Interkommunale Zusammenarbeit schafft Einsparungspotenzial

Interkommunale Zusammenarbeit schafft Einsparungspotenzial

E-Government kann ein Motor für Verwaltungsentwicklung und vor allem -vereinfachung sein. Durch eine koordinierte Zusammenarbeit von Städten und Gemeinden beim Aufbau von elektronischen Prozessen lassen sich darüberhinaus auch hohe Einsparungspotenziale lukrieren. Dies möchte die mehrjährige Leitinitiative des Städtebundes anhand ganz konkreter Umsetzungen vor Augen führen. Mit dem Schwerpunkt „elektronische Übermittlung“ und einem begleitenden Marketingleitfaden zur schrittweisen Umsetzung wird nun der Bereich der kommunalen Sendungen in Angriff genommen. Mit einer kostenlosen Basisplattform für die Gestaltung kommunaler Websites wird den Kommunen weiters die Möglichkeit geboten, den eigenen Webauftritt gemäß den Web-Standards und Vorgaben der Barrierefreiheit ansprechend und unkompliziert zu gestalten.

 

In Zeiten akuter wirtschaftlicher Staatsverschuldung ist es besonders wichtig, alle Möglichkeiten auszuloten, um das voranschreitende Budgetdefizit einzudämmen. Nach der von der Bundesregierung bereits geleisteten Soforthilfe für Österreichs Banken gilt es nunmehr auch Bereiche zu finden, in welchen auf der Ausgabenseite auch langfristige Kostensenkungen möglich sind. Der Chef des IHS und Leiter des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, sieht Einsparungspotenzial „vor allem in der Verwaltung, etwa durch die Ausweitung des E-Government“1.
Mit dieser Einschätzung unterstreicht der Experte den Nutzen der Einführung elektronischer Prozesse in der öffentlichen Verwaltung sowie den langfristigen Einsparungseffekt. Dadurch ist es möglich, noch effizientere Services anzubieten und nebstbei die Verwaltungskosten dauerhaft zu senken.
Vor dem Hintergrund sinkender Ertragsanteile für Österreichs Städte und Gemeinden setzt auch der Österreichische Städtebund (ÖStB) Zeichen, um der Finanzkrise entgegenzutreten. Kostensenkung ist mittel- bis langfristig auch das erklärte Ziel der bereits im Juni 2008 gestarteten mehrjährigen Städtebund-Leitinitiative „E-Government-Referenzstädte“. Im Rahmen dieses Projektes soll medienbruchfreies E-Government in 16 ausgewählten Referenzstädten sowie einer Referenzregion realisiert werden. Dabei stehen durchgängige elektronische Prozesse in der Verwaltung – ausgehend vom Onlineantrag der Bürger und der Wirtschaft bis zur sogenannten „dualen Zustellung“ von Erledigungen und automatisierter Erfassung der Rückscheine im Backoffice der Behörde – im Mittelpunkt.

Schulterschluss der Kommunen
Die ÖStB-Leitinitiative verfolgt – wie bereits viele in der Vergangenheit realisierte Projekte des Städtebundes eindrucksvoll dokumentieren – den Gedanken der interkommunalen Kooperation. Dies bedeutet, dass alle Mitgliedsgemeinden von den in den Referenzstädten durchgeführten Maßnahmen profitieren sollen. Daher werden die im Rahmen des Projektes entwickelten und in der Praxis eingesetzten Lösungen so realisiert, dass sie jederzeit auf andere Städte und deren spezifische Anfordernisse übertragbar sind und ohne große Adaptierungsaufwände eingesetzt werden können. Die Bandbreite reicht von „Shared Services“, also Angeboten wie dem kommunalen E-Formularservice amtsweg.gv.at, der zentral betrieben und als „Dienst“ zur Verfügung gestellt wird, über besonders kostengünstige Formen der elektronischen Übermittlung der Ausgangspost, bis zur „kommunalen Musterwebsite“, die den Städten und Gemeinden in Webprojekten die aufwendige Basiskonfiguration spart.

