Problem Getränkesteuer gelöst

Problem Getränkesteuer gelöst

Aufgrund einer höchstgerichtlichen Entscheidung und intensiven Verhandlungen des Österreichischen Städtebundes mit dem Handel ist es schließlich gelungen, den Städten in einem angemessenen Zeitraum die teilweise Rückzahlung einer gemeinschaftsrechtswidrigen Abgabe an Handelsbetriebe in einem durchaus akzeptablen Umfang zu ermöglichen und damit die bereits seit über 10 Jahren andauernden Rechtsstreitigkeiten und Abgabenverfahren mit einem relativ geringen Verwaltungsaufwand und Rückzahlungspotenzial abschließen zu können.

Rechtsproblematik
Bereits seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 9. März 2000 hat das Problem „Getränkesteuer-Rückzahlung“ die kommunalen Abgabenbehörden und vor allem auch den Städtebund vehement tangiert. Gerade die Rückzahlung der gemeinschaftsrechtswidrigen Getränkesteuer an Handelsbetriebe schaffte besonders intensive Probleme, weil hier in der Regel keine verspäteten oder bedingten Rechtsbehelfe, wie Anträge, Rechtsmittel etc., vorgelegen waren, welche eine formalrechtliche Erledigung des Rückzahlungsantrages als verspätet oder rechtlich unzulässig zuließen und auch das sogenannte Frankfurter Urteil bezüglich der Gemeinschaftskonformität der Getränkesteuer bei überwiegend Dienstleistungsbetrieben nicht zur Anwendung gelangen konnte. Die Getränkesteuer-Rückzahlungsbegehren der Handelsbetriebe erforderten daher eine diffizile, materiellrechtliche Entscheidung über Kostenüberwälzung, Schaden aus der Steuerüberwälzung und allfällige Bereicherung bei einer Rückzahlung.

Musterverfahren
Nachdem es praktisch unmöglich war, die unzähligen anhängigen Abgabenverfahren von Getränkesteuer-Rückzahlungsanträgen bei Handelsbetrieben in den Kommunen Österreichs, noch dazu für diverse Betriebsstätten dieser Großhandelsbetriebe und verschiedene Abgabenzeiträume, materiellrechtlich abzuwickeln, sind Städte- und Gemeindebund übereingekommen, dass der Österreichische Städtebund im Rahmen eines Musterverfahrens eine Entscheidung des Höchstgerichtes herbeiführen sollte, um in der Folge im Rahmen von Verhandlungen mit den Handelsbetrieben eine generelle Lösung erreichen zu können. Dieses Musterverfahren als Präzedenzfall ermöglichte es den Abgabenbehörden, auch ihre anhängigen Abgaben- bzw. Rechtsmittelverfahren verfahrensrechtlich auszusetzen und einen weiteren Verwaltungsaufwand einzusparen.
Im Rahmen des äußerst verwaltungsaufwendigen Abgabenrechtsmittelverfahrens für diesen Präzedenzfall musste die Abgabenbehörde betriebsspezifische, teilweise betriebswirtschaftliche, aber darüber hinaus auch volkswirtschaftliche Aspekte berücksichtigen und hatte umfangreiche Recherchen vorgenommen, wie etwa die Kostenanalyse sämtlicher betrieblicher Kosten, Verifizierung der Parteienvorbringen, Überprüfung der Preislisten, Abgabenerklärungen und allfälliger Produktkalkulationen, Vornahme eines Rohaufschlagsvergleichs mit anderen Handelsbetrieben, Darstellung einer Kostenäquivalenz, Analyse des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und hatte darüber hinaus auch volkswirtschaftliche Überlegungen allfälliger Nachteile aus der Steuerüberwälzung angestellt, zumal die Steuerpflichtige aus der Steuerüberwälzung einen Schaden geltend machte. Schließlich gelangte nach einem ausführlichen Indizienverfahren die Abgabenbehörde zur Rechtsauffassung, dass die Rückzahlung eines Abgabenbetrages von rund 15% gemeinschaftsrechtswidriger Getränkesteuer gerechtfertigt sei, wobei
- über 10% aus der Kostenäquivalenz abzuleiten waren, zumal nicht sämtliche Kosten durch die Einnahmen abgedeckt und daher auch die Getränkesteuerbeträge anteilig nicht überwälzt werden konnten,
- 4% aus den wirtschaftlichen Nachteilen aus der Steuerüberwälzung resultierten, wobei dieser relativ geringe Betrag vor allem mit dem Standort Linz als Indus¬trie-, Tourismus- und Sportstadt mit ei¬nem beachtlichen Einkommen der Bevölkerung und Bruttoregionalprodukt und daher geringer Preiselastizität bei Alkoholika und überdies großer Entfernung zu den „getränkesteuergünstigen“ Nach¬barstaaten begründet werden konnte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat trotz umfangreich vorgebrachter Einwände in der Beschwerdeschrift durch die rechtsfreundliche Vertretung des Handelsbetriebes schließlich mit Erkenntnis vom 21. Mai 2007, Zl. 2005/16/0247-12, eine Entscheidung zugunsten der Stadt Linz gefällt und die Rückzahlung eines Abgabenbetrages von rund 15% als rechtmäßig anerkannt.

