Innenstadtentwicklung und Welterbe: Widerspruch oder Chance?

Innenstadtentwicklung und Welterbe: Widerspruch oder Chance?

1999 wurde die Grazer Altstadt als eines der bedeutendsten Stadtdenkmäler Europas zum Weltkulturerbe erklärt. Diese Auszeichnung darf aber nicht der zukunftsfähigen Entwicklung der City entgegenstehen. Ein von der Stadtbaudirektion erarbeiteter Management- und Masterplan garantiert den sensiblen Umgang mit der historischen Stätte.

Nachdem Österreich im Jahr 1992 die UNESCO-Welterbekonvention1 ratifizierte, beantragte die Stadt Graz im Mai 1998 in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt die Aufnahme der historischen Altstadt von Graz in die Welterbeliste. Nach der positiven Prüfung durch ICOMOS wurde die historische Altstadt von Graz am 1. Dezember 1999 anlässlich der 23. Sitzung des Welterbekomitees in Marrakesch in die Liste der Welterbestätten aufgenommen.2
Mit der Ratifizierung verbunden ist sowohl die Akzeptanz der völkerrechtlichen Verpflichtungen, welche in der Konvention geregelt sind, als auch deren Erfüllung. Die Welterbekonvention ist zwar unmittelbar anwendbar („self-executing“) und somit für alle Gebietskörperschaften bindend, lässt jedoch einen recht großen Interpretationsspielraum zu, welcher einen wirkungsvollen Schutz meist erschwert.
Das Weltkulturerbe „Historische Altstadt von Graz“ umfasst den Bereich, der großteils vom ehemaligen Renaissance-Befestigungsgürtel umschlossen wird und gleichermaßen der Schutzzone I des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes (GAEG 19803) entspricht. Der Bereich zeichnet sich durch die Geschlossenheit und Authentizität der historischen Ensembles aus und stellt ein außergewöhnliches Beispiel für das harmonische Zusammenspiel von Baustilen aus aufeinanderfolgenden Epochen dar. Aufgrund der hervorragend erhaltenen Bausubstanz zählt die Grazer Altstadt zu den bedeutendsten Stadtdenkmälern Europas.

Balance zwischen Erhalten und Verändern
Die verliehene Auszeichnung als Weltkulturerbe beinhaltet naturgemäß die Verpflichtung, mit diesem wertvollen und einzigartigen Kulturgut verantwortungsvoll umzugehen. Da der urbane Zeitgeist eine fortlaufende Umgestaltung fordert, ist ein entsprechend sensibler Umgang mit diesem großartigen Erbe der vergangenen Jahrhunderte von besonderer Bedeutung. Andererseits darf die zukunftsfähige Entwicklung der Innenstadt nicht verhindert werden. Die Kunst liegt somit in der sorgfältigen Abwägung der diversen Interessenlagen mit dem Ziel der Entwicklung eines tragfähigen Kompromisses, welcher im Idealfall in einer Win-win-Situation resultiert.
Soweit zur Theorie. Der Erfolg liegt natürlich in der praxisorientierten Umsetzung. Wie in den meisten „lebenden“ Welterbestätten gab es auch in Graz in den vergangenen neun Jahren teils heftige Diskussionen über den Nutzen und auch die Sinnhaftigkeit dieser besonderen Auszeichnung. Eine außerordentliche Herausforderung für das noch junge Weltkulturerbe stellten auch die zahlreichen Interventionen als Folge des Kulturhauptstadtjahres 2003 dar.

