EU-Förderungen als Motor für Graz

EU-Förderungen als Motor für Graz

Wohl kaum eine andere Stadt versteht es wie Graz, zusätzliche Finanzmittel aus EU-Programmen zu holen. Das jüngste „Kind“ namens ASTUTE brachte Impulse für den Fuß- und Radverkehr. Aber schon zuvor wirkten Stadtentwicklungsprogramme wie URBAN I und II und Mobilitätsinitiativen wie CIVITAS als Motor für Investitionen in der steirischen Landeshauptstadt.

 

Der Winter musste weichen, die Fuß- und Radsaison hat begonnen – und mit ihr die letzte sichtbare Aktivität des EU-Projekts ASTUTE, das in den vergangenen drei Jahren immerhin die Hälfte von 280.000 Euro für Maßnahmen zur Förderung dieser umweltfreundlichen Fortbewegungsmittel in die Grazer Stadtkasse gebracht hat. Die an 31 gesichert zugänglichen Haltestellen im Weltkulturerbe-Gebiet montierten neuen Innenstadtpläne weisen nicht nur den Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehrsweg zu Sehenswürdigkeiten im Altstadtbereich, sondern geben auch Auskunft über Straßenbahn- und Busverbindungen, Grünflächen, Gewässer, Taxistandplätze, öffentliche Toiletten oder Polizeiwachzimmer. Die von der Grazer Stadtbaudirektion mit ihrem Referat EU-Programme und internationale Kooperation, dem Stadtvermessungsamt und der GRAZ AG erstellten Pläne wurden kürzlich präsentiert und an allen geeigneten Haltestellen in der Innenstadt befestigt.
Das eben abgeschlossene ASTUTE hat seit 2006 viele (Fuß- und Rad-)Spuren in Graz hinterlassen: So wurden unter anderem die Verlängerung der Murpromenade im Vorjahr und weitere Schwerpunkte zur Verdichtung des „Grünen Netzes“, die Mobilitätswoche, der Autofreie Tag, Stadtführungen für Grazerinnen und Grazer mit den Graz-Guides, Oldtimerfahrten und die Auftaktveranstaltung für das Erzherzog-Johann-Jahr durch dieses EU-Programm gefördert. Insgesamt hatten sich unter der Federführung Londons sechs europäische Städte an der Initiative beteiligt, und zwar neben der britischen und steirischen Hauptstadt auch noch Budapest (Ungarn), Syracus (Italien), Granada (Spanien) und Dublin (Irland).

Von e.l.m.a.s. über URBAN bis CIVITAS
Aber ASTUTE war nicht die erste und bei weitem nicht die umfangreichste Initiative, die dafür sorgt, dass viel mehr Europa in Graz zu finden ist, als man glauben möchte: Vor allem die beiden URBAN-Programme und CIVITAS Trendsetter haben Impulse gebracht, die vielfach noch heute dynamisch weiterwirken. Ohne die Errichtung einer GKB-Bahnunterführung in der Alten Poststraße – gefördert aus Mitteln des Programms URBAN II Graz West – könnte die laufende Entwicklung eines ganzen neuen Stadtteils auf den Reininghaus-Gründen nicht stattfinden. Das Stadtentwicklungs-Pilotprojekt e.l.m.a.s. brachte vor allem Akzente für die Umgebung des Augartens, URBAN Graz-Gries und URBAN Graz West waren nicht nur Auslöser für nachhaltige Investitionen der Stadt und der EU, sondern auch „Zündschnur“ für zahlreiche nachhaltige Folgeinitiativen im Umfeld.
Insgesamt sind bisher rund 17 Millionen Euro an EU-Geldern für laufende und abgeschlossene EU-Programme von Brüssel nach Graz geflossen. Doch damit ist noch lange nicht Schluss: Die Stadtbaudirektion und ihr EU-Referat verlegen bereits die Leitungen, die für die Teilnahme an den nächsten EU-Programmen Geld der Europäischen Union in die Grazer Kassen spülen und somit bleibende Spuren in Graz hinterlassen werden.

