Das war der Österreichische Städtetag 2008

Das war der Österreichische Städtetag 2008

Eröffnung

„Wir sind stolz darauf, Innsbruck als wirtschaftliches und kulturelles Zentrum des Alpenraums bezeichnen zu können. Innsbruck war seit jeher eine Stadt der Begegnung, auch zwischen den Wirtschaftsregionen Süddeutschlands und Norditaliens, für alle Unternehmen, die zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen beitragen“, erklärte Bürgermeisterin Hilde Zach in ihrer Begrüßungsrede anlässlich der Eröffnung des 58. Österreichischen Städtetages in Innsbruck. Bürgermeisterin Zach präsentierte den rund 800 Delegierten und zahlreichen Gästen einen anerkannten Wirtschaftsstandort mit einer gesunden Wirtschaftsstruktur: Innsbruck ist eine Stadt mit 8.000 Arbeitsstätten und gut 80.000 Beschäftigten, zwei Universitäten. „In vielen Bereichen wie etwa der Quantenphysik oder in der Medizin sind wir weltweit bekannt und vielleicht auch führend“, so Zach. Das Management-Center in Innsbruck hat sich erfolgreich etabliert. Damit sich dieser erfolgreiche Wissenstransfer zwischen Bildungseinrichtung und Wirtschaft weiter verbessert, sind in den vergangenen Jahren mehrere Kompetenzzentren als Brücken zwischen diesen Einrichtungen erfolgreich gegründet worden, um das Wissen in Geld umzumünzen.
In Innsbruck werde investiert, und die Stadt gehe hier mit gutem Beispiel voran. Die konsequente Budgetpolitik, unterstützt von Land und Bund, im Verein mit einer umfassenden, wenn auch schmerzlichen Verwaltungsreform, machte es Innsbruck möglich, die Pro-Kopf-Verschuldung drastisch zu senken. Man könnte sagen, dass jeder zehnte Arbeitsplatz in der Gemeinde direkt oder indirekt vom guten Gelingen der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Stadt abhängt, so die Bürgermeisterin weiter und wies darauf hin, dass in Innsbruck viel in Bewegung sei: Alles müsse für die Menschen dieser Stadt, aber auch für die Gäste, erweitert, verbessert und gestärkt werden. Sie erwähnte die Architekturprojekte „Hungerburgbahn“, das sportliche Wahrzeichen der Stadt, die Bergisel-Schanze, und das neue Innsbrucker Rathaus mit den Rathaus-Galerien. Weiters wies sie darauf hin, dass sich in Innsbruck das größte innerstädtische Shopping-Center Österreichs, das Kaufhaus Tyrol, gerade im Entstehen befinde. Das moderne, pulsierende Innsbruck wurde den Festgästen wurde in einem Innsbruck-Film präsentiert. Abschließend appellierte die Innsbrucker Bürgermeisterin: „Ganz wichtig ist allem, dass Sie die Kommunikation untereinander pflegen und neugierig sind, damit wir voneinander in der menschlichen Begegnung profitieren. Ich glaube, das brauchen wir, und dazu möchte ich Sie herzlich einladen, damit dieser Städtetag positive Resultate erbringt.“

Eröffnungsrede von Städtebund-Präsident Häupl
Städtebund-Präsident Bürgermeister Michael Häupl hielt die offizielle Eröffnungsrede. Er wies darauf hin, dass das Verhältnis zwischen Bund, Ländern, Städten und Gemeinden nicht immer einfach, doch von hoher Konstruktivität geprägt sei, wie das Beispiel „Getränkesteuer“ gezeigt habe. Er bedankte sich an dieser Stelle bei den Getränkesteuer-Spezialisten des Städtebundes, denn es sei gelungen, ein Thema, das die Kommunen lange begleitet habe, einem einigermaßen positiven Endergebnis zuzuführen.