Kulturhauptstadtjahr 2003 als Katalysator
Im Jahr 2003 trug Graz als erste Stadt Österreichs den seit 1995 jährlich von der EU vergebenden Titel „Europäische Kulturhauptstadt“.
Der politische Wille, die Stadt Graz als Kulturhauptstadt Europas zu positionieren, war eindeutig. Als Folge hieraus muss¬ten jedoch enorme Anstrengungen unternommen werden, um die Stadt dem internationalen Publikum attraktiv darzustellen. Die Zeit damals war geprägt von einer Stagnation der Innenstadtentwicklung. Da man eine internationale Bloßstellung nicht riskieren wollte, konnte politische Einigung darüber erzielt werden, längst fällige infrastrukturelle und bauliche Maßnahmen in den Vorbereitungsjahren für 2003 zu realisieren. Die Voraussetzung hierfür waren neben den finanziellen Anstrengungen der Stadt (Sonderinvestmentprogramm) natürlich auch Förderungen durch Bund und Land.
Eine eigens gegründete Entwicklungsgesellschaft beschäftigte sich ausschließlich mit den Anliegen des Kulturhauptstadtjahres. Diese „Graz-2003-Gesellschaft“ fungierte als starker Motor für Kulturprojekte, welche teilweise in der Altstadt aufgestellt bzw. abgehalten wurden. Als nachhaltiges Projekt kann die Murinsel von Vito Acconci genannt werden. Darüber hinaus fanden befristete Kunstprojekte (Uhrturmschatten, Gespiegelte Stadt, Marienlift etc.), Sonderausstellungen, Konzerte und sonstige Aufführungen statt.

„Baurausch“ erfüllte die Stadt
Parallel dazu mussten inmitten des Weltkulturerbes der Grazer Altstadt zahlreiche Straßen und Plätze (z. B. Hauptplatz) neu gestaltet sowie diverse Hochbauten errichtet werden. Weiters einigte man sich mit dem Land Steiermark nach jahrzehntelangen Diskussionen auf einen Standort für das Grazer Kunsthaus, welches nach erfolgtem Wettbewerb errichtet wurde. Ein wahrer „Baurausch“ erfüllte die Stadt; z. B. entstanden die Stadthalle, das Kindermuseum, die Helmut-List-Halle, das Literaturhaus und das Café am Schlossberg. Darüber hinaus konnten wichtige Infrastrukturmaßnahmen umgesetzt werden. Beispielsweise konnte durch den Bau einer Tiefgarage mit mehr als 800 Stellplätzen die Oberfläche des Karmeliterplatzes als attraktive Fußgängerzone umgestaltet werden und im Schlossberg wurde ein Lift als Aufstiegshilfe vom Schlossbergplatz direkt zum Grazer Wahrzeichen, dem Uhrturm, gebaut.
Interessanterweise gab es im Kulturhauptstadtjahr trotz dieser für Grazer Verhältnisse beispiellosen Bauoffensive kaum Diskussionen zum Thema Weltkulturerbe. Dennoch erreichten mit einer gewissen Zeitverzögerung einige kritische Stimmen das Welterbezentrum der UNESCO in Paris. Aufgerüttelt durch kritische Berichte einzelner berufener „Welterbehüter“ entsandte die UNESCO prompt eine Reaktive Monitoring Mission nach Graz.

Reaktive Monitoring Mission
Anlässlich der 28. Sitzung des Welterbekomitees (2004) erging einerseits der Auftrag, den Erhaltungszustand der Welterbestätte Graz zu ermitteln und andererseits die Forderung nach einem Statusbericht, nachdem Interessenkonflikte mit den Zielen der Weltkulturerbe-Konvention festgestellt wurden. Im Besonderen ging es hierbei um drei Hochbauprojekte: das neu errichtete Kunsthaus, die bauliche Aufstockung der Thalia und nach dem Abbruch des denkmalgeschützten „Kommod-Hauses“ das im baukünstlerischen Wettbewerb ermittelte Neubauprojekt von Zaha Hadid.
Im Februar 2005 besuchten von der UNESCO entsandte internationale Welterbeexperten im Zuge einer „Reaktive Monitoring Mission“ Graz. Das Ergebnis war einerseits die erfreuliche Feststellung, dass die Werte des Weltkulturerbes in ihrer Integrität und Authentizität hochgehalten werden, jedoch umgehend ein verbessertes Managementsystem für die Stätte erforderlich ist. Dies führte in weiterer Folge zur Erstellung des Management- und Masterplans für Graz.
Die Aussagen zu den drei Bauten waren mehr oder weniger kritisch. Allein beim Kunsthaus vertrat man die Meinung, dass das auffallende biomorphe Erscheinungsbild der „blauen Blase“ (auch „Friendly Alien“ genannt) sich zwar nicht in das Ensemble der Welterbes einfügt, aber aufgrund der Tatsache, dass es sich eben um das Kunsthaus der Stadt handelt, dennoch toleriert werden kann. Die anderen Projekte wurden zwar gerügt, aber mangels gegenwärtiger Umsetzung sind die kritischen Rufe derzeit eher verhallt.

