Städte als Wirtschaftsmotoren: Aktive Wirtschafts- und Standortentwicklung in Österreichs Städten Arbeitskreis I

Städte als Wirtschaftsmotoren: Aktive Wirtschafts- und Standortentwicklung in Österreichs Städten Arbeitskreis I

Die wirtschaftliche Prosperität einer Stadt ist kein Zufall. Ob eine Stadt als Wirtschaftsmotor wirksam werden kann, hängt auch davon ab, ob und wie sie sich im Wettbewerb der Standorte selbst positioniert und aktiv agiert. Nicht zuletzt die Studie von Mugler/Fink/Loidl (2006) hat deutlich zeigen können, dass sich ein aktives Engagement der Städte in der kommunalen Wirtschaftsförderung auszahlt.

Zur Unterstützung und Bereicherung der aktuellen Diskussionen zur kommunalen Wirtschaftspolitik in den Mitgliedsstädten des Österreichischen Städtebundes hat das KDZ im Rahmen einer Studie im Vorfeld des diesjährigen Städtetages wichtige Entwicklungstrends in der aktuellen Fachdiskussion aufgearbeitet und gleichzeitig auch die Praxis in den Städten anhand ausgewählter Fallbeispiele reflektiert. Ergänzend wurde eine Onlinebefragung bei allen Städtebund-Mitgliedern durchgeführt, die insbesondere darauf ausgerichtet war, Einschätzungen und Positionen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zur kommunalen Wirtschafts- und Standortentwicklung zu erfassen und für die Studie nutzbar zu machen.

Veränderte Rahmen¬bedingungen erfordern neue Strategiekonzepte
Ausgangspunkt jeder erfolgreichen Wirtschafts- und Standortentwicklung ist zunächst eine auf die lokalen Bedarfe und Möglichkeiten hin ausgerichtete Entwick¬lungsperspektive. Insofern steht am Anfang zunächst die Aufgabe, sich selbst Klarheit darüber zu verschaffen, welche Ziele und Schwerpunkte im Rahmen einer kommunalen Wirtschafts- und Standortentwicklung verfolgt werden sollen. (1) Dabei wirkt eine solche Strategie sowohl nach innen als auch nach außen:
Nach innen, indem sie hilft, Prioritäten zu setzen, Maßnahmen nach ihrem Beitrag zur Zielerreichung zu bewerten, aber auch alle für die Wirtschaftsentwicklung relevanten Politikbereiche einer Stadt (z. B. die kommunale Verkehrspolitik oder auch Kulturpolitik) auf das gemeinsame Ziel hin auszurichten. Nach außen, weil eine eindeutig erkennbare Strategie ein klares Signal an die Wirtschaft ist. Sie zeigt, wofür die Stadt/Gemeinde steht, was sie an Entwicklungsmaßnahmen plant und was die Wirtschaft demzufolge von ihr erwarten darf. Das schafft Planungssicherheit und Vertrauen bei Unternehmen.
Als beinahe „klassische“ Strategieansätze kommunaler Wirtschafts- und Standortentwicklung sind zu nennen: Zunächst die Doppelstrategie der Bestandssicherung und der Ansiedlungswerbung: Während die Bestandssicherung daraufhin ausgerichtet ist, die Entwicklungsbedingungen der am Ort befindlichen Unternehmen zu optimieren, frühzeitig Probleme der Unternehmen am Ort zu erkennen und zu lösen, liegt der Fokus der Ansiedlungswerbung auf der gezielten Akquisition von neuen und zusätzlichen Unternehmen. Ein weiterer Strategieansatz ist die konsequente Ausrichtung der Standortentwicklung an den Anforderungen von Unternehmen (Zielgruppenorientierung). Das bedeutet einerseits die eigenen Standortpotenziale zu kennen und diese dann auch nachfrageorientiert weiter zu entwickeln (weiche und harte Standortfaktoren). Eine dritte Strategieperspektive ist die der Clusterbildung versus Diversifizierung: Dabei geht es vor allem um die Entscheidung, ob der Fokus der Wirtschaftsentwicklung (respektive der Ansiedlungswerbung) auf einer bestimmten Branche am Standort liegt (=Clusterstrategie – siehe Automobilcluster) oder auf eine breitere Branchenstruktur (= Diversifizierung) hin ausgerichtet ist.
Angesichts der derzeit wirksamen externen Entwicklungen (z. B. wachsende Globalisierung der Wirtschaft mit einer zunehmenden weltweiten Arbeitsteilung, zunehmende Tertiarisierung der Wirtschaftsstruktur) wurden die bisher dominierenden Strategien mit teilweise neuen Schwerpunkten fortentwickelt. Auch werden zum Teil ganz neue Strategieansätze verfolgt. Zu nennen wären hier:
- Bildungs- und wissensorientierte Strategien: Innovationen haben eine sehr große Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Erfolgreiche Unternehmen wiederum sind eine wesentliche Triebfeder der wirtschaftlichen Entwicklung einer Region. Neuere Strategien der Wirtschafts- und Standortentwicklung konzentrieren sich daher – ganz im Sinne der Lissabon-Strategie der Europäischen Union (2) – insbesondere auf bildungs- und forschungsorientierte Maßnahmen etwa durch den Ausbau und die Vernetzung von Bildungs- und Forschungseinrichtungen mit der Wirtschaft, den Ausbau des Bildungsangebotes, die Förderung von Forschung und Entwicklung, sowie die Ansiedlung von Forschungseinrichtungen.
- Große Popularität haben derzeit darüber hinaus humankapitalorientierte Strategien, die darauf ausgerichtet sind, in einer Stadt Voraussetzungen zu schaffen, damit eine Stadt speziell für die sogenannte „kreative Klasse“ der Beschäftigten (3) besonders attraktiv wird.
- Weiters gibt es neuere Regionalisierungsstrategien, mit denen eine überörtliche Entwicklungspolitik forciert wird. Z. B. im interkommunalen Bereich Gewerbegebiete, die von mehreren Gemeinden gemeinsam vermarktet werden oder auch stärker funktionsräumliche Konzepte wie CENTROPE (Wien-Bratislava), die Vision Rheintal oder das Regionext-Projekt des Landes Steiermark.