Finanzausgleich: Systemwechsel notwendig
Weiters sprach Häupl den neuen Finanzausgleich an. Die erzielte Lösung sei ein akzeptabler Kompromiss und ermögliche es insbesondere auch den finanzschwachen Städten und Gemeinden, ihre drängenden aktuellen Aufgaben für Umland und Region zu erfüllen. „Sobald man neue Wünsche an die Städte richtet, werden wir auch über zusätzliche finanzielle Mittel reden müssen. Denn die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden ist vor dem Hintergrund unserer realen Finanzmöglichkeiten und unserer eingegangenen Verpflichtungen, etwa durch den Stabilitätspakt, ohne entsprechende Finanzierung neuer Aufgaben nicht vorstellbar“, so der Städtebund-Präsident. Und weiter: „Die österreichischen Städte und Gemeinden haben ihren positiven Beitrag für den öffentlichen Haushalt 2007 geleistet. Wir haben mehr als nur unsere Verpflichtung, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, erfüllt. Ich denke, das soll honoriert und nicht bestraft werden. Wir, die Gemeinden, haben uns an Maastricht-Kriterien und den österreichischen Stabilitätspakt gehalten. Nicht alle Partner haben dies getan.“ Damit habe sich gezeigt, dass die erste Ebene im Staat, nämlich Österreichs Städte und Gemeinden, auch 2007 gut gewirtschaftet und ihren Beitrag zu einer modernen öffentlichen Verwaltung geleistet habe. Und das, obwohl die Kommunen mit überproportional steigenden Ausgaben in den Bereichen Sozialhilfe und Gesundheit sowie mit einer Reihe von Kostenüberwälzungen seitens des Bundes und der Länder konfrontiert sind.

Finanzausgleich
Es sei daher angebracht, nach erfolgreichem Abschluss des Finanzausgleiches auch über die grundsätzliche Strukturierung des Finanzausgleichs der Zukunft zu diskutieren. Häupl: „Ich möchte hier einmal mehr auf die Grundposition des Österreichischen Städtebundes verweisen, dass wir einen Systemwechsel weg von der reinen Pro-Kopf-Finanzierung hin zur aufgabenorientierten Gemeindefinanzierung anstreben. Das mag in der Arbeit und Umsetzung mühevoll sein, ist aber zweifelsohne die gerechteste Form, Aufgaben zu finanzieren.“

Treibstoff für den Wirtschaftsmotor
Der „Wirtschaftsmotor Stadt“ gehöre finanziell abgesichert. „Anders formuliert: Ein Motor braucht Treibstoff“. Die Bürgerinnen und Bürger verlangten zu Recht das Halten des hohen Niveaus in Sachen Daseinsvorsorge. Als Zentren der Weiterentwicklung kommen den Städten entscheidende Aufgaben in nahezu allen Politikbereichen zu. Innovative Ideen sind hier also gefragt, nicht zuletzt auch was die Finanzierung der Sozialsysteme und der Kommunen betrifft.

Chance Migration
Österreichs Städte wachsen besonders durch Migration, erklärte Häupl. 23% der Bevölkerung in den großen Städten hat ihren Geburtsort außerhalb Österreichs. Je größer die Städte, desto höher ist dieser Prozentanteil. Diese Vielfalt bereichert die Städte aus meiner Sicht zweifelsohne, aber sie verlangt auch nach einer sehr vernünftigen Integrationspolitik.
Die in Österreichs Städten lebenden Migrantinnen und Migranten stellen eine große Chance für die Städte dar. Die Städte hätten längst die Rolle gesellschaftlicher Laboratorien übernommen. Sie seien Brennpunkte der zukünftigen Entwicklung. Zugleich würde aber auch die Armut zunehmend städtisch werden. Österreich müsse die Chancen, die die Globalisierung biete, nutzen, um den negativen Trends entgegenzuwirken. Die Bekämpfung von Armut ist dabei von zentraler Bedeutung. Die Mitwirkung von Städten und Gemeinden, etwa bei der Verwirklichung der bedarfsorientierten Mindestsicherung, sollte daher außer Frage stehen.

