Der Wert von Gärten und Grünflächen in der Stadt

Der Wert von Gärten und Grünflächen in der Stadt

Grün- und Freiräume bestimmen in wesentlicher Form die Lebensqualität für Menschen in einer Großstadt. Die vielfältigen positiven Funktionen von Park- und Straßenbäumen, Pflanzrabatten, Dach- und Friedhofsbegrünungen sowie Innenhof- und Platzgestaltungen als individuelles Gestaltungselement, Lebensraum für zahlreiche Organismen, Klimaregulierung, Schadstofffilterung oder Lärmschutz sind allen Stadtbewohnerinnen und Stabewohnern bekannt.

 

Kommunen und Städte haben in den letzten 50 Jahren ihre Grünbestände kontinuierlich vermehrt und pflegen mit der zwischenzeitlich entwickelten „Wertberechnung für Gehölze“ heute nachvollziehbar große Wertanlagen. Auch die privaten Wohnungsbaugesellschaften und andere Großinvestoren erkannten immer mehr den Nutzen einer intensiven Begrünung, letztlich auch die Wertsteigerung einer Immobilie durch vitales Grün.

Funktionen von Grün- und Freiräumen
- Naherholungsfunktion durch meditatives Naturerleben, lärmarme Grünbereiche, frische Luft, Bewegung bis hin zur Sportnutzung.
- Soziale Funktion durch Zusammenführung von Menschen unterschiedlichen Alters, Gender und Herkunft.
- Kulturelle Funktion durch Darstellung von Gartenkunst in Beziehung zu Baukunst sowie gestaltende Ausprägungen ethnischer Besonderheiten wie etwa Friedhofskultur unterschiedlicher Religionen.
- Ökologische Funktion durch Grundlagenschaffung des Lebensraums für Tiere und Pflanzen sowie Schaffung von Rahmenbedingungen für Bodenqualität, Wasserqualität und Lärmreduktion.
- Klimafunktion durch Verbesserung des Bioklimas mittels Filterung der Luftschadstoffe, Staubbindung, Temperaturausgleich und Luftaustausch.
- Funktion zur Gestaltung des Stadtbildes: durch Aufwertung des Stadtraumes mittels Grünflächen erlangt man erhöhte Attraktivität sowie charakteristische Wesenszüge der Stadt, welche einerseits der Stadtbevölkerung und andererseits Besucherinnen und Besuchern zugute kommt.
In mehreren Studien zu der Frage, was ist Bürgerinnen und Bürgern „ihre/seine“ Grünfläche wert, wurden mittels verschiedener ökonomischer Messmethoden (z. B. die Kosten-Nutzen-Analyse) eindeutige Ergebnisse erzielt. Diese ergaben, dass BürgerInnen, selbst aus bescheidenen sozialen Schichten bereit wären, für ihre Grünflächen zusätzlich Geld und/oder Arbeitseinsatz zu geben.

Kosten-Nutzen-Analyse als Messinstrument für die Ermittlung des Wertes von Grün
Am Beispiel Berlin zeigen beispielsweise Untersuchungsergebnisse, dass den rück¬läufigen finanziellen Mitteln für die Unterhaltung und Pflege von Freiflächen eine erhebliche Nachfrage nach einer qualitativen Aufwertung gegenübersteht. Die ermittelten Daten bestätigen die besondere Bedeutung von Freiflächen, die diesen in hoch verdichteten innerstädtischen Lagen und Bezirken mit problematischer Sozialstruktur zukommen.
Die Wohlfahrtswirkung von öffentlichen Grünflächen hat zwar ökonomische Auswirkungen, wie z. B. höhere Grundstückspreise, kann aber mit herkömmlichen Wertermittlungsverfahren nicht umfassend beziffert werden.
Öffentliche Grünflächen können nicht mit Baugrundstücken verglichen werden, da sie ja nicht am Markt gehandelt werden. Daher fällt auch diese Möglichkeit der Bewertung aus.
Der Wert einer Grünfläche kann demnach nur an der Erhöhung von anderen gekoppelten Werten gemessen werden. Diese können sein: Erhöhung der Grundstückspreise und Mieten, bessere Luft, Naherholung, Zuzug von Bürgerinnen und Bürgern, Gesundheit, Infrastruktur, Erholung
Das bedeutet, dass der Wert von Grünanlagen, Gärten und Parks im Preis anderer Güter versteckt ist.