Elektronische Übermittlung zur Einsparung von Verwaltungskosten
Eine zentrale und gleichzeitig mit hohen Kosten verbundene Aufgabe jeder Gemeindeverwaltung ist die Übermittlung der diversen Erledigungen, also die Ausgangspost. Gerade im kommunalen Bereich werden enorme Mengen an Ausgangspost verschickt, man bedenke nur die ganzen Gebühren für Kanal, Wasser oder Müll, die an jeden Haushalt gehen, oder Wahlinformationen, Bescheide, Informationsschreiben etc. Indem oftmals große Teile der Wohnsitzbevölkerung, lokale Unternehmen oder Organisationen (z. B. Vereine) adressiert werden, besteht ein sehr großes Potenzial an elektronischen Empfängern (etwa Hausbesitzer, die vierteljährlich Abgaben zu begleichen haben), was – sofern sinnvolle Marketingmaßnahmen gesetzt werden und greifen – ein enormes Einsparungspotenzial in sich birgt.
Um dieses Potenzial zu heben, wird im Rahmen der Referenzstädte-Initiative auch die elektronische Übermittlung des Postausgangs der Städte und Gemeinden besonders forciert. Neben der Nutzung von herkömmlichen elektronischen Übermittlungsformen wie z.B. E-Mail ist auch die Einführung der dualen Zustellung in ausgewählten Referenzstädten Teil der Umsetzungsmaßnahmen. Damit ist es der Gemeinde möglich, den Versand zu 100% elektronisch und über eine einzige Schnittstelle abzuwickeln, unabhängig davon, ob die Post letzten Endes tatsächlich elektronisch oder auf herkömmliche Wege in Papierform zugestellt wird.
Zur Berechnung der tatsächlichen Einsparungspotenziale durch eine künftige elektronische Übermittlung und Nutzung der dualen Zustellung wurden in den Referenzstädten umfangreiche Erhebungen zu Volumen und Qualitäten der Ausgangspost durchgeführt, die über den Sommer ausgewertet werden.
Im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung mit der Firma HPC Dual, dem Betreiber einer der beiden in Österreich zugelassenen Zustelldienste, können Mengengerüste elektronischer Übermittlungen der einzelnen Städte addiert und die Summe sodann als Bezugswert für die Berechnung der Übermittlungs- bzw. Zustelltarife herangezogen werden. Das Modell sieht vor, dass ab dem Erreichen einer bestimmten Mengenstaffel für die günstigste Tarifstufe diese für jede weitere Kommune, welche sich für die elektronische Übermittlung im Rahmen der Städtebund-Initiative entscheidet, gilt. Von diesem kumulierten Volumen profitieren letzten Endes alle Städte und Gemeinden unabhängig von ihrer Einwohnerzahl.
Die Umsetzung der elektronischen Übermittlung wird sowohl für Massensendungen aus kommunalen Fachanwendungen als auch – sofern in den Städten im Einsatz – aus kommunalen ELAKs (elektronischem Aktenmanagement-Systemen) erfolgen. Dabei wird darauf geachtet, dass der Implementierungsaufwand für die Kommunen so gering wie möglich gehalten wird. Auch hier macht sich das Modell einer „interkommunalen Kooperation“ letzten Endes für alle beteiligten Kommunen bezahlt.

Begleitende Maßnahmen zur Erhöhung der elektronischen Verfahrensabwicklungen
E-Government ermöglicht in der Praxis, Amtswege rund um die Uhr („7x24“) abzuwickeln. Dies erspart Bürgern und Un¬ternehmen mühsame Wartezeiten und erlaubt es erstmals, Behördenwege quasi „aus dem eigenen Wohnzimmer“ zu erledigen. Ein zentrales Ziel von E-Government ist dabei nicht nur das Anstoßen von Verwaltungsprozessen durch elektronische Anbringen, sondern die Durchgängigkeit der Abläufe von der Antragstellung bis hin zur Zustellung.
Der Umstieg auf elektronische Verfahrensabwicklung ist ein Prozess, dessen Nutzen für die Kommunalverwaltung erst langfristig messbar wird. Um in möglichst kurzer Zeit eine entsprechend hohe Nutzungsfrequenz von angebotenen E-Government-Services durch Bürger, Wirtschaft und sonstige Organisationen zu erreichen, sind daher entsprechende Marketingbegleitmaßnahmen unumgänglich.
Nur durch ein stetes Aufzeigen der Vorteile wird die Sinnhaftigkeit für die Verwaltung, aber auch – und dies sollte das vorrangige Ziel in der Außenwirkung sein – vor allem für den Bürger transparent.
Aktuell bieten Städte und Gemeinden nur einen geringen Anteil ihrer Verwaltungsverfahren zur elektronischen Abwicklung an. Auch die Zahl der elektronischen Antragsteller und Empfänger ist noch relativ niedrig, womit auch nur ein geringes Einsparungspotenzial für die Kommunalverwaltung lukriert werden kann. Diese geringe Nutzung durch Verwaltung und Verwaltungskunden ist jedoch nur durch proaktive Maßnahmen auf der kommunalen Ebene zu durchbrechen. Je mehr elektronische Anwendungen angeboten werden und je stärker die Einführung elektronischer Verfahrensabwicklung durch begleitendes Marketing beworben wird, desto attraktiver wird das Angebot für die Verwaltungskunden sein und desto höher wird die Anzahl der Nutzer sein.

