man derzeit sehr viel über das Komatrinken von Jugendlichen. Reden wir einmal über die Erwachsenen und deren Verhalten am Beispiel Alkohol am Arbeitsplatz. Ein Kavaliersdelikt, totgeschwiegen, nicht vorhanden, gesellschaftlich toleriert? Der Versuch einer Problemlösung.

Suchtprävention
Warum widmet sich die Stadtgemeinde St. Veit an der Glan dem Thema Suchtprävention? Verdachtsmomente eines Alkoholmissbrauches am Arbeitsplatz treten immer wieder auf. Aber wie geht man damit um? Hilflosigkeit und die Angst, etwas Falsches zu tun, begleiten dieses Problem. Das Aufgreifen des Themas geht meist einher mit einem schlechten Gewissen und der Angst, Kolleginnen und Kollegen womöglich zu Unrecht zu beschuldigen. Betroffene Personen sind zumeist sehr erfinderisch in ihren Ausreden und bestreiten sehr lange, dass sie einen problematischen Alkoholkonsum haben. Der Konflikt, ob ein Suchtmittelmissbrauch vorliegt, tritt in den Vordergrund, und es wird sodann mangels Beweis jede weitere Diskussion eingestellt.
Die Notwendigkeit, eine längerfristige Strategie zu entwickeln, ergibt sich aus zwei Tatsachen: Einerseits der Fürsorgepflicht des Dienstgebers gegenüber seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, andererseits aus der Haftung des unmittelbar Vorgesetzten bei einem Einsatz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in einem Zustand, in dem sie sich oder andere gefährden könnten.

Ganzheitlicher Ansatz
Es ist ein dorniger Weg, lange Geduldetes aufzugreifen, neue Regeln aufzustellen und diese zu leben. Das Thema Alkohol am Arbeitsplatz muss längerfristig thematisiert werden. Wichtig sind eine ausreichende Information und die Unterstützung aller Beteiligten. Ansprechpartnerinnen/
-partner und Trägerinnen/Träger des Projektes sind vor allem Vorgesetzte, sie haben eine Vorbildfunktion. Einen nicht unwesentlichen Part spielen hier auch die Politik und ihre Vertreterinnen/Vertreter.

Professionelle Partner
Für das Projekt Alkohol am Arbeitsplatz braucht es professionelle Partner. In der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan war es die Landesstelle Suchtprävention des Amtes der Kärntner Landesregierung. Deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind fachkompetent, verfügen über eine langjährige praktische Erfahrung und stellen ihr Know-how den Betrieben unentgeltlich zur Verfügung.

Gesetzliche Grundlagen
Die gesetzlichen Grundlagen eines Alkoholverbotes sind in den diversen Arbeits- bzw. Dienstrechten enthalten. In vielen Bereichen – speziell im handwerklichen Dienst – gilt die 0,1-Promille-Grenze für die Bedienung von Geräten, Fahrzeugen, etc. Weiters darf auch das Verhalten außerhalb des Dienstes nicht außer Acht gelassen werden; da sich der Alkoholspiegel pro Stunde nur sehr langsam abbaut, kann der Alkoholkonsum in der Freizeit die Dienstfähigkeit am nächsten Arbeitstag negativ beeinflussen.

Notwendige Rahmenbedingungen
In einem ersten Schritt müssen organisatorische Rahmenbedingungen in Form einer Betriebsvereinbarung festgelegt werden. Darin werden ein Alkoholverbot und die Konsequenzen bei einem Missbrauch vereinbart. Die Betriebsvereinbarung beinhaltet einen Handlungsleitfaden, den sogenannten Stufenplan. Ein Kriseninterventionsteam wirkt im konkreten Anlassfall unterstützend. Dieses besteht aus dem Personalmanagement, dem jeweiligen Vorgesetzten des betroffenen Bereiches, der Personalvertretung und Arbeitsmedizinern. Weiters müssen die Führungskräfte durch ausreichende Information und Coaching gestützt und begleitet werden. Ein ständiger Erfahrungsaustausch hilft dabei.
In unserem Fall wurde gemeinsam mit der Landesstelle Suchtprävention eine Reihe von Seminaren und Workshops veranstaltet. Ansprechpartnerinnen/-partner waren die Führungskräfte, die Lehrlingsausbilderinnen/-bilder und die Personalvertreterinnen/-vertreter. Ziel war es, Informationen weiterzugeben, Vorgehensweisen zu erarbeiten und vor allem für das Thema zu sensibilisieren.