Kaufhaus-Aufstockung
Zu erwähnen ist, dass die Bevölkerungszahl von Graz im Steigen begriffen ist. Lag diese im Jahr 2001 noch bei ca. 226.000 EinwohnerInnen, so wurde im Jahr 2007 die Zahl von 250.000 Hauptwohnsitzen überschritten. Das entspricht einem Wachstum von mehr als 10% in nur sechs Jahren. Die Entwicklungsdynamik geht natürlich auch an der historischen Altstadt nicht vorbei. Es gibt einen wachsenden Markt von urbanen Menschen, die wieder in der Kernstadt wohnen möchten. Natürlich muss das Wohnangebot den zeitgemäßen Bedürfnissen entsprechen. Das bedeutet auch eine ständige Zunahme der durchschnittlichen Wohnfläche, erstklassig sanierte Altbauwohnungen und der Druck, die meist ungenutzten Dachböden auszubauen oder im Dachbereich aufzubauen.
Ähnlich verhält es sich mit den Handelsflächen. Vor allem gewachsene Betriebe haben es meist schwer, in der alten Bausubstanz die ständig steigenden Verkaufsflächen bereitzustellen. Da ein Neubau meist nicht in Frage kommt, entsteht ein wachsender Nutzungsdruck auf die unverbauten Innenhöfe oder geht in Richtung Aufstockung.
Als ein in der Kernzone gelegenes traditionelles Citykaufhaus aus wirtschaftlichen Gründen die Absicht äußerte, über die Firstlinie der umgebenden Bebauung aufzustocken, musste dem drohenden Interessenkonflikt umgehend begegnet werden.
Bereits zu Planungsbeginn und somit im Vorfeld des Wettbewerbes wurden die zuständigen Verantwortlichen eingebunden. Die Aufzonierung über die Maximalhöhe des Baublocks wurde grundsätzlich kritisch gesehen. Dennoch lobten die Bauherren einen geladenen Wettbewerb mit internationalen Architekturbüros aus, bei welchem sich die Stadtplanung mittels städtebaulichem Gutachten und als Fachpreisrichter in der Jury beteiligte. Das Siegerprojekt sah eine spektakuläre Neuinterpretation der recht homogenen Dachlandschaft vor.
Als nächster Schritt wurde das Welterbebüro der UNESCO in Paris ersucht, internationale Experten zu nennen, welche den Bauherrn und die Stadt beraten könnten. Dieser Prozess war sehr fruchtbar. Die Experten zeigten Verständnis für den in der Altstadt gewachsenen Betrieb und empfahlen der Stadt, den erforderlichen Bebauungsplan zu beschließen. Voraussetzung hierfür war jedoch die Ermittlung entsprechender Auflagen sowie die vertragliche Verpflichtung des Bau¬herrn, diese auch zu realisieren.

