Die Griechen kommen!

Die Griechen kommen!

„Servus Europa – fans will be friends“: Die Euro-Host-City Salzburg bereitet friedliche Fußball-Festspiele vor, baut auf die Kraft der lokalen Szene und begrüßt 1.200 Journalisten.

 

Wer kennt nicht die sprichwörtliche griechische Gastfreundschaft, die einen in der warmen Jahreszeit auf einer Insel oder am hellenistischen Festland noch unbeschwerter die Seele baumeln lässt. Nun ist es einmal umgekehrt: zwischen 30.000 und 50.000 Griechen hoffen auf Salzburger Gastfreundlichkeit, wenn sie anlässlich der EURO 2008 zehn Tage in der Mozartstadt und Umgebung verbringen.

„Servus Europa – fans will be friends“
„Servus Europa – fans will be friends“, so lautet das offizielle Motto der Host City Stadt Salzburg. „Die Griechen kommen“ heißt das inoffizielle. Nur die Hälfte der acht Austragungsstädte der EURO 2008 in Österreich und der Schweiz beherbergen in den drei Vorrundenspielen immer die gleiche Mannschaft: die beiden Hauptstädte Wien und Basel haben das österreichische bzw. Schweizer Team zu Gast, Bern und Salzburg begrüßen bei ihren drei Spielen die Niederlande und die Griechen. Die übrigen vier Städte – Genf, Zürich, Innsbruck und Klagenfurt – haben jeweils zwei Teams zu Gast.
„Wir sind mit unserer Auslosung sehr zufrieden“, sagt der Salzburger Bürgermeis¬ter Heinz Schaden. „Wir hoffen auf ein friedliches Fußballfest ohne große Randale.“ Tatsächlich gelten die Fans von Europameister Griechenland, Schweden, Russland und Spanien nicht als ausgesprochene Hooligans, sondern eher als Freunde des ausgelassenen Feierns.
Rund 20 Fernsehstationen und 1.200 Journalisten haben sich bereits in Salzburg angemeldet. „Viele nutzen die Gelegenheit, nicht nur von den Matches zu berichten, sondern auch von der einmaligen Umgebung und dem Weltkulturerbe“, berichtet Bert Brugger, Chef der Salzburg Tourismus Gesellschaft.
So bringt der deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehsender ARD am Dienstag, dem 10. Juni, eine knapp dreiviertelstündige Live-Sendung aus der Salzburger Fanzone! „Wir haben einen der schönsten Plätze in Österreich gesucht und ihn in Salzburg gefunden“, sagt Programmchef Wehrle. Die beiden Moderatorengrößen Gerhard Delling und Günter Netzer werden live von der Terrasse des „Salzburg Museum“ aus in Blickrichtung Alte Residenz die Leistungen der deutschen Nationalelf sowie die Stimmung in Salzburg kommentieren.
In die Sendung aus der Salzburger Fanzone sollen auch VIPs aus Österreich und Deutschland eingebunden werden. „Wer? Das können wir noch nicht sagen. Nun begeben wir uns erstmals auf die Suche“, schmunzelt der Programmchef. Schon jetzt aber gibt es zwei große Gewinner dieser Sendung: Neben dem ARD, der fantastische Bilder aus dem UNESCO-Weltkulturerbe bekommt, vor allem auch die Host City Salzburg. „Zu dieser Zeit schauen zwischen zwei und vier Millionen Leute das ARD-Programm. Keine schlechte Quote für Salzburg“, freut sich Host-City-Manager Wolfgang Weiss.

