65. Städtetag: Stabilitätspakt-Diskussion mit Finanzminister Schelling

65. Städtetag: Stabilitätspakt-Diskussion mit Finanzminister Schelling

Podiumsrunde "Kommunal- und Infrastrukturfinanzierung“, Fahnenübergabe an Innsbruck   Wien, 12. Juni 2015

Mit einer hochkarätigen Diskussionsrunde unter dem Titel "Kommunal- und Infrastrukturfinanzierung in Zeiten von Sixpack und Co" ist der Österreichische Städtetag 2015 heute zu Ende gegangen. Es diskutierten Oberbürgermeister Ulrich Maly, Vize-Präsident des Deutschen Städtetages, Renate Brauner, Vizebürgermeisterin von Wien, Christine Oppitz-Plörer, Bürgermeisterin von Innsbruck, (beide Mitglieder der Geschäftsleitung des Österreichischen Städtebundes), Bundesminister Hans Jörg Schelling und Wolfgang Streitenberger, Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung in der EU-Kommission. Man dürfe nicht vergessen, dass immerhin ein Drittel des EU-Budgets in Kohäsionspolitik fließe, sagte Wolfgang Streitenberger von der EU-Kommission zu Beginn. „In der Periode ist erstmals auch ein Mindestanteil an Mitteln für nachhaltige Stadtpolitik vorgeschrieben worden. Während in Österreich gerade der Pflichtanteil in Städte investiert wird, haben andere Städte zweimal so viel investiert“, so Streitenberger. Der Österreichische Städtebund bedauert in diesem Zusammenhang, dass in Österreich die Städte nicht direkt – wie in anderen EU-Staaten üblich-, sondern nur im Umweg über Bund und Länder um EU-Fördermittel ansuchen können. Stabilitätspakt als Investitionsbremse Die europäische Politik fährt mit Six Pack, Two Pack etc. weiterhin eine starke Sparpolitik und entwickelt immer neue, bürokratisch kaum mehr abzubildende Regeln. Auch Österreich hat mit der Übernahme des strukturellen Defizits und vor allem der sogenannten Ausgabenbremse, diese Vorschriften in den Stabilitätspakt übernommen. Dabei sind diese Regeln bzw. deren Methodik in der ökonomischen Theorie und in der praktischen Herleitung heftig umstritten. Dies zeigte sich auch in der Diskussion: „Wir brauchen einen Stabilitäts- UND Wachstumspakt, der der Investitionen in Bildung, Forschung und Gesundheit nicht behindert“, forderte Wiens Vizebürgermeisterin Renate Brauner, „Wir brauchen flexible, wachstumsfördernde Regeln. Die Investitionen der Städte müssen weiterhin sichergestellt werden, eine Stadt wie Wien hat einen  jährlichen Zuwachs von 30.000 Menschen. Die Daseinsvorsorge muss außer Diskussion stehen, denn die Frage, ob ich investiere, ist gleichzeitig eine Verteilungsfrage“, so Brauner. Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer, die als Berichterstatterin des Arbeitskreises 2 „Infratsrukturfinanzierung und Stabilitätspakt“ des Österreichischen Städtetages informierte, überbrachte den Wunsch des Städtebundes an Finanzminister Schelling, nach einer „gründlichen Transferentflechtung zwischen Ländern und Gemeinden,“ weiters „Gesetzen und Verordnungen einen natürlichen Ablauf zu verpassen“, sodass der Finanzausgleich nicht automatisch verlängert werden könne, sondern zeitgerecht neu verhandelt werden müsse. Und eine Aufgabenreform, an der sich auch die Finanzierung orientiere. Finanzminister Hans Jörg Schelling konnte dem durchaus einiges abgewinnen. Er wolle „darüber diskutieren, welche Ebene des Staates welche Aufgabe am effizientesten erledigen könne – reden wir also zuerst nicht übers Geld, reden wir über die Aufgaben,“ so Schelling. Er kündigte an, Erleichterungen für kommunale Zusammenarbeit zu schaffen: „Die interkommunale Zusammenarbeit ist mir ein Herzensanliegen. Deshalb muss und wird es eine Lösung geben bei der Belastung durch die Mehrwertsteuer bei Kooperationen“, versprach Schelling. Bezüglich Breitbandausbau zeigte er sich überaus kritisch: „Ich halte absolut nichts davon, zuerst flächendeckend in den Breitbandausbau zu investieren, teilweise sogar verpflichtend anzuordnen. Diese Technologie wird in wenigen Jahren überholt sein, die Kabel bleiben trotzdem im Boden“. Deutscher Städtetag: Bildung, Forschung ausnehmen Ulrich Maly vom Deutschen Städtetag gratulierte, dass in Österreich eine so ausführliche Diskussion über den Stabilitätspakt überhaupt geführt werde. Er unterstrich die Forderung des Österreichischen Städtebundes, dass Investitionen in innovative, nachhaltige Bereiche wie Forschung oder Bildung vom Stabilitätspakt ausgenommen werden müssten, „das kostet relativ wenig, aber die Früchte erntet man später“, so Maly. Der Stabilitätspakt muss immer eine wachstumsfördernde Komponente habe, so Maly. Fahnenübergabe an Wien zum Städtetag 2015 Mit dem heutigen Tag endet der 65. Städtetag 2015, der anlässlich des 100. Geburtstages des Österreichischen Städtebundes unter dem Motto „Smart Cities: Menschen machen Städte“ in Wien stattgefunden hat. Traditionell wurde daher zuletzt feierlich die rote Städtebund-Fahne von Bürgermeister Michael Häupl an Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer übergeben, die den nächsten Österreichischen Städtetag 2016 in Innsbruck ausrichten wird. Der Österreichische Städtetag ist die jährliche Generalversammlung des Österreichischen Städtebundes und seiner rund 250 Mitgliedsstädte und Gemeinden. Rund 1300 TeilnehmerInnen (Bürgermeisterinnen, GemeindevertreterInnen) aus ganz Österreich und internationale Gäste trafen einander in Wien von 10.-12. Juni 2015 und debattierten drei Tage lang über kommunale Fragestellungen. Weitere Informationen unter: www.staedtetag.at oder www.staedtebund.gv.at Rückfragehinweis für Medien: Silvia Stefan-Gromen, Saskia Sautner Österreichischer Städtebund Telefon  +43 (0) 676 8118 89983,  +43-676-8118-89990 silvia.stefan-gromen@staedtebund.gv.at saskia.sautner@staedtebund.gv.at
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