Der Grazer Management- und Masterplan
Nach sieben Jahren Weltkulturerbe-Status wurde es im Jahr 2006 erforderlich, die städtischen Veränderungen in der Grazer Altstadt zu evaluieren und ein Regelwerk für den Umgang mit dem Weltkulturerbe zu schaffen. Hintergrund dazu sind die geänderten Richtlinien der UNESCO, die ein verfeinertes Monitoringsystem für jede Welterbestätte fordern. Im Rahmen ihrer 30. Sitzung in Vilnius (2006) forderte das Welterbekomitee die Übermittlung eines Managementplans.
Da mittlerweile jede Welterbestätte über einen spezifischen Managementplan verfügen muss, wurde von den Verantwortlichen bestehendes Material gesichtet. Erwartungsgemäß musste festgestellt werden, dass es kein Patentrezept für einen Grazer Managementplan geben kann. Die Einzigartigkeit erfordert einen individuellen Zugang.
Zu Beginn wurden auf Basis einer „Stakeholder-Analyse“ zahlreiche Workshops durchgeführt und Interviews abgehalten. Dezidiertes Ziel war die Entwicklung von gemeinsamen Zielen und Rahmenbedingungen für die Erstellung des Managementplans. Beteiligt waren neben der Politik und zahlreicher städtischer Abteilungen die Bereiche Wirtschaft und Tourismus, das Bundesdenkmalamt, das Ministerium, diverse Bauträger usw. Wertvolle Impulse konnten in den Managementplan einfließen und Einvernehmen im grundsätzlichen Bekenntnis für ein aktives Weltkulturerbe erzielt werden sowie die Anerkennung eines Managementplans als operatives Hilfsmittel in der täglichen Arbeit.
Mit dem nun seit einem Jahr vorliegenden „Weltkulturerbe Historische Altstadt Graz – Managementplan 2007 (inkl. Mas¬ter¬plan)“4 wurde erstmals eine parzellenscharfe, objektivierte und fachliche Planungsgrundlage für das „Weltkulturerbe Historische Altstadt Graz“ erarbeitet. Der Managementplan wurde 2007 im Grazer Gemeinderat einstimmig beschlossen und vom Welterbekomitee bei seiner jährlichen Sitzung „mit Zufriedenheit zur Kenntnis genommen“.

Vertrauensbildende Basis
Der Managementplan soll als Orientierungshilfe für Planungsinteressen zwischen Bauwerberinnen/Bewerbern, Gutachterinnen/Gutachtern und der Behörde dienen, mit dem Ziel, Kontroversen zu vermeiden und klare Regelungen für ein positives Konfliktmanagement zu bieten.
Ein weiterer Nutzen ist die Akkordanz mit der UNESCO bei diversen Grundhaltungen. Dies ermöglicht eine gewisse Eigenständigkeit in der städtischen Entscheidungsfindung. Der Managementplan soll als transparentes und objektiviertes Instrument eine vertrauensbildende Grundlage für Planungsinteressen bieten, wobei eine Berücksichtigung der Welterbeinteressen bereits im Vorfeld von Bauverfahren durch ein städtisches Service gesichert werden soll.

Der Managementplan im Detail
Innerhalb der Welterbezone festigt der Managementplan gemäß den internationalen Richtlinien („operational guidelines“) der UNESCO und den Empfehlungen der Denkmalpflege den Schutz des historischen Erbes. Er besteht aus einem Managementplan im engeren Sinn und einem auf wissenschaftlicher Grundlage basierenden Masterplan als kartografische Darstellung. Die Maßnahmen des Managementplans für das Weltkulturerbe gelten für die Schutzzone I (Altstadt) des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes. Der Managementplan spielt eine strategisch wichtige Rolle im Umgang mit dem Weltkulturerbe und definiert einen generellen Handlungsleitfaden mit empfehlendem Charakter. Dieser sollte darüber hinaus zur Festigung der politischen Rahmenbedingungen im Umgang mit dem Status „Weltkulturerbe“ und in modifizierter Form auch zur Sicherung der Pufferzonen dienen.