Erhöhung der Quote elektronischer Einbringer und Empfänger
Um die Anzahl elektronischer Einbringer und Empfänger in den Städten und Gemeinden deutlich zu heben, wird im Rahmen der Referenzstädte-Initiative ein Marketingleitfaden erarbeitet und zur Verfügung gestellt, der von den teilnehmenden Kommunen herangezogen werden kann, um ganz konkrete Maßnahmen zu planen und umzusetzen. Ziel ist es, Bürgern, Unternehmen, Vereinen und sonstigen Organisationen, die Kontakt mit der Kommunalverwaltung haben, die Vorteile elektronischer Services wie der elektronischen Antragstellung als auch der elektronischen Übermittlung von Sendungen durch die Kommune aufzuzeigen und sie zu einer aktiven Nutzung zu motivieren.
Konkret sollen mit den lokal zu setzenden Maßnahmen folgende „Zugeständnisse“ eingeholt werden:
• Bereitschaft, Anträge zukünftig elektronisch einzubringen;
• Einverständniserklärung, Erledigungen der Gemeinde zukünftig auch auf elek¬tronischem Wege zu empfangen (je nach Sicherheitsbedarf der Gemeinde kann die Bandbreite von E-Mail bis zur elek¬tronischen Zustellung gemäß Zustellgesetz reichen);
• Einzugsermächtigung für laufende Vorschreibungen der Gemeinde (z. B. Hausbesitzabgaben). Damit soll eine Reduktion des Verwaltungsaufwandes bei der Rechnungslegung mittels Zahlscheinen erreicht werden;
• Aktivierung der Bürgerkartenfunktion auf der E-Card;
• Anmeldung für die elektronische Zustellung bei einem der zugelassenen Zustelldienste.
Neben Maßnahmen zum Vorantreiben der elektronischen Übermittlung wird auch der Einsatz der Bürgerkarte für Prozesse, die eine sichere Authentifizierung, eine eigenhändige Unterschrift oder eine Zustellung zu eigenen Handen erfordern, forciert. Damit kann sowohl auf Seiten der Antragsteller als auch auf Seiten der Kommunalverwaltung eine sichere Abwicklung von Onlineverfahren garantiert werden. Auch im Bereich der elektronischen Übermittlung ist die Bürgerkarte notwendig, um die elektronische Zustellung von nachweislichen Dokumenten wie RSa- oder RSb-Briefen nutzen zu können. Gerade bei nachweislichen Sendungen ist der Mehrwert auf beiden Seiten besonders groß. Seitens der Gemeinde kann beim Umstieg auf die elektronische Zustellung von einem hohen Einsparungspotenzial bei Druck- und vor allem Portokosten ausgegangen werden, während für den Bürger der oftmals mühsame und zeitraubende Prozess entfällt, nachweisliche Sendungen beim Postamt abholen zu müssen.

