Screening von Leasingverträgen: Es lohnt sich!

Screening von Leasingverträgen: Es lohnt sich!

Viele österreichische Städte und Gemeinden sind vor allem ab den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts vermehrt in Leasingfinanzierungen eingestiegen, um neben zahlreichen anderen Aspekten, wie etwa der Verbesserung des „Maastricht-Ergebnisses“, auch steuerliche Vorteile verwirklichen zu können. Die Komplexität einiger Leasingverträge schafft aber auch neue Herausforderungen, speziell in der laufenden Nachvollziehung, welche die Kommunen oftmals nicht alleine bewältigen können. Der nachfolgende Artikel soll am Beispiel der Stadt Wiener Neustadt zeigen, dass sich das Screening von Leasingverträgen in Kooperation mit externen Beratern durchaus lohnen kann.

 

Der Leasingboom – getrieben durch Maastricht: Wie viele andere Kommunen hat die Stadt Wiener Neustadt vor allem in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts begonnen, vermehrt Leasingfinanzierungen abzuschließen. Neben zahlreichen anderen Aspekten, wie etwa die Verbesserung des „Maastricht-Ergebnisses“, waren es auch steuerliche Aspekte, welche diesen Leasingboom bewirkten. Neben den bekannten Varianten des Fahrzeugleasings waren es vor allem Immobilien-leasingverträge für Gebäude im Hoheitsbereich (Amtsgebäude, Schulen etc.), welche auch in Wiener Neustadt zum Abschluss kamen. Die zahlreichen Vorteile der neuen Finanzierungsformen brachten und bringen jedoch aufgrund der oftmals höheren Komplexität der Leasingverträge, im Vergleich zu Darlehensverträgen, auch neue Herausforderungen mit sich. Speziell die laufende Überwachung von Abrechnungen im Hinblick auf diverse Nebengebühren, Klauseln usw. ist teilweise nur mit extremem Fachwissen in Detailbereichen wirklich restlos nachvollziehbar. Aus diesem Grund hat sich die Stadt Wiener Neustadt bereits im Jahr 2004 dafür entschieden, gemeinsam mit einer Wiener Wirtschaftsberatungsgesellschaft, die wesentlichen Leasingfinanzierungen einem Screening zu unterziehen und allfällige Unklarheiten, gemeinsam mit den Leasinggesellschaften, aufzuklären.

Formale Abwicklung
Nach einigen Vorberatungen mit Vertretern des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt wurde im Mai 2004 durch den Stadtsenat der Stadt Wiener Neustadt ein Werkvertrag mit der Wirtschaftsberatungsgesellschaft genehmigt, welcher die Überprüfung und Begutachtung von Immobilienleasingverträgen zum Inhalt hat. Folgender Leistungsumfang wurde grob umrissen vereinbart:
- Mindestvolumen pro Vertrag: 300.000 Euro
- Vertragsbeginn liegt mindestens 2 Jahre zurück
- Kontrolle des Vertragswerks, der Endabrechnung und der Zinsanpassung
- Aufzeigen von Vertragsfehlinterpretationen
- Dokumentation des Ist-Zustandes
- Aufzeigen von Fehlberechnungen und Fehlvorschreibungen
- Unterstützung von Verhandlungen mit den Leasinginstituten
Als Erfolgshonorar des Beraters wurden 33% der ermittelten und letztlich rückerstatteten Nettovorschreibungen sowie der für die kommenden 2 Jahre erzielten Nettoeinsparungen, exklusive regulärer Zinssenkungen, zuzüglich 20% USt, vereinbart. Die Stadt Wiener Neustadt verpflichtete sich, alle sinnvollen und legalen Maßnahmen zu ergreifen, welche zur Durchsetzung der errechneten Ansprüche erforderlich sind. Geregelt wurde weiters, dass, sofern die Stadt aus gemeindepolitischen Gründen dennoch eine Vereinbarung mit dem Leasing- oder Kreditinstitut trifft, die den vollständigen freiwilligen Verzicht auf die rückforderbaren Nettofehlvorschreibungen beinhaltet, zumindest 75% des Erfolgshonorars (also 24,75% der rückforderbaren Beträge oder künftigen Ersparnisse) in Rechnung gestellt werden.
Der Wirtschaftsberater verpflichtete sich seinerseits, nach Abschluss der Begutachtung noch mindestens für 2 weitere Jahre die Leasingvorschreibungen der überprüften Verträge zu kontrollieren. Die Vereinbarung sah auch vor, dass die Ergebnisse der Überprüfung an die Stadt in Form eines Privatgutachtens zu übermitteln sind, welches nach den Maßstäben eines gerichtlich beeideten Sachverständigengutachtens zu erstellen war.

Umsetzung und Ergebnis
Im Rahmen dieser Vereinbarung wurden seitens der Stadt Wiener Neustadt drei Immobilienleasingverträge aus dem Bereich der Schulen und des Wirtschaftshofes an den Berater zur Überprüfung übergeben. Nach durchgeführter Überprüfung wurde im Oktober 2004 das entsprechende Gutachten an die Stadt mit folgenden zentralen Einsparungspotenzialen übermittelt.
Der überwiegende Teil der Rückforderungen laut Gutachten war auf zu Unrecht verrechnete Kreditgebühren bei allen drei Leasingobjekten zurückzuführen.
Weiters konnte die Verrechnung eines zu hohen Zinssatzes für den Zeitraum September 1997 bis Februar 1998 bei einem Schulprojekt festgestellt werden.
Schließlich wurden zu hohe Verrechnungen bzw. doppelte Anrechnungen von Zinsen in der Bauphase bei einem Leasingobjekt aufgezeigt.
Mit den Ergebnissen des Gutachtens wurden Gespräche zwischen den Leasingfirmen, dem Berater und der Stadt vereinbart, um die weitere Vorgangsweise zu klären. Die Verhandlungen erstreckten sich beinahe über das gesamte Jahr 2005, ehe es zu endgültigen Einigungen kam. Mit einigen wenigen Abstrichen konnten die Forderungen der Stadt laut Gutachten umgesetzt werden, und so ergaben sich letztendlich einmalige Rückforderungsansprüche von rd. 95.000 Euro sowie jährliche Reduktionen bei den künftigen Leasingraten für diese Objekte von rund 4.400 Euro. Vereinbarungsgemäß wurden rund 33% der Rückzahlungen an den Berater weitergegeben.

Es lohnt sich
Zusammenfassend kann aus Sicht der Stadt Wiener Neustadt festgestellt werden, dass sich die Abwicklung dieses Projektes jedenfalls gelohnt hat. Die unbürokratische Zusammenarbeit mit dem Berater hat nicht unbeträchtliche Einsparungspotenziale erbracht. Von zentraler Bedeutung war vor allem die Unterstützung durch den Berater in den Verhandlungen mit den Leasinginstituten. Ohne die laufende Abstimmung zwischen Stadt und Berater wäre die Umsetzung der Einsparung kaum möglich gewesen. Der wesentliche Vorteil für die Stadt war dabei auch die beinahe risikolose Abwicklung. Beinahe deswegen, da auch Prämien für von der Stadt „bewusst“ nicht umgesetzte, vorgeschlagene Maßnahmen zur Verrechnung kommen hätten können. Da das bei der Stadt Wiener Neustadt nicht der Fall war, konnte das Projekt „Screening der Leasingverträge“ erfolgreich für die Stadt zum Abschluss gebracht werden und kann durchaus auch anderen Städten weiterempfohlen werden.

OEGZ

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