„Neue Qualität der BürgerInnenbeteiligung“
Der Grazer Stadtbaudirektor DI Mag. Bertram Werle sieht aber noch einen weiteren großen Pluspunkt für die erfolgreichen Grazer EU-Programme: „Sie haben eine neue Qualität der BürgerInnenbeteiligung in die Stadt gebracht, weil die Einbindung der Bevölkerung samt begleitender Öffentlichkeitsarbeit zu den erklärten Zielen der EU-Initiativen gehört!“ Auch das sei ein wesentlicher Punkt, warum in Graz Politik und Verwaltung einhellig für die Teilnahme an möglichst vielen EU-Programmen arbeiten.
Dass sich die Struktur der Programme tendenziell in den vergangenen Jahren verändert hat, konstatiert der Leiter des Referats EU-Programme und internationale Kooperation der Stadtbaudirektion, DI Gerhard Ablasser: „Die einzelnen Projekte werden vom finanziellen Umfang her gesehen kleiner, dafür steigt der Prozentsatz der EU-Kofinanzierung deutlich an!“ Hatte es früher für Projekte mit großem Investitionsvolumen meist 30 bis 35% „Zuschuss“ aus Brüssel gegeben, so sind aktuell bei Projekten mit deutlich kleineren Gesamtbudgets bis zu 70% EU-Förderung möglich. Werle sieht in der Nutzung der EU-Initiativen eine zusätzliche Chance: „Besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist das eine willkommene Gelegenheit, notwendige laufende oder geplante Projekte dank der Förderungen leichter umsetzen zu können!“ Der Stadtbaudirektor verweist auch darauf, dass Graz in ganz Europa eine gefragte und oft besuchte Adresse ist, wenn es um Auskünfte über die erfolgreiche Umsetzung von EU-Projekten geht.

e.l.m.a.s. in der Vorreiterrolle
Ein Blick in den „Rückspiegel“ verdeutlicht, bei wie vielen großen und kleineren Projekten in Graz die EU als „Pate“ zur Seite gestanden ist. Dem Pilotprojekt in Sachen Stadtentwicklung, dem von 1997 bis 2000 umgesetzten Programm e.l.m.a.s. („Ein Leben mit allen Sinnen“), sind vor allem Initiativen rund um den Grazer Augarten zu verdanken. Das Marien- oder Auschlössl wurde von einer unansehnlichen Ruine zu einem attraktiven multikulturellen Treffpunkt generalsaniert, das Tröpferlbad und das Museum der Wahrnehmung erfuhren großzügige Renovierungen und Erweiterungen.
Im Augarten wurde auch der erholungssuchenden Bevölkerung deutlich mehr Raum gegeben: Ein Teil der Friedrichgasse wurde als Grünraum zurückgewonnen, eine Kohlenhandlung und ein Straßenamts-Stützpunkt wurden ausgesiedelt. Auch der Spielplatz im Augarten wurde völlig neu gestaltet und deutlich erweitert. Was e.l.m.a.s. – wie viele andere EU-Projekte – aber zusätzlich auszeichnet, ist die Tatsache, dass die damit verbundenen und geförderten Initiativen weit über die Errichtung von Bauten hinausgeht. Zahlreiche multikulturelle Veranstaltungen luden zum Zusammensein und zum Meinungsaustausch quer durch alle Herkunfts- und Altersgruppen ein und waren damit nachhaltige Beiträge zur Verminderung von Konfliktpotenzial und zum Abbau von Barrieren.

URBAN I Gries: Mehr als nur bauliche Akzente
Diese Philosophie findet sich auch in anderen großen EU-Programmen, die in Graz abgewickelt wurden, wieder. URBAN I mit dem Fokus auf den Stadtbezirk Gries sorgte ebenfalls nicht nur für bauliche Akzente für den lange benachteiligten Bezirk am rechten Murufer, sondern auch für soziale Aspekte wie Zusammenkünfte zum Kennenlernen zwischen alteingesessenen und den in Gries besonders zahlreichen neuen GrazerInnen. Beim gemeinsamen Kochen, Musizieren, Singen und Feiern wurden ebenfalls Schranken abgebaut und Vorurteile beseitigt.
URBAN I hinterließ aber auch zahlreiche infrastrukturelle Aufwertungen in Gries: Der Augartensteg als direkte Verbindung über die Mur zum grünen Erholungsraum wurde ebenso mit Förderungen der EU verwirklicht wie die Sanierung des „Bades zur Sonne“ und des nördlichen Teils des Griesplatzes. In den Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt Graz entstand dank URBAN-Hilfe ein modernes Tageszentrum, und mit der Errichtung des Oeverseeparks wurde der Bevölkerung des Bezirks Gries ein weiteres Stück „grüne Lunge“ zur Naherholung zur Verfügung gestellt.