Verhandlungen
Nachdem die Interessenvertretung des Handels ursprünglich dem Städte- und Gemeindebund eine Getränkesteuer-Rückzahlung von rund 50% zur Bereinigung der Rechtsproblematik „Erhebung einer gemeinschaftsrechtswidrigen Getränkesteuer“ vorgeschlagen hatte, ging der Handel trotz dieses für die Kommunen äußerst positiven höchstgerichtlichen Erkenntnisses in die Verhandlungen mit Städte- und Gemeindebund mit der Absicht, bei einem generellen Abschluss für ganz Österreich einen Abgabenbetrag von rund 30% der entrichteten Getränkesteuer als Rückzahlungsquote zu beanspruchen.
Diese vor allem auch vom Städtebund äußerst intensiv geführten Verhandlungen brachten aber schließlich dahingehend ein Ergebnis, dass auf der Basis des Linzer Präzedenzfalles ein Rückzahlungsprozentsatz von 15% der geleisteten gemeinschaftsrechtswidrigen Getränkesteuer vom Handel akzeptiert wurde. Dieses Verhandlungsergebnis wurde umfangreich analysiert und die Argumente gegen und für die Akzeptanz dieses Prozentsatzes gewissenhaft abgewogen. Dagegen sprach möglicherweise vor allem der Umstand, dass es sich beim vorliegenden Präzedenzfall um Verlustbetriebe eines Diskontunternehmens handelte, sodass bei allfälligen Gewinnbetrieben die Kostenäquivalenz zu hinterfragen und überdies im Hinblick auf die Ausführungen im obzitierten höchstgerichtlichen Erkenntnis der Schaden vom Steuerpflichtigen nicht nur vorzubringen und darzustellen, sondern vor allem nachzuweisen wäre.
Die Argumente für die Akzeptanz dieses Prozentsatzes überwogen jedoch bei weitem, weil
- dieser Prozentsatz jenem entspricht, welcher im Präzedenzfall vom Höchstgericht als angemessen entschieden wurde, wobei die Kommunen auf allfällige Argumente für eine Herabsetzung, jedoch vor allem der Handel auf zahlreiche mögliche Argumente für eine Erhöhung des Prozentsatzes verzichteten,
- der Handel mit der Vereinbarung über diesen Rückzahlungsprozentsatz rund 98% der Handelsbetriebe Österreichs abdeckte,
- im Rahmen von Massenverfahren jener Verwaltungsaufwand, welcher mit hoher Intensität im Linzer Präzedenzfall betrieben worden war, vor allem aus Personalressourcen nicht möglich bzw. auch nicht vertretbar war,
- im Rahmen des höchstgerichtlichen Musterverfahrens diverse Rechtsfragen noch offen blieben, wie etwa
– die Frage des behördlichen Nachweises der Überwälzung bei Gewinnbetrieben, wo Kostenäquivalenz nicht zum Tragen kommen kann,
– die Berücksichtigung von Kostenkalkulationen bei Alkoholika, welche große Handelsbetriebe hinsichtlich der alkoholischen Getränke führen,
– die Frage der Schadensbeurteilung, wenn von Steuerpflichtigen aufgrund der höchstgerichtlichen Begründungsausführung konkrete Nachweise vorgelegt würden,
– der wirtschaftliche Schaden aus der Steuerüberwälzung, welcher gerade in den kleineren Gemeinden mit wenig Tourismus und geringem Bruttoregionalprodukt und damit hoher Preiselas¬tizität bei Alkoholika oder in Gemeinden in räumlicher Nähe zu „getränkesteuergünstigen“ Nachbarstaaten sicherlich vorliegt.
Diese angeführten Aspekte, vor allem die nach langwierigen Verhandlungen von Städte- und Gemeindebund erzielte Beteiligung des Bundes am Rückzahlungspotenzial von voraussichtlich 30 Millionen Euro mit einem Beitrag von rund 7,5 Millionen Euro (Vorwegabzug) aus den Mehreinnahmen aus der Körperschaftssteuer aufgrund der Getränkesteuer-Rückzahlungen an Handelsbetriebe, führten schließlich zu einer Unterfertigung der Vereinbarung zwischen Städte- und Gemeindebund und Handel.