Die Kosten-Nutzen-Analyse als Auswahlkriterium für eine öffentliche Park- und Grünanlage
Die Kosten-Nutzen-Analyse stellt ein geeignetes Instrument zur Bewertung von öffentlichen Parkanlagen dar.
Mit Hilfe der Kosten-Nutzen-Analyse ist es möglich, positive und negative Effekte eines Projektes zu bewerten und gegeneinander aufzuwiegen. Durch Kosten-Nutzen-Analyse sollen Projekte nach dem gesamtwirtschaftlichen Ziel der optimalen Allokation der Ressourcen beurteilt werden.
Wie bereits erwähnt, findet eine Kosten-Nutzen-Analyse überall dort Anwendung, wo unter verschiedenen Auswahlmöglichkeiten selektiert und schließlich eine Alternative gewählt und realisiert werden soll. Dabei wird unterstellt, dass jede Alternative einen bestimmten Nutzen erbringt. Dieser Nutzen ist nicht immer monetär bewertbar. Es kommt auch vor, dass einzelne Alternativen auch nicht-monetär bewertbare Nutzen erbringen.1
Bei letzterem handelt es sich häufig um Projekte, bei denen marktmäßig nicht erfasste Güter wie z. B. die Verbesserung der Infrastruktur oder der Umweltqualität produziert werden. Bei etwa der Bewertung eines öffentlichen Projektes, wie dem Bau einer Parkanlage, reichen oft privatwirtschaftliche Instrumente zur Untersuchung von Vorteilen aufgrund fehlender Marktbewertung des Nutzens nicht aus. Gerade hier bietet die Kosten-Nutzen-Analyse eine Entscheidungshilfe, mit dem Ziel einen maximalen Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt zu leisten.2
Zwei weitere Auswahlkriterien, welche das Ziel der Wohlfahrtsmaximierung zum Gegenstand haben, sind:

Die Lehre Paretos als Grundlage von Kosten-Nutzen-Analysen
Ein großes Problem der Kosten-Nutzen-Analyse stellt die Bewertung des individuellen Nutzens dar. Dabei ist anzumerken, dass es keine insgesamt besseren oder schlechteren Ansätze gibt, sondern jeder Bewertungsansatz Vorteile bzw. Kritikpunkte bei der Feststellung der Nutzenniveaus hat. Zwei grundlegende Ansätze hierbei sind der kardinale und der ordinale Bewertungsansatz.
Beim kardinalen Bewertungsansatz wird versucht, jede Änderung bei den eingesetzten Gütermengen und den daraus resultierenden Änderungen der individuellen Nutzenniveaus in Form eines Geldausdrucks wiederzugeben.3
Der ordinale Bewertungsansatz hingegen versucht aufzuzeigen, ob Individuen, die in irgendeiner Form von einem Projekt betroffen sind, ein höheres Nutzenniveau erreichen als ohne die Realisierung dieses Projekts. Dieser grundlegende Ansatz wurde von Pareto entwickelt. Nach Pareto ist ein Projekt nur dann zu realisieren, wenn es einem oder mehreren Mitgliedern der Gesellschaft nach der Realisierung besser geht, ohne dass gleichzeitig jemand anderer ein niedriges Nutzenniveau erfährt.4
Der große Vorteil hierbei ist, dass die Messung des Nutzens in monetären Werten wegfällt und stattdessen nur jenes Projekt verwirklicht wird, welches allen Betroffenen ein höheres oder zumindest das gleiche Nutzenniveau bietet. Jedoch gilt es hier anzumerken, dass auch dieser Ansatz kritisch zu betrachten ist. Die Kosten-Nutzen-Analyse soll prüfen, welches öffentliche Projekt die Wohlfahrt maximiert.5
Man wird jedoch in der Realität nahezu kein öffentliches Projekt finden, welches bei keinem einzigen Individuum Nutzeinbußen zur Folge hat. Darum haben Kaldor
und Hicks den ordinalen Bewertungsansatz von Pareto erweitert, um ein realitätsnäheres Konzept zu entwickeln.

