Stadtmarketing erfolgreich gestalten

Stadtmarketing erfolgreich gestalten

Der folgende Artikel stellt in knapper Form die wesentlichen Grundlagen und Abläufe des Stadtmarketing dar.

Kommunen stehen auf vielen Feldern im Wettbewerb. Sie konkurrieren um Unternehmensansiedlungen und qualifizierte Arbeitnehmer, um Einwohner und Touris¬ten und um die Austragung von Veranstaltungen. Über vielfältige Städterankings (z. B. von Prognos oder Bertelsmann Stiftung), die mittlerweile einen detaillierten Kennzeichenvergleich im Internet ermöglichen, ist dieser Städtewettbewerb in den letzten Jahren noch einmal medial verstärkt worden. Städte müssen heute ihre Stärken klar profilieren und zielgruppenorientiert kommunizieren. Dazu bedienen sich viele Kommunen seit Anfang der 90er Jahre des Stadtmarketing1.
Mit Hilfe des Stadtmarkting werden folgende Hauptziele verfolgt:
- die Wirtschaftskraft, das Beschäftigungs- und das Bevölkerungspotenzial dauerhaft zu sichern bzw. auszubauen,
- die Zufriedenheit und die Identifikation der unterschiedlichen Anspruchsgruppen mit der Stadt zu verbessern und die Lebensqualität möglichst aller zu steigern,
- die Attraktivität und das Image der Stadt zu verbessern und ein wettbewerbstaugliches Profil zu entwickeln,
- tragfähige Kooperationsstrukturen aufzubauen und privates Kapital einzuwerben.
Es gilt die vielfältigen Interessen der unterschiedlichen Zielgruppen transparent zu machen und mit Hilfe von Kommunikation und Netzwerkbildung auf ein gemeinsames Gesamtkonzept zu verpflichten. Dieser Prozess basiert auf dem freiwilligen Engagement der Akteure. Es können nicht wie in einem Unternehmen Anordnungen und Sanktionen ausgesprochen werden, sondern alles muss (im Konsens) ausgehandelt werden. Hinzu kommt, dass die Attraktivität einer Stadt erst einmal gegeben und nur mittel- bis langfristig veränderbar ist.2
Trotz dieser erschwerten Bedingung führt angesichts der oben skizzierten Wettbewerbsbedingungen kein Weg an integrierten Stadtmarketing-Prozessen vorbei, deren Erfolg – auch empirisch3 belegt – umso größer ist, je umfassender und strategischer sie angelegt sind.

Phasen eines Stadtmarketing-Prozesses
Idealerweise sollte ein umfassend angelegtes Stadtmarketing die im folgenden Schaubild dargestellten Phasen durchlaufen.

Zu Beginn: die „richtigen“ Akteure finden
Stadtmarketing ist „Chefsache“ und kann nur mit Unterstützung der entsprechenden Machtpromotoren aus Politik und Verwaltung umgesetzt werden. Darüber hinaus gilt es, vor dem offiziellen Start eines Stadtmarketing-Prozesses geeignete Schlüsselpersonen aus dem gesellschaftspolitischen Leben für die Unterstützung des Prozesses zu gewinnen (Anschubphase). Deshalb werden Stadtmarketing-Prozesse zumeist von Seiten der Stadtverwaltung organisiert, auch wenn der Anstoß häufig aus den Reihen der Kaufmannschaft, einer Bürgerinitiative oder einer Tourismusorganisation kommt.
Im Rahmen dieser vorbereitenden Gespräche sollte neben der grundsätzlichen Zielsetzung des Prozesses auch die Möglichkeit privater finanzieller Förderung erörtert werden (z. B. über Sponsoring). Auch öffentliche Förderquellen sollten in Hinblick auf die Förderkriterien und den Finanzierungsrahmen analysiert werden (z. B. ILEK, LEADERplus, „Ab in die Mitte“ oder QIN).