Fanzone mitten im Weltkulturerbe
Kurz war als Gelände für die Fanzone auch das Messezentrum am Rand der Stadt im Spiel, dann verlegten die Politiker der Stadtregierung den Fanbereich doch in die Altstadt. Unter anderem auch, weil erfahrungsgemäß die Fans in jedem Fall ins Stadtzentrum strömen würden.
Residenz-, Mozart- und Kapitelplatz bieten gleichzeitig rund 25.000 Personen Platz. In der „heißen Phase“, wenn die drei Vorrundenspiele im EM-Stadion Wals-Siezenheim (10., 14., 18. Juni) stattfinden, gibt es täglich ab 14 Uhr Sicherheitschecks an den vier Eingängen zur Fanzone. Gefährliche Gegenstände wie Glasflaschen, Getränkedosen oder spitze Regenschirme müssen an einem Aufbewahrungscontainer abgegeben werden. Für Bewohner der Altstadt und Touristen, die sich für die EURO nicht interessieren, gibt es eigene Korridore, die ein unbehindertes Queren der Altstadt erlauben. Einzige Ausnahme: die drei Spieltage. „Wir wollen so wenig Einschränkungen des Alltagslebens wie möglich.“ Auf diese Vorgabe des Bürgermeisters hat das Organisationskomitee mit einem flexiblen Konzept reagiert, das sich den jeweiligen Umständen maßgeschneidert anpasst. So ist die Größe der Fanzone variabel. Während der EURO 2008 zwischen 7. und 29. Juni werden die Sicherheitsstandards jeden Tag neu fixiert. „Die 1.400 Polizisten, die in der heißen Phase im Stadion und in der Stadt im Einsatz sind, werden sich im Hintergrund halten, um unnotwendige Provokationen zu vermeiden“, stellt Einsatzleiter Rudolf Feichtinger von der Polizei fest.

Späte Einsicht für „Plastikverordnung“
Im Vorfeld besuchten Polizei und das Amt für öffentliche Ordnung jeden der 140 Schanigärten-Besitzer im Sicherheitsbereich zwischen Bahnhof und Altstadt, um die Sicherheitsauflagen abzuklären. So dürfen in der heißen Phase zwischen 14 und 6 Uhr in Schanigärten keine Glasflaschen, Getränkedosen oder „sonstige Gegenstände aus zerbrechlichem, splitterndem oder besonders hartem Material“ verwendet werden, wie es in der vom Gemeinderat extra beschlossenen ortspolizeilichen Verordnung heißt.
Anfangs sind die Wirte gegen die „Plastikverordnung“ Sturm gelaufen, nach mehreren Informationsversammlungen hat die Einsicht gesiegt. „Es gibt nichts Gefährlicheres als herumfliegende Aschenbecher aus Glas oder leere Flaschen, die achtlos auf den Boden geworfen werden“, meint Feichtinger.
In der monatelangen Vorausplanung wur¬de auch der Euro-Nachtstern geboren, der bis in die Morgenstunden vom Zentrum aus in alle Richtungen fährt. Für Radfahrer – Salzburg gilt als Österreichs Radstadt Nummer eins – werden 700 mobile Radständer rund um die Fanzone aufgestellt, das Parkleitsystem erfasst über 7.000 öffentliche Parkplätze, Altstadtbewohnern werden Ersatzparkplätze angeboten. Rigoros überwacht wird das Innenstadt- und Parkverbot für Busse. Die Anfahrt darf nur über gewisse Routen zu den Terminals Nord und Süd erfolgen.
Mit Nettogesamtausgaben von 1,7 Millionen Euro zählt die Host City Salzburg klar zu den sparsamen EURO-2008-Städten. Das Geld kommt größtenteils von der UEFA und den lokalen Sponsoren. Nicht eingerechnet sind allerdings die rund 10.000 Überstunden, die beim Unternehmen Magistrat Salzburg wegen der EURO 2008 anfallen. „Allein bei der Straßenreinigung ist der Arbeitseinsatz so groß, wie wenn es im Winter drei Wochen lang täglich schneit“, hat Organisator Klaus Hinterberger von der Magistratsdirektion ausgerechnet. „Wir bemühen uns, auf allen Ebenen ein umfassendes Service zu bieten.“

