Städte und ihre Umlandgemeinden arbeiten verstärkt zusammen

Städte und ihre Umlandgemeinden arbeiten verstärkt zusammen

IKZ in Kärntens Städten – gegen „kommunale Egoismen“ und „Kirchturmdenken“. Österreichs Städte und Gemeinden stehen Herausforderungen wie der immer stärker werdenden Bürgerorientierung sowie zunehmenden Aufgaben und Reformbemühungen der öffentlichen Verwaltung gegenüber, die es erfolgreich zu meistern gilt. Gerade in diesen Bereichen ist es deshalb umso wichtiger, Kooperationen zwischen Städten und ihren Umlandgemeinden zu forcieren – also sogenannte „interkommunale Zusammenarbeit“ (kurz IKZ) zu betreiben. Ein Projektbericht der Studierenden des 8. Semesters, Studiengang Public Management der Fachhochschule Kärnten im Rahmen der Lehrveranstaltung „Verwaltungsmodernisierung“.

Immer häufiger bilden Städte mit ihren umliegenden Gemeinden Kooperationen in den unterschiedlichsten Bereichen. Dabei kann IKZ helfen, innovative und erfolgreiche Lösungsansätze zu finden, um so kommunale Aufgaben effizienter und bürgerfreundlicher erfüllen zu können. Durch partnerschaftliches Agieren haben die Kooperationspartner die Möglichkeit, eine Verbesserung der finanziellen Situation, eine Überwindung von etwaigen Budgetengpässen, die effektivere Nutzung der vorhandenen Ressourcen sowie eine Qualitätssteigerung und Verbesserung des Leistungsangebotes für ihre Gemeinde zu erzielen.

„Gemeinsam Chancen ergreifen und Vorteile nutzen!“
Für Gemeinden besteht bei IKZ die Möglichkeit, gemeinsam Aufgaben zu erfüllen und in den verschiedensten Formen zusammenzuarbeiten – von informeller Zusammenarbeit (Arbeitsgemeinschaften, Expertentreffen) bis hin zur formellen Zusammenarbeit in Form von öffentlich-rechtlichen (Verbände, Verwaltungsgemeinschaften) oder privatrechtlichen Kooperationen (Vereine, Kapital- und Personengesellschaften). Die Art und Weise, wie zusammengearbeitet wird, kann in Abhängigkeit des angestrebten Ziels, der Aufgabenstellung sowie dem gewünschten oder verpflichtenden Grad der Institutionalisierung unterschiedlich ausgeprägt sein.

IKZ zwischen Städten und ihren Umlandgemeinden
Das Spannungsverhältnis zwischen den Kernstädten und ihren Umlandgemeinden im Hinblick auf die Abwanderung der Wohnbevölkerung und der Gewerbebetriebe, die sich vermehrt im Umland einer Stadt niederlassen, stellt nicht selten eine Herausforderung für Gemeinden dar.
Entgegenwirken kann diesem Trend die gemeinsame Planung und Umsetzung von
- regionaler Strukturentwicklung,
- öffentlichem Personennahverkehr,
- Ver- und Entsorgung mit Energie, Wasser, Abwasser und Abfall sowie
- kulturellen Aktivitäten und Angelegenheiten der sozialen Sicherung.

IKZ in Kärntens Städten
Neben den beiden Statutarstädten Klagenfurt und Villach gibt es noch weitere 130 Gemeinden, davon 15 Stadtgemeinden. 70% der Gemeinden weisen jedoch nur bis zu 3.000 Einwohner auf und sind durch die zunehmende Komplexität der an sie gestellten Aufgaben sowohl finanziell als auch administrativ und vor allem technisch stark gefordert. Gut, dass sie sich durch ihre aktive Teilnahme an zahlreichen interkommunalen Kooperationen auszeichnen, denn 95% aller Kärntner Gemeinden halten IKZ für einen vielversprechenden Ansatz.
Dies fanden die Studierenden des Studiengangs „Public Management“ der Fachhochschule Kärnten im Zuge einer Studie zum Thema „Interkommunale Zusammenarbeit in Kärntner Gemeinden“ heraus. Kein Wunder, gehört doch IKZ zu den Arbeitsschwerpunkten von Landesrat Reinhart Rohr, der darin eine Notwendigkeit der modernen kommunalen Aufgabenbesorgung sieht. Es bestätigte sich, dass die unterstützenden Maßnahmen seitens des Landes Kärnten rund um gemeindeübergreifende Zusammenarbeit bereits Früchte tragen.
Ins Leben gerufen und realisiert wurde das Projekt in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung 3 – Gemeinden im Amt der Kärntner Landesregierung, die selbst beispielgebend mit ihrer Innovationsbörse auf gelebte Verwaltungsmodernisierung setzt. Im ersten Schritt wurde in allen 132 Kärntner Gemeinden der aktuelle Stand zum Thema IKZ mittels Fragebogen erhoben und durch persönliche Interviews vertieft. Von Interesse war sowohl die Sichtweise der Politik als auch der Verwaltung. Für die Analyse der gewonnenen Daten stellte die Abteilung 3 – Gemeinden dankenswerterweise Ergebnisse aus der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2005 zur Verfügung, sodass neben der diesjährigen Erhebung zudem eine Längsschnittanalyse durchgeführt werden konnte. Anfang Mai wurden die Projektergebnisse schließlich präsentiert und gemeinsam mit Gemeindevertretern, Experten und Studierenden fachkundig diskutiert.

