Die Deponieverordnung 2008: Was ist neu für bestehende Deponien?

Die Deponieverordnung 2008: Was ist neu für bestehende Deponien?

Die Deponieverordnung 2008 (BGBl II 2008/39) (DVO 2008) ist nach langer Diskussion am 30. Jänner 2008 veröffentlicht worden und am 1. März 2008 in Kraft getreten. Aber Achtung: Für bestehende Deponien gelten die Übergangsbestimmungen (§§ 45 bis 47) mit unterschiedlichen Fristen. Die DVO 2008 bringt wesentliche Änderungen nicht nur für Deponie-Inhaber, sondern auch für alle Abfallbesitzer, deren Abfälle deponiert werden.

 

Die Novellierung der Deponieverordnung 1996 wurde notwendig, um Anpassungen an EU-Recht vorzunehmen. Die DVO 2008 ist wesentlich umfangreicher und detaillierter als die Vorgängerverordnung aus 1996 und bringt wesentliche Änderungen, vor allem hinsichtlich Abfallannahmeverfahren und Registrierungs- und Meldeverpflichtungen.

Verpflichtung des Abfallbesitzers
Erstmals ist der Abfallbesitzer (§ 16) explizit verpflichtet, dem Deponie-Inhaber umfassende Informationen über die zu deponierenden Abfälle zu übermitteln.
Die Abfallinformation des Abfallbesitzers hat zumindest eine eindeutige Kennung und folgende Informationen zu umfassen:
1. Name, Anschrift des Abfallbesitzers;
2. Beschreibung des Abfalls; im Fall der elektronischen Übermittlung mit einer eindeutigen Kennung;
3. Anfallsort und Herkunft des Abfalls;
4. die geschätzte Anlieferungsmenge;
5. eine chemische Untersuchung, wenn erforderlich.
Diese vom jeweiligen Anlieferer an den Deponie-Inhaber zu übermittelnde Abfallinformation schließt eine chemische Untersuchung ein, die nun in Anpassung an die EU-Vorgaben „Grundlegende Charakterisierung“ heißt.
In folgenden Fällen kann von einer chemischen Untersuchung abgesehen werden:
- Baurestmassen gemäß Anhang 2 der DVO 2008;
- wenn keine repräsentative Probenahme möglich ist;
- nicht verunreinigter Bodenaushub, wenn pro Bauvorhaben unter 2.000 Tonnen anfallen;
- Gleisschotter aus nicht offensichtlich verunreinigten Bereichen;
- Asbestabfälle;
- wenn ein Abfallbesitzer nicht mehr als insgesamt 15 Tonnen Abfälle in einem Jahr an Deponien für nicht gefährliche Abfälle anliefert und der Abfall keine Verunreinigung enthält.
Die grundlegende Charakterisierung muss die Zulässigkeit der Ablagerung auf einer konkreten Deponie bestätigen. Die Angaben müssen vom Deponie-Inhaber im Zuge der Eingangskontrolle überprüft werden. Der Deponie-Inhaber darf Abfälle nur annehmen, wenn die Ablagerung in seiner Deponie zulässig ist und alle notwendigen Begleitpapiere vorliegen.

Ab 1. Juli 2009 ist auch für bestehende Deponien die grundlegende Charakterisierung verpflichtend
In der Zeit vom 1. März 2008 bis 2009 kann – freiwillig – eine grundlegende Charakterisierung durchgeführt werden, diese zählt als Gesamtbeurteilung nach dem „alten System“ (§§ 6 und 7 DVO 1996). Die Entscheidung, ob bereits vor dem 1. Juli 2009 eine grundlegende Charakterisierung anstelle einer Gesamtbeurteilung erfolgt, obliegt dem Abfallbesitzer (oder der von ihm beauftragten befugten Fachanstalt/-person), nicht jedoch dem Deponie-Inhaber (§ 47 Abs. 6 DVO 2008).
Eine Sonderbestimmung existiert für Aushubmaterial, für welches bereits vor Beginn der Aushubtätigkeiten eine Gesamtbeurteilung nach den Bestimmungen der Deponieverordnung 1996 durchgeführt wurde:
Diese Gesamtbeurteilung gilt bis zum 1. Juli 2012 als grundlegende Charakterisierung. Diese Bestimmung ist vor allem für Kommunen von Bedeutung, da insbesondere bei großen Bauvorhaben die Anlaufzeiten (inkl. Durchführung der öffentlichen Vergaben) lange dauern können. Mit der relativ langen Übergangsfrist (bis 1. Juli 2012) wird dem üblichen zeitlichen Horizont bei derartigen Bauvorhaben Rechnung getragen (§ 47 Abs. 5 DVO 2008).