Die relevanten Daten analysieren
Da es in den meisten Städten nicht an – zum Teil teuer bezahlten – Konzepten fehlt, sollte im Rahmen der anschließenden Analysephase die Auswertung der bereits vorhandenen Gutachten stehen. Welche Erkenntnisse können daraus für eine möglichst umfassende Stärken-Schwächen-Analyse gewonnen werden und welche Daten fehlen noch, die eventuell empirisch erhoben werden müssen? Neben den „harten“ Standortfakten wie Infrastruktur, Unternehmensentwicklung, Bevölkerungs- und Arbeitsplatzentwicklung, Über¬nachtungszahlen oder Hebesätze spielen die „weichen“ Faktoren wie Wohn- und Freizeitqualität, touristische Qualität oder Familienfreundlichkeit eine immer wichtigere Rolle.
Dabei sind häufig nicht so sehr die objektiven Fakten entscheidend, sondern das jeweilige Image, also das subjektive Bild in den Köpfen der Menschen. Es reicht nicht mehr, ein attraktives Angebot zu haben, es muss auch bekannt sein und in der Vorstellungswelt der entsprechenden Zielgruppe einen möglichst einzigartigen Platz einnehmen (Positionierung). Images haben in unserer Mediengesellschaft einen großen Einfluss auf das Verhalten der Menschen und können deshalb nicht ignoriert werden. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, in regelmäßigen Abständen eine Image¬analyse durchzuführen. Im Rahmen einer Umweltanalyse ist darüber hinaus zu fragen, mit welchen, für die Kommune relevanten Entwicklungen in einzelnen Bereichen zu rechnen ist und wie sich diese auf die Zukunftsfähigkeit auswirken (Chance oder Risiko).

Das Leitbild als Selbstvergewisserung der eigenen Identität und als „Zukunftsfahrplan“
Diese Daten sollten zunächst im kleinen Kreis mit den strategisch wichtigen Schlüsselpersonen diskutiert und bewertet werden. Ebenso sollten in Strategieworkshops bereits Vorstellungen entwickelt werden, wohin sich die Kommune entwickeln soll und für welche Handlungsfelder primär Lösungen entwickelt werden müssen. Damit ist der Übergang zur nächsten Phase, der sogenannten Leitbildphase, eingeleitet.
Es empfiehlt sich für die Leitbildphase ein zweistufiges Vorgehen: Zunächst eine (Leitbild-)Diskussion in einem kleineren Strategiezirkel, und erst danach, eventuell im Rahmen von Bürgerwerkstätten, die öffentliche Diskussion mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern über das Stärken-Schwächen-Profil und den anzustrebenden Entwicklungspfad.
Ziel ist es, die identitätsstiftenden Merkmale und die Stärken der Stadt herauszuarbeiten und einen Diskussionsprozess über die Zukunft der Stadt anzuregen. Es geht um die Bewusstmachung der eigenen Besonderheiten und die Notwendigkeit, an der Zukunft der eigenen Stadt konkret mitzuwirken, sich also vom „passiven Konsumenten“ zum „mitgestaltenden Akteur“ zu entwickeln. In diesem Zusam¬men¬hang haben sich geführte Stadtbegehungen gerade bei kleineren Kommunen als ein sehr wirkungsvolles Instrument erwiesen. Zu bestimmten Themen besuchen die Bürgergruppen entsprechende Stadtteile und diskutieren vor Ort konkrete Ideen zur Verbesserung. Dabei kristallisieren sich auch die aus Sicht der Bürger wichtigsten Handlungsfelder heraus. Wich¬tiges psychologisches Ziel derartiger Veranstaltungen ist die Vermittlung einer gewissen Aufbruchstimmung und die Umkehrung negativer Kommunikationsspiralen. Denn die eigenen Bürger sind die wichtigsten Botschafter der Stadt.
Die Ergebnisse der Bürgerwerkstätten sollten dann wiederum im kleinen Kreis der Lenkungsgruppe zu einem Leitbild verdichtet werden, das kurz und prägnant das Profil und die angestrebten Entwick¬lungsziele beschreibt und als strategische Klammer für geplante Einzelmaßnahmen dient. Hilfreich für die kommunikative Vermittlung des weiteren Prozesses ist es, wenn sich die Essenz des Leitbildes in einer Art Slogan/Vision zusammenfassen lässt.

Auswahl von Leitprojekten zur Schärfung des Stadtprofils
Die Aussagen des Leitbildes müssen dann über geeignete Projekte und Maßnahmen mit Leben erfüllt werden. In der Regel werden aus den im Zuge der Stärken-Schwächen-Analyse genannten Hand¬lungsfeldern Arbeitskreise gebildet, in denen dann nach Möglichkeit unter Mitwirkung vieler Akteure der Stadt konkrete Maßnahmen entwickelt, umgesetzt und idealerweise auch finanziert werden. Mögliche Handlungsfelder wären:
- Wirtschaft und Bildung,
- Innenstadtentwicklung (inkl. Städtebau, Verkehr, Handel und Gastronomie),
- Tourismus, Events, Kultur und Freizeit,
- Wohnen und Umwelt,
- Soziales und Gesundheit,
- Kundenorientierte Verwaltung (Kommunales Management).
In den jeweiligen Handlungsfeldern müssen für die ausgewählten (Leit-)Projekte Verantwortlichkeiten, Zeitvorgaben und Finanzierungsformen bestimmt werden. Neben einem professionellen Projektmanagement ist hierfür auch die Implementierung eines umfassenden Controllings vonnöten.

