Gebührenentwicklung und deren Bedeutung für die Inflation

Gebührenentwicklung und deren Bedeutung für die Inflation

Gebühren und Einnahmen aus Leistungen sind wesentliche Einnahmequellen auf Kommunalebene. Vor dem Hintergrund immer enger werdender finanzieller Spielräume für Städte verwundert es nicht, dass die Gebühren in den letzten Jahren angehoben wurden, um die Gebührenbereiche kostendeckender zu führen. Durch einen – wie in der aktuellen politischen Diskussion geforderten – Gebührenstopp würden die Gemeindefinanzen zusätzlich belastet werden, und dies, obwohl die Gebühren einen verschwindend kleinen Teil zur Inflation beitragen. Das KDZ wurde vom Österreichischen Städtebund beauftragt, die Entwicklung der Gebühren sowie der Einnahmen aus Leistungen näher zu betrachten und die Bedeutung der Gebührensteigerungen für die Inflation zu erörtern.

 

Gebühren sind eine wichtige Einnahmequelle
Insgesamt stiegen die laufenden Einnahmen von 2002 auf 2006 um 1,2 Milliarden Euro bzw. um 2,9% p. a., wobei die Steigerungen vor allem auf eigene Steuern (+313 Millionen Euro) und Ertragsanteile (+263 Millionen Euro) zurückzuführen sind. Danach stellen die Gebühren mit einem Plus von 167 Millionen Euro die drittwichtigste Einnahmequelle dar. Demgegenüber stiegen die laufenden Ausgaben mit 3,6% stärker als die laufenden Einnahmen mit 2,9%, was insbesondere auf starke Steigerungen beim Verwaltungs- und Betriebsaufwand (+452 Millionen Euro) und bei den laufenden Transferzahlungen (+399 Millionen Euro an Träger des öffentlichen Rechts, +134 Millionen Euro an sonstige Träger) zurückzuführen ist.
In Summe verringerte sich der Saldo der laufenden Gebarung um 75 Millionen Euro. Berücksichtigt man weiters, dass die Gemeinden die Ertragsanteile nicht und die eigenen Steuern (gemeinsam rund 60% der laufenden Einnahmen) nur in geringem Maße selbst beeinflussen können, wird die Bedeutung der Gebühren sowie Einnahmen aus Leistungen als wichtige Einnahmequelle noch stärker deutlich. Da die Gemeinde nur einen geringen Teil der Einnahmen selbst beeinflussen kann, ist sie verstärkt auf die Einnahmen aus Gebühren und Leistungen angewiesen, um die in den Gebühren- und Entgeltbereichen anfallenden Kosten zu decken.
Auch auf der Ausgabenseite können wichtige Ausgabenbereiche nicht oder nur langfristig beeinflusst werden. So werden die Transferzahlungen an Träger des öffentlichen Rechts vorgeschrieben und können nicht beeinflusst werden. Bei Steigerungen von 5% p. a. entwickelten sich die Transferzahlungen daher deutlich über der Inflation von 2%. Zur Deckung der Transferzahlungen müssen daher allgemeine Deckungsmittel verwendet werden, sodass diese nicht mehr für die Gebührenbereiche zur Verfügung stehen und verstärkt kostendeckende Gebühren eingehoben werden müssen.

Ausgabendeckung in Gebührenbereichen
Die Erfassung des gesamten Gebühren- und Leistungsaufkommens auf kommunaler Ebene ist nur mit methodischen Einschränkungen möglich. Hauptgrund dafür sind unterschiedliche strukturelle Rahmenbedingungen in den Gemeinden. So können Gebühren sowohl durch Gemeinden, durch Gemeindeverbände, durch ausgegliederte Unternehmen oder auch durch privatwirtschaftliche Unternehmen eingehoben werden. Unter der Annahme, dass sich die Strukturen innerhalb des Betrachtungszeitraums 2002 bis 2006 jedoch nicht wesentlich verschoben haben, scheinen dennoch Schlüsse auf die Entwicklung der Gebühren sowie auch Einnahmen aus Leistungen auf Basis der Gemeindefinanzstatistik gerechtfertigt.
Gebühren werden für Leistungen eingehoben, zu welchen die Gemeinde gemäß FAG gesetzlich verpflichtet sind. Hierzu zählen insbesondere die Abfallbeseitigung, die Abwasserentsorgung, die Wasserversorgung und Friedhöfe.
Einnahmen aus Leistungen sind all jene Einnahmen, welche durch die Gemeinde als Gegenleistung für die Leistungserbringung eingehoben werden. Dies sind beispielsweise Beiträge für die Kinderbetreuung, Einnahmen aus Krankenanstalten, Marktstandgebühren, amtliche Gebühren für Hilfeleistungen der Feuerwehr oder Kostenersätze (wie Ersätze und Beiträge im Rahmen der Sozialhilfe, Ersätze von anderen Gemeinden für Leistungen im Müll-, Abwasser- und Abfallbeseitigungsbereich sowie von Schulen und Kindergärten).
Bei Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben in den Gebührenbereichen (Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Müllentsorgung, Friedhöfe) zeigt:
- Insgesamt nur 70% der ordentlichen Ausgaben1 werden durch Gebühren2 gedeckt.
- Zählt man die Einnahmen aus Leistungen hinzu3, sind 85% der ordentlichen Ausgaben gedeckt.
- Erst wenn auch Transferleistungen vom Land und anderen Trägern ebenfalls betrachtet werden (d. h. Summe der ordentlichen Einnahmen4), kommt man auf einen Ausgabendeckungsgrad von 96%.
Für die Gebührenkalkulation relevant sind jedoch nicht die laufenden Ausgaben, sondern die Kosten, welche auch Abschreibungen für Investitionen sowie weitere kalkulatorische Kosten enthalten. Der tatsächliche Kostendeckungsgrad ist daher niedriger als der hier dargestellte Ausgabendeckungsgrad.
Diese Betrachtung zeigt, dass die Gebührenpotenziale bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind.