Deponieklassen
In Anpassung an die EU gibt es in der Deponieverordnung 2008 (DVO 2008) statt Deponietypen vier Deponieklassen und drei Unterklassen:
Neu sind die Inertabfalldeponie, die im Wesentlichen nur ausgesuchte Baurestmassen und Bodenaushub aufnehmen wird, und die Deponie für gefährliche Abfälle, die nur als Untertagedeponie genehmigt werden kann.
Wichtig:
Auf Bodenaushubdeponien ist ab 1. Juli 2009 nur mehr die Ablagerung von nicht kontaminiertem Bodenaushub zulässig.
Baurestmassendeponien, die über keine mineralische Basisabdichtung und keine Entwässerung verfügen, dürfen ab dem 1. Juli 2009 nur als Bodenaushubdeponien weiterbetrieben werden!

Übergangsbestimmungen für bestehende Deponien (§ 45)
Eine Änderung der bestehenden Deponie(unter)klasse ist in folgenden Fällen möglich:
- „Down-grading“ einer Baurestmassendeponie zu einer Inertabfalldeponie,
- „Up-grading“ einer Bodenaushubdeponie zu einer Inertabfalldeponie,
- Umstieg von Massenabfall- auf Reststoffdeponie (im Falle der Ablagerung von Verbrennungsrückständen).
Die technischen und rechtlichen Voraussetzungen für diese Änderungen der Deponie(unter)klassen sind in § 45 Abs. 1, 2 und 3 DVO 2008 genau festgelegt und sind rechtlich gesehen eine Anpassung an den Stand der Technik gemäß § 37 Abs. 4 Z. 1 AWG 2002.
Der Umstieg von Bodenaushub- auf Inertabfalldeponie oder von einer Baurestmassen- auf eine Inertabfalldeponie erfolgt genau am 1. Juli 2009.
Der Zeitpunkt des Umstieges von einer Massenabfall- auf eine Reststoffdeponie ist wählbar zwischen 1. Juli 2009 und 1. Jänner 2013 und in der Anzeige anzuführen.

Gemäß DVO 2008 ist die Ablagerung von Verbrennungsrückständen auf Massenabfalldeponien verboten
Somit müssen alle Deponie-Inhaber, welche Verbrennungsrückstände ablagern werden, von einer Massenabfall- auf eine Reststoffdeponie umsteigen. Hier ist zu beachten, dass nach dem tatsächlichen Umstieg die Ablagerung von Abfällen aus der mechanisch-biologischen Behandlung nicht mehr möglich ist! Also: entweder Rückstände aus thermischen Prozessen (Reststoffdeponie) oder MBA-Rückstände (Massenabfalldeponie) ablagern. Wer bei¬de Abfallarten ablagern möchte, muss die Deponie technisch (und rechtlich) in zwei Kompartimente teilen, auch mit getrennter Sickerwassererfassung, was in manchen Fällen durchaus sehr aufwändig sein kann.

Behandlungspflicht
Nach § 6 dürfen nur behandelte Abfälle abgelagert werden. Dies gilt nicht für Inertabfälle und für andere Abfälle, bei welchen unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit eine Behandlung nicht zu einer Verringerung der Abfallmenge oder der Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt führt.

Verbot der Deponierung
Das Verbot für die Deponierung von organischen Abfällen bleibt weitgehend unverändert aufrecht, Abfälle aus einer mechanisch-biologischen Behandlungsanlage dürfen nur bei Einhaltung der Grenzwerte für den Brennwert und biologischen Stabilitätsparameter auf einer Massenabfalldeponie abgelagert werden. Abfälle aus Verbrennungsanlagen dürfen nur mehr auf einer Reststoffdeponie – mit Ausnahmeregelungen für Grenzwerte unter speziellen Auflagen – abgelagert werden. Aschen von Bioabfallverbrennungsanlagen sind davon jedoch ausgenommen.