Auszug aus den Ergebnissen
Wie schon im Jahr 2005 zählen die Aufgabenbereiche Abfallentsorgung (91% aller Gemeinden), Tourismus (87%) und Abwasser (85%) zu den Spitzenreitern der Zusammenarbeit, in denen je rund 9 von 10 Gemeinden kooperieren. Bezogen auf die Kooperationsform zeigt sich, dass gegenüber dem Jahr 2005 kaum Veränderungen festzustellen sind. Nach wie vor ist die formelle Zusammenarbeit (69%) vorherrschend, wobei am häufigsten der Gemeindeverband mit knapp 30% und vertragliche Formen mit 20% zum Einsatz kommen. Während von der Verwaltung keine Präferenzen für spezielle Kooperationsformen erkennbar waren, wurde von politischer Seite betont, dass sich Verbände jahrelang bewährt haben, gleichzeitig aber gerade privatrechtliche Kooperationsformen eine höhere Flexibilität zulassen. Betrachtet man die Kooperationsformen nach Gemeindegrößenklassen, ist mit zunehmender Größe eine steigende Tendenz zu Gemeindeverbänden zu erkennen. Im Gegensatz dazu nehmen jedoch informelle Kooperationen mit zunehmender Gemeindegröße ab.

Praktische Beispiele
Auf Betreiben von Landesrat Rohr bemühen sich Kärntens Städte und Gemeinden seit Jahren um eine Intensivierung der Zusammenarbeit über die eigenen Grenzen hinaus. Mit Erfolg. Stellvertretend für viele andere positive Kooperationen sollen drei Beispiele die positive Entwicklung verdeutlichen und anderen Gemeinden Mut zur Zusammenarbeit machen.
Der „Zentrale gemeinsamer Einkauf“ für die Stadt Villach und 17 Mitgliedsgemeinden mit gemeinsamer Ausschreibung und Vergabe, der seit 2005 operativ in Betrieb ist, stellt nur eines von vielen vorbildlichen, partnerschaftlichen Projekten der Stadt dar. Bestellungen werden gegen eine geringe Jahresgebühr über eine Internetplattform abgewickelt. Die Lieferung und Verrechnung erfolgt durch den Lieferanten direkt an die bestellende Gemeinde. Wechselseitige Synergien stehen im Mittelpunkt dieser erfolgreichen gemeindeübergreifenden Kooperation, deren weiterer Ausbau bereits in Planung ist.
Ein weiteres positives Beispiel für partnerschaftliches Handeln stellt das Altstoffsammelzentrum der Stadtgemeinde Ferlach dar. Nach dem nunmehr zehnjährigen Bestehen wurde es dieses Jahr neu adaptiert und ausgebaut. Ferlach, als zentraler Angelpunkt inmitten des Rosentals, profitiert gleichermaßen von diesem Altstoffsammelzentrum wie die beiden umliegenden Kooperationsgemeinden. Bislang wurde dessen Nutzung sowohl von den Bürgern als auch von den umliegenden Gemeinden gut angenommen und stellt gleichzeitig einen Schritt zu einem neuen Abfallwirtschaftskonzept dar, das enorme Einsparungen bei der Entsorgung von Sperrmüll und Problemstoffen vorsieht.
Auch das schmucke Städtchen Straßburg, am Eingang des Gurktals gelegen, reiht sich in die Vorzeigeprojekte der Zusammenarbeit zwischen Städten und Gemeinden ein. Die strukturschwache Region bekam 2005, nach einer gemeinsamen Beschlussfassung mit der Abteilung 3 – Gemeinden, die Möglichkeit zu einem Pilotprojekt der interkommunalen Zusammenarbeit mit den weiteren fünf Gurktalgemeinden. Mit entsprechender Unterstützung durch das Land wurden in einer Reihe von Workshops und Arbeitsgesprächen Möglichkeiten der Kooperation erarbeitet. Oberste Prämissen sind dabei das Wohl der Bevölkerung, die Stärkung der regionalen Wirtschaft und die Nutzung von Synergien in den Gemeindeverwaltungen. Ein wichtiger Meilenstein wurde 2007 erreicht, als die Gurktal GmbH als gemeinsame Gesellschaft für Innovations- und Infrastrukturprojekte gegründet wurde. Bereits erfolgreich in Angriff genommen wurde beispielsweise das interkommunale Sportzentrum „Oberes Gurktal“ in Sirnitz oder das Betriebsgebiet in Klein Glödnitz–Weitensfeld. Vom Ausbau der Biomasse bis hin zu Verwaltungskooperationen sind weitere Projekte, die die bestehenden Ressourcen nutzen und bündeln, auf gutem Wege und werden Schritt für Schritt umgesetzt.
Diese praktischen Beispiele stellen nur drei von vielen Anwendungsfeldern dar, die IKZ mit all seinen Formen zu bieten hat.