Einrichtung von Bürgerkartenregistrierungsstellen in den Referenzstädten
Da die Bürgerkarte ein notwendiges und in vielen Fällen unerlässliches Instrument ist, um E-Government-Prozesse sicher abzuwickeln, widmet sich ein Bereich der Referenzstädte-Initiative auch der Unterstützung der Städte und Gemeinden bei der Aktivierung der qualifizierten Signatur auf den E-Cards von Gemeindebürgern. Besonders die jeweiligen Bürgerservicestellen oder anderen stark frequentierte Einrichtungen in den Kommunalverwaltungen bieten sich zur Einführung von Bürgerkartenregistrierungsstellen an. Mit¬arbeiter des Österreichischen Städtebundes sowie von Public-Management-Consulting wurden daher im Rahmen des Projekts durch das Bundeskanzleramt als Registration Officer (ROs) und als RO-Trainer (zur Ausbildung anderer ROs) geschult. Interessierte Referenzstädte können jederzeit und vor Ort ihre Mitarbeiter zu Registration Officer ausbilden lassen und damit das Wissen und die Berechtigung erlangen, E-Cards von Gemeindebürgern als Bürgerkarten freizuschalten. Die Aufbringung der qualifizierten Signatur auf der E-Card funktioniert mittlerweile sehr einfach und dauert durchschnittlich nur mehr wenige Minuten.
Zur Verbreitung der Bürgerkarte bedarf es allerdings auch eines entsprechenden Meinungsbildungsprozesses in der Bevölkerung sowie attraktiver Anwendungsmöglichkeiten, die den Verwaltungskunden einen echten Vorteil gegenüber der herkömmlichen Verfahrensabwicklung bieten. Im Rahmen des Marketingleitfadens zur Erhöhung der Quote an elektronischen Einbringern und Empfängern werden daher auch Maßnahmen beschrieben, die die Verbreitung und Nutzung der Bürgerkartensignatur durch Antragsteller bzw. Partner der Kommunalverwaltung fördern sollen.
Im Rahmen von E-Government-Schulungen, die als flankierende Maßnahme der Referenzstädte-Initiative gemeinsam mit der Verwaltungsakademie des Bundes (VAB) angeboten werden und von Mitarbeitern der Verwaltung in Anspruch genommen werden können, werden außerdem die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten der Bürgerkarte dargestellt. Mit diesem neugewonnenen Wissen ist es den Verwaltungsbediensteten im kommunalen Bereich möglich, meinungsbildend als Multiplikatoren in der jeweiligen Stadt oder Gemeinde zu wirken. Hierbei ist es freilich auch notwendig, privatwirtschaftliche Anwendungsmöglichkeiten wie sicheres Onlinebanking mit Bürgerkarte aufzuzeigen, um so ein möglichst breites Einsatzgebiet für die Bürgerkartensignatur zu eröffnen.

Kostenlose Internet-Basisplattform für Städte und Gemeinden
Ein weiteres zentrales Ziel der Initiative ist es, Kommunen ein leistungsfähiges Standardwebportal für die Gestaltung der kommunalen Website zu bieten. Vor allem durch die Entwicklungen im Bereich E-Government wurden neue Anforderungen an Internetauftritte der öffentlichen Verwaltung formuliert. So ist beispielsweise die barrierefreie Gestaltung von Webseiten der öffentlichen Hand seit 1. Jänner 2008 auch im E-Government-Gesetz verankert. Zur Unterstützung der Referenzstädte und in weiterer Folge aller Mitgliedsgemeinden des Österreichischen Städtebundes bei einer allfälligen Überarbeitung oder Erneuerung ihrer Gemeindewebsite wurde daher mit dem Aufbau einer „Kommunalen Musterwebsite“ ein eigener Schwerpunkt im Rahmen der Referenzstädte-Initiative gesetzt. Dabei handelt es sich um eine vorkonfigurierte Internet-Basisplattform, die allen wesentlichen E-Government-Anforderungen wie Barrierefreiheit, Usability, technische Standard-Konformität (XHTML/CSS etc.), Aufbau nach Lebenssituationen usw. bereits gerecht wird und nur noch an die spezifischen Gegebenheiten (Grafik, Layout, Inhalte) der Gemeinde angepasst werden muss. Die kommunale Musterwebsite setzt auf einem Open Source Content Management System (CMS) auf und kann den Kommunen damit kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Eine Testinstallation dieser Musterwebsite kann unter
www.kmw.referenzstaedte.at
eingesehen werden.

Fazit
Alle Maßnahmen der Referenzstädte-Initiative zielen auf die Konzeption und Umsetzung sinnvoller elektronischer Services für die Kommunen ab, die eine Verbesserung der Verfahrensabwicklung für Nutznießer wie auch Verwaltung bringen und mittel- bis langfristig auch deutliches Einsparungspotenzial bedeuten. Abgesehen vom personellen Einsatz verursacht eine Teilnahme an dieser Initiative keine oder nur niedrige – weil geteilte – Kosten für die einzelnen Referenzstädte. Damit trägt der Österreichische Städtebund wesentlich dazu bei, auf kommunaler Ebene nicht nur Verwaltungskosten zu senken, sondern vor allem auch praktikable Lösungsansätze für verschiedene Bereiche der elektronischen Verwaltungsführung zu eröffnen.
Nähere Information zur Städtebund-Leitinitiative „E-Government-Referenzstädte“ sind unter digitale.staedte.gv.at abrufbar.


1 „Budgetloch durch Bankenpaket“ in „Die Presse”, 3. 6. 2009, Seite 15.

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