Arbeitskreis Daseinsvorsorge

Arbeitskreis Daseinsvorsorge

Fachleute fordern Daseinsvorsorge auf EU-Agenda

 

„Wir müssen dafür sorgen, dass die kommunale Daseinsvorsorge wieder in der EU zum Thema wird“, betonte Rainer Plassmann im Rahmen des Arbeitskreises „Daseinsvorsorge“. Die entscheidenden Kräfte im europäischen Raum seien laut dem Leiter der Stabsstelle Daseinsvorsorge der Stadtwerke Köln noch immer „primär marktorientiert ausgerichtet“. Auch die Berücksichtigung der Kommunen im Lissabonner Vertrag sei auf Dauer zu wenig. Ein Befund, der von vielen anderen Experten geteilt wurde.
Angelika Poth-Mögele vom Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) erinnerte daran, dass die Frage, was zu den öffentlichen Dienstleistungen zu zählen sei, in den 27 Mitgliedsstaaten der Union „kulturell sehr unterschiedlich beantwortet werde“. Der in Österreich und Deutschland vorherrschende Ansatz, wonach Städte mit ausgeprägten kommunalen Instrumentarium eine bedeutsame Rolle spielen, werde anderswo nicht unbedingt geteilt. Ob in England oder in den Mittelmeer-Mitgliedsstaaten: Die Besitztümer, aber auch der Verantwortungsbereich der dritten Ebene ist zwischen Gibraltar und Nordkap unterschiedlich.
Dass die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise unterschiedliche Wirkungen erzeugen, zeigte die Münchener Vergabeexpertin Kerstin Stuber. Einerseits seien die Ausschreibungsgrenzen in München wegen des Konjunkturpakets der deutschen Bundesregierung um das Zehnfache angehoben worden, was einer „juristischen Revolution“ gleichkomme, andererseits gebe es in München eine Haushaltssperre. Die Stadt Köln wäre ohne ihre Stadtwerke „pleite“, so Plassmann. In der städtischen Kölner Hafengesellschaft gebe es drastische Einbrüche von 40% des Umsatzes, in anderen Bereichen seien die Auswirkungen der Krise noch nicht drastisch zu verspüren.

Nagl: Krise nicht nur als lähmend begreifen
Auf die Frage, was Kommunen in der Krise bewegen könnten, betonte Siegfried Nagl, Städtebund-Vizepräsident und Bürgermeister von Graz, die Situation nicht nur als „lähmend zu begreifen“. Am grundsätzlichen Weg, mittels einiger Cash Cows innerhalb der Grazer Unternehmungen andere Dienstleistungen der Kommune zu finanzieren, dürfe sich nichts ändern. „Wir haben zu wenige Energiepolitiker“, so Nagl, der die kommunalen Stadtwerke nicht nur defensiv, sondern auch offensiv sehen möchte. Gerade im Energiebereich könnten Stadtwerke in Zukunft punkten, so Nagl. Neue Finanzierungsmöglichkeiten wurden von Petra Ziegler von Attac Österreich gefordert. Ob beim Privatvermögen oder europaweit im Geldtransfer: Für Europa gebe es durchwegs Möglichkeiten, zu neuen Geldeinnahmen zu gelangen. Nagl, der sich bei Steuern auf Privatvermögen skeptisch zeigte, regte dazu an, den Warenverkehr mit einer ökosozialen Bilanz zu versehen. „Dann hätten regionale Anbieter wieder eine realistische Chance.“

Manche Themen klein halten
Dass es in der Europapolitik auch darum gehen kann, Themen bewusst klein zu halten, machte zuletzt noch Plassmann aufmerksam. So empfahl er dringend, die Dis¬kussion zur Richtlinie der Patientenmobilität auf Sparflamme zu führen. „Denn dann kommen europäische Standards, und die werden nicht von jenen gemacht, die über ein hochqualitatives Gesundheitssystem verfügen“, so der Kölner. Dass die Krise auch im Gesundheitsbereich Veränderungen vorantreiben kann, machte Hannele Häkkinen vom finnischen Kommunenverband deutlich. Im Land der tausend Seen sei man gerade dabei, die kommunale Zusammenarbeit in der Gesundheitsversorgung durch Zusammenlegungen zu verbessern bzw. auch finanzierbar zu halten.

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