Leitbild
Somit ist der Managementplan als ein Leitbild für den künftigen Umgang mit dem Weltkulturerbe sowie ein genereller Handlungsleitfaden mit Maßnahmen, die eine Weiterentwicklung der historischen Altstadt von Graz im Sinne der Welterbeinteressen gewährleisten, zu sehen. Er bietet klare Regelungen für ein positives Konfliktmanagement und dient als effektive Orientierungshilfe für Planungsinteressen zwischen Bauwerberinnen und Bauwerbern, Gutachterinnen und Gutachtern und Behörde bereits in der Projektentwicklungsphase.
Der Nutzen des Managementplans:
- Festigung der politischen Rahmenbedingungen
- Planungsservice bereits in der Entwick¬lungsphase
- Transparente Prozesse
- Erhöhte Planungssicherheit

Koordinationsstelle
Um Welterbeinteressen möglichst effizient nachzukommen, ist es erforderlich, sie im Vorfeld eines Bauverfahrens innerhalb städtischer Verwaltungsstrukturen entsprechend wahrzunehmen. Dem wird mit Hilfe einer eigenen Koordinationsstelle (WKE-Stelle) als Vorab-Servicestelle, integriert in die bestehende Struktur der Stadtbaudirektion, Rechnung getragen.
Die Tätigkeiten dieser WKE-Stelle umfassen dabei die Bearbeitung aller anfallenden Welterbeaktivitäten, vor allem aber die Betreuung und Beratung von Projektwerberinnen und Projektwerbern und Investorinnen und Investoren bereits in der Projektentwicklungsphase. Dadurch werden bedenkliche Entwicklungen frühzeitig aufgezeigt. Das erklärte Ziel der WKE-Stelle ist, bereits im Vorfeld der Projekteinreichung durch Information und Hilfestellung etwaige Problemfelder auszuräumen. In ihrer Sonderfunktion als Mediationsschnittstelle koordiniert sie die gemeinsame Abstimmung der relevanten Fachabteilungen.

Meldepflicht bei Interessenkonflikten
Sollte die WKE-Stelle im Zuge ihrer beobachtenden Tätigkeit feststellen, dass Bauvorhaben im Widerspruch zum Masterplan stehen und/oder maßgebliche Welterbeinteressen verletzt werden, dann ist sie verpflichtet, im Rahmen eines Stufenplans übergeordnete Institutionen über die jeweilige Problematik zu informieren (Meldepflicht). In jedem Schritt dieses Stufenplans ist das Ziel, eine einvernehmliche Lösung zu erreichen.

Kartografische Darstellung
Der Masterplan5 ist eine kartografische Darstellung des Weltkulturerbes und stellt ein nützliches Instrument für die praktische Planungsarbeit dar. Basierend auf einer Befundung6 der Kern- und Pufferzone wurde die Grazer Altstadt in elf historische „Viertel“ eingeteilt, die durch ihre Entstehungsgeschichte und ihre Bedeutung Gemeinsamkeiten aufweisen.
Die Darstellung in Planform weist Bereiche mit unterschiedlichen Wertigkeiten aus und schlägt folglich unterschiedliche Vorgehensweisen vor, die einerseits der Entwicklungsdynamik des sozioökonomischen Gebildes Stadt bezüglich Gestaltung Rechnung tragen sollen und andererseits Maßnahmen definieren, wie die historische Substanz restauriert und für eine breite Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerückt werden kann.
Anhand der Klassifizierung dieser Vorgehenszonen ergeben sich somit nach dem Ampelprinzip rot-gelb-grün drei Maßnahmenschwerpunkte:
- Erhalten (ROT): Festlegung und Verstärkung historischer Merkmale.
- Pflegen/Sanieren (GELB): Revitalisieren, Defizite beheben, verbessern.
- Entwickeln (GRÜN): Gestalten im gesetzlichen Rahmen mit hohem qualitativen Anspruch (baukünstlerischer Wettbewerb); Berücksichtigung der Aspekte von Integrität und Authentizität des historischen Stadtgefüges.
Der Masterplan grenzt sich durch seine his¬torische Definition von anderen Instrumenten der Stadtentwicklung und Stadtplanung sowie Bestimmungen des Baugesetzes und des Naturschutzes ab. Wesentliche Grundlagen des Masterplans stellen weiters die Bestimmungen des GAEG und seiner Verordnungen sowie das DMSG dar.