Höhere Grenzwerte
Erstmals ist es möglich, dass Landesbehörden in begründeten Ausnahmefällen für einzelne Deponien höhere Grenzwerte für bestimmte Parameter und Deponieklassen genehmigen können.
So können für Bodenaushubdeponien bis zu dreimal höhere Grenzwerte für Ammonium, Nitrit, Nitrat und Phosphat bei Ablagerung von nicht kontaminiertem Bodenaushubmaterial genehmigt werden. Gerade diese Parameter führten in der Vergangenheit immer wieder zu Schwierigkeiten, da die strengen Grenzwerte bei Aushub von gedüngten Böden nicht eingehalten werden konnten.
Auch die Grenzwerte für organische Inhaltsstoffe (TOC) im Abfall führten in der Vergangenheit immer wieder dazu, dass Abfälle nicht auf Deponien angenommen werden konnten, für die sie aufgrund ihrer Beschaffenheit ansonsten geeignet gewesen wären. Hier gibt es ebenfalls die Möglichkeit, im Einzelfall einen bis zweimal höheren Grenzwert für Inertabfalldeponien, Baurestmassendeponien und Massenabfalldeponien zu genehmigen.
Auf Reststoffdeponien wurde der Grenzwert für den TOC generell von 3% auf 5% erhöht. Für die Ablagerung von Verbrennungsrückständen, d. h. stark alkalischer Rückstände aus thermischen Prozessen, auf Reststoffdeponien sind in der DVO 2008 umfangreiche Ausnahmeregelungen vorgesehen.

Asbestabfälle
Asbestabfälle sind nach EU-Recht gefährliche Abfälle, sie dürfen in Österreich trotzdem in Deponien für nicht gefährliche Abfälle ohne analytische Untersuchung oder Ausstufung abgelagert werden. Es sind allerdings bestimmte Sicherheitsbestimmungen, wie Aufsicht, Befeuchten und Abdecken für den richtigen Umgang mit diesen Abfällen vorgesehen.
Die Gefährlichkeit von Asbestabfällen besteht deswegen, weil sie bei Bruch und Stauben sehr feine Fasern freisetzen können, die bei Einatmen in der Lunge schwere Schäden hervorrufen können. Deshalb sind die Abschnitte, in denen Ablagerungen von Asbest(zement) stattfinden, in einem Plan genau aufzuzeichnen und nach Ende der Deponie der Behörde zu übergeben.

Elektronische Registrierung – EDM
Jeder Deponie-Inhaber muss alle seine relevanten Anlagen (unter Angabe des Anlagentyps und der Umrisspolygone) im elektronischen Stammdatenregister, das vom Lebensministerium eingerichtet wurde, eintragen. Für jede dieser Anlagen sind getrennt und fortlaufend Aufzeichnungen über die Art, Menge, Herkunft und Verbleib der Abfälle zu führen. Diese Aufzeichnungen sind ab dem 1. Jänner 2009 elektronisch zu führen.
Die Registrierung der Stammdaten (in § 40 Abs. 1 explizit aufgezählt) muss allerdings bis zum 1. September 2008 abgeschlossen sein (ausgenommen davon sind die Umrisspolygone, diese sind ab dem 1. Juli 2009 im EDM einzugeben).
Zu beachten ist, dass auch für Anlagen und Zwischenlager auf Deponien die Registrierungen und Aufzeichnungen durchzuführen sind.

Abfallannahmeverfahren
Die meisten und ausführlichsten Neuerungen sind im Abfallannahmeverfahren enthalten. Allerdings treffen die ausführlichen Bestimmungen in den 56 Seiten des Anhangs 4 der DVO 2008 vor allem die Gutachter, die Untersuchungen von Abfällen durchführen (befugte Fachperson oder Fachanstalt). Die Deponieaufsichten müssen die Einhaltung dieser Bestimmungen jedoch überprüfen und sich dieses Detailwissen daher ebenfalls aneignen. Die DVO 2008 tritt zwar mit 1. März 2008 in Kraft, die wesentlichen Bestimmungen zur Abfallannahme gelten für bestehende Deponien allerdings erst ab 1. Juli 2009.
Wesentlich in diesem Zusammenhang ist auch, dass die in den individuellen Genehmigungsbescheiden einer Deponie vorgeschriebenen „strengeren“ Grenzwerte oder Parameter ab 1. Juli 2009 nicht mehr gelten, sondern nur mehr das „Grenzwert-Regime“ der DVO 2008 anzuwenden ist.
Wesentliche Neuerung ist die Unterscheidung in einmalig anfallende Abfälle, wie z. B. Bodenaushubmaterial, und in Abfallströme, wie z. B. Verbrennungsrückstände, und wiederkehrend anfallende Abfälle. Durch diese Unterscheidung ergeben sich auch unterschiedliche Bestimmungen für die Vorgangsweise bei den chemischen Untersuchungen und somit auch bei der Bewertung der Ablagerbarkeit auf einem konkreten Deponiekompartiment.