Das Kaldor-Hicks-Kriterium
Die Methode von Kaldor und Hicks basiert auf dem von Pareto entwickelten Ansatz, welcher durch das Kompensationsprinzip optimiert wurde.
Kaldor und Hicks gehen von der Prämisse aus, dass öffentliche Projekte auch dann realisiert werden können, wenn es Individuen mit Nutzeinbußen gibt. Diese sind in einem funktionierenden Sozialstaat angemessen aus der realisierten Wohlfahrtssteigerung eines Projekts zu entschädigen. Da nach erfolgter Entschädigung niemand mehr schlechter gestellt ist als vor Realisierung des Projekts, entspricht dies dem ursprünglichen Pareto-Kriterium. Sind nun die „Gewinner“ eines Projekts, laut Kaldor und Hicks, in der Lage, die „Verlierer“ voll zu entschädigen und darüber hinaus eine Wohlfahrtssteigerung zu erreichen, ist dieses öffentliche Vorhaben positiv zu bewerten. Dieses Konzept entspricht dem positiven Ergebnis einer Kosten-Nutzen-Analyse, bei welcher der Geldwert des Nutzens den Geldwert der Kosten überschreitet. Das Übersteigen der Gewinne über die benötigte Entschädigung entspricht somit in der Theorie dem Nettonutzen des Projekts.


Fehlt das Ertragsdenken im Stadtgrün?
Im Pflanzenbau ist ein Ertrag quantitativ und qualitativ nur zu erwarten, wenn den Pflanzen in der gesamten Kulturzeit optimale Wachstumsbedingungen gesichert werden. Sortenwahl, Bodenbearbeitung und Kulturtechnik werden daher seit jeher optimiert. Düngung und Pflanzenschutz sind hierbei wichtige Bestandteile. Das Stadtgrün ist hingegen schwerer zu fassen, da zum einen wesentlich längere Nutzzeiten vorliegen und zum anderen in dieser Zeit zahlreiche Störeinflüsse einwirken. Auch sind in der Entstehung von Grünanlagen wie auch in der langjährigen Pflegephase neben Pflanzenproduzenten andere Berufsgruppen wie Garten- und Landschaftsarchitekt/innen, ausführende Garten- und Landschaftsbaufirmen, Straßen- und Tiefbauunternehmen beteiligt. Immer mehr wird ein Qualitätsverfall beklagt, Regelwerke und Normen finden immer weniger Beachtung.
Andererseits wird wegen der allgemein anerkannten Funktionen um jedes Grün gekämpft, u. a. Baumschutzverordnungen und Naturschutzgesetze liefern hierfür in vielen Kommunen den rechtlichen Rahmen. Konflikte entstehen insbesondere bei Bauvorhaben und bei Problemen mit der Verkehrssicherheit gleichermaßen im öffentlichen und privaten Raum, fachliche Aspekte werden hierbei häufig von ideologischen Ansichten verdrängt. Hieraus entwickelte sich in den Nachkriegsjahren die sogenannte „Baumchirurgie“, die mit zahlreichen Schnitt- und Behandlungsmaßnahmen mangels Wissen den Bäumen erhebliche Schäden zufügte. Erst die wissenschaftliche Aufarbeitung der Holzbiologie, der Baumreaktionen nach Eingriffen oder Verletzungen sowie der Pathologie von holzzerstörenden Organismen ermöglichte in den späten 1980er Jahren eine effiziente moderne Baumpflege (Shigo, 1994; Dujesiefken u. a. 1995; Balder u. a., l997; Balder, 1998). Heute erlauben moderne Baum-Überwachungssysteme eine Verwaltung der Baumbestände sowie deren effiziente Kontrolle (Balder u. a., 2003).

Zusammenfassung
Der Begriff Ertrag bei Stadtgrün ist meiner Meinung nach nur im Zusammenhang mit Qualitätssteigerung zu sehen. Je höher die Qualität von Stadtgrün ist, desto höher ist auch sein Wert. Auch bei einer eventuell durchzuführenden Kosten-Nutzen-Analyse ist die Qualität des Produktes unbedingt höher anzusetzen als die Quantität. Daher sollte das oberste Ziel jeder für Stadtgrün verantwortlichen Stelle sein, die Qualität der Anlagen so zu verbessern, dass sie die, ihnen zugedachten Funktionen optimal erfüllen können.

OEGZ

ÖGZ Download