Vereinbarung
Im Rahmen dieser Vereinbarung verpflichten sich Städte- und Gemeindebund einerseits und Handel andererseits, ihren Mitgliedern gegenüber die dringende Empfehlung abzugeben, dass auch diese ihrerseits in allen Kommunen Österreichs die Vereinbarung betreffend einer 15%igen Getränkesteuer-Rückzahlung annehmen; wenn in dieser Vereinbarung von Handelsbetrieben die Rede ist, so werden damit sämtliche Arten von Handelsbetrieben, Einzel- und Großhandelsbetriebe sowie Lebensmittelhändler zu subsumieren sein. Wesentlich ist vor allem, dass durch diese Vereinbarung formalrechtlich (verspätete oder bedingte Rechtsbehelfe) abgeschlossene oder noch abzuschließende Abgabenverfahren nicht tangiert werden und auch hinsichtlich des Abgabenzeitraumes Jänner 2000 bis einschließlich 8. März 2000 die Gemeinden keine Rückzahlungen zu leisten haben; außerdem werden Abgabennachforderungen der Gemeinden den Rückzahlungsprozentsatz reduzieren.
Die Administration der Getränkesteuer-Rückzahlung erfolgt in drei Phasen und ist schließlich erst bis 30. April 2009 abzuschließen, sodass den Gemeinden und Städten ausreichende Zeit für die Abwicklung der Abgabenverfahren und der Budgetierung der Rückzahlungsbeträge zur Verfügung steht. Im einzelnen soll die Abwicklung der Getränkesteuer-Rückzahlung in der Regel dermaßen erfolgen, dass
- die Handelsbetriebe verpflichtet sind, den Gemeinden bis Ende September 2008 ihre Anträge sowie die darin rückgeforderten Getränkesteuerbeträge bekannt zu geben und für den Fall einer Rückerstattung in Höhe dieser Vereinbarung zu erklären, von vornherein auf ein Rechtsmittel zu verzichten,
- im Wege von Parteiengehör die Gemeinden die voraussichtlich rückzuzahlenden Abgabenbeträge mit den Handelsbetrieben abzustimmen haben,
- nach Abklärung der zahlenmäßigen Richtigkeit der Rückzahlungsbeträge die Gemeinden abgabenrechtliche Entscheidungen in erster Instanz oder Rechtsmittelinstanz treffen werden, wobei alternativ auch der Abschluss einer entsprechenden abgabenrechtlichen Vereinbarung rechtlich möglich ist.
Der Städtebund wird seinen Mitgliedsgemeinden zeitgerecht entsprechende Muster für Parteiengehör und Abgaben- bzw. Rechtsmittelbescheide zur Verfügung stellen.
Die Handelsbetriebe verpflichten sich, bis zu den zeitlich vorgesehenen Terminen keine Säumnisbeschwerden einzubringen und allfällig gestellte Säumnisbeschwerden zurückzuziehen; jene Gemeinden, bei welchen Säumnisbeschwerden anhängig sind, haben allerdings den Handelsbetrieben vorher bekannt zu geben, dass sie dieser Vereinbarung beizutreten beabsichtigen.
Die Gemeinden sind ihrerseits verpflichtet, sämtliche abgabenrechtliche Erledigungen und Vereinbarungen bis längstens 31. März 2009 abzuschließen; die Rückzahlung der Getränkesteuerbeträge hat bis spätestens 30. April 2009 zu erfolgen.
Nachdem jedoch zu erwarten ist, dass Handelsbetriebe schon in nächster Zeit entsprechende Rückzahlungsbegehren mit konkreten Angaben über Anträge und Zahlen stellen werden, hatte die Wirtschaftskammer in einem Rundschreiben an ihre Mitglieder darauf hingewiesen, dass den Gemeinden vertragsgemäß entsprechende Zeit für die Abwicklung der Verfahren (31. März 2009) und Rückzahlung der Abgabenbeträge (30. April 2009) einzuräumen sein wird; bei allfälligen Interventionen der Handelsbetriebe auf sofortige Rückzahlung sollte auf diese Kammerinformation vom Juni 2008 verwiesen werden.
Nachdem die einzelnen Länder die Rückzahlungsbeträge ihrer Gemeinden bis Ende Oktober 2008 dem Bund bekannt geben müssen, damit der Bund seine Bundesmittel (Vorwegabzüge aus der Körperschaftssteuer) rechtzeitig Anfang 2009 den Ländern zur Verteilung an ihre Gemeinden bereitstellen kann, empfiehlt es sich, während der Sommermonate vor Ende September 2008 (bis zu diesem Termin haben die Handelsbetriebe ihre Rückforderungsansprüche und Rückzahlungsverfahren den Gemeinden gegenüber bekannt zu geben)
- allfällig noch offene formalrechtliche Entscheidungen über bedingte bzw. verspätete Rechtsbehelfe zu treffen,
- die Rückzahlungsbeträge bzw. die Rückzahlungsverfahren im Rahmen ihrer Steuerverwaltung abzuklären,
damit nach Vorliegen der Informationen durch die Handelsbetriebe Ende September noch im Oktober 2008 allfällige Differenzen mit den Handelsbetrieben fristgerecht abgeklärt und die Rückzahlungsbeträge den Ländern bis Ende Oktober 2008 bekannt gegeben werden können.