Städte im Fokus Europas
Weiters thematisierte Häupl den Reformvertrag von Lissabon. Wie auch immer man den Vertrag einschätze, in keinem europäischen Rechtswerk habe es bisher so viele eingeräumte und festgeschriebene Möglichkeiten der Mitbestimmung und Mitentscheidung für die Gemeinden und Regionen gegeben. Das sei auch anzuerkennen, erklärte der Städtebund-Präsident. Allerdings sei die Frage der Regelung der Daseinsvorsorge noch immer nicht ausreichend geklärt. Österreichs Kommunen haben darum gekämpft, dass das Prinzip der Subsidiarität mit dem Prinzip des Wettbewerbs in Europa in einem ausgewogenen Gleichklang steht. „Wir als Städtevertreter reden von der Durchsetzung des Prinzips der Subsidiarität als die Mitentscheidung der Bürgerinnen und Bürger über sich selbst, über die Gestaltung der Städte, über die Gestaltung des städtischen Umfelds und letztlich über die Gestaltung Europas. Daher ist das Einfordern all dessen, was zum Thema Subsidiarität auch im Reformvertrag von Lissabon dargestellt wird, für uns ab sofort tägliche Arbeit.“

Neues Städtebund-Logo
Abschließend präsentierte der Städtebund-Präsident das Logo des Österreichischen Städtebundes.
Der Städtebund habe vieles in seiner Organisation geändert. Das Logo sei das Einzige, das bisher nicht verändert worden sei. Das sei nun geschehen, „indem wir eine modernisierte Form unseres intellektuellen Vogels, des Adlers mit der Mauerkrone, entwickelt haben“.

Mahnende Worte des Bundespräsidenten
Mahnende Worte zum aktuellen Thema Gesundheitsreform äußerte Bundespräsident Heinz Fischer in seiner Rede. Bei solchen Verhandlungen komme es auch auf den Ton, die Ausdrucksweise und den Verzicht auf vorschnelles Säbelrasseln an, betonte Fischer. Es könne derzeit nur um Verhandlungen gehen, bevor man Streikmaßnahmen in den Raum stelle, die letztlich zu Einschränkungen bei der gesundheitlichen Versorgung führen. Fischer hoffe auf konstruktive Verhandlungen zwischen den zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung und den Vertretern der Ärzteschaft. Ein gerechtes und finanzierbares Gesundheitssystem gehöre zu den zentralen Aufgaben der Daseinsvorsorge. Dieses Problem sei zwar komplex, aber nicht unlösbar, wenn guter Wille auf allen Seiten vorhanden sei und auf der Basis von Zahlen und Fakten verhandelt werde.
Der Bundespräsident wies auf die beeindruckende Entwicklung hin, die die Städte und Gemeinden Österreichs in der vergangenen Jahrzehnten genommen haben. „Dass das gelungen ist, hat viele Ursachen, aber es hängt nicht unwesentlich auch mit dem hohen Stellenwert zusammen, den wir in Österreich auch in den Städten dem sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft einräumen. Es hat übrigens auch mit dem friedlichen Umfeld zu tun, in dem wir heu¬te als Mitglied der Europäischen Union leben können. Dieses friedliche Umfeld ist sicherlich auch für die Städte von entscheidender Bedeutung“, so Fischer. Der Bundespräsident erklärte, dass sowohl auf kommunaler Ebene als auch auf gesamtstaatlicher und europäischer Ebene der Staat nicht nur in seiner Sicherheitsfunktion, sondern auch in seiner Sozialfunktion und in seiner Verantwortung für gesellschaftlich organisierte Daseinsvorsorge gefordert sei. „Mein Resümee lautet, dass ein leistungsfähiger, ökonomisch wirksam komponierter Staat eines der wertvollsten Produkte unserer Zivilisationsgeschichte ist. Und das hat auch für die kommunale Ebene Gültigkeit. Denn die letzte und wichtigste Aufgabe sowohl der Staatspolitik als auch der Gemeindepolitik ist es, den Menschen ein Leben in Freiheit, Würde, Sicherheit und auf demokratischer Basis zu ermöglichen, und das nicht nur für heute, sondern auch für künftige Generationen“, schloss der Bundespräsident.

