Die EURO 2008: Eine Herausforderung auch für die Nicht-EURO-Stadt Graz

Die EURO 2008: Eine Herausforderung auch für die Nicht-EURO-Stadt Graz

Wenn Graz auch keine Spielstätte der EURO 08 ist, so gibt es doch eine Fülle von Herausforderungen zu bewältigen. Vor allem zwei unmittelbar benachbarte Public Viewings haben die Stadtverwaltung ebenso wie die Einsatzorganisationen im Vorfeld massiv beschäftigt. Mit Ende April konnten die grundsätzlichen Planungen aber abgeschlossen werden, die Europameisterschaft kann kommen!

 

Ist es aus der Sicherheitsperspektive wirklich ein Vorteil, keine EURO-08-Spielstätte zu sein? Diese Frage stellt sich für eine Stadt wie Graz ganz nachhaltig, wenn man sich vor Augen führt, dass es zwar Großveranstaltungen in diesem Zeitraum gibt, auf der anderen Seite aber zahlreiche Einsatzkräfte von Polizei und Rotem Kreuz zu den Spielstätten, vor allem nach Klagenfurt, abgezogen werden.
Um entsprechend vorbereitet zu sein und ein koordiniertes Vorgehen zu gewährleisten, wurde bereits am 16. Oktober 2007 seitens des Bürgermeisters Siegfried Nagl der Katastrophenschutzreferent der Stadt Graz mit der Aufgabe eines Sicherheitskoordinators betraut.
Es zeigte sich sehr schnell, dass bereits verschiedene Abteilungen des Magistrates, aber auch der Einsatzorganisationen mit Fragen der EURO beschäftigt waren, sodass dieses Wissen als erster Schritt zusammenzuführen war. Dazu gab es eine erste große Besprechungsrunde, vertreten waren dabei das Bürgermeisteramt, die betroffenen Magistratsabteilungen (Katastrophenschutz und Feuerwehr, Straßenamt, Liegenschaftsverwaltung, Liegenschaftsverkehr, Bau- und Anlagenbehörde), weiters die Bundespolizei (Stadtpolizeikommando und Bundespolizeidirektion), das Rote Kreuz und das Notarztsystem.

Keine „Extrawürste“ für Veranstalter
Dabei stellt sich folgende Ausgangslage dar: Graz liegt im Schnittpunkt zwischen den Trainingslagern der polnischen und kroatischen Teams und den Spielstätten Wien und Klagenfurt. Weiters wurde bekannt, dass damit zu rechnen ist, dass sich bis zu 15.000 polnische TouristInnen im Raum Graz aufhalten werden. Dazu kamen zwei als weitgehend fix beurteilte Public Viewings sowie mehrere Anfragen hinsichtlich weiterer Veranstaltungen dieser Art. Zu erkennen war auch das Interesse der Gastronomie, für das Betreiben von Fernsehgeräten in Gastgärten eine Ausnahmegenehmigung nach der Gewerbeordnung zu erhalten (der Stadtsenat kam diesem Wunsch nach, eine entsprechende Verordnung wurde am 9. Mai beschlossen).
Auf dieser Basis entschied sich die Koordinierungsgruppe, mit den beiden Veranstaltern der Public Viewings gemeinsame Verhandlungen hinsichtlich des Sicherheitsmanagements aufzunehmen, eine Entscheidung, die sich sehr bewähren sollte. Damit war sichergestellt, dass beide Bewilligungsverfahren auf einer gemeinsamen Grundlage ablaufen und die Antragsteller immer genau wissen, dass es keine „Extrawürste“ geben wird.