Weiterbetrieb von bestehenden Deponien
1. Deponien mit vertikaler Umschließung
Diese können weiter betrieben werden, auch wenn die Standortvoraussetzungen und gewisse Anforderungen der Deponietechnik nicht erfüllt werden. Voraussetzung dafür ist eine Anzeige an die Behörde bis 1. März 2009 mit Unterlagen über Bewertung der Risiken für die Umwelt (Schutzgüter sind Boden und Wasser).
Unter den Voraussetzungen für den Weiterbetrieb sind prinzipiell eine Verlängerung des Einbringungszeitraumes und eine Volumenerweiterung innerhalb der Umschließung möglich. Die Abklärung ist im Behördenverfahren vorgesehen.
2. Deponien ohne vertikale Umschließung und Anforderungen an den Deponiestandort nicht ¬erfüllt
Für diesen Fall ist eine Verlängerung des Einbringungszeitraumes bis zum Ausschöpfen des genehmigten Volumens möglich. Eine eigene Anzeige an die Behörde ist für diesen Fall durch die DVO 2008 nicht vorgesehen. Die Abklärung hinsichtlich Verlängerung des Einbringungszeitraumes erfolgt im Behördenverfahren.
3. Deponien ohne vertikale Umschließung und Untergrundanforderungen nicht erfüllt
Diese können weiter betrieben werden, auch für diesen Fall ist eine Anzeige an die Behörde bis 1. März 2009 mit Unterlagen über Bewertung der Risiken für die Umwelt (Schutzgüter sind Boden und Wasser) verpflichtend.
Unter den Voraussetzungen für den Weiterbetrieb sind prinzipiell eine Verlängerung des Einbringungszeitraumes und eine höhenmäßige Erweiterung der Deponie möglich. Die Abklärung ist im Behördenverfahren vorgesehen.
4. Baurestmassendeponien mit fehlenden deponiebautechnischen Vorkehrungen
Diese Baurestmassendeponien dürfen ab 1. Juli 2009 nur als Bodenaushubdeponien weitergeführt werden. Die (fehlenden) technischen Voraussetzungen dafür sind in § 47 Abs. 2 Z. 4 konkret beschrieben.
5. Deponien mit biologisch abbau¬baren Abfällen – (ehem.) Hausmüllschüttung
Diese sind prinzipiell bis 31. Dezember 2009 stillzulegen.
Entscheidet sich der Deponie-Inhaber jedoch für einen Weiterbetrieb, so ist bis 1. März 2009 ein Konzept über Maßnahmen zur Intensivierung der biologischen Abbauprozesse der Behörde (Landeshauptmann) vorzulegen.
Aus diesem Konzept soll sich nach Rücksprache mit der Behörde und den Sachverständigen ein Projekt entwickeln, welches die Behörde dem Deponie-Inhaber vorschreiben kann.
In Abhängigkeit vom Gasbildungspotenzial, von der bereits durchgeführten und geplanten „Überschüttung“ der biologisch abbaubaren Abfälle sind im Einzelfall Maßnahmen der Behörde vorzuschlagen bzw. eventuell von der Behörde vorzuschreiben. Diese Maßnahmen müssen sich nicht auf das gesamte Kompartiment beziehen, sondern können – wenn es technisch begründbar ist – auf einzelne Teile eines Kompartimentes abgestimmt werden. Insbesondere hinsichtlich des Abschätzens der Zeiträume (z. B. Dauer der Deponiegasabsaugung, der gezielten Bewässerung oder Belüftung) wird der Deponie-Inhaber auch auf Literaturdaten zurückgreifen müssen.
6. Allgemeines
Deponieaufsichtsorgane haben die Anpassungsmaßnahmen für bestehende Deponien an die DVO 2008 zu überprüfen. Auch Deponieaufsichtsorgane werden „schrittweise“ ins EDM eingebunden (§ 42).
Sicherstellungen: Behörde hat bis 1. März 2010 die bestehenden Sicherstellungen zu überprüfen und erforderlichenfalls Anpassungen vorzuschreiben.
Abschließend sei allen Kolleginnen und Kollegen des Städtebundes, welche Deponien betreiben, empfohlen, sich rechtzeitig – am besten schon jetzt – mit der zuständigen Behörde (im Regelfall der Landeshauptmann) und den Amtssachverständigen in Verbindung zu setzen, um fristgerecht alle für den Weiterbetrieb der Deponie erforderlichen behördlichen Verfahren positiv abschließen zu können.

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