Ausblick
Der Managementplan fungiert als transparentes „living document“ und ermöglicht die Chance einer ständigen Weiterentwicklung. Darüber hinaus dient er gemäß den Grundprinzipien der Konvention zur Festigung der politischen Rahmenbedingungen im Umgang mit dem Weltkulturerbe.
Es erscheint wesentlich, dass die Stadt Graz trotz ihrer Verantwortung für das Weltkulturerbe auch künftig eine Stadt bleiben muss, in der Platz für zeitgemäße Architektur und innovative Entwicklung ist. Der Balanceakt zwischen Verantwortung für das Welterbe und der Rolle einer zukunftsoffenen Stadt stellt die größte Herausforderung für die Verantwortlichen dar. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, dient neben verschiedenen anderen Instrumentarien der Managementplan da¬zu, mit zeitgemäßer Architektur behutsam umzugehen, aber gleichzeitig auch neue Entwicklungen und funktionelle Erfordernisse zu fördern.
Die ständige Kommunikation der Welterbeinteressen ist die Voraussetzung, um von den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Gewerbetreibenden das erforderliche Verständnis für die Interessen des Weltkulturerbes zu erlangen. So wurde z. B. für das Weltkulturerbe ein eigener Altstadtführer (City Guide) mit diversen Rundgängen und den Aussagen des Masterplans erstellt.
Überdies erweist sich die Anwendung des Managementplans gerade in der jüngsten baulichen Entwicklung – dem Wettbewerb auf der Tiefgarage im Pfauengarten (Karmeliterplatz) – als äußerst hilfreich. Aufgrund der Größenordnung des Projektes (ca. 10.000 m2 Nutzfläche) wirkt in diesem Wettbewerb neben dem Welterbebeauftragten der Stadt, Vertreter der Stadtplanung und dem Landeskonservator auch eine von der UNESCO nominierte internationale Expertin beratend mit.

Respekt und Verantwortung
Abschließend kann resümiert werden, dass die Festlegung als Weltkulturerbe durchaus bewirkt, dass bauliche „Schnellschüsse“ vermieden werden. Dadurch besteht die Chance, sensible bauliche Interventionen in das gewachsene Weltkulturerbe mit gebührendem Respekt und entsprechender Verantwortung zu tätigen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass sich die kritischen Projekte bei ihrer Überarbeitung (auch aus Sicht der Architekten) in ihrer städtebaulichen und architektonischen Qualität oft maßgeblich verbessert haben. Noch besser ist es jedoch, wenn im Sinne einer erhöhten Planungssicherheit eine Orientierung an den Aussagen des transparenten und objektivierten Managementplans stattfindet. Diese wird durch ein aktives städtisches Service erleichtert, sodass bereits in der Planungsphase eine Abstimmung der verschiedenen Interessenlagen stattfinden kann. Das sollte uns unsere einzigartige Grazer Altstadt wert sein – auch in Zukunft, damit sich auch noch künftige Generationen an ihr erfreuen können.




1 whc.unesco.org.
2 Erfüllung der Auswahlkriterien (ii) und (iv).
3 www.ris2.bka.gv.at/Lr-Steiermark/.
4 Der vollständige Managementplan findet sich unter: www.graz.at/cms/beitrag/10067402/384408/.
5 Quelle: Masterplan Welterbe Graz, Verfasser Arch. Dipl.-Ing. Christian Andexer, Dr. Wiltraud Resch.
6 Als Basis und Quelle der Befundung dient die Kunsttopografie der Profanbauten des I. Bezirks der Grazer Altstadt.

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