Konzentration der Kräfte
Um welche beiden Veranstaltungen handelte es sich nun konkret? Die beiden Public Viewings sind in unmittelbarer Nähe zueinander geplant, ein Faktum, das zwar eine Konzentration der Kräfte auf kleinem Raum ermöglicht, ebenso aber die Gefahr, dass sich Unruhen von einer Veranstaltung auf die andere ausbreiten können, in sich birgt.
Das mit bis zu 6.000 Besucherinnen und Besuchern größere Event ist für die Veranstaltungswiese im Stadtpark, bekannt auch als Passamtswiese, geplant. Seitens der Stadt gibt es sowohl eine privatrechtliche Bewilligung als Liegenschaftseigentümervertreterin als auch eine naturschutzrechtliche Genehmigung (der Stadtpark ist geschützter Landschaftsteil). Veranstaltungsbehörde ist in diesem Fall die Bundespolizeidirektion.
Kleiner, von der räumlichen Situation aber ungleich schwieriger, ist das Public Viewing auf dem Karmeliterplatz, ausgelegt auf 2.500 Gäste. In diesem Fall ist das Straßenamt des Magistrats Graz zuständig, da es sich um eine öffentliche Verkehrsfläche handelt. Erschwerend kommt hier dazu, dass der Platz nicht sehr groß und Vorsorge für Zugang und Notzufahrt zu den hier befindlichen Häusern zu treffen ist.

Neue Wege in der Sanitätsversorgung
Wo lagen nun die Hauptprobleme? Die erste Hürde war die Definition der Lärmgrenzen, will doch jeder Veranstalter in dieser Frage möglichst frei sein. Das gemeinsame Verhandeln mit beiden Interessenten hat sich auch in dieser Frage bewährt, die Werte nach den Vorgaben des Umweltbundesamtes wurden als Grenzbelastungen definiert – im Sinne der AnrainerInnen.
Ein besonderes Anliegen der Sicherheitskoordination war aber neben den Ordnungsdiensten die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr. Dazu wurden die beiden Veranstaltungsorte wegen ihrer räumlichen Nähe gedanklich als ein Großevent beurteilt, was dazu führte, einen Teil der Sicherheitsmaßnahmen nur ein Mal setzen zu müssen. So wird es nur eine Brandsicherheitswache (gestellt von der Berufsfeuerwehr Graz) geben, die beide Veranstaltungen abzudecken hat. Ein neuer Weg wurde auch in der Sanitätsversorgung beschritten.
Neben entsprechenden Rettungsinseln auf beiden Veranstaltungsstätten wird es im Hintergrund eine gemeinsame Sanitätshilfsstelle geben. Deren Aufgabe wird sein, Personen mit Hitzekollaps, aber auch Betrunkene, die keine unmittelbare Hospitalisierung benötigen, zu betreuen. Diese Variante hat mehrere Vorteile, insbesondere die räumliche Nähe zu den beiden Public Viewings, aber auch die Möglichkeit, die Krankenhäuser nicht mit jenen Fällen zu belasten, die auch in dieser Form medizinisch korrekt betreut werden können.
Hervorzuheben ist hier die ausgezeichnete Kooperation mit den Veranstaltern, die sich sofort bereit erklärt haben, die für diese Maßnahmen anfallenden Kosten intern auszugleichen.

Was passiert nach den Fußballspielen?
Vorbereitungen wurden auch für den Fall getroffen, dass die bis zu 8.500 Besucher der beiden Events nach den Spielen in die Innenstadt, vor allem in das sogenannte Bermudadreieck, strömen. Hier wurde es seitens der Sicherheitskoordination als sinnvoll erachtet, die Sanitätshilfsstelle bei Bedarf auch nach der Zeit der Übertragungen in Betrieb zu belassen – zur Übernahme der anfallenden Kosten hat sich die Stadt Graz bereit erklärt.
Was bleibt nun, Anfang Mai, noch zu tun, welche Probleme können sich noch ergeben? Es ist nicht auszuschließen, dass noch weitere Ansuchen um Public View¬ings eingebracht werden, was dazu führen könnte, das bisherige Sicherheitskonzept völlig adaptieren zu müssen, samt der Frage der Kostentragung.
Und noch et¬was: Es muss im Vorfeld seitens der Veranstalter eine Informationskampagne für die Anrainer geben, um diese detailliert in das Programm während der EURO einzuweisen.

OEGZ

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