Lösungsanalyse
Nachdem es sich bei der Besteuerung der entgeltlichen Lieferung von Getränken durch Handelsbetriebe, im Gegensatz zur Getränkeabgabe bei überwiegend Dienstleistungsbetrieben, um eine gemeinschaftsrechtswidrige Abgabenbesteuerung handelte, waren die Städte und Gemeinden verpflichtet, die Überwälzung der Getränkesteuer bzw. eine Bereicherung bei Rückzahlung umfassend formal- und materiellrechtlich zu prüfen.
Im Zusammenhang mit diversen höchstgerichtlichen Verfahren und vor allem im Hinblick auf den Linzer Präzedenzfall hat sich gezeigt, dass diese sogenannten „Bereicherungsverfahren“ mit einem kaum zu vertretenden fachlichen und personellen Verwaltungsaufwand verbunden sind und teilweise auch zu hohen finanziellen Rückzahlungsbelastungen der Kommunen geführt hätten bzw. mit den vorhandenen Personalressourcen sicherlich nicht zu bewältigen gewesen wären.
Es war daher sinnvoll, aufgrund der positiven Entscheidung im Linzer Präzedenzfall in Verhandlungen mit dem Handel einzutreten und eine generelle österreichweite Regelung anzustreben. Der in dem VwGH-Erkenntnis vom 21. Mai 2007, Zl. 2005/16/0247-12, entschiedene Rück¬zahlungsprozentsatz ermöglichte es Städte- und Gemeindebund, nicht nur die ursprüngliche, vom Handel angebotene Rückzahlungsquote von über 50% als obsolet anzusehen, sondern im Rahmen langwieriger Verhandlungen den Handel zu einer Zustimmung zu einer lediglich 15%igen Rückzahlung zu bewegen. Das Faktum, von einer 100%ig gemeinschaftsrechtswidrigen Abgabe lediglich 15% rückzahlen, keine aufwendigen bzw. gar nicht zu bewältigenden Verfahren führen und überdies die dann relativ einfachen Verwaltungsverfahren erst bis Frühjahr 2009 abwickeln zu müssen, wird für die Kommunen eine verfahrensrechtlich und finanziell vertretbare Regelung mit sich bringen.
Im Übrigen darf positiv bemerkt werden, dass der Bund seine Beteiligung am Rückzahlungspotenzial im Wege von Ertragsanteilen aus der Körperschaftssteuer und Zuordnung dieser entsprechend der Rückzahlungsbelastung der einzelnen Gemeinden bereits für Anfang 2009 zusagte, jedoch die Rückzahlungsfrist für die Gemeinden erst mit 30. April 2009 abläuft, weshalb die finanzielle Belastung der Gemeinden noch weniger wird. Damit konnte erreicht werden, dass von dem nach Abschluss der Vereinbarung noch offenem Rückzahlungspotenzial von voraussichtlich 30 Millionen Euro aus dem Rechtstitel Getränkesteuer-Rückzahlung an Handelsbetriebe ein weiteres Viertel nicht von den Kommunen zu leisten sein wird.
Dem Städtebund ist es daher gemeinsam mit dem Gemeindebund gelungen, die Rückzahlung der gemeinschaftsrechtswidrigen Getränkesteuer bei Handelsbetrieben dermaßen zu gestalten, dass sich die bürokratische und finanzielle Belastung der Städte und Gemeinden wider Erwarten noch in vertretbaren Grenzen hält.

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