Minister Platter: Sicherheit ist nicht alles
Bundesminister Günther Platter unterstrich, dass für die wirtschaftliche Dynamik in den Städten einerseits Sicherheit und andererseits Stabilität gegeben sein müssten. „Dabei muss uns immer ganz klar sein: Sicherheit ist nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts.“
Der Innenminister verwies darauf, dass die Kriminalität im Vergleich zum letzten Jahr um 6,9% zurückgegangen sei, und bat in diesem Zusammenhang um Verständnis, dass der Exekutive auch immer wieder entsprechende Befugnisse geben werden müssten, denn auch das Verbrechen nutze die modernen Kommunikationsmöglichkeiten. Andererseits müsste aber auch die entsprechende Kontrolle gewährleistet werden. Zum Thema Integration meinte Platter, dass im Konsens mit den Gebietskörperschaften, Religionsgemeinschaften und NGOs ein gutes Maßnahmenpaket geschnürt werden könne. Platter: „Wer in Österreich leben will, muss sich zu Österreich bekennen und Ja zu unseren Gesetzen, unserer Verfassung, unseren Werten und unserer Lebensordnung und – so schließt sich der Kreis – zur deutschen Sprache sagen. Ich glaube also, dass wir auch im Bereich der Integration im Konsens durchaus etwas weiterbringen werden!“

Landeshauptmann van Staa: Im Städtebund beheimatet
Der Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa sprach in seinen Grußworten aktuelle politische Themen wie die Gesundsheitsreform – „Ohne Spitalsreform wird es keine Gesundheitsreform geben“ –, Teuerungsabgeltung – „Ich bin sehr froh und dankbar, dass die österreichische Bundesregierung in Verfolgung einer Teuerungsabgeltung wichtige Beschlüsse im Zusammenhang mit der Erhöhung der Pendlerpauschale um 15% und des Kilometergeldes um 12% gefasst hat“ – und Bildung – „Das Ziel muss sein, dass der Kindergarten und dass Vorschuljahre beitragsfrei gestaltet werden. Mein Vorschlag dazu lautet: Machen wir einen Modellversuch in Tirol! Der Bund übernimmt die Kosten des Vorschuljahres, und wir machen den Kindergarten beitragsfrei! Das ist ein günstiges Angebot“ – an. Als langähriger Bürgermeister von Innsbruck habe er im Österreichischen Städtebund eine „Beheimatung“ gefunden, da hier eine hervorragende Zusammenarbeit herrsche.

Bürgermeister a. D. Vögerle: weitgehende Übereinstimmung bei Daseinsvorsorge
Bernd Vögerle überbrachte die Grußworte des Österreichischen Gemeindebundes. In Sachen Daseinsvorsorge sei es Gemeinde- und Städtebund gelungen, weitgehende Übereinstimmung zu finden. Auch im Vertrag von Lissabon sei in diesem Bereich sehr viel weitergegangen. Daher wäre es einfach, „in einer kleinen Verfassungsnovelle das, was wir erreicht haben, nämlich eine gemeinsame Formulierung durch den Städte- und Gemeindebund, rasch umzusetzen“.
In Sachen Finanzausgleich meinte Vögerle: „Es herrscht Übereinstimmung betreffend den bedarfsorientierten Finanzausgleich, weil ich meine: Die Städte haben ihre Aufgaben, die Gemeinden haben ihre Aufgaben, der ländliche Raum hat seine Aufgaben. Gehen wir es also an! Wir haben aus den Finanzausgleichsverhandlungen den Auftrag dazu. Schaffen wir ein modernes Werk, das sowohl in der Erarbeitung als auch in der Umsetzung schwierig sein wird.“

Meidlinger: Gemeindebedienstete sind sich ihrer Verantwortung bewusst
„Viel von dem, was über effiziente Verwaltung und Standortfaktoren gesagt wurde, haben die Städte mit den Gemeindebediensteten in den letzten Jahren bereits erfolgreich umgesetzt bzw. weiterentwickelt: E-Government und Modernisierung der Verwaltung sind Schlagworte, mit denen wir tagtäglich konfrontiert sind.
Wir Gemeindebedienstete haben das gerne getan und in der Verantwortung mitgetragen, die wir zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Regionen haben“, so Christian Meidlinger, Vorsitzender der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten. Die Bevölkerung erwarte sich hochwertige öffentliche Dienstleistungen. Die Leute wollen Kinderkrippenplätze, Kindergartenplätze, Schuleinrichtungen und Horte, sie wollen Wasserversorgung, Verkehr etc. „Wir als Gewerkschaft der Gemeindebediensteten stehen dafür ein, dass diese Leistungen auch von Gemeindebediensteten erbracht werden können und die Stadt sich nicht auf Kernaufgaben reduziert“, erklärte Meidlinger.

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