Richtiges Timing: Kurzfristig umsetzbare Projekte planen zum Motivationserhalt
Umfangreiche Stadtmarketing-Projekte dauern lange und sind eigentlich ein kontinuierlicher Prozess. Um die Motivation der Beteiligten aufrechtzuerhalten, müssen Projekte identifiziert werden, die kurzfristig umsetzbar sind, um kontinuierlich vorzeigbare und vor allem kommunizierbare Erfolge zu haben. Es empfiehlt sich deshalb auch, von Beginn an wichtige Medienvertreter in den Prozess einzubeziehen und die Journalisten durch professionelle Medienarbeit zu einer regelmäßigen Berichterstattung zu bewegen (Medienpartnerschaft). Dabei kommt der erlebnisorientierten Inszenierung des Stadtprofils über Events wie zum Beispiel im Rahmen von „Ab in die Mitte“ große Bedeutung zu.

Entwicklung eines Kommunikationskonzeptes
Die Erfolge des Stadtmarketing müssen professionell „verkauft“ werden. Wie bereits oben erwähnt, ist es hilfreich, die Vision des Prozesses in kurzen Worten zu umreißen und bei allen Kommunikationsmaßnahmen im Rahmen des Stadtmarketing zu verwenden. Auch sollten die wichtigsten Botschaften des Leitbildes bei jeder sich bietenden Gelegenheit wiederholt werden. Ziel sollte der Aufbau einer (Stadt-)Marke sein, die bei den relevanten Zielgruppen ein unverwechselbares Vorstellungsbild hervorruft und das Angebot damit von der Konkurrenz abgrenzt. Sie ist das Ergebnis des abgestimmten Einsatzes aller Marketinginstrumente auf der Basis eines Corporate-Identity-Konzeptes.

Erfolgsfaktoren für Stadtmarketing-Projekte
Kommunikation ist eine der tragenden Säulen des Stadtmarketing und eine elementare Voraussetzung für fast alle Phasen. Die kommunikativen Fähigkeiten der verantwortlichen Personen und deren Fähigkeit, die „richtigen“ Akteure für die Mitwirkung zu gewinnen, entscheiden über Erfolg oder Misserfolg von Stadtmarketing-Projekten.5
Weitere Faktoren für den Erfolg von Stadtmarketing-Projekten sind:
- aktive und dauerhafte Unterstützung durch die Führungsspitze von Politik und Verwaltung,
- Auswahl der „richtigen“ Leit¬figu¬ren/ Persönlichkeiten,
- Projekt- und Umsetzungsorientierung (schnelle Sichtbarmachung von Erfolgen), professionelles Projektmanagement inkl. Erfolgskontrollen (z. B. über Kennzahlen),
- Bürgerbeteiligung,
- ausreichend Zeit (realistische Einschätzung des Zeitaufwandes für kooperative Prozesse),
- Anknüpfen an bestehende Kooperationen und Netzwerke (z. B. Vereine).




* Prof. Dr. Stefanie Hohn lehrt an der Fachhochschule Osnabrück im Studienbereich Öffentliches Management. Zu ihren Schwerpunkten in Forschung und Lehre gehören: Öffentliches Marketing, Stadt- und Regionenmarketing und Tourismusmanagement.
1 Stadtmarketing hat sich auch als Oberbegriff für Marketingaktivitäten von kleineren Kommunen eingebürgert, deshalb wird auf den gesonderten Begriff Ortsmarketing hier verzichtet.
2 Vgl. Hohn, S.: Public Marketing. Marketing-Management für den öffentlichen Sektor, Wiesbaden 2008, S. 17.
3 Vgl. Birk, F./Grabow, B./Hollbach-Grömig, B. (Hrsg.): Stadtmarketing – Status quo und Perspektiven, Berlin 2006.
4 In Anlehnung an Eberle, H./Illigmann, K./Simon, M.: Regionalmarketing in Deutschland – eine aktuelle Bilanz, DSSW-Schriften 35, Berlin 2000, S. 23.
5 Vgl. Birk, F./Grabow, B./Hollbach-Grömig, B. (Hrsg.): Stadtmarketing – Status quo und Perspektiven, Berlin 2006, S. 43 ff.

OEGZ

ÖGZ Download