Gegen Dominanz des Einzelnen
Vor allem große Städte haben aufgrund ihrer Strukturen, finanziellen Mittel und ihres Know-hows häufig mehr Möglichkeiten, ihre Leistungen eigenständig umzusetzen und weiterführende Projekte anzugehen. Daher sind sie nicht zwingend auf Kooperationen angewiesen, wie es bei Kleingemeinden eher der Fall ist. Dennoch stehen die Städte oftmals den kleineren Gemeinden unterstützend zur Seite, indem sie ihre Leistungen anbieten und partnerschaftlich, in Form von Kooperationen, handeln. Die Umlandgemeinden können deshalb umso mehr von städtischen IKZ-Vorhaben profitieren, da sie häufig Synergien nutzen und an Projekten in verschiedensten Bereichen wie beispielsweise der Beschaffung, der gemeinsamen Ver- und Entsorgung sowie der sozialen Infrastruktur beteiligt werden. Wichtig ist, dass die Partnerschaft ausgeglichen gelebt wird und allen Beteiligten unabhängig von ihrer Größe und Finanzstärke entsprechende Mitsprache und Mitentscheidung eingeräumt wird. Kein Partner sollte sich vom anderen dominiert oder übervorteilt fühlen. Gerade bei eklatanten Größenunterschieden sind hier alle Kooperationspartner gemeinsam gefordert, Lösungen zu finden.

Was macht IKZ erfolgreich?
Der Balance zwischen Städten und ihren Umlandgemeinden sollte deutlich mehr Beachtung geschenkt werden, um ausgeglichen für alle Partner Kooperationen schaffen zu können und die Nutzung von Synergien möglich zu machen. Um dieses Gleichgewicht auch während der Kooperationsdauer aufrecht zu erhalten, ist eine aktive Kommunikation, Wohlwollen, eine gerechte Kostenaufteilung und Gleichberechtigung aller Beteiligten unabdingbar. Zu den meistgenannten Erfolgsfaktoren aus der Studie zählen gegenseitiges Vertrauen, die Verfolgung gleichwertiger Ziele und Interessen sowie Kooperationsbereitschaft.

Trends und Empfehlungen für erfolgreiche Zusammenarbeit
IKZ bietet die Möglichkeit, die Kooperationsfelder innerhalb einer Gemeinde weiter auszubauen. Durch aktives Handeln und eine positive Einstellung zu IKZ in Kärnten, die allen voran auch vom Amt der Kärntner Landesregierung vorgelebt wird, werden wie bisher Kooperationen unterstützt und forciert. Die Studie zeigt, dass die Kärntner Gemeinden in den nächs¬ten Jahren schwerpunktmäßig in folgenden Bereichen Partnerschaften eingehen möchten:
- EDV,
- Personalverrechnung,
- Tourismus,
- Bestattung,
- Abfall- und Abwasserentsorgung,
- Sport-, Kultur- und Jugendbetreuung.
Die Tendenz geht – abgesehen von den gesetzlich vorgeschriebenen Kooperationsformen – deutlich hin zu den privatwirtschaftlichen. Speziell die Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen am Beispiel von Public-Private-Partnership-Modellen wird in Zukunft einen immer größeren Stellenwert einnehmen.

IKZ als Chance
Gemeindeübergreifende Zusammenarbeit birgt große Potenziale und Chancen für Städte und Regionen in sich, gerade um im nationalen und internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein. Mit IKZ wird versucht, „kommunalen Egoismen“ entgegenzuwirken und das „Kirchturmdenken“ zu durchbrechen. Entwicklung muss auch in Zukunft in allen Gemeinden, unabhängig von ihrer Größe und Finanzstärke, möglich sein und daher sollen vorhandene wirtschaftliche Chancen optimal genutzt werden. In diesem Sinne stellt IKZ, wie auch die vorliegende Studie in Kärnten gezeigt hat, einen erfolgsversprechenden Ansatz dar, mit dem Know-how und Erfahrung zwischen den interagierenden Partnergemeinden vorteilhaft gebündelt werden können.

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