Nur geringe Auswirkungen auf die Inflation
Die Inflation bewegte sich in den Jahren 2002 bis 2007 zwischen 1,3 und 2,3% p. a. Im Jahr 2008 hingegen lag die unterjährige Inflationsrate stets zwischen 3,2 und 3,9% (jeweils im Vergleich zum Vorjahr).
Nur etwa ein Zehntel der Inflation (d. s. 0,2 Prozentpunkte 2007, 0,15 Prozentpunkte 2006) wird durch Leistungen beeinflusst, welche auch von Gemeinden angeboten werden. Hierunter fallen nicht nur die klassischen Gebührenbereiche, sondern auch die Bereiche ÖPNV, diverse Sozialleistungen (wie Senioren- und Pflegeheime, Heimhilfe), Kulturangebote (z. B. Theater, Musikschule), Freizeiteinrichtungen (z. B. Hallenbad) oder die Kinderbetreuung. Da diese Leistungen nicht nur von Gemeinden, sondern auch von anderen Gebietskörperschaften angeboten werden, ist davon auszugehen, dass der Anteil der kommunalen Leistungserbringung niedriger ist.5
Die großen Gebühren- und Entgeltbereiche (Müll, Abwasser, Wasser, Kinderbetreuung, ÖPNV) machen nur 0,05 Prozentpunkte (dies sind nur 2% der gesamten Inflation!) aus.
Die tatsächlichen Inflationstreiber sind vielmehr die Ausgabengruppe Verkehr (ein Drittel der Gesamtinflation), Nahrungsmittel (ein Fünftel der Gesamtinflation) und der Bereich Wohnung und Energie (ein Sechstel der Gesamtinflation).
Die Effekte durch einen Gebührenstopp werden von den ExpertInnen6 als nur sehr bescheiden eingeschätzt (0,25 Prozentpunkte der Gesamtinflation, wenn die Gebühren und Tarife des gesamten öffentlichen Sektors – inkl. z. B. Post und ÖBB – eingefroren werden).

Beitrag zur Daseinsvorsorge
In Summe zeigt sich, dass die Einnahmen aus Gebühren und Leistungen einen wesentlichen Beitrag zur Gewährleistung der Daseinsvorsorge leisten, da diese wesentlich zur Finanzierung der Gebühren- und Leistungsbereiche beitragen. Durch ein Einfrieren der Einnahmen würden die finanziellen Spielräume der Gemeinden weiter verkleinert werden, da v. a. zur Finanzierung der stark steigenden Transferzahlungen an die Länder allgemeine De¬ckungsmittel verwendet werden müssen, sodass diese nicht mehr für die Gebühren- und Leistungsbereiche zur Verfügung stehen.


1 Summe der ordentlichen Ausgaben in den Bereichen Wasserversorgung (UA 810 + 850), Abwasserbeseitigung (UA 811 + 851), Müllbeseitigung (UA 813 + 852) und Friedhöfe (UA 817).
2 Post 852.
3 Summe der ordentlichen und außerordentlichen Einnahmen, welche auf den jeweiligen Unterabschnitten verbucht werden – abzüglich der Posten 830–848 (v. a. eigene Steuern und Abgaben) und der Posten 853–899 (v. a. Abgaben, Ertragsanteile, laufende Transferzahlungen, Kapitaltransferzahlungen).
4 Summe der ordentlichen Einnahmen, welche auf den jeweiligen Unterabschnitten verbucht werden.
5 Hier ist zu berücksichtigen, dass diese Leistungen nicht nur von Gemeinden, sondern je nach Bundesland und Aufgabenverteilung auch von Land und Bund wahrgenommen werden. Eine Trennung der inflationsrelevanten Bereiche nach Gebietskörperschaften ist jedoch auf Basis der Daten der Statistik Austria nicht möglich.
6 Vgl. ÖNB: Fritzer, Friedrich et. al.: Zur aktuellen Inflationsentwicklung in Österreich, S. 47, in: Geldpolitik & Wirtschaft Q1/2008, S. 21–50.

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