Der Stufenplan
Der Stufenplan legt bei einem Verdacht eines Alkoholmissbrauches folgende Handlungsrichtlinien fest:
In der ersten Stufe führt der unmittelbare Vorgesetzte bei Verhaltensauffälligkeiten ein vertrauliches Vieraugengespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter.
Bei weiteren Auffälligkeiten wird als zweite Stufe ein Motivationsgespräch geführt. Die Fakten werden angeführt, das Problem angesprochen, über Hilfsmöglichkeiten informiert, Vereinbarungen getroffen und ein Beobachtungszeitraum vereinbart.
Die dritte Stufe ist ein Konfrontationsgespräch, bei dem mit Nachdruck eine Veränderung eingefordert wird. Ein Kontakt mit Beratungsstellen samt Nachweispflicht wird vereinbart. Im Rahmen dieses Gespräches kommt es zu einer schriftlichen Verwarnung und der Androhung von arbeitsrechtlichen Konsequenzen im Wiederholungsfall.
Die vierte Stufe ist ein Konfliktgespräch, in welchem nochmalig eine massive Intervention erfolgt. Es erfolgt eine zweite schriftliche Abmahnung mit der Auflage, Beratungsstellen aufzusuchen und einen Nachweis darüber zu erbringen. Die drohenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen bei Nichteinhaltung werden wiederum angeführt.
Die fünfte Stufe ist ein Sanktionsgespräch. Da die bisher gesetzten Schritte keinen Erfolg aufweisen, kommt es nunmehr zu Sanktionen und zur Beendigung des Dienstverhältnisses.
Bei Arbeitsbereichen mit absolutem Alkoholverbot, wie etwa Betätigung von Maschinen oder Lastkraftwagen, entfällt die dritte Stufe. In jeder Stufe wird Unterstützung sowohl von internen als auch von externen Beratungsstellen angeboten. Ab der Stufe zwei werden die Gespräche in einem erweiterten Personenkreis geführt, also mit der Personalvertretung, Arbeitsmedizinern und der Personalabteilung.
Der Stufenplan und die Ausführungen dazu stützen sich auf die Broschüre Alkohol am Arbeitsplatz, die von der Landesstelle Suchtprävention des Amtes der Kärntner Landesregierung im Jahr 2006 herausgegeben wurde.

Die Praxis
Das erarbeitete Modell ist nur authentisch, wenn es innerhalb der Organisation gelebt wird; d. h. das Suchtverhalten wird angesprochen, die Entscheidungsträger gehen mit Vorbildfunktion voran. Eine Verharmlosung des Problems ist nicht zielführend. Eine Spiegelung des Verhaltens und der Auffälligkeiten ist unerlässlich. Nur ein konsequentes Einfordern der Einhaltung der Richtlinien führt zu einer Änderung der langjährigen Gewohnheiten.
Nach der Einführung der Betriebsordnung, Durchführung der Workshops und Bearbeitung der ersten konkreten Fälle nach dem Stufenplan wurde in der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan ein Erfahrungsaustausch durchgeführt. Dabei wurden die bisherigen Erfahrungen und die Probleme in der praktischen Umsetzung diskutiert. Gemeinsam mit der Landesstelle Suchtprävention wurde eine Feinabstimmung der Handlungsrichtlinien und der Rollen im Krisenteam durchgeführt.

Ein wichtiger Punkt – die Selbstverantwortung
Handlungsrichtlinien, Stufenplan, Krisenteam, Aufklärung sind die Säulen. Der Dienstgeber kann Hilfe anbieten; letztendlich liegt es aber in der Selbstverantwortung des betroffenen Mitarbeiters, eine Verhaltensänderung herbeizuführen.

Resümee
Alkohol ist als Bestandteil des geselligen Beisammenseins akzeptiert. Die Grenzen zum Missbrauch und problematischen Konsum sind oft sehr verschwommen. Wegschauen und Verharmlosen funktioniert nur für einige Zeit. Das Problem Alkohol am Arbeitsplatz muss längerfristig durch laufende Gespräche, Reflexionen und Einforderung der vereinbarten Richtlinien thematisiert bleiben. Dabei sind vor allem Vorgesetzte durch ihre Vorbildfunktion gefordert. Jede Organisation hat eine bestimmte Kultur im Umgang mit Alkoholmissbrauch am Arbeitsplatz. Diese Kultur aufzugreifen und zu ändern dauert Zeit.
Hinschauen und Handeln fördert die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, erhöht die Arbeitssicherheit, reduziert Fehlerquellen, hilft verdeckte Kosten senken und fördert ein positives Betriebsklima.

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