Großkantine im Rathaus
An den drei Spieltagen haben städtische Stellen wie das BürgerService, die Telefonzentrale, das Fundamt oder die öffentlichen Toiletteanlagen teilweise bis 1 Uhr früh geöffnet haben, ein Großkantine in der Säulenhalle des Rathauses verpflegt die gesamten freiwilligen Helfer, eine eigene Verkehrszeichenpartie führt kurzfristig Absperrmaßnahmen durch, leichte „fliegende“ Mistkübel werden durch schwere Tonnen ersetzt, Bänke fixiert und angeschraubt, das Gartenamt schmückt 20 Verkehrsinseln in den EURO-Farben Blau-Weiß-Rot und hält genügend Reserven für Nachpflanzungen in der Vorhand, falls es zu gröberen Vandalenakten kommt.
Sparsam und zugleich sehr effektiv für die heimischen Kulturkräfte geht es beim Rahmenprogramm in der Fanzone zu. Die Host City baut auf die „Kraft der lokalen Szene“ und lässt jeden Tag eine heimische Band auf der Hauptbühne mit den 50 m2 großen Screens im Herzen der Altstadt auftreten, ausgewählt vom Salzburger Rockhouse.
Zu hören ist ebenso das Ergebnis des Fußball-Song-Wettbewerbs der Stadt Salzburg „Salzburg sucht das Fußball-Lied“, an dem sich mehr als zwanzig Bands beteiligt haben.
„Die heimische Musikszene freut sich sehr über diese Chance“, sagt Rockhouse-Chef Wolfgang Descho, „man spielt nicht jeden Tag auf einer solchen Bühne mit diesen Möglichkeiten in diesem herrlichen Ambiente“. Von der Qualität her brauchten sich die Bands jedenfalls nicht zu verste¬cken. „Im Gegenteil“, verspricht er, „die Besucher werden staunen, welches musikalische Potenzial diese Stadt auch im Pop- und Rock-Bereich hat.“

Eröffnungsfest mit Big Papa
Jeder Tag der EURO 08 wird in Salzburg mit einem Spezialeffekt eröffnet: mit Big Papa, einer 50 Meter hohen Wasserfontäne, die aus der Salzach herauswächst. „Bei Big Papa handelt es sich um Europas größten mobilen Hochstrahl, der in der Salzach zwischen Makartsteg und Müllner Steg situiert ist“, berichtete Marketingleiter Christian Rothe, zuständig für Ausrichtung und Gesamtkoordination des Rahmenprogramms. Big Papa wird mehrmals am Tag einige Minuten in Betrieb sein und sozusagen als Botschafter der Hellbrunner Wasserspiele agieren.
Mehr als nur Party: das Eröffnungsfest „Servus Europa – fans will be friends“ sieht in der Fanzone (Sa, 7. Juni, 15 bis 16.30 Uhr) einen heißen Mix aus Pop, Volkskultur, Klassik und Videokunst vor, an dem über 350 SalzburgerInnen – unter anderem auch die heimischen Pop-Senkrechtstarter Merry Poppins – mitwirken. In Szene und Bild gesetzt wird das Spektakel von dem Salzburger Regisseur Reinhold Tritscher.
Dialog und Integration stehen bei „Europe live in Salzburg“ im Mittelpunkt. Vier
Tage lang stellen in Salzburg lebende Landsleute auf der Fanzonen-Bühne vor den Match-Übertragungen ihre Nation vor. Die 30-minütigen Beiträge reichen von Live-Interviews über Filme und Konzerte bis zu Modeschauen und Kochrezepten. „Wir kooperieren dabei in der Vorbereitung eng mit den Konsulaten in Wien und Salzburg zusammen“, erklärte Rothe.
Mit „2008 – Österreich am Ball“ schließlich wird an einer dreiwöchigen Kunstzone „Sound of Salzburg“ an der Salzach mit Wasser, Licht und Musik gearbeitet, bei der heimische Komponisten und Musiker im Mittelpunkt stehen.
Die märchenhaften, bis zu 20 Meter hohen Wasserfiguren lässt der Innsbrucker Künstler Peter Zivny tanzen, das Musikprogramm wird von Wolfgang Danzmayr, dem Leiter der Abteilung Kultur im ORF-Landesstudio Salzburg, kuratiert und zusammengestellt.
„Dieses Programm ist eingebettet in die sonstigen Aktivitäten einer Fanzone wie Präsentationen der Sponsoren, DJ-Musik, verschiedensten Filmbeiträgen oder Interviews“, berichtet Host-City-Koordinator Wolfgang Weiss, „wobei wir uns aus Rück¬sicht auf die Anrainer um ein Entertainment light bemühen.“
Seit wenigen Tagen schmücken auch mehr als 600 Fahnen im
EURO-Look die Hauptstraßen und Stadteinfahrten, der griechische Tourismusverband mietet StadtBus-Werbeflächen, Ma¬rius’ Taverne in der Priesterhausgasse in der Altstadt rüstet schon zum großen Gelage an den drei Spieltagen. Die Zimmer im nahen Priesterseminar sind alle an Griechen vermietet, sodass sich das Anrainerproblem in Grenzen halten sollte. Hoffentlich.

„Servus Europa – fans will be friends.“

OEGZ

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