URBAN II ließ Motor im Westen anspringen
„Im Westen viel Neues“ lautete dann das Motto für das zweite städtische URBAN-Programm mit Namen URBAN Graz West. Mehr als 40 aufeinander abgestimmte Teilprojekte setzten von 2000 bis 2008 Akzente zum Ausbau sozialer Einrichtungen, zur Aus- und Weiterbildung, Förderung der lokalen Wirtschaft, Verbesserung der urbanen Mobilität, des Grünraumangebotes und der BürgerInnenbeteiligung. Die URBAN-geförderte Errichtung einer Unterführung unter der viel befahrenen Bahntrasse der Graz-Köflacher-Bahn (GKB) in der Alten Poststraße verringerte nicht nur die täglichen Staus in diesem Bereich, sondern schuf so erst die Grundlage dafür, die Reininghaus-Gründe im Westen der Stadt zu einem eigenen Stadtteil zu entwickeln. Die Planungen für diesen Stadtteil mit multifunktioneller Nutzung und bestmöglicher Aufschließung für alle Verkehrsarten läuft als Gemeinschaftsprojekt der Stadt Graz mit einem privaten Investor derzeit auf Hochtouren. Weitere sichtbare Folgen von URBAN Graz West sind unter anderem die moderne Helmut-List-Halle mit ihrer innovativen Photovoltaikanlage, die Umfeldgestaltung des Campus für das Fachhochschulzentrum, das Start-up-Center Reininghaus, die öffentliche Bibliothek Graz-West und der Integrationskindergarten Schererstraße.

Stadtverträglicher Verkehr dank CIVITAS
Um stadtverträgliche und umweltfreundliche Verkehrsmaßnahmen bemühte sich das Programm CIVITAS Trendsetter. Die Förderungen aus Brüssel flossen in Grazer Projekte wie die Umrüstung der gesamten Busflotte der Grazer Verkehrsbetriebe (GVB) auf Biodiesel, die Einrichtung der Mobilitätszentrale Mobil Zentral, in der man nicht nur alle Informationen, sondern auch Fahrkarten bekommt, die Ausweitung verkehrsberuhigter Zonen unter anderem auf den Karmeliterplatz, das Umweltparken, die dynamische Fahrgastinformation an den Haltestellen für den öffentlichen Verkehr oder die Errichtung der Fahrradunterführung unter der Keplerbrücke.

Graz CIVITAS-Stadt 2008
Die Bemühungen um innovative und umweltfreundliche Verkehrslösungen wurden anerkannt: Beim CIVITAS-Forum im italienischen Bologna durfte eine hochrangige Grazer Delegation im November des Vorjahres die höchste europäische Auszeichnung für nachhaltige Verkehrsmaßnahmen, die Auszeichnung als „CIVITAS-Stadt des Jahres 2008“, entgegennehmen. Nach Göteborg (Schweden), Bremen (Deutschland), Malmö (Schweden) und Burgos (Spanien) durfte sich damit erstmals eine österreichische Stadt mit diesem begehrten Titel schmücken. Mehr als 20 Einzelmaßnahmen mit einem Gesamtaufwand von rund 4 Millionen Euro – 35% da¬von durch die EU gefördert – hatte die Stadt Graz im Rahmen des CIVITAS-Programms umgesetzt. Die Fachjury würdigte in der Begründung für die Auszeichnung auch ausdrücklich die Bereitschaft von Graz, eigene Erfahrungen und eigenes Wissen an andere Städte weiterzugeben.

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