Instrumente der Wirtschafts- und Standortentwicklung
Als Konsequenz aus den veränderten Rahmenbedingungen und Entwicklungsstrategien haben die Städte auch die Instrumente der kommunalen Wirtschafts- und Standortentwicklung angepasst. Eher „klassische“ (insbesondere monetäre) Instrumente der Wirtschaftsförderung haben – im Gegensatz zu den Bundesländern – bei den Gemeinden insgesamt an Bedeutung verloren. (4) Abhängig von den örtlichen Gegebenheiten und der jeweils verfolgten Strategie kommen in der kommunalen Wirtschafts- und Standortentwicklung der Städte gegenwärtig vor allem folgende Instrumente zum Einsatz:
- Flächenmanagement: Die Bereitstellung von Gewerbeflächen gilt vielfach als eines der wichtigsten Instrumente der kommunalen Standortpolitik. Zum Flächenmanagement zählen u. a. die Flächenaktivierung, die strategische Flächenbevorratung, die Flächenvermarktung, aber auch die Schaffung von Technologie- und Gewerbeparks.
- Unternehmensservices: Seit sich Städte dessen bewusst wurden, dass die Qualität und Modernität der öffentlichen Verwaltung ein zentraler Standortfaktor ist, werden immer neue Unternehmensservices entwickelt. So etwa die Installation professioneller Verfahrenshelfer bei der Ansiedlung oder auch die Organisation von Netzwerken/Wirtschaftsforen.
- Information, Kommunikation, Standortwerbung: Mit Blick auf eine gezieltere Bewerbung des eigenen Standorts und zur Imagebildung kommen Standortbroschüren, Internetpräsentationen, aber auch Messeauftritte zum Einsatz. Weitergehende Ansätze, welche die kommunalen Wirtschaftsförderungseinheiten zu wichtigen Informationsdrehscheiben entwickeln wollen (z. B. Strukturdatenbanken), werden gegenwärtig diskutiert.
Neben diesen bereits genannten Instrumenten sind aber auch die vielen kommunalen (Infrastruktur-)Leistungen aus dem Bereich der Ver- und Entsorgung, der verkehrlichen Erschließung sowie Leistungen, die einen unmittelbaren Einfluss auf die Lebensqualität in einer Stadt haben (soziale Leistungen, Leistungen aus dem Bereich Kultur, Sport etc.), für die kommunale Wirtschafts- und Standortent¬wicklung von großer Bedeutung (5).

Ausblick
Die von uns durchgeführten Analysen konnten zeigen, dass die Städte ähnliche, wenn auch im Detail unterschiedlich akzentuierte Strategien der Wirtschafts- und Standortentwicklung verfolgen. Neben den in der Studie beschriebenen positiven Ansätzen wird aber auch deutlich, dass das Bewusstsein über die Notwendigkeit einer eigenständigen und strategisch ausgerichteten Wirtschafts- und Standortpolitik mancherorts durchaus noch wachsen darf. Hier würden wir uns freuen, wenn unsere Studie breites Interesse in den Städten weckt und vielleicht auch die einen oder anderen zu neuen Aktivitäten animiert.



(1) Diese Zielsetzungen sollten dann beispielsweise in einem Standortentwicklungskonzept oder wirtschaftspolitischen Leitlinien festgeschrieben werden. In der KDZ-Studie wird das Thema Strategieentwicklung ausführlich dargestellt. Breiten Raum nimmt in diesem Zusammenhang dann auch die Präsentation von zentralen Informationen und Indikatoren zur Standortanalyse ein.
(2) Die Lissabon-Strategie der Europäischen Union stellt insbesondere die Wichtigkeit von Forschung, Bildung und Wissen als Treiber der wirtschaftlichen Entwicklung ins Zentrum politischer Bemühungen.
(3) Stellvertretend ist hier hinzuweisen auf die Publikation von Florida, R. (2005): Cities and the Creative Class, New York, London: Routledge.
(4) Zumindest auf der Ebene der Städte und Gemeinden; auf der Ebene der Länder (und auch des Bundes) gibt es nach wie vor eine Vielzahl von finanziellen Förderungen. Siehe dazu auch das Unternehmerhandbuch 2008.
(5) Welche Probleme hier im Einzelfall zu überwinden sind, wurde beispielhaft Anfang dieses Jahres in einem Beitrag der Oberösterreichischen Nachrichten beschrieben. Gezeigt wurde etwa, dass fehlende englischsprachige Schulen/Kindergärten, nicht verfügbare möblierte Wohnungen oder auch Angebote zur Integration der Familien der Manager sich nachteilig auf die Standortwahl von Unternehmen auswirken können. Siehe: „Fehlende Kindergärten und Schulen als Job-Hindernis für Manager“; OÖ Nachrichten vom 2. 2. 2008.

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